Wie war das doch gleich noch mal mit „Neues wagen“? Ende Januar habe ich in einem Blogpost darüber sinniert, wie wichtig es für mich angesichts meiner Ängste sei, regelmäßig neue Dinge zu tun und auszuprobieren. Auch ganz banale, (für andere Leute) alltägliche. Nun, das nehme ich mir immer wieder vor, doch klappt es leider längst nicht so häufig wie ich es mir wünsche. Ich kann mich noch erinnern, was für ein großer Schritt es für mich war, vor ein paar Jahren endlich zum ersten Mal alleine ins nächstgelegene Schwimmbad zu gehen. Aber solche Schritte tue ich viel zu selten.
Dabei sind es gerade die kleinen, banalen und teilweise – zumindest rückblickend – fast schon lächerlich wirkenden Schritte, die wichtig sind. Sie bewirken zusammen nach und nach eine Gewöhnung an neue Situationen, Menschen, Orte und Taten. In den letzten Wochen ging es mir häufig sehr schlecht, wofür ich zum Großteil selbst die Schuld trage. Zuhause herumzusitzen und sich nach zwischenmenschlichem Kontakt zu sehnen, während man sich gleichzeitig von zahlreichen Menschen abkapselt, ist nämlich keine gute Idee. Leider ist es aber ein von mir lange eingübtes Verhaltensmuster…
Da ich aber hier nicht darüber schreiben möchte, was an meinem Leben so schlimm ist und warum es mir schlecht geht, werde ich euch damit auch nicht langweilen. Immerhin habe ich in Abstimmung mit meiner Ärztin vor kurzem meine Medikation angepasst. Momentan nehme ich genau die richtige Dosis Anitdepressiva, dass zumindest meine Grundstimmung ein bestimmtes Level nie unterschreitet – darauf lässt sich aufbauen. Außerdem bloggen in meinem Freundes- und Bekanntenkreis in letzter Zeit mehrere Leute so positiv über ihr Leben (z.B. hier oder hier) – das macht mich einerseits neidisch auf deren Leben und spornt mich andererseits an, ebenfalls Positives zu berichten. Jedenfalls ist es gut, wenn man sich darauf konzentriert.
Dass ich hier nach den ersten drei Blogposts in dieser Kategorie nun erst einmal einige Wochen nichts mehr über mich geschrieben habe, hängt auch damit zusammen, dass es einfach wahnsinnig schwer ist. Ich hatte mir vorgenommen, ganz unverblümt über meine Ängste und die Schwierigkeiten bei deren Überwindung zu schreiben und habe damit ja auch ganz gut begonnen. Aber obwohl diese Texte nicht öffentlich einsehbar sind, tendiere ich immer wieder dazu, alles in mir drin zu halten und meine Probleme lieber immer und immer wieder ganz alleine „durchzukauen“. Damit drehe ich mich quasi geistig im Kreis.
Ich möchte ein Beispiel nennen für etwas Neues, das ich in letzter Zeit getan habe. Klein, banal, für andere Menschen selbstverständlich, aber für mich ein kleiner Erfolg, der mich Überwindung gekostet hat. Vor gut zwei Wochen bin ich nach einem Arzttermin am Josephsplatz noch ein wenig durch die Stadt gelaufen und dabei an der „Munich Readery“ vorbeigekommen. Zunächst habe ich mir nur die vor dem Laden auf dem Gehweg aufgestellten Bücher angesehen und wollte schon weitergehen. Aber dann habe ich mir einen Ruck gegeben, habe die Tür geöffnet und den Laden betreten (zum ersten Mal!). Wie gesagt, das klingt vollkommen banal. Warum soll man sich so etwas nicht trauen? Darüber könnte ich jetzt lange spekulieren, im Endeffekt ist der Grund bei mir aber wohl immer: weil ich auf irgendeine Art von Ablehnung stoßen könnte. Aber ein Buchhändler wird mich wohl kaum hinauswerfen, wenn ich seinen Laden betrete, oder? Dazu ist der Laden ja schließlich da. Und natürlich bin ich auch nicht rausgeworfen worden, sondern habe mir bewusst die Zeit genommen, die Regale zu studieren und dann beschlossen, wieder zu kommen, wenn ich mehr Geld habe. 😉
Dieses Erlebnis hat mich ein wenig gefestigt und ist ein Beispiel dafür, wie alltägliche Entscheidungen, Taten und Begegnungen in mir das Bewusstsein dafür schaffen können, dass ich von der Welt und den Menschen um mich herum nichts zu befürchten habe. Leider bin ich momentan noch in einem Stadium, in dem ich mich auch relativ „kleine“ Taten noch ziemlich große Überwindung kosten. Deshalb wäre es ideal, wenn ich mich mehrmals pro Woche solchen Situationen aussetzen würde. (Ich sollte mal wieder in die Übungsbücher reinschauen, die ich damals durch meine Therapeutin kennen gelernt habe und die genau dazu Übungen enthalten.)
Es gab in meinem Leben viele Türen, die ich leider nie oder erst sehr spät geöffnet habe (metaphorische und tatsächliche). Ich erinnere mich zum Beispiel noch daran, wie ich es in den ersten Wochen/Monaten meines Studiums stets vermieden habe, die Institutsbibliothek zu betreten. Aber wichtig daran ist nur: irgendwann habe ich mich dazu entschieden, es doch zu tun – und nicht nur gemerkt, dass daran absolut nichts Schlimmes ist, sondern die Bibliothek sogar recht lieb gewonnen. 🙂