Die Erde nach Prinzessin Diana („Diana“ & „After Earth“)

In den letzten Monaten habe ich nicht viele Filme gesehen, aber vorletzte Woche habe ich endlich mal wieder zwei Filme nachgeholt, die ich im Kino verpasst hatte. Naja, verpasst hatte ich sie eigentlich nicht wirklich, schließlich wollte ich sie gar nicht unbedingt sehen und frage mich nun im Nachhinein auch, warum ich sie angeschaut habe. Immerhin kann ich nun hier ein paar warnende Worte über sie verlieren. Die Rede ist von Oliver Hirschbiegels „Diana“ und M. Night Shyamalans „After Earth“.

„Diana“ erzählt aus den letzten zwei Jahren des Lebens von Prinzessin Diana (Naomi Watts), vor allem von ihrer Liebesaffäre mit dem pakistanischen Herzchirurgen Hasnat Khan (Naveen Andrews, den man vor allem als Sayid aus „Lost“ kennt). Die ersten Szenen des Films zeigen Diana wenige Stunden vor ihrem Tod. Einsam steht sie in einem Hotelzimmer in Paris herum. Schließlich verlässt sie das Zimmer und steigt in einen Aufzug – in diesem Moment zeigt Hirschbiegel das Geschehen aus der im Aufzug installierten Kamera und stellt damit ein Bild nach, das nach Dianas Tod in allen Medien zu sehen war. Was das soll, erschließt sich nicht wirklich. Der Film wirkt dadurch jedenfalls nicht mehr oder weniger „echt“. Und dass das reale Vorbild der Hauptfigur tragisch ums Leben gekommen ist, dürfte den meisten Zuschauern noch in Erinnerung sein, die Bilder am Anfang sind also unnötig.

Das trifft auf den Rest des Films jedoch genauso zu. Nach der Aufzugszene springt der Film zwei Jahre zurück. Wir sehen Diana allein zuhause. Sie regt sich über ein Fernsehinterview ihres Noch-Ehemannes Prinz Charles auf. Dann wird sie beim Schminken vor dem Spiegel gezeigt. Schließlich blickt ihr die Kamera tatsächlich dabei über die Schulter, wie sie eine Ausgabe des Anatomie-Atlas „Gray’s Anatomy“ durchblättert und ausgerechnet die Seite mit dem Herzen offen liegen lässt – es soll längst nicht die letzte platte Metapher in diesem misslungenen Film bleiben. Später erzählt Diana von einem wiederkehrenden Traum, in dem sie ins Bodenlose fällt. „Will anyone catch me?“, fragt sie. Von ihrer Therapeutin bekommt sie den Rat „You’re so good at giving love. So you keep on giving. The hard part is receiving love.“ Aha. Nichts von alldem dient dazu, hinter die Oberfläche der öffentlichen Figur von Prinzessin Diana vorzudringen und ihre Motivationen, Gefühle und Sehnsüchte näher zu beleuchten. Dass sie sich einsam fühlte und viel Liebe zu geben hatte, weiß man bereits aus der Gala. Von einem Kinofilm darf man da schon ein bisschen mehr erwarten.

Statt dessen geht es im gleichen Stil weiter. Nachdem Diana den Arzt kennen gelernt hat, führt dieser sie auf ihren Wunsch durch sein Krankenhaus. Wie es denn möglich sei, bei einer acht oder neun Stunden dauernden Herzoperation durchweg hochkonzentriert zu bleiben, will Diana von ihm wissen. „You don’t perform the operation. The operation performs you.“, ist seine Antwort. Wer schreibt denn bitte solche Dialoge fürs Kino und meint das dann auch noch ernst? Darüber kann man doch einfach nur lachen! Der Film lässt wirklich kein Klischee aus. Natürlich kann Diana nicht kochen, wie sich herausstellt, als sie Hasnat erstmals zu sich nach Hause einlädt. Dann belehrt sie ihn nicht nur über die Gefahren des Rauchens, sondern fragt ihn ganz ernst „So hearts can’t actually be broken?“. Und natürlich guckt er gerne Fußball im Fernsehen, während sie davon keine Ahnung hat. Wirklich interessant ist von alledem nichts, dafür sind die Dialoge wie erwähnt mitunter unfreiwillig komisch.

Nicht nur mit dem Herz kennt Hasnat sich aus, sondern auch mit Jazz, für den er eine Vorliebe hat. Auch in Dianas streng geregeltem Leben sei doch Raum für Improvisationen, erklärt er ihr. „If you can improvise, you’re like jazz.“ Hatte ich die platten Metaphern schon erwähnt…? Hasnat nimmt Diana jedenfalls mit in einen Jazzclub. Um unerkannt dorthin gehen zu können, setzt sich Diana eine Perücke auf – und wird mit langen, glatten, braunen Haaren auf den Straßen Londons tatsächlich von niemandem erkannt. Das war für mich die einzige interessante Szene des Films, ganz einfach weil ich mir wünsche, dass diese Schilderung der Wahrheit entspricht.

Die beiden Hauptdarsteller können gegen die schrecklich platten und klischeehaften Dialoge und die ungeschickte Charakterzeichnung auch nichts ausrichten; sie trifft wohl die geringste Schuld am erschreckenden Gesamteindruck, den der Film macht. Naomi Watts wirkt immer wieder bemüht, die richtige Kopfhaltung und den richtigen Augenaufschlag zu treffen, um dem realen Vorbild möglichst nahe zu kommen. Interessantere Dinge bekommt sie ja leider nicht zu tun oder zu sagen! Warum genau diese Episode aus Prinzessin Dianas Leben erzählt werden musste, ist mir auch nach dem Filmende noch ein Rätsel. Weder habe ich nun das Gefühl, die Person Diana ein Stück weit kennen gelernt zu haben, noch hat mir der Film irgendwelche anderen wichtigen Informationen mitgeteilt, die ich vorher noch nicht hatte. Da wirkte ihr Leben in der Bunten oder Gala doch viel aufregender und unterhaltsamer – aber vielleicht ist genau das das Problem: Prinzessin Diana war eine der meist fotografierten Personen auf diesem Planeten und Woche für Woche ließen sich in den entsprechenden Blättern neue Fotos und Details aus ihrem Privatleben finden. Was soll ein Film da noch Neues erzählen? Solch ein schlechtes Drehbuch hat sie auf jeden Fall nicht verdient.

Wo ich gerade bei schlechten Drehbüchern bin: Ich hatta ja viel Schlimmes über „After Earth“ gelesen, aber dass der Film dann so unterirdisch sein würde, hätte ich nicht für möglich gehalten. Dass der Film von Gary Whitta (zusammen mit M. Night Shyamalan) geschrieben wurde, macht mir etwas Sorgen, schließlich schreibt Whitta auch das Drehbuch für das erste „Star Wars“-Spin-off, das im Dezember 2016 ins Kino kommen soll. Andererseits hat er imdb zufolge auch das „The Walking Dead“-Videospiel geschrieben, das besser sein soll als die Serie selbst. Aber das viel größere Sorgenkind ist hier ja sowieso Regisseur Shyamalan. Was haben wir uns von diesem Mann doch für eine Karriere erwartet! Der neue Hitchcock hieß es, könne er werden, oder der neue Spielberg. Angeblich hat er sogar mal an einem Drehbuch für den vierten „Indiana Jones“-Film gearbeitet, auf das dann aber doch nicht zurückgegriffen wurde. Wochenlang war das überraschende Ende von „The Sixth Sense“ Anfang 2000 Gesprächsthema (ich bin meiner Nachbarin noch heute dankbar, dass sie mir zwar erzählt hat, wie toll sie den Film fand, das Ende aber verschwiegen und mich so nicht gespoilert hat). Der Nachfolger „Unbreakable“ ist ein fantastischer, weil vollkommen untypischer Superheldenfilm. Mit „Signs“ war Shyamalan 2002 dann erneut recht erfolgreich, auch wenn die schon obligatorisch wirkende Plotwendung am Ende vielen zu gezwungen wirkte. Danach folgte „The Village“ – mein Lieblings-Shyamalan, aber für die meisten der Beginn des Abstiegs des Regisseurs. Es lohnt sich, diesen Film (wieder) zu entdecken! Die schauspielerischen Leistungen sind großartig, James Newton Howards Musik ist einer der besten Filmscores, den ich kenne und Shyamalans hatte zumindest damals noch ein untrügliches Gespür für Spannung und Atmosphäre. Eine, nein sogar zwei überraschende Wendungen hat der Film zwar auch, doch man sollte ihn als Ganzes betrachten und Kritik nicht vor allem daran festmachen.

Spätestens bei „Lady in the Water“ hatte Shyamalan dann fast alle Kritiker gegen sich (dass er im Film einen Filmkritiker sterben ließ, war da auch nicht gerade hilfreich). Die handwerklichen Stärken des Regisseurs waren aber trotz aller Schwächen des Drehbuchs nach wie vor offensichtlich, auch beim nachfolgenden „The Happening“. Bis dahin habe ich Shyamalan auch stets gegen Kritik verteidigt. Als dann aber der wirklich in jeder Hinsicht abgrundtief schlechte „Avatar: The Last Airbender“ folgte, war auch ich ratlos. Der Film hatte nicht nur platte Dialoge, sondern – für einen Shyamaln-Film vollkommen ungewohnt – auch unmotiviert wirkende Darsteller. Auch schien das Inszenieren von Action ganz und gar nicht zu Shyamalans Stärken zu gehören. Von da an konnte es doch nur besser werden, oder?

Denkste. Nun muss ich also doch noch etwas über den Film schreiben, um den ich mich nun zwei Absätze lang erfolgreich herum gedrückt habe: „After Earth“. Die Handlung basiert auf einer Idee von Will Smith, die Hauptrolle spielt sein Sohn Jaden (und außer den beiden Smiths tauchen kaum andere Schauspieler auf). Ich habe versucht, mich diesem Film unvoreingenommen zu nähern, aber meine Probleme mit ihm begannen schon in den ersten Sekunden: Da erklärt Jaden Smiths Figur in einem Voice Over die Ausgangssituation der Geschichte, doch ich konnte ihn gar nicht richtig verstehen! Sollte das ein seltsamer Akkzent sein? Hat Smith Junior noch nicht genügend Sprechtraining gehabt?? Nach zweieinhalb Minuten startete ich den Film noch einmal neu, dieses Mal mit Untertiteln. Und siehe da: Ich kapierte immer noch nichts! Irgendetwas mit Monstern und einer seit langem für Menschen unbewohnbaren Erde…

Von Anfang an waren mir die Charaktere unsympathisch, die Dialoge wirkten unglaubwürdig und enthielten seltsame, fremdartige Wörter, deren Bedeutung sich mir nicht erschloss. Architektur, Design und Kostüme des Films wirken gewollt fremd und futuristisch, aber leider auch meist hässlich, langweilig oder unglaubwürdig. Jede Szene bleibt vollkommen statisch, das Schauspiel wirkt gestelzt und künstlich. Man muss sich ernsthaft fragen, ob Smith & Sohn gezwungen worden sind, hier mitzuspielen, so monoton sagen beide ihre Zeilen auf! Der Film macht leider durchgehend den Eindruck, als habe Shyamalan sich gar nicht für ihn interessiert. Obwohl es in der Geschichte um Leben und Tod geht, wird zu keinem Zeitpunkt eine echte emotionale Beziehung zum Zuschauer aufgebaut – und die Beziehung zwischen Vater und Sohn im Film wirkt so distanziert und kühl, dass man gar nicht versteht, warum sich der Vater überhaupt um den Sohn sorgt. Jaden Smith schaut immer wieder  gequält (weil er es noch nicht anders kann?), sodass ich ihn einfach nur in den Arm nehmen und vor dem schlechten Drehbuch beschützen wollte. „After Earth“ wirkt wie ein Videospiel (Jugendlicher kämpft sich durch den Dschungel) mit schlechten Zwischensequenzen (das sind die Szenen, in denen der Junge mit seinem Vater kommuniziert und neue Informationen erhält).

Herr Shyamalan, ich verstehe ja, dass Sie nach all der Kritik, die Sie über die Jahre hinweg einstecken mussten, mal etwas ganz anderes machen wollten. Aber dass nur Schrott dabei herauskommt, weil offensichtlich nicht Ihr Herzblut drinsteckt und Ihre letzten beiden Filme auch nicht Ihre eigenen Stärken bedient haben, zeigt doch, was für eine Fehlentscheidung das war. Also bitte: Machen Sie nicht die Filme, von denen Sie denken, dass das Publikum, Hollywood oder sonst wer sie von Ihnen erwartet. Machen Sie weiterhin Filme über Geschichten, die Ihnen am Herzen liegen, egal was andere sagen! Und falls Sie dafür kaum Geld zusammen bekommen, dann drehen Sie diese Filme eben als Low-Budget-Produktionen und werden zu einem kommerziell unbedeutenden Underground-Filmemacher. Ihre Fans und Liebhaber werden diese Filme schon finden. Aber bitte, bitte verschonen Sie uns mit Schrott wie „After Earth“ und „The Last Airbender“.

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