Seit letztem Donnerstag läuft „Die fantastische Welt von Oz“ in den deutschen Kinos. Da ich den Film bereits im Februar sehen durfte, wollte ich eigentlich letzt Woche schon etwas dazu schreiben, bin aber leider nicht dazu gekommen.
Besonders große Lust darauf, den „Oz“ zu sehen, hatte ich eigentlich gar nicht. Ich erinnere mich noch, dass ich letzten Dezember im Kino saß, um mir den „Hobbit“ anzuschauen und vor dem Hauptfilm der Trailer zu „Oz“ gezeigt wurde, der mich nicht sonderlich interessierte – ich sah mit einem Auge hin und unterhielt mich nebenbei mit meinem Sitznachbarn. Über diesen „Oz“-Film wusste ich noch gar nichts, vielleicht hatte ich zu diesem Zeitpunkt sogar noch nie bewusst von ihm gehört, was ja bei einem Film-Nerd wie mir schon ziemlich ungewöhnlich ist. Allerdings bin ich mit dem wunderbaren Land Oz bisher generell so gut wie gar nicht in Berührung gekommen. Weder habe ich „Der Zauberer von Oz“ gelesen, noch kenne ich die wohl berühmteste Verfilmung des Stoffes, das Judy Garland-Musical von 1939. Einzig „The Wiz“ habe ich gesehen; in diesem Musical von 1978 spielt und singt Michael Jackson eine der Hauptrollen, was für mich natürlich schon allein Grund genug war, mir den Film anzuschauen. Darüber hinaus waren mir zwar die „Yellow Brick Road“ und der Satz „I think we’re not in Kansas anymore!“ bekannt, weil man ja als Filminteressierter immer wieder mal irgendwo etwas über den „Zauberer von Oz“ liest, aber insgesamt kann man jedenfalls sagen, dass ich ziemlich jungfräulich in „Die fantastische Welt von Oz“ gegangen bin und über den Film und seinen Inhalt fast gar nichts wusste, weil er mich schlicht und einfach vorher nicht interessiert hat.
Wie sich herausstellen sollte, waren dies die idealen Bedingungen, um diesen Film zu sehen (und sind es wahrscheinlich für viele ander Filme auch). „Oz the Great and Powerful“ (so der Originaltitel) hat mich vollkommen überwältigt, und zwar auf eine ganz altmodische Weise ganz einfach durch seine visuelle Pracht und seine klare, zugegeben nicht besonders komplexe oder gar einfallsreiche Gut-gegen-Böse-Geschichte. Eine Geschichte wie diese hat man schon hunderte Male gesehen, gehört und gelesen, aber gerade deswegen ist sie so wirkungsvoll, wenn man bereit ist, sich darauf einzulassen. Der von James Franco gespielte Zauberer Oz, der sich mit seinen Tricks gerade so finanziell über Wasser halten kann, aber natürlich kein „echter“ Zauberer ist, ist ein typischer Held-wider-willen, der es einer alten Prophezeihung zu verdanken hat, dass er in den Kampf um die Herrschaft über Oz hineingezogen wird. Zuvor wird er natürlich – genau wie damals Judy Garland – in einem Wirbelsturm aus dem in schwarz-weiß und im 4:3-Format gefilmten Kansas nach Oz transportiert. Dort angekommen, eröffnet sich für ihn und für den Zuschauer eine völlig neue Welt, die nun im Breitbildformat, in Farbe und in wirklich eindrucksvollem 3D erstrahlt. Zwar vollführt der Film hinsichtlich der 3D-Technik keine Wunder im Stile von „Life of Pi“ und dass hier in jeder Sekunde dem großen Vorbild „Avatar“ nachgeeifert wird, merkt man deutlich. Aber das 3D sieht besser aus als im ähnlich angelegten „Alice im Wunderland“ und unterstützt gekonnt den Eindruck, man befinde sich hier wirklich in einer fremden Zauberwelt.
Durch die Verbindung dieses in meinen Augen ziemlich gelungenen optischen Eindrucks mit einer klassischen, für das Kind in allen von uns gemachten Geschichte, hat mich „Oz“ so sehr verzaubert. Nachdem der titelgebende Zauberer aus der alltäglichen in die fantastische Welt transportiert worden ist, kommt man eine ganze Weile aus dem Staunen gar nicht mehr heraus, so viele herrlich animierte Kreaturen mit Herz und Seele und so viele farbenfrohe Landschaften tummeln sich dort. Hexen, fliegende Affen, Munchkins (oder wie immer man die schreibt), ein wunderschön animiertes Porzellanmädchen mit einer wirklich zu Tränen rührenden Szene, und und und! Mich hat der Film jedenfalls immer wieder überrascht und berührt. Die Tatsache, dass die Handlung ziemlich flach ist, fiel dabei überhaupt nicht ins Gewicht. Ohne es zu bemerken, habe ich es geschafft, alle Filme, die ich vorher in meinem Leben gesehen habe, zu vergessen und mich von diesem hier voll einnehmen zu lassen. Das Ende, an dem Oz seine in der realen Welt erworbenen Zauberfertigkeiten nutzt, um dem Bösen ein Schnippchen zu schlagen, hat mich mit einigen kreativen Einfällen wirklich überrascht.
Natürlich kann und wird dieser Film wohl niemals den gleichen kulturellen Stellenwert erlangen, wie ihn „Der Zauberer von Oz“ (zumindest in den USA) erreicht hat. Mit der Erklärung der Herkunftsgeschichte eben jenes Zauberers nimmt er dem Original-Film genau genommen sogar ein wenig von der Illusion, die dieser bis kurz vor Schluss aufrecht erhält (mir ist bewusst, dass ich hier über einen Film spreche, den ich nie gesehen habe). Gleichzeitig fügt er aber neue Illusionen, neuen Zauber hinzu. Denn Magie bedeutet ja auch Einfallsreichtum, Kreativität und die Schaffung von außergewöhnlichen Ergebnissen aus einfachsten Mitteln. Auf diese Weise kann man den Zauberer Oz, der im Film mit Special Effects seinen Freunden hilft, seine Feinde besiegt und sein Publikum unterhält – und uns dabei mit seinen Illusionen an der Nase herum führt – als klassischen Hollywood-Magier interpretieren. Denn sind nicht auch die Spezialeffekte der Traumfabrik letztendlich nichts weiter als Tricks, die ihren Zauber verlieren, sobald man hinter die Kulissen blickt?
Ich gebe ja zu: wie man an meinen unkritischen Lobeshymnen auf den Film erkennt, bin ich in diesem Fall der Disney-Formel voll auf den Leim gegangen. Aber ein Filmerlebnis wie dieses hatte ich wirklich schon sehr lange nicht mehr. Wer die Welt durch die Augen eines Kindes sehen kann, der wird sich in diesem Film verlieren können. Und alle anderen können es mit Hilfe dieses Films wieder ein Stück weit lernen.