Die Tribute von Panem – Mockingjay, Teil 1

Heute habe ich den neuen „Hunger Games“-Film, der am Donnerstag ins Kino kommt, gesehen. In Deutschland trägt er den Titel „Die Tribute von Panem – Mockingjay, Teil 1“, was zum einen auf die Unsitte hinweist, hierzulande fremdsprachige Film(unter)titel scheinbar willkürlich und nur teilweise zu übersetzen (man denke nur an das Wirrwar bei den Titeln der „Fluch der Karibik“ / „Pirates of the Caribbean“-Fortsetzungen) und zum anderen auf die viel schlimmere Unsitte, aus dem letzten Teil einer Romanreihe zwei Filme zu machen, um die doppelte Kohle zu scheffeln (siehe „Harry Potter“ oder „Twilight“). Die Frage, ob die Buchvorlage das Auswalzen auf zwei Filme denn auch rechtfertigt, scheint sich dabei kaum jemand zu stellen.

Im Fall von „Mockingjay, Teil 1“ (die deutsche Übersetzung „Spotttölpel“ wäre als Filmtitel zugegeben auch etwas unglücklich gewählt) kann ich jedenfalls eindeutig sagen: nein, zwei mal zwei Stunden Film sind hier ganz einfach zu viel. Ich finde es sogar eine Frechheit, dass man den Preis einer vollen Kinokarte bezahlen muss, um eine halbe Geschichte zu erleben, für deren zweite Hälfte man dann nächstes Jahr erneut bezahlen soll. Klar, es gibt zahllose Franchises, die in regelmäßigen Abständen uninspirierte Fortsetzungen nachschieben und bei denen die Produzenten sich in dem freudigen Gewissen die Hände reiben, dass der bekannte und im besten Fall auch noch beim Publikum beliebte Titel allein schon einen Großteil der Marketingarbeit übernimmt. Aber selten habe ich einen so inhaltslosen Film gesehen wie heute, der dabei auch noch so sehr zum großen Must-see-Event aufgeblasen wird.

Dabei fand ich den ersten Teil der Reihe noch so gut, wirklich kreativ und erfrischend anders als viele anderen aktuellen Blockbuster, unter anderem natürlich aufgrund der weiblichen Hauptfigur. Teil zwei machte mehr oder weniger das Gleiche wie der erste Film. Das war zwar nicht mehr neu, aber immer noch ganz nett anzusehen, wenn auch schon erste Ermüdungserscheinungen bei mir auftraten. Mit Film Nummer drei hätte man die Reihe nun zu einem runden Ende bringen können, aber nein, die doch eigentlich in ihrer Struktur und Länge vorgegebene Geschichte muss natürlich so lange breit getreten werden, bis sie in zwei Filme passt. Auch wenn dann im ersten dieser beiden Filme wirklich fast nichts passiert.

Jennifer Lawrence trifft dabei keine Schuld. Die wenigen packenden Szenen sind stets die, in denen sie eindrucksvolle Beispiele für die große emotionale Bandbreite ihres Schauspielkönnens gibt. Viele Gelegenheiten dazu bekommt sie leider nicht, denn ihre Katniss Everdeen bleibt in diesem Teil der Geschichte größtenteils zögernd, passiv und zweifelnd. Ich kenne die Bücher nicht, bin mir aber ziemlich sicher, dass das dritte Buch noch den einen oder anderen großen Heldenmoment für Katniss bereit hält – wohl aber erst in seiner zweiten Hälfte. Eine sinnvoll in sich geschlossene und befriedigende Weiterentwicklung der Figur findet dementsprechend in „Mockingjay, Teil 1“ nicht statt, so wie sich hier überhaupt wenig weiter entwickelt. Den ganzen Film durch gibt es immer wieder einander stark ähnelnde Szenen, in denen Katniss und die sie umgebenden Rebellen ihr weiteres Vorgehen planen; dazwischen sieht man immer wieder Jennifer Lawrence durch die Ruinen zerstörter Städte klettern (was den Film auch noch visuell eintönig macht).

Die Actionsequenzen, die man kaum als solche bezeichnen kann, sind extrem dünn gesät, allesamt ziemlich unspektakulär und auch meist schnell wieder vorbei. Dass Katniss am finalen Showdown des Films (der diese Bezeichnung eigentlich gar nicht verdient hat) dann nicht einmal selbst teilnimmt, sollte eigentlich jedem Drehbuchautor ein Warnsignal dafür sein, dass man an der Spannungsschraube der Geschichte noch eine Weile drehen müsste. Doch das stand hier wohl leider nicht zur Debatte. Wenn man die Handlung schon auf zwei Filme auswalzt, hätte man wohl auch ein paar drastische Abweichungen zur Vorlage einbauen müssen, um die zweigeteilte Verfilmung zu rechtfertigen. Aber das hat man sich anscheinend nicht getraut bzw. wollte die kreative Energie zu einer möglicherweise sogar sinnvollen Verlängerung der Geschichte nicht aufbringen. So wirkt dann auch der Cliffhanger am Ende des Films ein wenig verzweifelt.

Wie ich eingangs erwähnt habe, halte ich es für eine Unsitte, den letzten Teil erfolgreicher Romanreihen auf zwei Filme aufzuteilen. Fans der Bücher dürfte es zwar freuen, dass sie für den letzten Teil der Geschichte nun doppelt so viel Zeit im Kino verbringen und sich nächstes Jahr auf einen weiteren Film freuen dürfen. Als Mittelerde-Fan freue ich mich ja selbst darüber, dreimal statt nur einmal für den „Hobbit“ ins Kino gehen zu dürfen, auch wenn sich auch in diesem Fall die Handlung im ersten Film teilweise schon arg in die Länge zog. (Immerhin konnte sich Peter Jackson noch auf zusätzliches, von Tolkien selbst verfasstes Material stützen; außerdem liebe ich immer noch seine Actionsequenzen.) Generell finde ich allerdings, dass man gegen diese Unsitte einmal in bester Panem-Manier aufbegehren sollte. Man muss ja vielleicht nicht gleich eine Revolution anzetteln. Aber zumindest nicht mehr für jeden auf mehrere Event-Filme ausgeweiteten Roman ins Kino gehen. Es sei denn, man hat Spaß daran. Doch den hatte ich definitiv nicht.

 

5 Gedanken zu “Die Tribute von Panem – Mockingjay, Teil 1

  1. Naja, bei Potter und Anderen hat diese teilung ordentlich Geld eingebracht. Warum sollen die es hier nicht auch machen? Es wird ja nichts boykottiert sondern brav ins Kino gelaufen 😉

    • Klar hat das immer ordentlich Geld eingebracht – und wird es auch wohl in diesem Fall. Ich glaube auch nicht ernsthaft, dass irgendwer den Film boykottieren wird, ich wollte ihn ja selbst sehen. Aber ich hab mich gestern einfach wahnsinnig aufgeregt, weil ich selten so einen inhaltslosen Film gesehen habe. Ich kam mir noch nie im Kino so verar**** vor.

      • So kam ich mir (zum Glück nicht im Kino) bei den ersten beiden Hobbitfilmen vor. Fast null Handlung aber ellenlanges hin und her gerenne…. Wie soll da erst der letzte Teil werden. Das alles hätte als normalfilm in gute 2.5 Stunden gepasst 😉

      • Ja, bei diesem Bericht sind die Gefühle etwas mit dir durchgegangen. Alle deine Kritikpunkte treffen auch voll auf den Hobbit zu. Und da hat man aus einem 200 Seiten Buch gleich drei überdimensionale Filme gemacht, deren erzählerischer (Mehr-)Wert sehr gering ist.

        Ein bisschen muss man sich Fragen, ob es bei diesen Franchise-Filmen eigentlich überhaupt noch um die Story geht? Die Fans von Panem, wie die Hobbit-Fans haben doch eh schon die Bücher gelesen und wissen, wie alles ausgeht. In beiden Fällen ist wohl eher die Reise das Ziel. Als Fan hängt man eben an jeder Zeile und jeder Szene. Mal ehrlich kein Film ausser dem Hobbit kann es sich leisten einfach ewig wandernde Zwerge zu zeigen 🙂

        Daher sind manche Filme vielleicht gar keine Filme im engeren Sinne mehr, sonder nur noch Fanservice für die eingeweihten Fans.

      • Beim Hobbit hat man sich immerhin die Mühe gemacht, zusätzliches Material um die dünne Geschichte herum zu schreiben. Das scheint ja bei „Mockingjay“ überhaupt nicht der Fall zu sein. Aber es stimmt natürlich, dass auch der Hobbit wesentlich kürzer hätte erzählt werden können. Nur gehöre ich da halt selbst zu den Liebhabern der Bücher und von Peter Jacksons Mittelerde und schaue mir gerne drei Filme an.

        Der Hinweis, dass es möglicherweise bei solchen Franchises oft gar nicht mehr um die Handlung geht, ist interessant. Da rennen die Fans dann nur noch ins Kino, um das vorher Gelesene in bewegten Bildern zu sehen (und wenn man dann wenig Abweichungen von der Vorlage einbaut, läuft man auch weniger Gefahr, jemanden zu verärgern). Zum Glück gibt es trotzdem noch große Franchise-Filme, die nicht auf Buchvorlagen beruhen und bei denen die Story vorher zum Teil streng geheim gehalten wird (Star Trek, Star Wars, James Bond).

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