Bates Motel – Season 5

Dieser Text enthält Spoiler!

Nachdem ich die ersten vier Staffeln von „Bates Motel“ hier im Blog besprochen habe, kommt nun auch die fünfte und letzte Staffel zum Zug. Sie ist ist bereits seit dem 9. November auf DVD und Bluray erhältlich.

Die fünfte Staffel von "Bates Motel" auf BluRay

Man konnte ja noch Hoffnung haben für Norman Bates (Freddie Highmore) – mir zumindest ging es im Verlauf der Staffel mehrmals so. Zwar haben sämtliche Versuche ihn zu heilen im Verlauf der letzten Staffeln nicht gefruchtet und Staffel vier endete schließlich mit dem tragischen (aber natürlich von „Psycho“-Kennern erwarteten) Mord an seiner Mutter Norma (Vera Farmiga). Weil dieser wie ein Selbstmord aussah, lebt Norman nun zwei Jahre später allein in dem großen, düsteren Haus auf dem Hügel neben dem Motel. Sein Bruder Dylan (Max Thieriot) lebt mit seiner Freundin Emma (Olivia Cooke) inzwischen in Seattle und der ehemalige Sheriff und Ehemann von Norma, Alex Romero (Nestor Carbonell) sitzt im Gefängnis.

Norman Bates (Freddie Highmore) hängt neue Duschvorhänge auf

Norman Bates (Freddie Highmore) hängt neue Duschvorhänge auf

Wer Hitchcocks „Psycho“ gesehen hat, weiß natürlich, was nun noch kommen muss. Während die ersten vier Staffeln die Vorgeschichte von Norman Bates erzählt haben, kommen wir im Lauf dieser letzten Staffel nun mitten in die bekannten Ereignisse aus „Psycho“ hinein. Wobei diese sich dann allerdings nicht genauso zutragen wie im Film. Denn wie so oft, wenn in den letzten Jahren bereits zuvor verfilmte Stoffe in Kino und TV wiederverwertet wurden, wird auch hier die Geschichte etwas abgewandelt (so wie dies zum Beispiel auch bei „Star Trek Into Darkness“ der Fall war). So ist es dieses Mal nicht Marion Crane (Rihanna), die von Norman Bates unter der Dusche ermordet wird…

Trotz des Tods ihrer Serienfigur ist Vera Farmiga natürlich weiter in der Serie dabei, schließlich lebt Norma schon lange in Normans Kopf fort. Mit dieser „Norma“ (ich habe die imaginäre Version der Figur in meinen Notizen stets in Anführungszeichen gesetzt) spielt Farmiga nun also nur noch eine nicht reale, oftmals idealisierte Version ihrer Figur, was schauspielerisch sicherlich interessant gewesen sein muss. Ohne dass Norman sich hinterher daran erinnern kann, übernimmt „Norma“ immer wieder die Kontrolle über ihn. Sie versucht, ihn vor schlechten Einflüssen zu beschützen, die sie natürlich vor allem in jungen, weiblichen Konkurrentinnen auszumachen glaubt. So sieht sie es gar nicht gerne, als Norman Madeleine (Isabelle McNally) kennen lernt, die Inhaberin eines Haushaltswarengeschäfts. Bei ihr bestellt er nicht nur neue Duschvorhänge fürs Motel, was den Zuschauer in freudige Erregung versetzt, sondern schenkt ihr auch die Kleider seiner Mutter. Dass die schlanke, blonde Madeleine Norma frappierend ähnlich sieht und damit genau Normans Typ ist, versteht sich von selbst. Die Eifersucht in „Norma“ ist jedenfalls geweckt und so gibt sie ihm bereits in der ersten Episode folgenden Ratschlag:

„All I know is that the world is full of bad people and we cannot trust anyone from the outside. It is you and me, Norman, that is all we have. We would die without each other, do you understand that?“

Auch nach ihrem Tod verlässt Norma (Vera Farmiga) ihren Sohn einfach nicht

Auch nach ihrem Tod verlässt Norma (Vera Farmiga) ihren Sohn einfach nicht

Außerdem lässt sie ihn wissen, dass er einfach keine anderen Leute außer ihr in seinem Leben haben könne. Es steht also weiterhin gar nicht gut um den armen Norman, der nach außen hin meistens so nett und unschuldig wirkt, aber innerlich zerrissen und von starken psychischen Problemen geprägt ist. Tatsächlich bleibt Normans Geschichte auch in der fünften Staffel weiterhin spannend. Seine Mutter ist zwar tot, aber wie erwähnt weiterhin ständig präsent. Außerdem werden einige neue Figuren eingeführt, darunter Marion Crane und Madeleine, aber auch ein Mann, der die beiden verbindet: Sam (Austin Nichols) ist Madeleines Ehemann und Marions Geliebter, was natürlich wieder einiges an Geheimnissen und Lügen mit sich bringt und letztendlich nicht gutgehen kann.

Den mit Abstand langweilisten Handlungsstrang hat dieses Mal leider der ehemalige Sheriff Romero abbekommen. Aus dem Gefängnis, in dem er zu Beginn der Staffel steckt, entkommt er natürlich, nur um sich dann aber in erzählerischer Monotonie über mehrere Episoden hinweg auf den Weg zurück nach White Pine Bay zu machen, wo er Rache an Norman nehmen will. Erst in der achten Folge kommt er dort an und bekommt etwas Interessantes zu tun. Er erschießt nämlich leider Chick (Ryan Hurst), der doch eigentlich einen True Crime-Roman über die Ereignisse rund um Norman schreiben wollte. Ich hatte mich schon so darauf gefreut, am Ende der Serie dieses Buch unter dem Namen „Psycho“ in den Handel kommen zu sehen, aber daraus wurde nichts.

Wie schlimm es um Normans psychische Gesundheit steht, wird hier vor allem an zwei Dingen deutlich (als wären die Morde, die er verübt und die Gespräche mit seiner imaginären Mutter nicht genug): Zum Einen trifft er in Folge fünf seinen früheren Therapeuten, nur um später festzustellen, dass er sich diese Begegnung auch nur eingebildet hat. Zum anderen realisiert er nach diesem „Gespräch“ selbst, dass er regelmäßig zu einer ganz anderen Person wird, zu „Norma“ eben. In der örtlichen Bar ist man jedenfalls ganz erstaunt, als er plötzlich ohne Frauenkleider und nicht in seiner „Norma“-Identität dort auftaucht.

Genau Normans Typ: Madeleine (Isabelle McNally) ist seiner Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten

Genau Normans Typ: Madeleine (Isabelle McNally) ist seiner Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten

Schauspielerisch überzeugen Freddie Highmore und Vera Farmiga erneut auf ganzer Linie. Nicht von allen anderen Darstellern kann ich dasselbe behaupten, was aber zum Teil daran liegt, das das Material, welches die Drehbücher ihnen bieten, unterschiedlich gut ist. Max Thieriot hat mich in den früheren Staffeln wenig begeistert, dieses Mal hat er aber zumindest gegen Ende der Staffel einige überzeugende, emotionale Szenen mit Highmore, in denen Dylan verzweifelt versucht, seinen Bruder doch noch zu retten. Dylans und Emmas Integration in die Handlung gelingt dabei überzeugender als Romeros, letztentlich sind sie aber natürlich nicht die Hauptfiguren in diesem Drama. Mit Normas Bruder Caleb (Kenny Johnson) wird relativ früh kurzer Prozess gemacht, worüber ich nicht besonders traurig war.

Richtig Fahrt nimmt die Staffel natürlich erst in ihrer zweiten Hälfte auf, als wir uns mit Marions Ankunft mitten in den „Psycho“-Ereignissen befinden. Durch deren leichte Abwandlung und die zusätzlichen Figuren bleibt das Ganze trotzdem spannend und spitzt sich zum Ende hin immer mehr zu. „If you ever feel overwhelmed, I could just take over“, bietet „Norma“ ihrem Sohn an. Doch Norman hat noch Hoffnung, dass sich die Dinge für ihn zum Besseren wenden. Nach dem Mord an Sam realisiert er zwar, dass er unter „Normas“ Kontrolle schon mehrere Morde begangen hat. Doch er stellt sich der Polizei. Zu dumm nur, dass ihm Sheriff Greene (Brooke Smith) erst einmal gar nicht glaubt.

Von der Nacherzählung „Psychos“ haben sich die Ereignisse hier wie erwähnt ein Stück weit entfernt, sodass „Bates Motel“ am Ende kein schlichtes Prequel – und in dieser Staffel zum Teil auch Remake – von Hitchcocks Film mehr ist (was die Serie aufgrund der Ansiedelung der Geschichte in der Gegenwart genau genommen sowieso nie gewesen war).  Am Ende verschwindet die imagniäre „Norma“ aus Normans Kopf, nachdem dieser Romero umgebracht hat, woraufhin sich Norman vollkommen in eine eigene Realität hinein träumt.

Rihanna tritt als Marion Crane die Nachfolge von Janet Leigh an - aber wird die Figur auch hier dasselbe Schicksal erleiden?

Rihanna tritt als Marion Crane die Nachfolge von Janet Leigh an – aber wird die Figur auch hier dasselbe Schicksal erleiden?

Dort lebt er zusammen mit Norma in Glückseligkeit und die beiden machen einen Neuanfang in einer neuen Stadt, wo sie ein neues Motel eröffnen. Wer weiß, vielleicht spielen sich die Ereignisse von „Psycho“ ja dort, also komplett in Normans Kopf ab? Es ist ein großes Kompliment an die Drehbuchautoren und die Leistung der beiden Hauptdarsteller, dass ich erst in dieser Schlussszene das Gefühl hatte, Norman sei wirklich verrückt und nicht mehr zu retten. Zuvor habe ich über fünf Staffeln mit ihm mitgefühlt und stets ein Stück weit geglaubt, es könne noch Hoffnung für diesen jungen Mann geben.

„Bates Motel“ hat die eine oder andere Schwäche, vor allem in den Handlungssträngen der zum „Psycho“-Universum hinzu erfundenen Figuren wie Dylan, Caleb oder Romero. (Möglicherweise wurden einige davon im Roman erwähnt, im Film kommen sie jedenfalls nicht vor.) Insgesamt bietet die Serie aber über fünf Staffeln hinweg kurzweilige Hochspannung mit überwiegend sehr guten Schauspielleistungen. Der Figur von Norman Bates haben die Autoren und natürlich Freddie Highmore zahlreiche neue Facetten hinzugefügt, die dessen Geschichte für mich noch viel interessanter gemacht haben, als sie es durch den Film ohnehin schon gewesen war.

Copyright Bilder: Universal Pictures Home Entertainment