In den letzten Tagen lag ich mit einer starken Erkältung im Bett und habe meine Zeit vor allem mit Schlafen, Fernsehen und Lesen verbracht. Unter anderem habe ich zur Vorbereitung auf das neue Bond-Abenteuer „Spectre“ die letzten drei James Bond-Filme mit Daniel Craig noch einmal angeschaut. Hier folgt nun im Schnelldurchlauf meine Besprechung der drei Filme.
„Casino Royale“ ist nach wie vor einer meiner Lieblings-Bondfilme. Mehr als bisher ist mir dieses Mal allerdings die ungewöhnliche Struktur des Films negativ aufgefallen. Nicht nur dauert es fast den halben Film lang, bis die eigentliche Handlung um das Pokerturnier im titelgebenden Casino beginnt, sondern sobald diese endlich beginnt besteht der Film eine ganze Zeit lang eben hauptsächlich darin, dass ein paar Leute am Tisch sitzen und Karten spielen – nicht gerade besonders actionreich. Zum Glück gibt es aber davor bereits reichlich Action: die gelungene Verfolgungsjagd auf Madagascar und die nervenzerreißende Szene am Flughafen von Miami lassen keine Wünsche offen. Auch das Pokerturnier selbst wird in den Pausen mit reichlich Spannung angereichert und die Szene, in der Bond vergiftet wird, nur um in einer Umkehrung des klassischen Bond-Motivs dann vom Bond Girl gerettet zu werden, lässt auch dem Zuschauer fasst das Herz stehen.
Nach dem phasenweise richtig peinlichen „Die Another Day“, der das 40-jährige James Bond-Jubiläum mit zum Teil sinnlosen Referenzen an die früheren Filme sowie einem unsichtbaren Auto, einem Eispalast und anderen überflüssigen Dingen zu feiern versuchte, stellte „Casino Royale“ einen erfolgreichen Reboot der Reihe dar. Statt von Anfang an alle typischen Bond-Zutaten einzubauen, beschloss man aber, sie über diesen und die nächsten Filme hinweg langsam wieder einzuführen. So fehlen hier nicht nur Miss Moneypenny und Q, sondern bis zum Schluss auch das typische James Bond-Thema im Soundtrack – ein genialer Schachzug, wie ich finde. „Casino Royale“ wird so zu einer Art „Becoming Bond“ oder „James Bond Begins“. Eine typische Bond-Zutat hat man aber nicht weggelassen, weil sie einfach zu gut zu dem emotionslos an seinen Job heran gehenden Bond der Daniel Craig-Ära passt: Bonds kompromisslose, alle zur Verfügung stehenden Mittel einsetzende und oft zur Übertreibung neigende Art, seinen Job zu erledigen. Das wird schon am Anfang des Films bei der Verfolgungsjagd über die Baustelle auf Madagascar deutlich. Hier rennt Bond buchstäblich durch Wände und wenn seiner Pistole die Munition ausgeht, dann wirft er sie eben einfach auf seinen Gegner. Herrlich!
In „Casino Royale“ ist als M’s Assistent übrigens noch nicht Rory Kinnear zu sehen, sondern Tobias Menzies (bekannt als Brutus aus „Rome“ oder Edmure Tully aus „Game of Thrones“). Schade, dass er in den späteren Filmen nicht mehr dabei ist.
In „Quantum of Solace“ wird die Geschichte aus „Casino Royale“ direkt fortgesetzt. Schaut man beide Filme direkt hintereinander an, dann fühlt sich das genauso an, als würde man mehrere Folgen einer TV-Serie anschauen. Überhaupt würde die übergreifende Handlung um die Quantum/Spectre-Organisation gut als Fernsehserie funktionieren, bei der man nach und nach verschiedene Teilbereiche und Mitglieder der Organisation kennen lernt. In „Quantum“ ist das der von Mathieu Amalric gespielte Dominic Greene, der sich die bolivianischen Wasserreserven unter den Nagel reißt. Mehr noch als „Casino“ verzichtet der Film auf typische Bond-Zutaten und kommt mit der Beleuchtung der Verstrickung der internationalen Politik mit großen Verbrecherorganisationen auch ungewohnt politisch daher. Ich mag den Film sehr gerne, auch wenn es Regisseur Marc Forster hier in seinem Bemühen um möglichst harte und realistische Action-Sequenzen im „Bourne“-Stil gelegentlich übertreibt. Die Actionszenen sind so knapp geschnitten, dass es manchmal wirkt als wolle der Filme gar nicht zeigen, was vor sich geht.
Zusammen mit „Casino Royale“ wirkt „Quantum of Solace“ wie ein einziger, langer Film. Den Hintermännern von Quantum ist James Bond am Ende freilich immer noch nicht auf die Schliche gekommen. Aber er hat ja noch mindestens zwei weitere Filme Zeit.
Wäre die James Bond-Reihe eine Fernsehserie, dann wäre „Skyfall“ allerdings so etwas wie eine „stand-alone episode“, denn die Handlung der beiden vorhergehenden Filme wird hier zumindest nicht explizit weitergeführt. Zwar wird nie erwähnt, dass der von Jarvier Bardem gespielte Silva nicht in Verbindung zur Quantum/Spectre-Organisation steht, aber es wird zumindest auch nicht der Eindruck erweckt, als handele er auf Befehl von anderen. Was etwas irritiert, ist die Tatsache, dass James Bond – der zwei Filme zuvor noch am Anfang seiner Karriere als Doppelnullagent stand – nun schon wieder ein Auslaufmodell zu sein scheint. Allerdings haben Doppelnullagenten nun mal keine besonders lange Laufzeit, wie Bond selbst feststellt (ich weiß nicht mehr, in welchem Film). „Skyfall“ ist dank der hervorragenden Kameraarbeit von Roger Deakins sicherlich der bestaussehendste Bond-Film. Vor allem die Szene im Hochhaus in Shanghai ist optisch ein wahrer Genuss.
Bardems Silva ist einer der beeindruckenderen Bond-Bösewichte, allerdings sind seine Taten nicht alle besonders glaubwürdig. Ich frage mich zum Beispiel jedes Mal wenn ich den Film anschaue, wie er unbewaffnet fliehen und mehrere bewaffnete Sicherheitsleute niederstrecken kann. Auch dass er anscheinend jeden einzelnen Schritt seiner Gegner vorhersieht und entsprechend planen konnte, ist alles andere als glaubwürdig (vor allem die Szene mit der Explosion im U-Bahnschacht nervt mich jedes Mal wieder). Das Finale des Films im titelgebenden Skyfall-Anwesen war beim ersten Mal dank seines Überraschungswerts zwar äußerst unterhaltsam und spannend, nutzt sich aber recht schnell ab. Im Gegensatz zu allen anderen Teilen des Films langweilt es mich beim wiederholten Anschauen.
Während die beiden vorhergehenden Filme sich mit der Quantum-Organisation beschäftigen (die wohl im neuen Film als ein Teil von SPECTRE enthüllt werden wird), beschäftigt sich „Skyfall“ noch mehr mit James Bonds Figur – freilich ohne allzu viel über ihn zu verraten. Mit Raoul Silva bekommen wir so etwas wie Bonds böses Spiegelbild. Außerdem ist „Skyfall“ natürlich mal wieder ein Jubiläums-Film und zum Glück ein weitaus gelungenerer als zehn Jahre zuvor „Die Another Day“. Am Ende des Films ist die „Bond-Werdung“ der Hauptfigur endgültig abgeschlossen und der aus früheren Filmen der Reihe bekannte Ausgangszustand endgültig wiederhergestellt. Ganz besonders die letzte Szene des Films lässt allen Fans der Reihe wohlige Nostalgieschauer über den Rücken laufen.
Leider konnte ich nicht zur Pressevorführung von „Spectre“ gehen und muss mich bis zum offiziellen Kinostart gedulden, um den Film sehen zu können. Ich hoffe, dass der Film die Handlung der drei vorhergehenden Filme sinnvoll weiterführt. Dass wir die Spectre-Organisation näher kennen lernen sagt ja schon der Titel aus. (Und dass Christoph Waltz nicht einfach nur „Franz Oberhauser“ spielt, wie uns die offizielle Ankündigung weismachen will, sondern tatsächlich Ernst Stavro Blofeld, dürfte wohl jedem klar sein. Ein Täuschungsmanöver dieser Art funktioniert nur einmal – und das war bei „Star Trek Into Darkness“ mit der John Harrison/Khan-Finte der Fall.)
Etwas stutzig macht mich die Tatsache, dass Bond anscheinend im neuen Film mal wieder vorrübergehend vom Dienst suspendiert wird. In „Casino Royale“ hat er gekündigt, in „Quantum of Solace“ war er ebenfalls suspendiert worden und in „Skyfall“ für tot erklärt worden – fallen den Autoren denn keine anderen Möglichkeiten ein, um Bonds Missionen spannend zu gestalten, als ihn immer wieder auf ähnliche Weise zurück zu werfen?
Jedenfalls erwarte ich mir von „Spectre“ einen in jeder Hinsicht klassischen Bond mit all den bekannten Zutaten, die jetzt ja wieder enthalten sein können: Q, M, Gadgets, Miss Moneypenny usw. Ich habe bislang nur zwei Kritiken zum Film gelesen, von denen eine den Film ziemlich zerrissen hat, was mich nur noch gespannter auf ihn gemacht hat. Sehr gespannt bin ich übrigens auch, ob Daniel Craig nun noch einen weiteren Bond-Film drehen wird. Nachdem die Reihe seit „Casino Royale“ zum ersten Mal eine sich über mehrere Filme erstreckende durchgehende Handlung erhalten hat, wäre es nämlich wirklich schade, wenn man beim nächsten Film wieder von vorne anfinge.
Zumindest den Titelsong zum neuen Bond-Film finde ich übrigens schon mal grandios – auch wenn ich da anscheinend der Einzige bin…