Buchrezension: „A Dream Given Form – The Unofficial Guide to the Universe of Babylon 5“

Bücher über „Babylon 5“ gibt es nicht viele. Die Kultserie aus den Neunzigern hat zwar bis heute eine treue Anhängerschaft und findet durchaus auch noch neue Fans, fristet aber dennoch ein Nischendasein – unter anderem aufgrund der traurigen Tatsache, dass sie immer noch bei keinem der großen Streaminganbieter verfügbar ist. Wer nach Episodenführern mit ausführlichen Besprechungen der einzelnen Folgen sucht, stößt auf die Bücher von Jane Killick, die zu jeder der fünf Staffeln einen Band veröffentlicht hat oder auf die beiden „The Babylon File“-Bücher von Andy Lane. Mit „A Dream Given Form“ haben Ensley F. Guffey und K. Dale Koontz nun ein weiteres Buch veröffentlicht, in dem alle 110 Serienepisoden, der Pilotfilm und die weiteren Fernsehfilme, die kurzlebige Spin-off-Serie „Crusade“ sowie alle zum offiziellen Kanon gehörenden Romane und Comics unter die Lupe genommen werden. Der Vorteil gegenüber den anderen erwähnten Büchern scheint also klar auf der Hand zu liegen: hier findet man erstmals Besprechungen aller zum „Babylon 5“-Universum gehörenden Geschichten in einem einzigen Buch vereint.

A Dream Given Form - The Unofficial Guide to the Universe of Babylon 5

Die Autoren haben zuvor ein ähnliches Buch zu „Breaking Bad“ veröffentlicht, was angesichts der Popularität und Aktualität der Serie nahe lag. Warum nun also ein Buch zu einer Serie, deren letzte Folge vor 19 Jahren ausgestrahlt wurde? Ich habe leider noch keine Gelegenheit gehabt, die Autoren dazu zu befragen, nehme aber an, dass sie ganz einfach selbst große Fans von J. Michael Straczynskis (JMS) Weltraum-Saga sind. (Und was die Aktualität betrifft: „Babylon 5“ mag schon ein paar Jahre auf dem Buckel haben, inhaltlich sind große Teile der Serie aber momentan leider so aktuell wie nie seit ihrem Bestehen. Man denke nur an den Aufstieg einer korrupten, fremdenfeindlichen Regierung und andere Aspekte der Serienhandlung, die stark an das aktuelle politische und gesellschaftliche Geschehen in Deutschland oder den USA erinnern.)

Nun aber zum Buch selbst. Wie erwähnt behandelt es alle bislang erschienenen Geschichten, die zum offziellen Kanon gehören (einige der „Babylon 5“-Romane und Comics sind JMS zufolge nicht kanonisch; auf sie wird im Buch dementsprechend nicht eingegangen). Das bedeutet allerdings, dass selbst auf knapp 500 Seiten nicht der Platz ist, um jede einzelne Episode und jeden Comic wirklich ausführlich zu besprechen und ausführliche Interpretationen und Analysen zu liefern. Die Episodenbesprechungen fallen hier dementsprechend ziemlich knapp aus und gehen meist nicht einmal auf alle Handlungsstränge der jeweiligen Folge ein. Stattdessen werden jeweils ein oder zwei wichtige oder interessante Punkte herausgegriffen und in wenigen Absätzen besprochen. Damit dienen diese Episodenbesprechnungen mehr als Ausgangspunkt für weitere, eigene Überlegungen oder Diskussionen denn als fundierte Informationsquelle. Manchen Fans der Serie mag das genügen, ich persönlich hätte es aber gerne etwas ausführlicher gehabt. Das hätte aber wohl den Rahmen des Buches gesprengt. Ich freue mich auch sehr, dass die 13 Episoden von Crusade (und dazu drei zwar geschriebene, aber nicht mehr verfilmte „Crusade“-Drehbücher), die Comics und Romane ebenfalls Teil des Buches sind. Zu den Büchern und Comics werden nämlich kurze Inhaltsangaben geliefert, was praktisch für all diejenigen ist, die sie nicht selbst lesen wollen. (Ich habe vor ein paar Monaten begonnen, den ersten Teil der „Psi-Corps“-Trilogie zu lesen und nach einigen Kapiteln abgebrochen, weil mich das Buch so gelangweilt hat.)

Wenn man die einzelnen Episoden gut kennt, hat man keine Probleme, den kurzen Erläuterungen und Gedankengängen der Autoren zu folgen. Die Texte lesen sich flüssig; dazu finden sich am Ende jeder Episodenbesprechung Rubriken wie „Did You Notice“, wo allerlei Interessantes und Kurioses aus der jeweiligen Folge aufgelistet wird oder „Hyperspace Beacons“, wo die Autoren auf Dinge in der Episode verweisen, die in Zukunft noch eine Rolle spielen werden. Auch ein „Highlight“ sowie ein besonders hervorstechendes Zitat aus jeder Episode liefern die Autoren. Hin und wieder streuen sie auch interessante Fakten ein, die über die Geschichten des B5-Universums hinausgehen, z.B. wenn sie im Zusammenhang mit der Episode, in der Susan Ivanova über ihren verstorbenen Vater trauert, erläutern, was es mit dem jüdischen Ritual der Schiv’a auf sich hat. Zu jeder Episode werden weiterhin der/die Autor/in, der/die Regisseur/in und das Datum der Erstausstrahlung aufgelistet. Leider fehlt eine Auflistung der Gaststars, möglicherweise aus Platzgründen.

Noch nicht erwähnt habe ich das exklusive Interview mit Londo-Darsteller Peter Jurarsik, welches ebenfalls Teil des Buches ist und wirklich sehr informativ und lustig ausgefallen ist. In einem weiteren Abschnitt haben die beiden Autoren kurze Nachrufe auf die viel zu vielen bereits verstorbenen „Babylon 5“-Darsteller untergebracht. Fotos enthält das Buch übrigens gar keine, man findet lediglich eine handvoll Seiten mit Schwarzweiß-Zeichnungen aus den Comics. Überrascht hat mich, dass die Autoren wenig auf die Online-Posts von JMS eingegangen sind, in denen dieser jede einzene Folge selbst kommentiert und Hintergrundwissen sowie seine eigenen Gedanken dazu geliefert hat. Wahrscheinlich wurde auch diese Quelle ganz einfach aus Platzgründen nur wenig berücksichtigt. Größere Fehler konnte ich keine im Buch ausmachen, auch wenn mich hier und da kleiner Dinge gestört haben. Zum Beispiel liest sich die Besprechung der Episode „Divided Loyalties“, als sei der Ausstieg einer der Hauptfiguren aus der Serie in dieser Folge von langer Hand geplant gewesen, was allerdings nicht der Fall war. Seltsamerweise gehen die Autoren auch nur im Zusammenhang mit Staffel zwei darauf ein, in welcher Reihenfolge man die Episoden am besten anschauen sollte. Diese „Idealreihenfolge“ weicht nämlich bei allen Staffeln, vor allem jedoch bei der ersten, von der Reihenfolge auf den DVDs ab. (Am Ende meiner Besprechung des Finales der ersten Staffel könnt ihr die Reihenfolge einsehen.)

Im Großen und Ganzen hat mir das Buch zwar gefallen, ich hätte es aber gerne ausführlicher gehabt und dafür auch in Kauf genommen, dass man es in zwei (oder mehr) Bände hätte aufteilen müssen. Trotzdem ist es schön, ein einziges Buch zur Hand zu haben und darin jede beliebige Episode nachschlagen zu können. Oft regt einen das Lesen der Texte dann ja zum eigenen Nachdenken über die Folge an oder man bekommt Lust, sie selbst gleich nochmal anzuschauen. „A Dream Given Form – The Unofficial Guide to the Universe of Babylon 5“ ist bislang nur auf englisch erschienen. Ob es – wie beim „Breaking Bad“-Buch – auch eine deutsche Übersetzung geben wird, ist angesichts der viel geringeren Popularität der Serie fraglich. Es wäre aber sehr zu begrüßen.

 

Vielen Dank an Ensley F. Guffey für die Zusendung eines kostenlosen Rezensionsexemplares! 🙂

 

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