Babylon 5 – Episode 1.06 „Mind War“

Nach einer viel zu langen, nicht beabsichtigten Sommerpause melde ich mich hier endlich mit einer weiteren „Babylon 5“-Episodenbesprechung zurück. Zunächst möchte ich jedoch wieder auf einige Neuigkeiten aus dem B5-Universum zu sprechen kommen:

Aktuelles aus dem „Babylon 5“-Univerum

Die erste erfreuliche Nachricht: „Babylon 5“ ist ins deutsche Fernsehen zurückgekehrt! Die komplette Serie wird zurzeit auf Tele 5 wiederholt (hier gibt es die genauen Ausstrahlungstermine – jede Folge wird sogar zweimal gezeigt!). Inzwischen ist Tele 5 schon bei den letzten Folgen der dritten Staffel angekommen. Ob die Wiederaufnahme der Serie ins deutsche TV-Programm direkt auf die „Free Babylon 5“-Bewegung zurück zu führen ist, weiß ich nicht, eine positive Nachricht ist es aber allemal. Hoffentlich wird die Serie dadurch einige neue Fans gewinnen!
Die zweite gute Nachricht: „Babylon 5“-Schöpfer J. Michael Straczynskis (JMS) hat im Sommer auf der San Diego Comic Con einen „Babylon 5“-Kinofilm angekündigt! Noch sind keine genauen Details bekannt, aber JMS plant anscheinend, nächstes Jahr das Drehbuch zu schreiben, so dass der Film 2016 gedreht werden kann. Falls Warner Bros. den Film nicht produzieren möchte, wird JMS dies unter dem Banner seines selbst gegründeten Studio JMS tun. Da Warner Bros. zwar die Fernseh- und DVD-Rechte an „Babylon 5“ besitzt, die Filmrechte aber bei JMS liegen, ist ein Kinofilm für ihn die einzige Möglichkeit, notfalls auch ohne Zustimmung von Warner Bros. neue B5-Abenteuer zu drehen (zudem hat er in der Vergangenheit mehrmals gesagt, wenn es jemals neue B5-Geschichten geben sollte, dann auf keinen Fall wieder mit sichtbar kleinem Budget gedrehte direct-to-DVD-Episoden wie „The Lost Tales“/“Vergessene Legenden“, sondern am liebsten einen richtig großen Kinofilm). Noch ist nicht bekannt, worum es in dem Film genau gehen wird oder welche Charaktere und Schauspieler wir sehen werden. JMS hat allerdings angekündigt, dass es sich um ein Reboot handeln wird. Der Film wird also wahrscheinlich nicht die Handlung der TV-Serie aufgreifen oder fortführen, sondern die Tür zu einem ganz neuen B5-Universum aufstoßen. Falls aus der Serie bekannte Schauspieler darin mitspielen werden, dann JMS zufolge in anderen als den gewohnten Rollen. Auf der Comic Con hat JMS auch noch einen weiteren Film angekündigt: Er wird ein Drehbuch auf der Grundlage seines eigenen Comics „Titans“ schreiben, das dann verfilmt werden soll.
Als wären Comics und Filmdrehbücher nicht genug, arbeitet JMS aktuell zusammen mit den Wachowski-Geschwistern („The Matrix“, „Cloud Atlas“) auch noch an „Sense8“, einer neuen Fernsehserie, die 2015 auf Netflix zu sehen sein wird.  Die Dreharbeiten dürften inzwischen fast beendet sein und mit Max Riemelt ist sogar ein deutscher Schauspieler Mitglied des internationalen Casts (weitere Infos zur Serie gibt es in diesem Artikel.) In einem Facebook-Post hat JMS vor kurzem die tollkühne Behauptung aufgestellt, „Sense8“ werde das Fernsehen grundlegend revolutionieren. Ob das stimmt, werden wir nächstes Jahr sehen, ich bin jedenfalls sehr gespannt auf die Serie.
Übrigens habe ich meinen Blogpost über die B5-Podcasts aktualisiert und einen weiteren Podcast hinzugefügt. Das war’s auch schon an aktuellen Neuigkeiten, jetzt geht’s rasch weiter mit…

Episode 1.06 “Mind War” (“Die Macht des Geistes”)

Drehbuch: J. Michael Straczynski, Regie: Bruce Seth Green
Erstausstrahlung: 02.03.1994 (USA), 10.09.1995 (Deutschland)

Die Haupthandlung dieser Episode dreht sich um Talia Winters und ihren Ex-Geliebten Jason Ironheart. Wir erhalten zahlreiche neue Informationen über Telepathen und das Psi-Corps, doch die meisten davon führen nur zu neuen Fragen. Gleich zu Beginn, als der Psi-Cop Alfred Bester (Walter Koenig) und seine Kollegin Sinclairs Büro betreten, werden die Spannungen deutlich, die zwischen Telepathen und Nicht-Telepathen existieren. Besters Versuch, mit Sinclair ohne Worte auf telepathischem Weg zu kommunizieren, wird von Sinclair wütend abgeschmettert. Als Sinclair anschließend anmerkt, es gebe doch eigentlich Regeln, die bestimmen, was Telepathen erlaubt ist und was nicht, erwidert Besters Kollegin Kelsey nur trocken: „There are rules, and there are rules, Commander.“ – ein erster Hinweis darauf, dass sich viele Personen in den Führungsetagen des Psi-Corps nicht um Regeln und Gesetze zu kümmern scheinen.
Walter Koenig, den die meisten Science Fiction-Fans zuvor vor allem als Pavel Chekov aus der zweiten und dritten Staffel der ersten „Star Trek“-Serie (und den Kinofilmen) gekannt haben dürften, spielt hier eine ganz anders gelagerte Rolle. Sein Alfred Bester tritt vom ersten Moment an arrogant, fies und herablassend auf. Das ist herrlich anzusehen, treibt aber die anderen Charaktere wie Sinclair und Ivanova zur Weißglut. Die Szene, in der Bester und Kelsey gemeinsam Talia Winters einem gründlichen Scan unterziehen, ist erschreckend; die Prozedur scheint einer geistigen Vergewaltigung gleich zu kommen, bis Sinclair schließlich einschreitet und den Scan abbricht. Bemerkenswert ist auch Susan Ivanovas Reaktion: Sie reicht Talia anschließend mitfühlend ein Glas Wasser, obwohl sie bislang keine Sympathie für die Telepathin gezeigt hat. Doch Susan weiß aus eigener Erfahrung, welches Leid das Corps einem Menschen antun kann – ihre Mutter wurde vom Psi-Corps in den Selbstmord getrieben, wie wir aus der ersten Folge wissen.
Von Jason Ironheart erfahren wir, dass das Corps Experimente durchführt, um stärkere Telepathen sowie Telekinetiker zu erzeugen. Ironheart zufolge verfolgt das Corps dabei böse Absichten. Es plant angeblich, Telekinetiker wie ihn einzusetzen, um im Weg stehende Personen zu ermorden, ohne Spuren zu hinterlassen. Aber kann man Ironhearts Aussagen trauen? Auf jeden Fall zeigen sich in der Fassade des Psi-Corps deutliche Risse; es handelt sich dabei wohl nicht um die vorbildhafte Institution zum Schutz und der Förderung von Telepathen, die es nach außen darzustellen versucht.
Talias Monolog, in dem sie Sinclair ungefragt erläutert, wie es sich anfühlt, wenn zwei Telepathen miteinander schlafen, soll wohl weitere Sympathien für Talia wecken. Leider wirkt die Szene aber etwas seltsam; es fühlt sich einfach nicht glaubwürdig an, dass Talia Sinclair – den sie noch nicht sehr gut kennt – solche intimen Informationen mitteilt. Insgesamt dient diese Szene aber wie viele andere in dieser Folge dazu, dem Zuschauer zahlreiche neue Informationen über das Psi-Corp, über Telepathen an sich und über Talia Winters zu liefern, die einen Grundstein für die weitere erzählerische Entwicklung von „Babylon 5“ darstellen.

G’Kar schien bislang ein recht eindimensionaler und vorhersehbarer Charakter zu sein. Er war stets der böse Gegenspieler von Londo Mollari und einigen anderen Figuren, der vor allem von seinem Hass auf die Centauri getrieben zu sein schien. Auch diese Episode scheint zunächst genau dieses Bild zu bestätigen – bei seinem ersten Auftreten steht G’Kar mit bösem Blick hinter Catherine Sakai, die mit ihm über die Erlaubnis, den Planeten Sigma 957 zu erforschen, verhandeln muss. Auch sein Verhalten in den folgenden Szenen scheint dem bislang von ihm gezeichneten Bild zu entsprechen. Er wird als Gegenspieler von Sakai aufgebaut, der sie scheinbar aufgrund eigener Interessen daran hindern will, nach Sigma 957 zu fliegen. Sein Satz „Then I fear the Commander will miss you greatly, when you fail to return from Sigma 957“ wirkt wie eine Drohung. Doch er sagt auch einen anderen, sehr wichtigen Satz: „No one here is exactly what he appears.“ Damit weist er darauf hin, dass keine der Figuren in der Welt von „Babylon 5“ genau das sind, was sie zunächst zu sein scheinen.
Alle Charaktere wandeln sich im Lauf der Serie, und diese Wandlungen sind ganz unterschiedlicher Natur. Das Bild, das man in dieser frühen Phase der Serie von den Figuren hat, wird sich definitiv verändern. Genauso wenig wie Londo einfach nur eine fröhliche, oberflächliche Person ist, die gerne trinkt und feiert, ist G’Kar auch nicht einfach nur ein klassischer Bösewicht. Sein Zorn und seine Wut gehören zu diesem frühen Zeitpunkt in der Serie definitiv zu seinem Charakter, doch auch G’Kar wird einige Veränderungen durchmachen und ist zudem bereits jetzt mehr als nur der von seiner Wut getriebene Bösewicht. Die Szene, in der er ein bewaffnetes Raumschiff anfordert, das nach Sigma 957 fliegen soll, spielt noch mit den Erwartungen des Zuschauers. Will G’Kar Catherine Sakais Schiff zerstören lassen, um irgendein Geheimnis zu bewahren? Dass dem nicht so ist, zeigt sich, als das von ihm angeforderte Schiff zu Sakais Rettung kommt. Was also sind eigentlich G’Kars Motive und Ziele?
Die Nebenhandlung um Catherine Sakais Expedition ist nicht besonders komplex oder gehaltvoll, doch auch dieser Teil der Episode dient dazu, dem Zuschauer einige Informationen über die Figuren und das Universum von „Babylon 5“ zu liefern, die für den weiteren Verlauf der Serie wichtig sein werden. Zum einen wird G’Kars Charakter eine neue, bisher unbekannte Facette hinzugefügt, zum anderen erfahren wir auch, dass da draußen im Universum noch andere Lebewesen zu existieren scheinen, die um viele Milliarden Jahre älter sind als alle bekannten Rassen – ein erster Blick auf die großen Wunder des Universums. Nicht zuletzt erhalten wir auch Einblick in Catherine Sakais Beruf, auch wenn der Handlungsstrang, der sich daraus hätte ergeben sollen, im weiteren Verlauf der Serie abgeändert werden musste (mehr dazu, wenn es so weit ist).

Highlight der Episode: G’Kars Worte am Schluss: „There are things in the universe, billions of years older than either of our races. They are vast, timeless, and if they are aware of us at all, it is as little more than ants. And we have as much chance of communicating with them as an ant has with us. We know. We’ve tried. And we’ve learned that we can either stay out from underfoot or be stepped on. They are a mystery. And I am both terrified and reassured to know that there are still wonders in the universe, that we have not yet explained everything.
Diese Zeilen stellen frühes Beispiel für einen jener typischen JMS-Monologe dar, wie sie in der Serie noch öfter vorkommen werden. Auf die Frage, was er an der Episode selbst am liebsen möge, antwortete JMS: „It’s that when all is said and done, *nobody knows anything*. […] [T]he closest I can come to is to compare it to writing a mystery novel, without revealing the killer, but *without* frustrating anyone in the process, because there’s *closure*. In so much of TV SF, *everything* has to be explained, often explained to death. I just love that in the B5 universe, it’s okay for there to be mysteries and wonders and the unexplained.“

Londo/G’Kar-Moment: Londo kommt in der Episode leider nicht vor und die beste G’Kar-Szene habe ich schon als „Highlight der Episode“ beschrieben.

Folgende (weitere) wichtige Informationen, die für den weiteren Verlauf der Serie wichtig sind, erhalten wir in dieser Episode: Von Talia erhalten wir neue Informationen über Telepathen – zum Beispiel, dass sie starke Emotionen anderer Menschen oft gar nicht blocken können. So wie man in einem Hotelzimmer Geräusche aus dem Nebenzimmer vernimmt, so nehmen Telepathen im Alltag das Gewirr aus sie umgebenden, von starken Emotionen gefärbten Gedanken war. Sie müssen lernen, diese Eindrücke so gut es geht aktiv abzublocken oder zu ignorieren.
Der Psi-Cop Alfred Bester (Walter Koenig) hat in dieser Folge seinen ersten Auftritt – es wird nicht der letzte sein. Wie wir von seiner Kollegin Kelsey erfahren, gehört es zu den Aufgaben von Psi-Cops, abtrünnige Telepathen einzufangen bzw. wieder zum Corps zurück zu führen, wie sie es wohl formulieren würde. Zum Psi-Cop befähigt sind nur Telepathen mit Fähigkeiten der höchsten Stufe P-12. Auch Susan Ivanovas Abneigung gegen das Psi-Corps und die ihm angehörigen Telepathen wird in dieser Folge wieder einmal deutlich.

Sonstige Fragen:

  • Was hat Catherine Sakai bei Sigma 957 gesehen? Was ist da draußen im Universum?
  • Was meint Jason Ironheart, als er am Ende zu Sinclair sagt: „I will see you again, in a million years.“? (JMS beantwortete nach der Erstaustrahlung der Folge die Frage, ob wir Ironheart wiedersehen würden, mit „Yes and no.“ Wer die Serie schon komplett gesehen hat, dürfte wissen, wie diese Antwort gemeint ist…)
  • Was wird aus Talia und ihrer neuen Gabe? Wird sie sie weiter entwickeln und erneut einsetzen?
  • Jason Ironheart zufolge strebt das Psi-Corps nach „Kontrolle“, doch welche Ziele verfolgt es genau?
  • Warum existiert bei dem abgelegenen und noch unerforschten Planeten Sigma 957 eigentlich ein Hyperraumsprungtor? (Diese Frage hat JMS bereits beantwortet: Demnach werden Sprungtore von großen Forschungsschiffen in solchen Regionen des Weltraums abgesetzt, die es sich weiter zu erforschen lohnt. Auf diese Weise können anschließend auch kleinere Schiffe wie das von Catherine Skai in diese Regionen vordringen und die weitere Forschungsarbeit leisten.)

Weitere interessante Punkte: 

  • Wir lernen nicht nur das Psi-Corps besser kennen und erfahren mehr über Telepathen, sondern wir erfahren auch, dass das Corps mit Telepathen experimentiert und versucht, Telekinetiker zu erzeugen, um sie zu militärischen und geheimdienstlichen Zwecken einzusetzen. Unter natürlichen Bedingungen gibt es unter tausend Menschen etwa einen Telepathen und unter zehntausend Telepathen einen Telekinetiker (von denen wiederum die Häflte geisteskrank sind)
  • Ironheart zitiert ein Gebet der Ojibwe-Indianer, bevor er gegen Kelsey ankämpft. Es soll Schutz vor Feinden bieten.
  • Besters Geste, als er sich von Sinclair verabschiedet und sein Satz „Be seeing you, Commander“ sind als direkte Referenz an die britische Serie „The Prisoner“ zu verstehen (die ich leider noch nicht kenne).

Interessante “Hinter den Kulissen”-Fakten: 

  • Die Episode wurde als zehnte der ersten Staffel gefilmt, aber das Studio war JMS zufolge so davon beeindruckt, dass beschlossen wurde, sie als sechste Folge zu senden. In der ersten Staffel, die noch überwiegend aus in sich abgeschlossenen Episoden bestand, war ein solches „Herumschieben“ von Episoden noch möglich und kam auch öfter vor.
  • Catherine Sakai erwähnt die Substanz Quantium 40, die auf der Erde nicht vorkommt, aber essentiell beim Bau von Hyperraumsprungtoren ist. Sie hofft, auf Sigma 957 große Mengen davon zu finden.
  • Alfred Bester wurde nach dem gleichnamigen amerikanischen Science-Fiction-Autor (1913-1987) benannt.
  • Walter Koenig sollte ursprünglich nicht Bester spielen, sondern eine Figur in der Folge „And The Sky Full of Stars“, die vor „Mind War“ gefilmt worden war. Weil sein Zeitplan dies aber nicht erlaubte, spielte er also den fiesen Psi-Cop in „Mind War“. JMS wollte Koenig bewusst gegen sein Image als Pavel Chekov aus „Star Trek“ besetzen.
  • Bei der Erstausstrahlung der Folge konnte man in der Einstellung, als Jason Ironhearts Schiff den Stern verdeckt, den Stern durch das Schiff hindurch leuchten sehen – ein Fehler, der bei der Produktion nicht aufgefallen war. Nach der Erstausstrahlung wurde die fehlerhafte Einstellung ausgetauscht.

Zitate:

„No one here is exactly what he appears. Not Mollari, not Delenn, not Sinclair, and not me.“ (G’Kar – ein weiteres schönes Zitat von ihm gibt es beim „Highlight der Episode“)

Bester zu Garibaldi: „Anatomically impossible, Mr. Garibaldi. But you’re welcome to try. Anytime, anywhere.“

Ivanonva zu Bester und Kelsey: „Good old Psi Corps. You guys never cease to amaze me. All the moral fiber of Jack the Ripper. What do you do in your spare time, juggle babies over a fire pit? ‚Oops, there goes another calculated risk.'“
Kelsey: „You are not helping the situation.“
Ivanova: „Lady, you are the situation.“

 

Die nächste Folge in meinem „Babylon 5“ Rewatch:
1.07 „The War Prayer“

Babylon 5 Podcasts

In letzter Zeit erscheinen auffällig viele neue „Babylon 5“-Podcasts, jedenfalls im englischen Sprachraum. Einige davon habe ich hier im Blog schon erwähnt, in diesem Blogpost möchte ich aber noch einmal alle B5-Podcasts, die ich momentan kenne, kurz vorstellen.

  • Beginnen wir mit meinem absoluten Lieblingspodcast: „The Babble On Project“. Matt und Gillian, zwei britische „Babylon 5“-Fans, die auch darüber hinaus über ein sehr breites und nerdiges Film-, Serien, Science Fiction-, Fantasy- und Comic-Wissen verfügen, diskutieren hier seit Februar 2011 in jeder Podcast-Folge zwei Episoden von „Babylon 5“. Dabei gehen sie äußerst gründlich zu Werke und lassen wirklich keine Szene und keinen Dialog aus, was einer der Gründe ist, warum ihre Podcasts meistens länger als drei Stunden dauern und auch gerne mal vier oder sogar fünf Stunden lang sind.
    Im „Babble On Project“ kommt auch auch der Humor nicht zu kurz, so gibt es zum Beispiel immer wieder eigens fürs B5-Universum umgedichtete Popsongs oder ähnliches zu hören. Manchen Hörern dürften die lustigen Elemente hier zwar zu viel sein und auch mir gehen sie manchmal auf die Nerven, aber man kann ja einfach ein bisschen vorspulen… Das Holiday Special, das Matt und Gillian zu Weihnachten 2013 veröffentlicht und in dem sie quasi ein „Best of“ ihrer bis dahin aufgenommenen Songs zusammen getragen haben, habe ich mir auch noch nicht angehört...
    Jedenfalls kenne ich noch keinen anderen Podcast, der die Serie so ausführlich und tiefgründig analysiert. Matt und Gillian haben wirklich Ahnung vom Thema und kennen sich auch mit der Produktionsgeschichte der Serie gut aus. Im Laufe des Podcasts haben sie mehrere Interview-Specials veröffentlicht; sowohl B5-Schöpfer J. Michael Straczynski (JMS) als auch die Darsteller Peter Jurasik (Londo Mollari), Claudia Christian (Susan Ivanova) und Patrica Tallman (Lyta Alexander) haben sie bereits für interessante Interviews gewinnen können.
    Dieser Podcast ist auch für Neueinsteiger ins B5-Universum geeignet, da jede Folge ganz deutlich in einen spoilerfreien und einen äußerst spoilerhaltigen Bereich untergliedert ist (in der „enhanced version“ des Podcasts lässt sich der „Downbelow“-Bereich mit den Spoilern ganz einfach wie ein Kapitel in einem Hörbuch überspringen). Wer also „Babylon 5“ zum ersten Mal sieht, kann sich nach jeder Serienfolge die entsprechende Episode des „Babble On Project“ anhören und den Bereich, in dem Matt und Gillan die Relevanz der jeweiligen Folge für den großen Handlungsbogen diskutieren, einfach weg klicken. Momentan befinden sich die beiden mit ihrer Besprechung der Serie in der Mitte der fünften Staffel und werden nach dem Ende der regulären Serie auch noch über die TV-Filme podcasten.
  • Ein weiterer interessanter B5-Podcast ist „Downbelow: A Babylon 5 Introcast“, der erst vor relativ kurzer Zeit gestartet wurde. Dem „Introcast“-Konzept entsprechend bringt dieser Podcast alte Fans und neue Zuschauer der Serie zusammen. Will und Ian repräsentieren hier die B5-Kenner, während Heidi und Elizabeth die „Newbies“ sind, die die Serie zum ersten Mal anschauen und dabei die wildesten Theorien über den Fortgang der Geschichte entwickeln. Es hat eine Weile gedauert, bis ich mit diesem Podcast warm geworden bin, da mir die ersten Folgen noch etwas zäh und schwerfällig vorkamen. Die Vier haben einige Folgen lang gebraucht, um richtig in Fahrt zu kommen, inzwischen höre ich ihnen aber gerne zu. B5 wird hier zwar längst nicht so detailliert besprochen wie im „Babble On Project“, dafür sind die Episoden aber auch nicht so lang. In fast allen Folgen ist zudem ein Gast anwesend, der eine weitere Meinung repräsentiert – und wer weiß, vielleicht werde sogar ich selbst in einer der Folgen zur zweiten Staffel zu Gast sein.
    Auch dieser Podcast ist für Neueinsteiger geeignet, weil er natürlich zumindest in seinen regulären Episoden auf Spoiler verzichten muss, um den anwesenden Newbies die Spannung nicht zu nehmen. Hin und wieder gibt es aber auch Spoiler-Folgen, in denen Will und Ian ohne die beiden Neulinge besonders wichtige Folgen der Serie im Kontext des großen Handlungsbogens besprechen. Weiterhin gibt es auch immer wieder Folgen mit Audiokommentaren zu einzelnen B5-Episoden. Auf Facebook existieren zudem zwei Diskussionsgruppen zu diesem Podcast (eine ohne und eine mit Spoilern), in denen fleißig weiter diskutiert werden darf.
  • Ebenfalls sehr interessant finde ich den neuen Podcast „Braving Babylon 5“. Hier zeichnet Phil, der die Serie zum ersten Mal anschaut, stets nach dem Ansehen einer Episode seine Gedanken auf. Da Phil den Podcast alleine betreibt, entspinnt sich zwar kein Dialog, dafür sind seine Episdoen aber auch nicht besonders lang. Sie lohnen sich auf jeden Fall trotzdem, da auch hier jemand am Werk ist, der viel über Serien, Science-Fiction und Storytelling weiß und dieses Wissen in seine Besprechung miteinbringt. Der Podcast wurde erst vor kurzem gestartet; bislang hat Phil den Pilotfilm und die ersten sieben Folgen von Staffel 1 besprochen. Da er noch fast keine Ahnung hat, wie die Handlung weiter verläuft, ist natürlich auch dieser Podcast für Neueinsteiger geeignet. (Ich habe „fast keine Ahnung“ geschrieben, weil Phil über ein entscheidendes Handlungsdetail, das zu Beginn der zweiten Staffel relevant wird, schon bescheid zu wissen scheint und dies auch in einer Folge erwähnt. Da es aber sowieso sehr schwer ist, in dieser Hinsicht völlig spoilerfrei zu bleiben, können Neueinsteiger meiner Ansicht nach diesen Podcast trotzdem anhören.)
  • Ein weiterer noch relativ junger B5-Podcast ist „White Star Five“. Das Konzept dieses Podcasts überzeugt mich bislang allerdings nicht sonderlich. Hier sprechen zwei Fans über B5, die die Serie schon mehrmals gesehen haben – dementsprechend sind auch alle Folgen voller Spoiler, Neueinsteiger sollten diesen Podcast also meiden!  Da es den beiden anscheinend zu aufwändig war, jede einzelne Episode der Serie zu besprechen, behandeln ihre Podcast-Folgen gleich mal eine halbe Staffel auf einmal und gehen dementsprechend wenig ins Detail (zumal sich die beiden oftmals auch noch schlecht an den Inhalt der einen oder anderen B5-Folge erinnern können). Interessanter ist da schon die Idee, zusätzlich Episoden zu besonderen Themen aufzunehmen, in denen dann etwa ein bestimmter Darsteller, die Spezialeffekte oder das PsiCorps im Vordergrund stehen.
  • Um einen noch ganz jungen Podcast handelt es sich bei „The Audio Guide to Babylon 5“. Erika, Chip und Shannon haben bis jetzt nur eine Einleitungs-Episode veröffentlicht, planen aber, jede einzelne B5-Folge künftig in ihrem Podcast zu besprechen. Zum Glück haben sie ebenfalls vor, den Podcast jeweils in zwei Sektionen aufzuteilen (eine mit und eine ohne Spoiler), so dass auch dieser „Audio Guide“ von Neueinsteigern ins B5-Universum genossen werden kann. Ich bin schon sehr gespannt auf weitere Folgen!
  • Um einen Videopodcast handelt es sich bei den „Katie watches Babylon 5“-Videos auf YouTube. Auch diese sind für Neueinsteiger geeignet, da Katie sich die Serie zum ersten Mal angesehen und jeweils nach dem Anschauen der Folgen ihre Eindrücke in die Kamera gesprochen hat – von der ersten bis zur letzten B5-Folge (den Pilotfilm hat sie nicht am Anfang angeschaut, sondern irgenwann mittendrin nachgeholt). Ihre emotionalen Reaktionen gerade zum Ende der Serie hin haben sogar JMS höchstpersönlich dazu veranlasst, diese Videos per Twitter weiter zu empfehlen.
  • Der Vollständigkeit halber möchte ich auch noch den „Klassiker“ unter den B5-Podcasts erwähnen, obwohl ich hier noch gar nicht reingehört habe: Im „The Babylon Podcast“ wurden – soweit ich das auf die Schnelle überblicken konnte – nicht nur sämtliche Serienfolgen und TV-Filme besprochen, sondern auch die B5-Romane und Comics. Zudem gibt es auch hier ein Interview mit JMS. Ich habe vor, mir auch diesen Podcast komplett von der ersten bis zur letzten Folge anzuhören, aber für so viele B5-Podcasts gleichzeitg reicht meine Zeit einfach nicht, deswegen werde ich mit dem „Babylon Podcast“ wohl erst beginnen, sobald das „Babble On Project“ seine letzte Folge gesendet hat. (Inwieweit dieser Podcast für Neulinge geeignet ist, kann ich natürlich noch nicht sagen.)

Das waren also alle mir derzeit bekannten B5-Podcasts. Abgesehen von Katies YouTube-Videos lassen sie sich alle kostenlos über iTunes abonnieren; auf diese Weise verpasst man keine neue Folge. Leider habe ich bis jetzt noch keinen deutschsprachigen B5-Podcast entdeckt – kennt vielleicht jemand einen? Oder gibt es noch andere englische B5-Podcasts, die mir noch unbekannt sind (und die ich dann auch noch anhören muss)? Ich bin mit meinem schriftlichen Rewatch hier im Blog jedenfalls genug ausgelastet, deswegen habe ich die Idee, einen eigenen B5-Podcast zu starten, schnell wieder verworfen. Auf jeden Fall finde ich es aber sehr spannend, dass gerade in den letzten Monaten so viele neue B5-Podcasts entstanden sind. Die Serie scheint wirklich gerade dabei zu sein, eine neue Generation von Fans zu begeistern, und genau das ist es ja auch, was „Babylon 5“ braucht, um weiterleben zu können – ganz im Sinne der von JMS ins Leben gerufenen „Free Babylon 5“-Bewegung.

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UPDATE 19.07.2014:

  • „Jumpgate – The Babylon 5 Rewatch Podcast“ ist ein weiterer neuer B5-Podcast, der mittlerweile neben dem „Babble On Project“ und dem „Downbelow“-Introcast zu einem meiner Lieblings-B5-Podcasts geworden ist. Hier diskutieren die langjährigen B5-Fans Andy und Jinny gemeinsam mit ihrem Freund Nick ausführlich über jede Folge der Serie (momentan sind sie in der Mitte der ersten Staffel angekommen). Da Nick die Serie zum ersten Mal sieht, ist der Podcast frei von größeren Spoilern und somit überwiegend für Neueinsteiger geeignet. Kleinere Spoiler kommen aber immer wieder zu Sprache. Ich liebe diesen Podcast, weil die Drei über ein breites Nerd-Wissen aus den Bereichen TV, Science-Fiction, Fantasy, Film und Comic verfügen und dies immer wieder in ihre Diskussionen und Analysen einbringen (darüber hinaus gehört zu Nicks Interessengebieten auch noch Geschichte, so dass er immer wieder Vergleiche mit historischen Ereignissen und ähnliches einbringt). Sehr empfehlenswert!

 

Babylon 5 – Episode 1.01 „Midnight On The Firing Line“

Mein „Babylon 5“-Rewatch geht endlich weiter bzw. geht jetzt erst richtig los. Nachdem ich letztes Jahr einen (wie ich sogar selbst finde) sehr guten Überblicksartikel über die Serie geschrieben habe (ohne Spoiler!) und kurz darauf einen ziemlich unübersichtlichen Blogpost über den Pilotfilm verfasst habe, mache ich nun mit der ersten regulären Serienfolge weiter.
Bevor ich dazu komme will ich aber wie in den letzten Posts erst noch auf ein paar Neuigkeiten aus dem „Babylon 5“-Fandom hinweisen:

Aktuelles aus dem „Babylon 5“-Universum

Im Januar fand in Houston die Space City Con statt, auf der zahlreiche „Babylon 5“-Darsteller anwesend waren. Nach der Reunion des „Babylon 5“-Casts auf der Phoenix Comic Con 2013 zum 20. Jubiläum der Serie war dies das zweite große Zusammentreffen zahlreicher B5-Darsteller auf einer Convention innerhalb weniger Monate. Leider war Serienschöpfer J. Michael Straczynski (JMS) dieses Mal nicht anwesend, er ließ es sich aber nicht nehmen, einen Brief an die Fans zu schreiben, den Bruce Boxleitner auf der Con vorlas. Das Video ist sehr zu empfehlen, es hat mich sowohl zum Lachen als auch zum Nachdenken gebracht, wie es bei Texten aus JMS‘ Feder eben oft der Fall ist.
Auch die „Free Babylon 5“-Bewegung war auf der Convention vertreten. Ihr Ziel ist es, „Babylon 5“ in den USA, aber auch im Rest der Welt wieder ins Fernsehen zu bringen, um die Serie nicht in Vergessenheit geraten zu lassen und auch den Verantwortlichen bei Warner Bros. klar zu machen, dass nach wie vor eine große Fanbasis für die Serie da ist. Auf der Convention gab es ein eigenes „Free Babylon 5“-Panel,
auf dem darüber diskutiert wurde, wie man diese Ziele am besten erreichen könnte. Deutsche Fans können beispielsweise Emails an Pro Sieben schreiben und darum bitten, die Serie dort wieder ins Programm zu nehmen. So weit ich weiß, läuft sie nämlich auch hierzulande zurzeit nicht im Fernsehen. (Hier habe ich noch einen aktuellen Artikel gefunden, in dem 10 Science Fiction/Fantasy-Serien aufgelistet werden, die eine Blu ray-Veröffentlichung verdient hätten. Natürlich ist „Babylon 5“ auch dabei.)
Ein Video des Panels mit allen anwesenden Darstellern von der Space City Con gibt es hier; zudem habe ich gerade noch ein zweiteiliges Video der Fragerunde mit den Darstellern Peter Jurasik (Londo) und Stephen Furst (Vir) gefunden (hier und hier). Diese drei Videos habe ich selbst noch nicht angeschaut, kann also nichts über deren Inhalt und Qualität sagen. Es scheint sich aber um die auf Conventions üblichen Fragerunden zu handeln, wo die Darsteller die oft längst bekannten, aber immer wieder amüsanten Anekdoten erzählen.

Das „Babylon 5“-Jubiläum zieht sich über zwei Jahre hin – im Februar 2013 hatte der Pilotfilm seinen 20. Geburtstag, die Serie selbst startete aber fast ein Jahr nach dem Film, am 26.01.1994. Damit dürfen wir dieses Jahr also erneut feiern. Zap2It hat ein Interview mit JMS geführt, in dem er unter anderem über den Einfluss von „Babylon 5“ auf nachfolgende Serien spricht. Im zweiten Teil des Interviews verrät er ein paar Details zu seiner neuen Serie „Sense8“, an der er zusammen mit Andy und Lana Wachowski („The Matrix“, „Cloud Atlas“) arbeitet. Die erste Staffel soll dieses Jahr unter anderem in Berlin gedreht werden und die Serie dann spätestens Anfang 2015 in den USA bei Netflix zu sehen sein. Ich bin schon sehr gespannt, denn das Konzept der Serie hört sich wirklich interessant und ambitioniert an – und bei entsprechendem Erfolg soll auch „Sense8“ wieder fünf Jahre lang laufen, genau wie „Babylon 5“ damals.

Und weil das hier ja ein „Babylon 5“-Rewatch ist weise ich kurz noch auf zwei andere Personen hin, die ebenfalls ihre Eindrücke über die Serie im Internet festgehalten haben: Die „Katie watches Babylon 5“-Videos hat sich sogar JMS persönlich angeschaut; darin spricht Katie, die die Serie zum ersten Mal anschaut, nach dem Anschauen jeder Episode ihre Eindrücke in die Kamera. Hier gibt es das Video, in dem sie über die ersten fünf Folgen spricht. Auch Ivanova-Darstellerin Claudia Christian hat sich 2009 vorgenommen, die Serie, in der sie eine Hauptrolle gespielt hat, endlich auch mal selbst Folge für Folge anzuschauen. Ihren ersten Blogpost dazu findet Ihr hier. Weil sie zwischenzeitlich eine Pause eingelegt hat, ist sie inzwischen erst bei der dritten Staffel angelangt, aber sie guckt und bloggt jedenfalls fleißig weiter – so wie ich das hoffentlich auch tun werde. Deshalb geht es jetzt auch zügig weiter mit der ersten „Babylon 5“-Folge…

Episode 1.01 „Midnight On The Firing Line“ („Ragesh 3“)

Drehbuch: J. Michael Straczynski, Regie: Richard Compton
Erstausstrahlung: 26.01.1994 (USA), 06.08.1995 (Deutschland)

Größere Spoiler will ich im Verlauf des Rewatches vermeiden, damit sich das hier auch all diejenigen durchlesen können, die die Serie zum ersten Mal sehen.

Die erste Staffel trägt den Titel „Signs and Portents“ – hier werfen also noch kommende Ereignisse ihre Schatten voraus, ohne dass man dies unbedingt beim ersten Anschauen erkennen muss. Diese allererste Folge hat die Aufgabe, fast alle wichtigen Charaktere der Serie noch einmal im Schnelldurchlauf einzuführen, da sie ja bei ihrer Erstausstrahlung fast ein Jahr nach dem Pilotfilm gesendet worden ist. Das gelingt überraschend gut, allerdings muss man gut aufpassen und darf keine Dialogzeile verpassen, wenn man auch wirklich all wichtigen Informationen über die verschiedenen Figuren, Völker und ihre Beziehungen zueinander mitkriegen möchte. JMS ist es gelungen, all diese Informationen in einer spannenden Geschichte unterzubringen. Die Dialoge tranportieren eine große Menge an neuen und wichtigen Informationen, wirken aber fast nie wie bloße Exposition.

Die Haupthandlung der Episode dreht sich um den Narn-Angriff auf eine zivile Forschungseinrichtung der Centauri auf dem Planeten Ragesh 3. Für den Centauri-Botschafter Londo Mollari (großartig: Peter Jurasik) handelt es sich dabei um eine sehr persönliche Angelenheit, da sein Neffe Carn auf Ragesh 3 arbeitet. Neuigkeiten über mögliche Opfer des Angriffs erreichen Babylon 5 zunächst nicht, doch für Londo steht fest, dass er Vergeltung an den Narn üben will, falls Carn umgekommen sein sollte. „Only one thing matters, Commander, blood.“, erklärt er Sinclair. Commander Sinclair (Michael O’Hare) will zunächst um jeden Preis den Frieden bewahren und zwischen den Narn und den Centauri vermitteln, genau darin besteht ja seine Aufgabe und die Funktion von Babylon 5 überhaupt.
Als Londo erfährt, dass der Angriff für seine eigene Regierung so unwichtig ist, dass diese nichts dagegen unternehmen will, ist er maßlos enttäuscht und seine Wut wird noch größer. Die Szene, in der er in seinem Quartier seinem armen Assistenten Vir (Stephen Furst) seine ganze Wut entgegen schreit, ist großartig und ein erstes Beispiel für Peter Jurasiks brillantes Schauspiel. Nachdem der Beweis erbracht worden ist, dass die Narn für den Angriff verantwortlich sind, befürwortet Sinclair eine militärische Intervention, um die überlebenden Zivilisten auf Ragesh 3 zu retten. Doch auch die Erdregierung möchte sich aufgrund der stattfindenden Wahlen lieber aus der Sache heraus halten. Mit einem Trick setzt sich Sinclair aber darüber hinweg und lässt Ivanova bei der Ratsversammlung für eine Intervention stimmen.
Auch Londo plant, sich über die Entscheidung seiner eigenen Regierung hinweg zu setzen, und zwar einzig aufgrund seiner persönlichen Rachsucht. Als sein Plan nicht aufgeht, versucht er stattdessen, den Narn-Botschafter G’Kar (Andreas Katsulas) umzubringen, auf den sich sein ganzer Hass konzentriert. Zum Glück kann Sicherheitschef Michael Garibaldi (Jerry Doyle) dies verhindern.
Die B-Story dreht sich um die Angriffe der Raiders (so eine Art Weltraumpiraten) auf Transportschiffe. Als Garibaldi herausfindet, dass der nächste Angriff auch hier einem mit Zivilisten besetzten Raumschiff droht, versucht er dies zu verhindern, was ihm mit Sinclairs Hilfe gelingt. Zum ersten von vielen Malen begibt sich Sinclair hier persönlich ins Gefecht, obwohl er auch seine Untergebenen schicken könnte.
Sogar eine C-Story gibt es noch: Die neue Telepathin Talia Winters (Andrea Thompson) versucht sich den Richtlinien entsprechend bei Lt. Commander Ivanova (Claudia Christian) zu melden, doch Ivanova geht ihr immer wieder aus dem Weg oder weist sie unhöflich ab. In einer emotionalen Szene am Schluss der Episode erfahren wir den Grund für Susan Ivanovas Abneigung gegen Telepathen und deren Organisation, das Psi Corps.

„Midnight On The Firing Line“ ist eine spannende Auftaktepisode, die voll gepackt ist mit wichtigen Informationen und welche die (zum Teil neuen) Figuren noch einmal im Schnelldurchlauf vorstellt. Vor allem die Hintergrundgeschichten und Persönlichkeiten von Londo, G’Kar, Ivanova und Sinclair werden hier beleuchtet, doch in den folgenden Episoden kommen auch die übrigen Hauptcharaktere zum Zug (und einige neue werden noch vorgestellt). Auch die Funktion der Raumstation Babylon 5 an sich wird hier etabliert. Wie sagt es Sinclair es in der Titelsequenz der ersten Staffel so schön: „The Babylon Project was a dream given form. Its goal: to prevent another war by creating a place where humans and aliens could work out their differences peacefully. It’s a port of call – home away from home – for diplomats, hustlers, entrepreneurs, and wanderers. Humans and aliens wrapped in two million five hundred thousand tons of spinning metal… all alone in the night. It can be a dangerous place, but it’s our last best hope for peace.“
Dass Babylon 5 seine Aufgabe, den Frieden zu bewahren nicht immer wird erfüllen können, dürfte kein größerer Spoiler sein. Vor allem die hier etablierte Feindschaft zwischen Londo und G’Kar, die stellvertretend für die Feindschaft zwischen ihren beiden Völkern steht, legt in dieser Hinsicht den Grundstein für weitere Entwicklungen…

Highlight der Episode: Die Szene im Quartier des Vorlonen-Botschafters Kosh! Bereits im Pilotfilm ist Kosh als äußerst mysteriöse Figure eingeführt worden; niemand weiß genau wie ein Vorlone aussieht und was für ein Wesen sich unter diesem Schutzanzug versteckt. Als Sinclair Koshs Quartier im Alien-Sektor betritt, befindet sich Kosh gerade nicht in seinem Anzug, sondern hinter einer Art Raumteiler. Er ist nur als ein grelles Leuchten erkennbar – was ist er also? Ein körperloses Energiewesen?

Londo/G’Kar-Moment (Da die „Babylon 5“-Saga zu einem erheblichen Teil die Geschichte von Londo und G’Kar ist und beide zu meinen Lieblingsfiguren gehören, habe ich beschlossen, diese Kategorie einzuführen.): In dieser ersten Episode ist der Londo/G’Kar-Moment ganz klar die Konfrontation der beiden im Zocalo – voller Hass und Wut giften sich die beiden an und müssen schließlich von Sicherheitskräften zurück gehalten werden. Es wird nicht die letzte Konfrontation zwischen ihnen bleiben…

Folgende (weitere) wichtige Informationen, die für den weiteren Verlauf der Serie – den großen „story arc“ – wichtig sind, erhalten wir in dieser ersten Episode (da dies die erste Episode ist, ist diese Liste ziemlich lang):

  • Der Krieg zwischen den Menschen und den Minbari und liegt zehn Jahre zurück. Sinclair hat im Krieg als Kampfpilot gekämpft und immer noch großen Respekt vor den Minbari.
  • Auf der Erde finden während dieser Episode Präsidentschaftswahlen statt; am Ende der Folge steht fest, dass Luis Santiago zum neuen Präsidenten der Erdallianz gewählt worden ist.
  • Zwischen den Narn und den Centauri herrscht eine Jahrhunderte alte Feindschaft, die sich darauf gründet, dass die Centauri den Heimatplaneten der Narn lange Zeit besetzt, die Narn versklavt und die ganze Welt verwüstet haben.
  • Als Repräsentanten dieser beiden Völker auf Babylon 5 dienen die Botschafter G’Kar und Londo Mollari, die sich hassen wie die Pest. Londo erzählt Commander Sinclair davon, dass er einen wiederkehrenden Traum hat, in dem er und G’Kar sich als alte Männer gegenseitig umbringen.
  • Menschliche Telepathen müssen entweder dem Psi Corps beitreten, wo sie unter anderem lernen, ihre Fähigkeiten unter Kontrolle zu halten, um nicht die Privatsphäre anderer Personen zu verletzen oder für den Rest ihres Lebens Medikamente einnehmen, die ihre Fähigkeiten unterdrücken. Wer sich für keine dieser Möglichkeiten entscheiden will, kommt ins Gefängnis.
  • Susan Ivanova ist neu auf der Station. Sie ist als Stellvertreterin Sinclairs die Nachfolgerin von Laurel Takashima, die wir im Pilotfilm gesehen haben. Susans Mutter war eine Telepathin, die sich weigerte, dem Psi Corps beizutreten. Die Medikamente, die sie deswegen zu nehmen gezwungen war, hatten starke Nebenwirkungen. Susans Mutter verfiel in Depressionen und brachte sich im Alter von 45 Jahren um.
  • Neben Ivanova werden in dieser Folge weitere neue Figuren des Stamm-Casts eingeführt: Vir Cotto ist der Assistent von Londo Mollari; Talia Winters tritt als auf der Station stationierte Telepathin die Nachfolge von Lyta Alexander an, die nach den Ereignissen im Pilotfilm zurück auf die Erde versetzt wurde (was allerdings in dieser Folge nicht erwähnt wird). Talia wird von Susan Ivanova anfangs schroff zurückgewiesen, doch ihre Beziehung wird sich im Lauf der Zeit wandeln…

Sonstige Fragen: Warum sitzt eigentlich Londos Assistent Vir in der Ratsszene zwischen den anderen Mitgliedern der der Liga blockfreien Welten? Die Centauri sind doch nicht Mitglied der Liga und haben ihren eigenen Sitz im Rat, vertreten durch Londo Mollari. Auch ein Narn ist auf den Liga-Plätzen zu sehen, für ihn gilt dasselbe.

Interessante „Hinter den Kulissen“-Fakten: Zwar handelt es sich hier um die erste Episode in der Handlung von „Babylon 5“, „Midnight On The Firing Line“ ist aber die vierte Episode, die gedreht wurde. Das Aussehen einiger Aliens wurde für die Serie überarbeitet. Die Masken von G’Kar und ganz besonders Delenn sahen im Pilotfilm noch anders aus. Delenns Gesicht wirkt nun viel weicher und femininer (auf den Grund für diese Umgestaltung kann ich noch nicht eingehen, ohne massiv zu spoilern).
Außerdem noch ein Fakt, der nichts mit dieser Folge an sich zu tun hat, den ich aber sehr interessant finde: Jane Killick schreibt in ihrem Episodenführer zur ersten Staffel („Babylon 5 – Signs and Portents“), dass „Babylon 5“ um ein Haar eine deutsche Koproduktion geworden wäre! Der NDR habe angeblich ernsthaftes Interesse am Konzept der Serie bekundet und einen Teil der Finanzierung übernehmen wollen. Letztendlich kam das aber doch nicht zustande und außer in dem erwähnten Buch habe ich davon auch noch nie gelesen, ich weiß also nicht ob diese Behauptung der Wahrheit entspricht.

Zitate:
Ivanova über den Präsidentschaftskandidaten Luis Santiago: „I do not like Santiago. I’ve always thought that a leader should have a strong chin. He has no chin, and his vice president has several. This, to me, is not a good combination.“

Kosh: „They are alone. They are a dying people. We should let them pass.“
Sinclair: „Who? The Narn or the Centauri?“
Kosh: „Yes.“

Kommentare sind sehr willkommen!!

 

Die nächste Folge in meinem „Babylon 5“ Rewatch:
1.02 „Soul Hunter“

Babylon 5 – The Gathering (Die Zusammenkunft)

Hier ist er also, mein zweiter Blogpost zu „Babylon 5“. Ich habe für die Serie extra eine Unterkategorie (unter „TV-Serien“)  im Blog eingerichtet, da ich ja vorhabe, mich längerfristig hier mit ihr zu beschäftigen. Nachdem ich beim letzten Mal einiges über die Hintergründe und die Entstehung der Serie geschrieben habe, soll es dieses Mal um den Pilotfilm gehen.

Zunächst aber noch ein paar Worte zu den aktuellen Entwicklungen aus dem B5-Fandom: Die „Free Babylon 5“-Kampagne, die ich im letzten Post erwähnt hatte, hat ihren ersten großen Erfolg errungen und „Babylon 5“ wieder ins Fernsehen gebracht! Der britsche Sender WATCH strahlt die Serie seit dem 4. Novemeber wieder aus. In einem auf der Homepage des Senders veröffentlichtem Statement wird „Free Babylon 5“ sogar erwähnt, es gibt also keine Zweifel daran, dass es tatsächlich das Verdienst all der leidenschaftlichen B5-Fans ist, die sich im Internet für die Serie stark gemacht haben, dass „Babylon 5“ nun ins Fernsehen zurück gekehrt ist (einen weiteren kurzen Artikel dazu gibt es hier). Auch einen sehr schönen (und komplett spoilerfreien) Trailer hat der Sender aus diesem Anlass erstellt:

Leider nicht gelungen ist das Vorhaben, „Babylon 5“ bei den diesjährigen People’s Choice Awards in der Kategorie „Favorite TV Series We Miss The Most“ auf die Nominierungsliste zu setzen. Die Chance war allerdings auch nicht besonders groß, schließlich standen einige zum Teil eigentlich noch aktuelle Serien, deren Finale erst vor kurzem gesendet worden ist (z.B. „Dexter“) zur Auswahl und wer für „Babylon 5“ stimmen wollte, musste den Namen der Serie extra im „Sonstige“-Feld eintragen. Trotzdem habe ich teilweise mehrmals täglich fleißig mit abgestimmt.

Beim letzten Mal habe ich auf das „Babble On Project“ hingewiesen, einen hervorragenden englischen B5-Podcast. Im Gegenzug haben Gillian und Matt vom Babble On Project in ihrer letzten Episode mein Blog empfohlen (weil die beiden kein deutsch sprechen, mussten die Armen eine vom Google Translator übersetzte Fassung meines Blogposts lesen). Dieses Mal möchte ich die „Katie watches Babylon 5“-Videos vorstellen. Katie, offensichtlich Science-Fiction- und Fantasy-Fan, gibt darin ihre Eindrücke von „Babylon 5“ wieder, und zwar jeweils unmittelbar nachdem sie die jeweilige Folge zum ersten Mal gesehen hat (sie lässt allerdings den Pilotfilm aus und beginnt mit der ersten regulären Serienfolge). Als langjährigen Fan freut es mich immer wieder, wenn ich die Gelegenheit bekomme, die Serie durch die Augen von Neulingen in einem ganz anderen Licht zu sehen und mit zu erleben, wie jemand „Babylon 5“ nach und nach entdeckt. Ich selbst bin auf Katies Videos vor einigen Monaten aufmerksam geworden, inzwischen hat aber sogar B5-Schöpfer J. Michael Straczynski (JMS) auf Twitter und Facebook kundgetan, dass er sich die Videos alle angesehen hat! Insofern ist das natürlich kein „Geheimtipp“ mehr, sehenswert sind die Videos aber allemal. Natürlich sollte man nur die Videos zu den B5-Episoden anschauen, die man selbst schon kennt.

Nun also zum Pilotfilm von „Babylon 5“, der den Namen „The Gathering“ (im Deutschen korrekt mit „Die Zusammenkunft“ übersetzt) trägt. Der 90minütige Film wurde 1993 im amerikanischen und 1995 im deutschen Fernsehen erstmals ausgestrahlt. Während es in Deutschland bereits wenige Tage später auf Pro Sieben mit der ersten Staffel der Serie weiterging, mussten die Amerikaner damals fast ein ganzes Jahr lang warten, bis die Serie nach dem Pilotfilm auch tatsächlich in Serie ging, denn leider dauerte es eine Weile, bis JMS und sein Team grünes Licht für die Produktion der ersten Staffel erhielten. JMS hat später erklärt, er hätte das Drehbuch des Pilotfilm ganz anders geschrieben, wenn er gewusst hätte, dass die erste reguläre Episode erst ein knappes Jahr nach der Ausstrahlung des Pilotfilms gezeigt werden würde. Unter der Annahme, dass auf den Pilotfilm schnell die Serie folgen würde, stopfte er das Drehbuch des Films nämlich mit haufenweise Hintergrundinfos voll, was auf Kosten der Charakterisierung seiner Figuren ging. Das wäre nicht schlimm gewesen, wenn es gleich eine Woche nach dem Pilotfilm mit der Ausstrahlung der Serie weitergegangen wäre. In den weiteren Episoden hätte man dann mit der feineren Figurenzeichnung beginnen können.

Das Resultat ist nun aber ein sehr expositionslastiger Pilotfilm, in dem die Charakterzeichnung hier und da etwas zu kurz kommt und der nicht – wie etwa die Pilotfilme zu „Star Trek: The Next Generation“ oder „Deep Space Nine“ – den Vorteil hat, auf ein bereits etabliertes und den meisten Zuschauern schon bekanntes Universum aufbauen zu können. Zu Beginn der „Babylon 5“-Saga muss alles erklärt werden – der Name „Babylon 5“, die Funktion der Station, die Beziehungen der verschiedenen Völker sowie der Personen auf der Station, ein Großteil der Technik, und und und. Im Unterschied zu den Pilotepisoden vieler anderer Serien ist „The Gathering“ aber ein wichtiger Teil der Serie. Der Film unterscheidet sich zwar optisch ein wenig vom Rest der Serie (das Makeup einiger Aliens sieht hier z.B. noch anders aus) und auch einige der Figuren wurden für die Serie ausgetauscht, doch der große Erzählbogen, den JMS mit „Babylon 5“ aufspannt, nimmt hier bereits seinen Anfang. „The Gathering“ legt tatsächlich den Grundstein für viele Storyelemente, die im Lauf der ersten Staffel, zum Teil aber auch erst viel später relevant werden. Dazu gehören zum Beispiel die fehlenden 24 Stunden in Sinclairs Gedächtnis oder die Tatsache, dass Babylon 4 unter mysteriösen Umständen verschwunden ist. Weiterhin wären der Erd-Minbari-Krieg und die plötzliche, unerklärliche Kapitulation der Minbari zu nennen, die einstige Größe des Centauri-Imperiums und Londos Sehnsucht nach dieser guten, alten Zeit, [Spoiler! Nur weiterlesen, wer bereits mindestens die ersten drei Staffeln gesehen hat!] sowie beispielsweise auch Kyles Gebrauch von Aufputschmitteln (Stims), der später auf Dr. Franklin übertragen wurde. [Spoiler Ende]

Eine Inhaltsangabe zu „The Gathering“ werde ich hier nicht liefern, da ich davon ausgehe, dass die Leser dieses Posts den Pilotfilm schon gesehen haben (falls nicht, dann hört jetzt auf zu lesen, schaut euch den Film an und lest danach weiter!). Außerdem habe ich keine Lust darauf, hier bei im Lauf meines B5-Rewatch jede Folge von „Babylon 5“ zusammen zu fassen. Stattdessen möchte jedes Mal einfach auf all die Dinge eingehen, die ich interessant, besonders gut oder schlecht oder sonst irgendwie erwähnenswert finde. Die interessanteste Tatsache in Bezug auf den Pilotfilm ist die, dass es davon zwei verschiedene Fassungen gibt: die Originalfassung von 1993 und eine Special Edition von 1998. Mit der ursprünglichen Fassung war JMS nie besonders zufrieden, so dass er für die Möglichkeit dankbar war, eine neu geschnittene und mit neuer Musik versehene Fassung herzustellen. Beide Fassungen haben eine Länge von etwa 90 Minuten, doch die Special Edition enthält 14 Minuten an neuem Material. Trotzdem sind für die Special Edition nur wenige Szenen der ersten Fassung ganz herausgeschnitten worden; der Platz für die neuen Szenen wurde vor allem dadurch geschafft, dass die bestehenden Szenen gestrafft wurden (was sich keineswegs negativ bemerkbar macht, da die Originalfassung sehr langsam geschnitten war). Die Special Edition wirkt dadurch deutlich flotter als die Originalfassung. Des Weiteren bekam der Film 1998 eine vollkommen neue Filmmusik spendiert. Für die Originalversion hatte noch Stewart Copeland (Schlagzeuger von The Police) die Musik geschrieben, für die Special Edition schrieb der spätere B5-Stammkomponist Christopher Franke einen völlig neuen Score. Jeder, der „Babylon 5“ kennt, weiß wie immens wichtig Frankes Musik für die Serie ist und der Austausch von Coplelands zwar nicht schlechtem, aber rückblickend ungewohnt rockigem und E-Gitarren-lastigem Score gegen Frankes epische, von den Berliner Symphonikern eingespielte Musik ist ein großer Gewinn für den Film.

Eine weitere erwähnenswerte Änderung: Tamlyn Tomita, die Darstellerin von Lt. Commander Laurel Takashima, hatte ihre Performance für die Originalversion komplett nachsynchronisiert, weil die Verantwortlichen bei Warner Bros. ihre Figur als „zu stark“ und unsympathisch empfanden. Für die Special Edition verwendete man dann wieder den bei den Dreharbeiten aufgenommenen Voice Track von Tomita. Mir ist der Unterschied ehrlich gesagt gar nicht aufgefallen, aber JMS zufolge wirkt ihr Schauspiel in der Special Edition viel natürlicher.

Wie und wo kann man nun die beiden verschiedenen Fassungen von „The Gathering“ bekommen? In Deutschland ist nur die Originalfassung erhältlich, da die Special Edition nie synchronisiert wurde. Das heißt, sowohl alle hierzulande erhältlichen B5-Komplettboxen als auch die Einzel-DVD (deren Cover leider ein vollkommen falsches Motiv schmückt, das einem großen Spoiler gleichkommt….) sowie die „Movie-Box“, welche neben dem Pilotfilm noch die fünf anderen B5-Fernsehfilme enthält, enthalten die Originalfassung. Die Special Edition lässt sich aber leicht als UK-Import bestellen (und ist damit auch problemlos auf allen deutschen Playern abspielbar). Auch wenn es nicht explizit angegeben ist, bei dieser DVD handelt es sich um die Special Editon. Übrigens ist lediglich der Pilotfilm noch im alten 4:3-Format gefilmt worden, alle übrigen Episoden und Filme sind in 16:9 und füllen damit moderne Bildschirme voll aus (wenn auch die Bildqualität natürlich oft zu wünschen übrig lässt, aber das ist ein anderes Thema).

Als ich den Pilotfilm 1995 zum ersten Mal gesehen habe, war ich unter anderem von seiner Optik beeindruck. Dazu gehörten die vollständig am Computer generierten Spezialeffkte, die zwar heute veraltet wirken mögen, damals aber „state of the art“ waren und sogar mit einem Emmy ausgezeichnet wurden. Auch das Design der Station und der Raumschiffe – ganz besonders die riesigen, organisch wirkenden Vorlonenschiffe – beeindruckten mich damals. Das gleiche gilt für das Aussehen der Aliens: die reptilienartigen Narn oder die Minbari mit ihrem Knochenkamm am Hinterkopf sahen so ganz anders aus als alles, was ich vom Science-Fiction-Fernsehen gewohnt war (und das bedeutet: was ich aus „Star Trek“ kannte). Und dann erst Kosh, der Botschafter der Vorlonen, in seinem Schutzanzug. Bereits bei seinem ersten Auftauchen begann man zu rätseln, was für ein Wesen sich wohl darunter verbarg, und dieses Rätseln ging noch eine ganze Weile weiter. Fasziniert war ich weiterhin vom „Aliensektor“ der Station, einem Bereich, der den vielfältigen außerirdischen Lebensformen jeweils unterschiedliche Lebensbedingungen zur Verfügung stellt. Für die Special Edition wurde Sinclairs und Lytas Gang durch den Aliensektor übrigens fast komplett heraus geschnitten, da die Aliens dort doch arg nach dem aussehen, was sie letztendlich sind: Puppen. Auch in der späteren Serie spielter dieser Sektor nur noch ganz selten eine Rolle und non-humanoide Aliens kamen auch so gut wie gar nicht mehr vor. Das war aber nicht weiter schlimm, da sich sehr schnell herausstellte, dass „Babylon 5“ keineswegs nur auf optische Schauwerte setzte, sondern vor allem auf der Ebene der Handlung und der Charaktere punkten konnnte.

Beim Anschauen der beiden Fassungen des Films habe ich eine lange Liste an Unterschieden zwischen der Special Edition und der Originalfassung angelegt, von denen ich die Wichtigsten unten am Ende des Beitrags gepostet habe. Wie ich schon angesprochen habe, gibt es aber auch eine Reihe von Unterschieden zwischen dem Film und der nachfolgenden Serie, von denen ich hier einige nennen möchte. Den Wechsel einiger Darsteller habe ich schon kurz angesprochen. Tamlyn Tomita, die Commander Sinclairs Stellvertreterin Laurel Takashima spielt, und Johnny Sekka, Darsteller des Stationsarztes Dr. Benjamin Kyle, wurden nach dem Pilotfilm durch neue Darsteller ersetzt und ihre Figuren aus der Handlung heraus geschrieben. Eine gute und nachvollziehbare Entscheidung, wie ich finde, ganz besonders Hinblick darauf, wie fantastisch ihre jeweiligen Nachfolger waren. Als ich „The Gathering“ für den Rewatch angeschaut habe, habe ich mir gleich bei der Szene zwischen Takashima (Tomita) und G’Kar am Anfang gewünscht, Takshimas Nachfolgerin Susan Ivanova wäre schon an Bord gewesen. Deren Darstellerin Claudia Christian hätte die Dialogzeilen viel natürlicher, energiegeladener, charismatischer und humorvoller rübergebracht. Aus Tomitas Mund commend erzielt der Satz „I can send them a fruit basket, If you like.“ überhaupt keine emotionale Wirkung, während Christian in eine solche Äußerung einiges an Sarkasmus gelegt hätte. Johnny Sekka als Stationsarzt Dr. Benjamin Kyle wiederum spielt zwar nicht schlecht, aber irgendwie wirkt seine Figur unnahbar und weniger sympathisch als der nachfolgende Dr. Franklin. In Bezug auf Takashima ist noch interessant, dass in ihr schon vieles angelegt war, was später auf Ivanova übertragen wurde. So erzählt sie zum Beispiel Dr. Kyle, dass sie echten Kaffee auf der Station anpflanzen lässt; auch ihre Beziehung zu Sinclair, der für sie eine Art Mentor darstellt, wurde später auf Susan Ivanova übertragen.

Einen weiteren Dastellerwechsel gab es nach dem Pilotfilm bei der Rolle der auf B5 stationierten Telepathin. Weil Patricia Tallman als Lyta Alexander leider für die Serie nicht mehr zur Verfügung stand, schrieb man ihre Figur heraus. Stattdessen kam Andrea Thompson als Talia Winters an Bord. Die Abwesenheit von Lyta und Dr. Kyle wird später dadurch erklärt, dass beide auf die Erde zurückgerufen worden sind, nachdem bekannt geworden war, dass sie einen Blick auf Koshs wahre Gestalt geworfen hatten. Durchaus plausibel, wie ich finde.

Offensichtliche Unterschiede zwischen „The Gathering“ und der späteren Serie liegen wie schon erwähnt auch in der Gestaltung einiger Masken. G’Kars Gesicht sieht im Pilotfilm noch kantiger aus und die Maskenbildner wussten offensichtlich auch noch nicht so recht, wie sie mit Londos Haaren umgehen sollten. Am deutlichsten ist der Unterschied bei Delenn, [Spoiler! Bitte nur lesen und auch das Video nur anschauen, wer die Serie bis mindestens Episode 2.02 gesehen hat!!] der man einen gewollt androgynen Look verpasste. JMS‘ ursprünglicher Plan sah nämlich nicht nur vor, dass Delenn zu Beginn der zweiten Staffel halb menschlich werden sollte. Zusätzlich sollte sie auch noch das Geschlecht wechseln! Zwar sollte Delenn von Anfang an von der Schauspielerin Mira Furlan gespielt werden, im Pilotfilm und der ersten Staffel sollte die Figur jedoch männlich sein. Daher kommt das rückblickend seltsame Aussehen Delenns im Pilotfilm. Zusätzlich war geplant, Furlans Stimme elektronisch zu verzerren um sie tiefer und damit männlich wirken zu lassen. Dieses Vorhaben verwarf man allerdings wieder, da der Effekt nicht so wirkte, wie JMS sich das vorgestellt hatte (wobei es auch Gerüchte gibt, Mira Furlan habe etwas dagegen gehabt). In diesem vor der Ausstrahlung von „The Gathering“ im US-TV gesendeten Promovideo – das auch ein paar interessante Aussagen von JMS‘ über den realistischen Ansatz, den er mit seiner Zukunftsversion verfolgte, enthält – kann man bei 1:15 ganz kurz einen Eindruck davon gewinnen, wie Delenns „männliche“ Stimme vielleicht geklungen hätte:

[Spoiler Ende]

Im Folgenden möchte ich noch einige Details aufzählen, die mir beim erneuten Anschauen des Pilotfilms aufgefallen sind oder die ich erwähnenswert finde (nicht unbedingt in der Reihenfolge, in der sie im Film vorkommen):

  • Lyta fragt Sinclair danach, warum die Station „Babylon 5“ heißt, dabei müsste sie das eigentlich wissen. Dass die ersten drei Stationen durch Sabotageakte zerstört worden sind und Babylon 4 auf unerklärliche Weise verschwunden ist, sollte doch ein breites Medienecho gefunden haben und es ist ziemlich unglaubwürdig, dass Lyta von alldem nichts mitbekommen hat. Ihre Frage und Sinclairs Antwort sind ganz klar nur dazu da, dies auch dem Zuschauer zu erklären.
  • In der Szene im Steingarten bekommt man die erste von vielen Weisheiten zu hören, wie sie Delenn im Verlauf der Serie von sich gibt (Nicht wortwörtlich übersetzt sagt sie so etwas wie „Keines der tausend Bücher auf meinem Planeten bringt so klar zum Ausdruck, dass eine einzelne Person das Universum verändern kann, wie dieser Steingarten.“)
  • Die alten Röhrenbildschirme gehören zu den Dingen, die einem sofort auffallen, wenn man „Babylon 5“ im Jahr 2013 anschaut. Sie weisen die Serie ganz klar als Serie der 1990er Jahre aus. Auch die Vorstellung, dass auch kleine Datenmengen auf sogenannten Datenkristallen weitergegeben werden, statt sie einfach per Email oder sonstwie zu verschicken, wirkt bereits jetzt veraltet und erinnert mich an eine Zeit, an der man Dateien noch auf Disketten gespeichert und weitergegeben hat. In der Szene, wo Sinclair sich mit Takashima, Garibaldi und Kyle über Koshs bevorstehende Ankunft bespricht, hat Takashima außerdem einen extrem klobigen Laptop vor sich stehen, ganz genauso wie einer der beiden Geschäftsmänner, deren Gespräch Lyta überwacht. Auch hier ist die Technik von „Babylon 5“ längst von der Realität überholt worden. Auf Dr. Kyles Schreibtisch sieht man allerdings einen Touchscreen – so etwas Modernes kommt in der Serie später nie wieder vor! 😉
  • Was hat Londo denn eigentlich bei G’Kars Ankunft auf der Station abgezogen? Kam er zu spät? Oder gar nicht? Hat er gegen die Anwesenheit eines Narn-Botschafters demonstriert? Sinclair spricht nämlich davon, dass sich was immer Londo damals getan hat bei Koshs Ankunft nicht wiederholen soll. (Die Szene, um die es hier geht, ist glaube ich nur in der Originalversion des Films enthalten.)
  • Das Set, an dem Lyta das Gespräch zweier Geschätsleute überwacht, sieht man glaube ich nie wieder. Später im Film hat sie dort das berüchtigte Gespräch mit G’Kar (Stichwort „Erregungsschwelle“). Es handelt sich um einen runden Raum, durch dessen Fenster Pflanzen zu sehen sind und der wohl eine Art öffentliches Café darstellen soll.
  • Bei den Narn scheint es üblich zu sein, ganz direkt und unverblümt über Sex zu reden. So deute ich jedenfalls G’Kars unzweideutiges Angebot an Lyta, bei dem er sofort zur Sache kommt. Interessant ist auch, dass man dort erfährt, dass G’Kar eine feste Partnerin hat. Er erwähnt nämlich, dass diese nichts gegen seine Paarung mit Lyta hätte. Von dieser Partnerin ist später allerdings nie wieder die Rede.
  • Auch über Michael Garibaldis Hintergrund erfährt man schon ein paar Dinge, z.B. dass er einen ganz und gar nicht geradlinigen Lebenslauf vorzuweisen hat und Sinclair ihm mit dem Angebot der Stelle als Sicherheitschef so etwas wie eine zweite Chance gegeben hat.
  • [Spoiler! Nur lesen, wer die Serie schon mindestens bis Folge 1.13 gesehen hat!] Ed Wasser, der später Mr. Morden spielen wird, spielt hier ein Crewmitglied auf Babylon 5 und hat sogar eine Sprechrolle. Es handelt sich aber definitiv um eine andere Figur als um Mr. Morden… [Spoiler Ende]
  • Dass Kosh eine Hand ausstreckt, um Sinclair zu begrüßen, finde ich absolut widersprüchlich. Im Hinblick auf spätere Enthüllungen sowieso, aber auch hier wird ja schon klar gemacht, dass Kosh kein humanoides Wesen ist. Dass der Attentäter ihm also Gift über ein Hautpflaster verabreichen kann, ist ziemlich weit hergeholt.
  • Als G’Kar in Delenns Quartier zu Besuch ist, holt Delenn einen ihrer „magic rings of doom“ (wie sie im Podcast „The Babble On Project“ genannt werden) hervor, der ihr anscheinend Darth Vader-artige Kräfte verleiht. Diese Ringe werden hier zum ersten und letzten Mal erwähnt – und das ist auch gut so, schließlich passen derartig gewalttätige Mittel überhaupt nicht zu der friedfertigen Delenn.
  • Dass Sinclair auf die Heimatwelt der Vorlonen geschickt werden soll, scheint zunächst im Widerspruch zum Rest der Serie zu stehen. Schließlich wird immer wieder deutlich gemacht, dass niemand einfach so den Vorlonen einen Besuch abstattet. Andererseits wurde hier einer der ihren vergiftet und liegt im Sterben. Für eine Spezies, deren Mitglieder nahezu ewig leben ist ein solch außergewöhnliches Ereignis wohl Grund genug, einem Menschen auf ihrer Heimatwelt den Prozess zu machen. Zudem war ja nie die Rede davon, ob Sinclair auch wieder von dort zurückkehren würde…
  • Das „Changeling Net“, mit dem sich der Attentäter tarnt, ist eine der wenigen Gelegenheiten, bei denen Holo-Technologie in „Babylon 5“ vorkommt. Solche Technologie existiert also im 23. Jahrhundert, doch wie Sinclair sagt, ist sie aufgrund ihrer negativen Auswirkungen auf den menschlichen Körper verboten.
  • Nachdem der Attentäter aufgespürt wurde, sagt Sinclair „I’m taking care of this personally.“ und zieht nur mit Garibaldi, aber ohne weitere Verstärkung los. JMS rechtfertigt das damit, dass der Attentäter mithilfe des Changeling Nets jede beliebige Gestalt annehmen kann, was für einige Verwirrung sorgen könnte, falls Sinclair mit einer größere Gruppe an Sicherheitskräften auftaucht. Dann wäre es für den Attentäter viel leichter, unter diesen zu verschwinden.
  • Als sich zum Schluss herausstellt, dass es sich bei dem Attentäter um einen Minbari handelt, erkennt Delenn an den Markierungen in seinem Gesicht, dass er einer radikalen Splittergruppe der Kriegerkaste angehört. Derartige Markierungen kommen im weiteren Verlauf der Serie nie wieder vor. Den Satz „There is a hole in your mind.“ tut Delenn auf Sinclairs Nachfragen hin einfach als „an old Minbari insult“ ab. Doch bereits jetzt ist klar, dass mehr dahinter steckt und Delenn viel mehr weiß als sie zugibt.
  • Zwischen Delenn und Garibaldi findet offenbar ein reger kultureller Austausch statt. Hier zitiert sie Sinclair gegenüber ein Gedicht, das sie von Garibaldi gelernt hat („There once was a man from Nantucket.“), [Spoiler für Season 1] in einer der Folgen der ersten Staffel lädt Garibaldi sie dann in sein Quartier ein, um gemeinsam Caroons anzuschauen. [Spoiler Ende]
  • Interessant: Während des Abspanns der Originalversion des Films sieht man ein paar Konzeptzeichnugen.
  • G’Kars Gruß „Good eating to you, Lieutenant Commander.“, kommt auch nie wieder in der Serie vor.
  • Londo war tatsächlich im Krieg und aktiv an Kampfhandlungen beteiligt. In „The Gathering“ beginnt er, von der Eroberung des Beta-Systems zu erzählen.
  • Als der Minbari-Attentäter an Bord kommt (man sieht ihn nur verhüllt und von hinten) und seine Hand auf den Scanner legt, erscheint auf dem Bildschirm der Name „Laurel Takashima„. Da Takashima nach dem Pilotfilm aus der Serie herausgeschrieben wurde, ist es kein Spoiler, zu verraten, dass sie ein Verräter ist. Sie hat dem Attentäter Zugang zur Station verschafft und auch den Lift sabotiert, in dem Sinclair feststeckt. [Spoiler! Nur lesen, wer die Serie bis mindestens Episode 2.19 angeschaut hat!!] Allerdings weiß Takashima selber nicht, dass sie eine Verräterin ist, da das PsiCorps in ihr eine zweite Persönlichkeit „installiert“ hat, die ohne Takashimas Wissen quasi im Hintergrund beobachtet und nur gelegentlich in ihr Handeln eingreift. Wäre Takashima Teil der Serie geblieben, dann wäre dies irgendwann später relevant geworden und ihre Figur wohl in der zweiten oder dritten Staffel enttarnt worden. Als die Darstellerin der Telepathin Talia Winters, Andrea Thompson, am Ende der zweiten Staffel die Serie verlassen wollte, hat JMS stattdessen ihre Figur zu dieser Verräterin gemacht, um sie so aus der Serie heraus schreiben zu können. Laurel Takashim sieht man den ganzen Pilotfilm über übrigens nie in Gegenwart des Attentäters. Eine solche Begegnung hätte sonst Rückschlusse auf eine Zusammenarbeit der beiden ermöglicht. [Spoiler Ende]
  • Als im MedLab Koshs Anzug geöffnet wird, sind außer Dr. Kyle noch zwei weitere Ärzte zugegen. Wurden die eigentlichen auch auf die Erde zurück beordert? [Spoiler!  Nur weiterlesen, wer die Serie bis mindestens Episode 2.22 gesehen hat!] Und dass die Vorlonen unsere Atmosphäre nicht vertragen, wie es in „The Gathering“ heißt, stimmt offensichtlich nicht. Als Kosh sich am Ende der zweiten Staffel zu erkennen gibt, überlebt er die Atmosphäre auf Babylon 5 ja auch ohne seinen Schutzanzug. [Spoiler Ende]
  • Sinclair nennt Garibaldi im Lauf des Films mehrere Male „Mike“. Macht er das eigentlich später auch noch? Mir kam das so ungewohnt vor.

Bei diesen Punkten will ich es mal belassen. Tut mir leid, dass dieser Beitrag zum Ende hin etwas unstrukturiert geworden ist. Beim nächsten Mal wird es hoffentlich etwas besser; wenn ich meinen Rewatch fortführe, entwickle ich vielleicht mit der Zeit ein System, nach dem ich diese Beiträge aufbaue. Ich hatte mir noch viele weitere Stichpunkte gemacht (z.B. dass man an einer Stelle des Films durch Delenns Knochenkranz hindurchsehen kann, ich weiß aber leider nicht mehr, wo das war!), aber der Post ist ja auch so schon lang genug. Was die Spoiler betrifft, werde ich zukünftige Posts vielleicht ganz einfach in zwei Teile unterteilen – einen spoilerfreien für Leser, die „Babylon 5“ nur bis zur jeweiligen Folge angeschaut haben und einen spoilerhaltigen, in dem ich auf die Relevanz der jeweiligen Folgen innerhalb des ganzen fünfjährigen Handlungsbogens eingehe. Das ist allerdings leichter gesagt, als getan, deswegen bin ich noch nicht sicher, ob ich das hinkriege.
Nächstes Mal geht es dann jedenfalls mit Episode 1.01 „Midnight on the Firing Line“ (auf deutsch „Ragesh 3“) weiter.

Für alle, die es noch interessiert hier also noch eine Liste mit den wichtigsten Unterschieden zwischen der Originalfassung von „The Gathering“ (1993) und der Special Edition (1998):

  • Die Originalfassung enthält während der Eröffnungssequenz mehrere Einstellungen, in denen Aliens zu sehen sind, die sehr puppenhaft wirkten (ich nenne sie „muppet aliens“); in der Special Edition sind sie fast alle verschwunden, dafür sieht man unter anderem ein Minbari-Schiff in einer der Andockbuchten.
  • Während die erste Filmfassung für die Credits-Einblendungen am Anfang noch eine schlichte weiße Schriftart verwendet, hat man bei der Special Edition auf die aus der Serie gewohnten blauen Buchstaben in der typischen „Babyon 5“-Schriftart zurückgegriffen.
  • Auch die CGI-Effekte sind runderneuert worden; so sieht die Station in der Special Edition nicht nur etwas besser aus, sondern um sie herum wuselt es auch nur so von Raumschiffen.
  • Neben der neuen Musik, die gleich zu Beginn positiv auffällt, ist auch das einleitende, von Londo Mollari (Peter Jurasik) gesprochene Voice Over leicht abgeändert worden. [Spoiler! Bitte nur lesen, wer die Serie schon mindestens bis Episode 5.01 gesehen hat!] Dort ist nun nicht mehr die Rede vom „final commander“ der Raumstation, denn wie wir wissen, ist Jeffrey Sinclair keineswegs der letzte Commander von „Babylon 5“ (genaugenommen ja vielleicht schon, da Sheridan und Lochley den Rang eines Captain haben). Zwar wird dieser „final commander“ in der ursprünglichen Fassung nicht namentlich genannt, aber missverständlich war es schon. Also hat JMS es in der Special Edition entfernt. [Spoiler Ende]
  • Sinclair beschäftigt sich in der Special Edition in seiner allerersten Szene als interkultureller und lebensrettender Botschafter. Im Casino klärt er nämlich ein „tourist problem“, wie Takashima es nennt. Er weist einen (menschlichen) Mann darauf hin, dass die (außerirdische) Frau, die dieser gerade abschleppt, zu einer Spezies gehört, bei der das Weibchen nach dem Sex das Männchen auffrisst. „You know the rules. Stick to the list!“, warnt er anschließend die Frau. 😀
  • Ebenfalls neu ist die Szene mit dem Dust-Dealer, der mitten in das erste Gespräch zwischen Lyta Alexander und Sinclair platzt. Natürlich muss es Sinclair gleich wieder selbst übernehmen, die Sache zu klären – nicht zum letzten Mal in der Serie wagt er sich mitten ins Gefecht, obwohl er als Commander auch andere schicken könnte. Durch das Einfügen dieser Szene wird der doch ziemlich langatmige und mit allerlei Informationen vollgestopfte Beginn des Films etwas aufgelockert, und zusätzlich stellt sie die erste Erwähnung der Droge Dust dar.
  • Leider ist von Lytas und Sinclairs Gang durch den Aliensektor in der Special Edition kaum noch etwas übrig geblieben. Eigentlich hätte man die Szene auch ganz heraus schneiden können, denn außer dem Betreten und Verlassen des Sektors ist kaum noch etwas zu sehen. Klar, die dort lebenden Aliens wirkten eher wie in einem Zoo ausgestellte Kreaturen und zudem sehr puppenhaft, aber schade finde ich die Entscheidung trotzdem.
  • Der „privacy mode“, den G’Kar einschaltet, als er sein Gespräch mit Lyta führt, kommt nun nicht mehr vor. JMS hatte sich den Effekt ganz anders vorgestellt und war mit seiner Umsetzung durch den Regisseur nicht zufrieden. Auch wurde die Szene umgeschnitten; wenn ich mich richtig erinnere spricht in der Special Edition nur noch G’Kar und Lyta sagt (fast?) gar nichts, während sie in der Originalfassung ein paar Dialogzeilen hat. In Anbetracht der Tatsache, dass sie sich von G’Kars (in ihren Augen) unmoralischem Angebot ziemlich überrumpelt fühlt, ist das nachvollziehbar.
  • Die Szene mit Takashima und Kyle in Takashimas Quartier wurde verändert; sie hat in der Special Edition einen längeren Beginn. Zuerst sieht man Takashima Flöte spielen, dann bietet sie Kyle echten Kaffee an und erwähnt, dass sie dafür extra Kaffeepflanzen auf Babylon 5 anbauen lässt. Kyle wiederum erwähnt, dass er sich mithilfe von Stims (Aufputschmitteln) wach hält.
  • [Spoiler! Nur weiterlesen, wer die Serie bis mindestens Episode 3.17 gesehen hat!] In der Special Edition begrüßt Kosh Sinclair bzw. die Person, die er fälschlicherweise für Sinclair hält als „Entil’Zha Valen„. Zwar finde ich es seltsam, dass Kosh nicht erkennt, dass vor ihm gar nicht Sinclair steht, sondern nur jemand, der sich als Sinclair tarnt, aber es ist schon sehr cool, dass Kosh über Sinclairs Schicksal Bescheid weiß. Ist er eigentlich einer der Vorlonen, die neben Sinclair/Valen zu sehen sind, als dieser am Schluss von „War without end, part 2“ Babylon 4 den Minbari übergibt? Oder soll das ein ganz anderer Vorlone sein und man hat nur Koshs Anzug für die Szene verwendet? Die Hand, die Kosh „Sinclair“ entgegenstreckt, wurde für die Special Edition übrigens auch überarbeitet und sieht nun immerhin etwas „vorloniger“ aus (nicht mehr nach menschlicher Haut, sondern bläulich schimmernd). Seltsam finde ich diese Geste trotzdem. [Spoiler Ende]
  • Eine schöne neue Szene für alle Fans, die wissen, wie die Serie weitergeht ist das Gespräch zwischen Sinclairs Freundin Carolyn und Delenn in der Special Edition. Delenn sagt nämlich „I have my orders. On the matters of Commander Sinclair, I’m here strictly to observe“, woraufhin Carolyn fragt „Observe what?“. Delenn bleibt ihr natürlich eine Antwort schuldig.
  • Ein besonderer Gewinn ist die Verlängerung der Szene in Sinclairs Quartier, wo Sinclair Carolyn von seinen Erfahrungen aus dem Krieg gegen die Minbari berichtet. In der Special Edition beginnt die Szene bereits, bevor Carolyn hereinkommt. Sinclair blickt gedankenversunken auf die Medaille, dazu ertönt Christopher Frankes Gänsehaut erzeugende Musik. Schließlich schleudert Sinclair die Medaille wütend an die Wand neben der Tür, genau in dem Moment, in dem Carolyn hereinkommt. Er erzählt ihr von seinen Selbstzweifeln – ist er wirklich der richtige für den Commander-Posten? Eigentlich ist er es gewohnt, Schwierigkeiten selbst und direkt zu bekämpfen, aber in dem Dilemma, in dem er nun steckt, funktioniert das nicht, da er als Repräsentant der Erde agiert. Als Carolyn die Medaille aufhebt, wird ihr bei deren Anblick klar, dass Sinclair im Krieg „on the line“ – also an forderster Front im Kampf um die Erde – gekämpft hat (die ursprüngliche Szene beginnt erst in diesem Moment). Sinclairs folgende Erzählung von seinen Erlebnissen im Krieg erhält durch die neue Musik und durch die aus einer späteren Episode eingeblendeten Dialogfetzen eine richtig epische Breite (ich bin mir leider gerade nicht sicher, aus welcher Folge die verwendeten Zitate stammen, aber es ist die Episode aus der ersten Staffel, in der man Rückblenden zu Sinclairs Erlebnissem an der Front zu sehen bekommt).
  • Von Delenns Hilfe für Sinclair und Garabaldi während ihres Kampfes gegen den Attentäter ist in der Special Edition mehr zu sehen. Während sie in der Originalfassung einfach am Ende der Szene plötzlich da war, sieht man nun, wie sie schon früher am Ort des Kampfes eintrifft und bei der Rettung des verletzten Garibaldi hilft (sie wirft ihn sich einfach über die Schulter und trägt ihn fort 😀 )

 

Die nächste Folge in meinem „Babylon 5“ Rewatch:
1.01 „Midnight on the Firing Line“

Babylon 5 – Die Science-Fiction-Kultserie

Ich war dabei, als ein neues Zeitalter der Fernsehunterhaltung begann…"Weltraum-Uno des Jahres 2257"

Vor 18 Jahren, im Sommer 1995, durchblätterte ich als 13-Jähriger eine Ausgabe der Fernsehzeitschrift TV Today und stieß dort auf einen Artikel mit der Überschrift „Weltraum-Uno des Jahres 2257“. Auf einer ganzen Seite wurde dort eine neue Science-Fiction-Serie namens „Babylon 5“ vorgestellt, die ab August wöchentlich auf Pro Sieben zu sehen sein würde. Einige Monate zuvor hatte ich zum ersten Mal die klassische „Star Wars“-Trilogie gesehen, die mich sofort in ihren Bann gezogen hatte. Auch in das „Star Trek“-Universum hatte ich gerade begonnen einzutauchen. Kein Wunder also, dass ich von der Aussicht auf neue, wöchentliche Weltraumabenteuer begeistert war, zumal mich die in dem Artikel abgebildeten Fotos sofort in ihren Bann zogen. Das sah alles so neu, so frisch, so anders aus. Der Look der Aliens und der titelgebenden Raumstation war weder mit dem von „Star Trek“ noch dem von „Star Wars“ zu vergleichen.

Ich setzte mich also am 3. August 1995, einem Donnerstag, um 20:15 Uhr vor den Fernseher, um mir den Pilotfilm von „Babylon 5“ anzuschauen und war von den ersten Minuten an von der Serie fasziniert. In den folgenden Jahren versuchte ich, keine einzige Folge zu verpassen, nahm schließlich die komplette Serie auf VHS-Kassetten auf und kaufte mir die ab 2002 erscheinenden DVD-Boxen. Meine Leidenschaft für „Babylon 5“ ist seit der Ausstrahlung des Pilotfilms nie abgerissen, sondern im Gegenteil sogar gewachsen. Die letzte Folge der Serie wurde hierzulande 1999 ausgestrahlt, aber ein großer Fan bin ich trotzdem über all die Jahre geblieben. Den TV Today-Artikel (und zahlreiche andere Zeitschriftenausschnitte) habe ich bis heute aufgehoben.

Vor etwa drei Monaten habe ich einen (englischen) Podcast entdeckt, der sich ganz und gar „Babylon 5“ widmet. Im „Babble On Project“ besprechen die „Babylon 5“-Fans Matt Dillon und Gillian Coyle seit Februar 2011 in jeder ihrer Episoden zwei Folgen von „Babylon 5“. Dabei sind die beiden Geeks mit viel Freude und Leidenschaft, aber auch mit viel Hintergrundwissen bei der Sache, so dass es für Fans der Serie sowohl extrem unterhaltsam als auch sehr lehrreich ist, ihnen zuzuhören (übrigens können auch Serienneulinge, die „Babylon 5“ zum ersten Mal anschauen, den Podcast anhören, da jede Folge in einen spoilerfreien und einen spoilerhaltigen Bereich aufgeteilt ist). Zudem haben die beiden es geschafft, den Serienschöpfer J. Michael Straczysnki sowie die Darstellerinnen Claudia Christian und Patricia Tallman für Interviews zu gewinnen. Derzeit erscheint alle drei Wochen eine neue Folge des Podcasts und die zwei nähern sich inzwischen dem Ende der vierten „Babylon 5“-Staffel. In den letzten Monaten hat mich beim Durchhören aller Episoden des Babble On Projects das „Babylon 5“-Fieber erneut gepackt. Schon seit Längerem spiele ich daher mit dem Gedanken, die Serie hier im Blog zum Thema zu machen.

Für alle, die „Babylon 5“ noch gar nicht kennen, zitiere ich hier einmal aus der TV Today von 1995: „Im Mittelpunkt der TV-Saga steht die Raumstation Babylon 5. Hier leben im Jahr 2257 Vertreter aller Völker, die im All existieren [Anmerkung: Das stimmt so nicht gaaanz]. Ihre gemeinsame Aufgabe ist die Erhaltung des Friedens im Universum. Ein schwieriges Unterfangen, denn die verschiedenen Rassen sind teilweise seit Jahrhunderten bis aufs Blut verfeindet. Chef der Zukunfts-Uno: Commander Sinclair, von der Erde entsandt, um Babylon 5 zu führen.“ Im Zentrum von „Babylon 5“ steht also die gleichnamige Raumstation, doch zugleich ist „Babylon 5“ viel mehr als nur die Geschichte dieser Raumstation und ihrer Bewohner.

Joe Michael Straczynski hatte die erste Idee zu seiner Serie bereits Mitte der 1980er Jahre. Genau genommen hatte er zunächst Ideen für zwei große Fernsehserien: die eine sollte auf einer Raumstation spielen, während die andere eine epische Saga erzählen sollte. Irgendwann wurde Straczynski schließlich klar, dass er die beiden Ideen kombinieren musste, um sie zu einer Serie zu machen, die zwar hauptsächlich auf einer Raumstation spielt, aber in ihren Storylines eben auch eine epische Handlung über einen große Krieg erzählt, den wir durch die Augen der Charaktere miterleben. So erfahren die Zuschauer zusammen mit den Protagonisten der Serie die ganz persönlichen Konsequenzen, die große galaktische Zusammenhänge für einzelne Individuen haben. Die Auswirkungen galaxisweiter Krisen werden auf der persönlichen Ebene nachvollziehbar.

Nicht unerwähnt bleiben darf, dass „Babylon 5“ als „Roman fürs Fernsehen“ konzipiert worden ist. Das heißt, die einzelnen Staffeln und Episoden stehen hier für einzelne, aber zusammenhängende (Unter-)Kapitel, die eine große, zusammenhängende Geschichte erzählen. Die fünf Staffeln erzählen jeweils ein Jahr der Serienhandlung, tragen eigene Titel und bilden so jeweils ein eigenes Kapitel der „Babylon 5“-Saga. Auch wenn es während der ersten Staffel noch nicht den Anschein danach hat, wird hier doch von den ersten Minuten an eine Geschichte epischen Ausmaßes erzählt, in der alle Elemente aufeinander aufbauen und wo bereits im Pilotfilm Dinge vorkommen oder angesprochen werden, die erst mehrere Staffeln später relevant werden. Genau wie ein Roman hat „Babylon 5“ einen Anfang, an dem die Figuren, die Örtlichkeiten und Gegebenheiten vorgestellt werden, eine Mitte, in der die Geschichte so richtig Fahrt aufnimmt und einen Schluss, an dem…nun ja, an dem die Geschichte eben endet. „Babylon 5“ war einer der Wegbereiter für episodenübergreifendes Erzählen, wie es heute in vielen Serien selbstverständlich ist. So selbstverständlich sogar, dass man sich Serien wie „The Sopranos“, „Lost“, „Mad Men“ oder „Game of Thrones“ gar nicht mit in sich geschlossenen Folgen vorstellen kann, die mit Beginn jeder neuen Episode quasi den Reset-Knopf drücken und damit die Entwicklungen der vorhergehenden Folge wieder rückgängig machen und die Beziehungen der Charaktere wieder zurücksetzen. Im Unterschied zu manchen der modernen Serien hatte Straczynski aber für „Babylon 5“ von Anfang an einen „Fünfjahresplan“ und damit eine genaue Vorstellung davon, wie er seine Geschichte über fünf Staffeln hinweg erzählen wollte. Dabei kamen ihm zwar immer wieder äußere Umstände (wie z.B. der Ausstieg von Darstellern) in die Quere, so dass er sich gezwungen sah, diesen großen story arc an mehreren Stellen etwas anzupassen, doch im Großen und Ganzen hat er es geschafft, seinen Plan umzusetzen und fünf Staffeln von „Babylon 5“ ins Fernsehen zu bringen.

Das episodenübergreifende Erzählen ist jedoch nicht der einzige Punkt, in dem „Babylon 5“ Neuland betreten hat. Ein weiterer (und nicht der letzte) Aspekt ist die Art und Weise, in der Straczynski schon lange bevor der Pilotfilm produziert wurde, mit Science-Fiction-Fans im Internet kommunizierte. Bereits 1991 richtete sich Straczynski in diversen Online-Foren – die es damals tatsächlich schon gab, obwohl sie natürlich noch in ihren Kinderschuhen, ach was, in ihren Strampelanzügen steckten – offizielle Accounts ein, von denen aus er die interessierte Öffentlichkeit (also die Science Fiction-Community) über seine Vision und ihre schrittweise Realitätswerdung informierte. Diese Onlinepräsenz behielt er auch während der gesamten Produktionszeit von „Babylon 5“ bei und stand so in einem ständigen und ausführlichen Dialog mit den Fans der Serie, der auch weit über die gelegentliche Twitter-Korrespondenz hinausging, wie sie einige der führenden Kreativköpfe der Film- und Fernsehbranche heute pflegen. Zudem war Straczynskis Onlinepräsenz keineswegs nur eine Marketingstrategie (1991 hätten das im Internet ohnehin nur sehr wenige mitbekommen), sondern es ging ihm darum, den Prozess der Herstellung seiner Serie von den ersten getippten Zeilen bis hin zur im Fernsehen ausgestrahlten Episode für sein Publikum nachvollziehbar zu machen und natürlich auch darum, sich Feedback zu holen und die zahlreichen Fragen der Fans zu beantworten. Hier kann man alle von Straczynski verfassten Posts von 1991 bis in die Gegenwart nachlesen; vor ein paar Jahren wurden seine gesammelten Forumposts aus der Produktionszeit von „Babylon 5“ sogar in Buchform veröffentlicht (5 Bände, 2000 Seiten!). Im Vorwort des ersten Bandes schreibt JMS über den regen Online-Kontakt, in dem er schon Anfang der 1990er mit seinen Fans stand:
„I wanted to talk about the making of the show, on the theory that (as a fan myself) we cannot get what we want until we understand the process enough to concisely elucidate exactly what it is that we want. Until, in short, viewers understand the process of making television, and why things are done the way they’re done.“

Das einem Roman-/Saga-Modell folgende episodenübergreifende Erzählen der Serie hat natürlich zur Folge, dass man an „Babylon 5“ dann die meiste Freude hat, wenn man vorher noch nichts über den Handlungsverlauf weiß. Allen, die die Serie noch nicht kennen, empfehle ich also: besorgt euch die DVDs, beginnt mit dem Pilotfilm („Die Zusammenkunft“ / „The Gathering“) und geht dann zu den fünf regulären Staffeln über, ohne euch irgendwo spoilern zu lassen. Ich empfehle diese wirklich unschlagbar günstige Komplettbox, in der der Pilotfilm, alle fünf Staffeln und alle weiteren TV-Filme enthalten sind (die Box dürft ihr natürlich auch gerne bei einem anderen Händler kaufen als bei dem, auf den ich hier gewohnheitsmäßig verlinkt habe). Auf Blu-ray wird „Babylon 5“ übrigens wahrscheinlich leider nie erscheinen; das hat technische Gründe, aber eine genaue Erklärung würde hier zu weit führen (und ich verstehe die Gründe sowieso nicht genug 😉 ). Und noch eine Anmerkung: Nur im Deutschen trägt die Serie bereits seit 1995 in den TV-Zeitschriften und auch heute noch auf vielen DVD-Boxen den dämlichen Zusatz „Spacecenter“ vor ihrem Namen. Anscheinend hat man sich damals vor der deutschen Erstausstrahlung gedacht, den Fernsehzuschauern auf diese Weise klar machen zu müssen, dass es sich hier um eine Serie handelt, die auf einer Raumstation spielt.

Leider fristet „Babylon 5“ trotz des Kultstatus immer noch ein Nischendasein. Die Serie ist längst nicht so bekannt, wie sie es meiner Meinung nach verdient hätte. Einerseits war sie zwar wie erwähnt Wegbereiter für viele andere episodenübergreifend erzählende Serien und hat prominente Fans wie beispielsweise den „Doctor Who“-Showrunner und „Sherlock“-Schöpfer Steven Moffat (und anscheinend auch jemanden im Autorenteam von „Breaking Bad“), andererseits wird sie aber in den USA seit etwa zehn Jahren nicht mehr im Fernsehen wiederholt und lässt sich auch nicht auf Netflix und ähnlichen Diensten finden (nur auf iTunes ist sie soweit ich weiß verfügbar). Das hat dazu geführt, dass es zwar nach wie vor einen sehr treuen Kern „alter“ B5-Fans gibt, aber kaum neue Fans nachwachsen. Auch die Chancen auf weitere „Babylon 5“-Abenteuer – sei es in Form einer neuen Serie, eines Kinofilms oder was auch immer – sind aus diesem Grund nicht besonders hoch. Und obwohl sich die DVDs sehr, sehr gut verkauft haben, haben die Verantwortlichen bei Warner Bros. anscheinend keinen blassen Schimmer, auf welchem Schatz sie da sitzen und welch ein großes Publikum für die Serie (in Form von alten und potentiellen neuen Fans) noch immer da ist. Straczysnki hat dies in Interviews immer wieder betont. Anfang September – nachdem „Babylon 5“ in einer Folge von „Breaking Bad“ erwähnt wurde – rief er über Twitter und Facebook die B5-Fangemeinde dazu auf, sich unter dem Hashtag #FreeBabylon5 dafür einzusetzen, die Serie wieder ins US-Fernsehen zu bringen, wo sie seit vielen Jahren nicht mehr wiederholt wird:

Ausführlicher wurde Straczynski einen Tag später auf seiner Facebook-Seite:
To the online backinh and forthing…some hard facts. Because Babylon 5 isn’t on the air in the US anywhere, it’s impossible for the show to add new viewers except one at a time, friend to friend, or if you’ve heard about it enough to want to shell out the money for the DVDs. Casual viewers can’t stumble across it while channel surfing. (As we all know, after Trek was canceled for poor ratings, it found its audience in syndication.) So in answer to the photo below, either WB has to be convinced to release the show somewhere, or a network like Syfy or Chiller or another along those lines has to be prompted to pick it up. If not, quite honestly, and without any way to add new viewers, the show will eventually slide into obscurity. This ain’t something I can do, or even directly participate in. It’s up to the fans now.

Ob hinter dem Zeitpunkt seines Aufrufs mehr steckt, als nur eine Reaktion auf die Erwähnung in „Breaking Bad“, darüber kann man nur spekulieren. Es würde mich aber nicht wundern, wenn Straczynski wieder einmal kurz vor dem Abschluss eines wichtigen Deals für einen B5-Film oder eine neue B5-Serie stand, so wie das in den letzten Jahren schon mehrmals der Fall war (leider kam es zu den entsprechenden Projekten nie). „Babylon 5“ zurück ins Fernsehen, in die Streaming-Dienste wie Netflix und damit stärker ins öffentliche Bewusstsein zu bringen, ist aber auf jeden Fall eine gute Idee. Die „Free Babylon 5“-Kampagne hat auch eine eigene Facebook-Seite, hier gibt es außerdem einen weiteren Artikel über Straczynskis Aufforderung an die Fans. Ein paar kleine Wellen hat die Aktion also schon geschlagen.

Falls Ihr jetzt Lust bekommen habt, die Serie (wieder einmal) anzuschauen, dann freut mich das und ich wünsche Euch viel Spaß. Wann ich mich mit einem weiteren Blogpost über „Babylon 5“ zurückmelde, steht noch in den Sternen. Motiviert durch die vielen Folgen des „Babble On Project“-Podcasts hatte ich zunächst vor, selbst einen B5-Rewatch zu starten und hier in regelmäßigen Abständen die Serie Folge für Folge zu besprechen. Inzwischen zweifle ich allerdings stark daran, ob ich ein solches Projekt lange durchhalten würde. Aber vielleicht finde ich einen Kompromiss, man muss ja nicht unbedingt jede einzelne Episode ausführlich besprechen. Die Idee, „Babylon 5“ wieder bekannter zu machen, finde ich jedenfalls sehr gut. Denn ganz egal, ob es nun irgendwann neue B5-Abenteuer im Fernsehen oder sogar einen Kinofilm geben wird oder ob nie wieder auch nur eine einzige neue Szene gefilmt wird: Ich halte „Babylon 5“ für eine der besten und wichtigsten Fernsehserien, die je produziert worden sind. J. Michael Straczynski steht als Geschichtenerzähler für mich auf einer Ebene mit Tolkien oder George Lucas. „Babylon 5“ ist ein episches Drama, ein moderner Mythos und behandelt zeitlose Themen, die heute mindestens ebenso relevant sind, wie vor zwanzig Jahren und die es auch in Zukunft bleiben werden. Und vielleicht melde ich mich ja doch bald mit einem Post zum B5-Pilotfilm und den ersten Folgen der ersten Staffel zurück…