Dieser Text enthält Spoiler zu „Star Wars: Aftermath“ und möglicherweise auch ein paar kleine Spoiler zu „The Force Awakens“.
Nur noch 88 Tage bis zum Kinostart von „Star Wars: The Force Awakens“! Ich bin seit zwanzig Jahren nicht nur großer „Star Wars“-Fan, sondern auch begeisterter Leser der vielen „Star Wars“-Romane. Mit Chuck Wenigs „Aftermath“ ist Anfang September nun der erste Roman aus der neuen Einheitskontinuität erschienen, der nach „Rückkehr der Jedi-Ritter“ spielt. Ich habe das Buch gelesen und fand es eher durchschnittlich. (Luke, Han und Leia kommen darin übrigens nicht vor – abgesehen von einer Ausnahmen, siehe unten unter Punkt 4. Die Hauptrollen spielen ganz neue Charaktere; bekannte Filmfiguren, die Nebenrollen im Buch haben, sind Wedge Antilles und Admiral Ackbar.)
Doch auch wenn die Handlung nicht besonders spannend und nicht alle Figuren interessant sind, gab es eine Sache, die mich und zahlreiche andere Leser von Anfang an interessiert hat: Welche Hinweise liefert uns das Buch auf den Zustand der Galaxis nach dem Tod Darth Vaders und des Imperators? Ist das Imperium besiegt? Ist es der Rebellenallianz gelungen, die Republik neu zu gründen? Und im Zusammenhang mit all diesen Fragen am wichtigsten: Kann man aus all dem irgendwelche Schlüsse im Hinblick auf Episode VII ableiten?
Ganz besonders mit der letzten Frage möchte ich mich nun beschäftigen. Leider bin ich erst während des Lesens auf die Idee gekommen, mir alle Stellen im Buch zu markieren, die möglicherweise kleine Hinweise auf den kommenden Film geben. Meine erste Anmerkung befindet sich auf S. 167 (von 366). Ich werde im Folgenden die wichtigsten dieser angemerkten Stellen besprechen. Anmerken muss ich noch, dass ich noch größtenteils spoilerfrei bin, was die Handlung von „The Force Awakens“ betrifft. Ich weiß fast nur das, was offiziell (in den Teasern, auf Promofots und in diversen Zeitschriftenberichten und Pressemeldungen) bekannt gegeben wurde. Los geht’s!
- Piraten!?
Auf S.166-168 befindet sich eine der vielen im Buch verstreuten „Inderludes“. Diese schildern jeweils sehr kurze, von der Haupthandlung unabhängige Szenen, die sich an unterschiedlichsten Orten der Galaxis abspielen und uns mehr über deren aktuellen politischen und gesellschaftlichen Zustand verraten sollen. Neben dem sehr, ich nenne es mal „eigenwilligen“ Schreibstil des Autors gehören diese Interludes sicherlich zu den umstrittensten Punkten des Buches. Ich persönlich habe sie viel mehr genossen, als ich das vorher gedacht hätte. Aufgrund ihrer Kürze empfand ich sie nie als störend.
In der angesprochenen Stelle geht es darum, dass nach der Niederlage des Imperiums in vielen Teilen der Galaxis keine Ordnung mehr herrscht. Eine Figur namens Geekska Dotalo berichtet über ihren Heimatplaneten Moradir: „The New Republic came. They … they destroyed an Imperial base. Now the Imperials are gone. The Empire was cruel. But at least there was order! We had food and water. Things worked. Now the rebels have gone. And the gangs have come. The pirates.“
Diese Stelle habe ich mir nur aufgrund eines einzigen Wortes markiert: „pirates“ Ich weiß über Episode VII wie gesagt noch nicht viel, aber ein paar Mal habe ich im Zusammenhang mit dem Film schon von Piraten bzw. einer Piratenfestung gelesen. Mehr will ich dazu gar nicht schreiben, aber es würde mich nicht überraschen, wenn auch die im Film vorkommenden Piraten (oder wie auch immer sie dann bezeichnet werden) die Schwäche des Imperiums ausgenutzt haben, um zum Beispiel die Kontrolle über einen Planeten erlangen.
Auf S. 240 befindet sich in diesem Zusammenhang ein weiterer Hinweis. Über den abgelegenen Planeten Akiva, den zentralen Ort der Handlung von „Aftermath“, heißt es dort: „The Imperials have long toyed with planets like this one. Though never formally occupying them, they imposed tariffs and taxes on law-abiding establishments while letting the black markets and criminal syndicates go about their business as long as they tithed back to the Empire.“
Hier deutet sich an, dass die Kontrolle des Imperiums gerade so weit reichte, wie es der Herrschaft des Imperators dienlich war. Unter der auf Angst beruhenden Ordnung, die das Imperium über die Galaxis brachte, konnten dennoch Verbrecherorganisationen florieren, von denen einige nach dem Sieg der Rebellenallianz bei Endor offen um die Herrschaft der von ihnen kontrollierten Gebiete kämpften. - Darth Plagueis!!
Etwas spekulativer, aber auch interessanter wird es bei meiner nächsten angemerkten Stelle. Auf S. 179 erzählt eine Figur: „Did you know that Sith Lords could sometimes drain the Force energy from their captives? Siphoning life from them and using it to strengthen their connection to the dark side? Extending their own lives, as well, so that they coud live for centuries beyond their intended expiration?“
Obwohl ich keine Spoilerberichte lese und nur wenige Gerüchte über die Filmhandlung mitbekommen habe, bin ich an einem Gerücht einfach nicht vorbeigekommen, weil es sich ganz einfach schon besonders lange und hartnäckig hält: Darth Plagueis spielt in irgendeiner Form eine Rolle im Film. Zur Erinnerung: Darth Plagueis wurde in Episode III erwähnt und war der Meister von Darth Sidious. Dieser erzählt Anakin Skywalker, Darth Plagueis habe die Fähigkeiten besessen, Leben zu erzeugen sowie Lebewesen vor dem Tod zu bewahren. Zwar wurde Plagueis schließlich von seinem Schüler (also von Sidious/Palpatine, wie der Film zumindest stark andeutet) getötet – doch was, wenn er trotzdem einen Weg gefunden hatte, sein Leben zu verlängern?
Die Hartnäckigkeit des Gerüchts spricht meiner Meinung nach dafür, dass einiges an Wahrheit dahinter steckt. Die oben zitierte Stelle aus „Aftermath“ erscheint mir wie ein Wink mit dem Zaunpfahl und deutet ebenfalls darauf hin, dass wir – wenn noch nicht direkt in Episode VII, dann vielleicht später in der neuen Filmtrilogie – einen alten Sith Lord sehen werden. Mir hat an „Aftermath“ gut gefallen, dass es Elemente aus allen „Star Wars“-Filmen aufgegriffen hat, auch aus den Prequels. Zwar wird im Marketing für Episode VII mit aller Kraft der Eindruck vermittelt, der Film kehre zurück zum „Look“ und zum „Feeling“ der Original-Trilogie, doch es würde mich nicht überraschen und ich würde es sogar begrüßen, wenn der Film die Fäden der beiden bisherigen Trilogien zusammen führt, indem auch Elemente, Planeten oder eben Figuren aus den Prequels eine Rolle spielen.
Auf der San Diego Comic Con wurde Drehbuchautor Lawrence Kasdan direkt gefragt, ob Darth Plagueis im Film erwähnt werde. Seine Antwort war interessant, er versuchte nämlich mit Humor auszuweichen und beantwortete so die Frage gar nicht. J.J. Abrams hakte an dieser Stelle ein und gab ein klares nein zur Antwort. Das muss aber längst nicht bedeuten, dass Plagueis im Film keine Rolle spielt, schließlich kann er zum Beispiel unter einem anderen Namen agieren (Supreme Leader Snoke…?). Zudem ist Abrams ja bekannt dafür, auch mal frech zu lügen, wenn er nicht will, dass Storywendungen und Details seiner Projekte zu früh ans Licht kommen (Stichwort: Khan). Meine Begeisterung über Darth Plagueis (und die vieler anderer Fans) rührt übrigens daher, dass James Luceno einen hervorragenden Roman über ihn und seine Beziehung zu Palpatine geschrieben hat. Das Buch gehört inzwischen natürlich ins alte „Legends“-Universum, d.h. die Handlung zählt nicht mehr zum offiziellen Kanon. Doch Darth Plagueis selbst existiert im „Star Wars“-Universum nach wie vor, er wird ja in einem der Filme erwähnt. Vielleicht spielt der Titel „The Force Awakens“ ja auf sein Wiedererwachen an oder darauf, dass durch sein Einwirken irgendetwas wieder erweckt wird. - Darth Vaders Lichtschwert…?
Auf den Seiten 227-229 befindet sich eine weitere kurze „Interlude“. Darin wird beschrieben, wie eine junge Frau und zwei verhüllte Gestalten einem Händler ein Lichtschwert abkaufen, bei dem es sich angeblich um Darth Vaders Lichtschwert handelt. Als der Händler die Käufer nach ihrer Identität fragt, antwortet die Frau „We are adherents. Acolytes of the Beyond.“ Diese Antwort ist natürlich nicht besonders aussagekräftig, aber möglicherweise gehören die drei ja derselben Gruppierung an wie der von Adam Driver gespielte Kylo Ren – den „Knights of Ren“?
Der zweite Teaser hat mit der auf einem Sockel ausgestellten, halb geschmolzenen Maske Darth Vaders bereits angedeutet, dass Kylo Ren ein Sammler von Artefakten ist, die mit der dunklen Seite (und vielleicht speziell mit Darth Vader) in Verbindung stehen. Also liegt der Gedanke nahe, dass die junge Frau und ihre mysteriösen Begleiter in seinem Auftrag unterwegs sind. Darauf angesprochen, was sie mit dem Lichtschwert vorhat, antwortet die Frau allerdings, sie wolle es zerstören, damit es im Tod zu seinem Meister zurückkehren könne. Andererseits glaube ich gar nicht, dass es sich bei dem Lichtschwert tatsächlich um Vaders Lichtschwert handelt, schließlich müsste das ja Luke an sich genommen haben? Oder nicht? Wie auch immer, die Szene lädt jedenfalls zum Spekulieren ein. - Han und Chewie!
Auf S. 245 beginnt eine weitere, mit sechs Seiten relativ lange „Interlude“ – und es dürfte die mit Abstand interessanteste sein, denn hier treffen wir Han Solo und Chewbacca an Bord des Millennium Falcon! „Aftermath“ spielt relativ kurz nach „Rückkehr der Jedi-Ritter“, man kann hier also keine Einsichten dahingehend ableiten, wie ihr Leben zur Zeit von Episode VII aussehen wird. Folgende Punkte sind allerdings von Interesse:
Han und Chewie sind im Auftrag der Neuen Republik (ja, es gibt eine!) kreuz und quer durch die Galaxis unterwegs. Han vermisst zwar Luke, Leia und Lando, fühlt sich aber auch an alte Zeiten erinnert. Seine und Chewies Mission besteht darin, unter falscher Identität Konakt zu verschiedenen Verbrecherorganisationen aufzunehmen, um mehr über die Versorgungswege des Imperiums herauszufinden. Das Imperium – und das ist in Zusammenhang mit Punkt 1 interessant – versucht nämlich in letzter Zeit anscheinend, wieder mehr Kontrolle über diese Kartelle zu erlangen bzw. Abkommen mit ihnen zu schließen, nachdem es von vielen seiner bisherigen, offiziellen Versorgunugswege abgeschnitten worden ist. Han und Chewie sollen also mehr darüber herausfinden, mit welchen Organisationen das Imperium nun zusammenarbeitet.
Weiterhin erfahren wir, dass sich Kashyyyk, der Heimatplanet der Wookiees, immer noch unter der Kontrolle des Imperiums befindet. Bei Chewbacca handelt es sich um einen der wenigen befreiten Wookiees; die meisten anderen sind immer noch Sklaven des Imperiums. In der Szene, die in „Aftermath“ geschildert wird, werden Han und Chewie von Imra, einer alten Freundin Hans kontaktiert. (Vielleicht werden wir sie ja 2018 im Han Solo-Prequelfilm sehen? Oder kommt sie schon in einem der neuen Comics vor? Ich lese leider so gut wie nie „Star Wars“-Comics.) Imra informiert Han darüber, dass das Imperium momentan die meisten seiner Schiffe von Kashyyyk abgezogen hat und deshalb gerade eine einmalige Gelegenheit besteht, den Planeten (oder zumindest einige seiner Einwohner) zu befreien. Nach einem kurzen Zögern und einem flehenden Blick von Chewbacca beschließt Han, seine Mission für die Neue Republik sausen zu lassen und möglichst viele seiner alten Schmugglerfreunde und einige Wookiee-Flüchtlinge zusammen zu trommeln und sich ohne die Unterstützung der Rebublik auf den Weg nach Kashyyyk zu machen.
Ob das gut gehen kann? Jedenfalls ist Han hier noch im Besitz des Millennium Falcon, die Szene liefert also keine Hinweise darauf, wie es in Episode VII zu seinem jetzt schon legendären Satz „Chewie, we’re home.“ kommt. (Neue Hinweise dazu werden wir wohl im November bekommen, wenn „Star Wars Battlefront“ erscheint, in dem die Schlacht von Jakku behandelt wird.) - Jakku
Und wo ich gerade von Jakku spreche: Eine weitere „Interlude“ (S. 348-352) spielt auf dem Planeten, der auch in „The Force Awakens“ eine wichtige Rolle spielen wird (die Wüstenszenen in den Teasern spielen auf Jakku). Wir werden Zeuge, wie ein erst vor kurzem auf dem Planeten eingetroffener Mann namens Corwin Ballast eine Cantina betritt und sich dort ein wenig mit dem Barkeeper unterhält. Dieser erzählt ihm, dass es auf Jakku Minen gibt, in denen verschiedene Metalle gewonnen werden. Auch Gasvorkommen gibt es auf dem Planeten. Weiterhin finden auf Jakku Rennen („Wheel Races“) statt und es gibt anscheinend so etwas wie einen Mönchsorden. Ob irgendetwas davon im Hinblick auf Episode VII relevant sein wird?
Jakku ist jedenfalls ein Planet, den man so ähnlich beschreiben könnte wie Tatooine: nicht nur voller Wüstensand, sondern auch sehr, sehr abgelegen und alles andere als attraktiv für Besucher. Doch gerade Jakkus Bedeutungslosigkeit ist der Grund für Corwin Ballasts Anwesenheit dort: Nachdem seine ganze Familie in einem Kampf zwischen dem Imperium und den Rebellen ihr Leben verloren hat, wollte er nun an einen Ort flüchten, der so unbedeutend ist, dass ihn bestimmt niemand angreifen wird. Der Barkeeper pflichtet ihm bei, dass er diesen Ort mit Jakku gefunden hat. Doch der informierte „Star Wars“-Fan weiß es besser, schließlich wissen wir bereits, dass wenige Jahre nach „Rückkehr der Jedi-Ritter“ bei Jakku eine große Schlacht zwischen dem Imperium und der Neuen Republik stattfinden wird. Der abgestürzte Sternenzerstörer, den wir im zweiten Teaser zu Episode VII sehen, ist ein Überbleibsel dieser Schlacht.
Die geschilderte Szene mag mit dem kommenden Film direkt nicht besonders viel zu tun haben. Da sie aber auf einem Planeten spielt, der einer der Haupthandlungsorte des Films sein wird, wollte ich sie hier aber nicht unerwähnt lassen.
Natürlich erfährt man in „Aftermath“ auch einige allgemeine Informationen über den Zustand der weit, weit entfernten Galaxis nach dem Tod des Imperators. Eine zentrale Thematik des Buches ist die Feststellung, dass das Imperium zwar eine Niederlage davon getragen hat, der Krieg deshalb aber noch lange nicht vorbei ist. Das wird schon ganz zu Beginn des Romans deutlich, wo wir Zeuge derselben Szene werden, die seit 1997 am Ende von „Rückkehr der Jedi-Ritter“ zu sehen ist: Auf Coruscant reißt eine Gruppe von Rebellenysmpathisanten eine Statue des Imperators nieder. In „Aftermath“ erfahren wir nun, wie es nach den paar Sekunden, die im Film zu sehen waren, weitergeht: Imperiale Truppen eröffnen das Feuer auf die Menge!
Wie nebenbei erfahren wir auch, dass die Rebellen-Anführerin Mon Mothma nun die Kanzlerin der Neuen Republik ist, deren Regierungssitz sich zumindest vorerst nicht auf Coruscant, sondern auf Chandrila befindet. Und auch wenn ich das Buch im Großen und Ganzen eher durchschnittlich und den Schreibstil gewöhnungsbedürftig fand, hat mich das Ende dann doch neugierig auf eine Fortsetzung gemacht. Ganz zum Schluss wird nämlich ein imperialer Admiral eingeführt. Sein Name wird nicht genannt und sein Aussehen ebenfalls nicht beschrieben, doch sein Verhalten und sein letzter Satz „I have thinking to do“ schreien geradezu „Thrawn“. Natürlich könnte das auch eine absichtlich gelegte falsche Fährte sein; ich persönlich glaube eher an eine an Thrawn angelehnte Figur als daran, dass man Thrawn selbst ins „Star Wars“-Universum zurückbringt.
Weitere Verbindungen zwischen „Aftermath“ und dem übrigen „Star Wars“-Universum werden hier aufgelistet.