Nachdem ich von meinem ersten Film auf dem diesjährigen Filmfest München nicht gerade begeistert gewesen war, war dafür bei meinem nächsten Programmpunkt Begeisterung vorprogrammiert: Raus aus dem Kino und unter die gnadenlos vom Himmel brennende Sonne ging es für mich nun zu „Filmtonart“, einem eintägigen, jedes Jahr zeitgleich mit dem Filmfest stattfindenden „Forum für Musik und Ton“. Die dort stattfindenden Vorträge und Diskussionsrunden beschäftigen sich alle mit (Film-)Musik, ich war aber nur für ein Panel gekommen: „Star Wars – Wie klingt der Krieg der Sterne?“. Eine Stunde lang diskutierten dort Prof. Karim Sebastian Elias (Komponist und Professor an der HFF in Potsdam-Babelsberg), Dr. Vasco Hexel (Komponist und Professor am Royal College of Music in London) und Jun. Prof. Dr. Peter Moormann (Musikwissenschaftler und Juniorprofessor an der Universität zu Köln) unter der Moderation von Gregor Wossilus (Onlineredakteur bei kinokino) über die weltbekannte Musik, die John Williams für die „Star Wars“-Saga geschrieben hat.
Zugegeben, für mich als langjährigen Fan von „Star Wars“, John Williams und Filmmusik im Allgemeinen hielt sich der Erkenntnisgewinn dabei in Grenzen. Die „Star Wars Suite“ wurde als eine der meistgespielten und bedeutendsten Kompositionen des 20. Jahrhunderts gewürdigt und neben John Williams wurde auch George Lucas häufig gelobt. Der Regisseur habe es nämlich verstanden, der Musik in den Filmen Raum zu geben, John Williams immer wieder große Momente zu erlauben und sei generell ein sehr intelligenter Filmemacher. John Williams wiederum wurde als „Fährtenleger“ bezeichnet, dessen musikalische Themen und Motive Bezüge zu vergangenen wie zukünftigen Momenten in der „Star Wars“-Saga herstellen und so dem Zuschauer Orientierung bieten und das Verständnis der Geschichte (auch auf emotionaler Ebene) erleichtern. Dies wurde an vier kurzen Filmausschnitten erläutert, die die eindrucksvolle Kraft der Musik schon allein dadurch demonstrierten, dass sie bei mir alle für Gänsehaut sorgten. Wenn man Luke Skywalker auf Tatooine sehnsuchtsvoll in den Sonnenuntergang blicken sieht und dazu das berühmte „Force Theme“ erklingt, dann braucht es nun mal keine Dialoge um zu verdeutlichen, was Luke in diesem Moment fühlt. An dieses erste Beispiel anschließend wurde die Schlussszene aus „Das Erwachen der Macht“ gezeigt (etwa drei oder vier der anwesenden Zuschauer hatten den Film tatsächlich noch nicht gesehen!), in der sich Rey und Luke gegenüberstehen. Dieses Mal ist es Rey, auf deren Gesicht sich Sehnsucht zeigt. Wieder erklingt das gleiche Thema, wird nun aber anders – nach oben – fortgeführt, sodass beim Zuschauer eine Erwartungshaltung und Spannung erzeugt wird, ganz wie es beim offenen Ende des Films angemessen ist. Dieses Arbeiten mit musikalischen Motiven wurde in der Gegenüberstellung zweier weiterer Szenen verdeutlicht: Das Einfrieren von Han Solo in „Das Imperium schlägt zurück“ – wohl meine absolute Lieblingsszene der gesamten Saga und auch musikalisch einer meiner Favouriten – und eine Szene, in der sich Han und Leia in „Das Erwachen der Macht“ über ihren Sohn unterhalten. In der Diskussion über diese Szenen wurde unter anderem verdeutlicht, dass John Williams die einmal als charakterisierende Motive eingeführten Melodien fast nie verändert, sie aber in den Harmonien und der Instrumentierung immer wieder neu variiert. Dadurch ergibt sich jedes Mal eine andere, die Szene unterstützende Atmosphäre.
All das war wie gesagt für mich nicht neu, aber interessant war das Panel trotzdem. Natürlich kann man in einer einzigen Stunde nicht im Detail die Musik der bislang sieben Filme diskutieren – dafür würde wahrscheinlich ein ganzes Semester nicht ausreichen. Interessant fand ich das Panel dennoch, zumal die vier Teilnehmer ganz klar selbst Fans von „Star Wars“ und der Musik von John Williams waren. Allen, die sich ebenfalls für Musik der „Star Wars“-Filme interessieren und sich weiter damit beschäftigen wollen, lege ich den amerikanischen Podcast „Star Wars Oxygen“ dringend ans Herz. Darin werden die Soundtracks der Filme im Detail auseinandergenommen und John Williams‘ Arbeit mit der Leitmotivtechnik für ein Laienpublikum verständlich erklärt. Über diesen Podcast habe ich hier bereits gebloggt.
Leider bin ich nun gar nicht mehr zu den anderen Filmen gekommen, die ich gestern gesehen habe. Ich muss gleich wieder ins Kino, aber sobald ich wieder eine kurze Pause vom Filmfest habe, wird hier weitergebloggt!
Etwa um 19:45 konnte man am gestrigen Freitagabend im Münchner Olympiastadion eine Durchsage vernehmen, in der das Publikum aufgefordert wurde, seine Plätze einzunehmen, da das Konzert pünktlich um 20 Uhr beginnen werde. Einen Gongschlag wie in der Oper gab es zwar nicht, aber was die Verankerung seiner Werke im kulturellen Allgemeingut angeht kann es Paul McCartney sowieso schon lange mit Mozart, Rossini und dergleichen aufnehmen. Das Publikum war dementsprechend bunt gemischt – von Rentnerehepaaren über fünfköpfige Familien bis hin zu Vätern, die ihre kleinen Kinder auf dem Arm hielten, wollten alle dabei sein als Sir Paul – vielleicht ja zum letzten Mal – in München sein vor allem aus Beatles-Klassikern bestehendes Programm zum Besten gab. Auf die Minute genau um 20 Uhr betrat er mit seinen vier Bandkollegen die Bühne. Leider war ein Großteil des Publikums zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht eingetroffen; noch eine halbe Stunde nach Konzertbeginn sah man Menschen die Stadiontreppen auf der Suche nach ihren Plätzen hinunterlaufen. Viele hatten wohl nicht damit gerechnet, dass McCartney bereits um 20 Uhr auftreten würde. Aber wer so viele weltbekannte Hits im Repertoire hat und es sich leisten kann, die Show gleich mit „A Hard Day’s Night“ zu beginnen, der braucht natürlich keine Vorband, um seine Zuschauer in Stimmung zu bringen.
Trotzdem wirkte der Auftakt etwas zäh, was aber nicht an McCartney und seiner Band lag, sondern schlicht daran, dass es durch den frühen Beginn noch viel zu hell war, um eine ordentliche Rockkonzertstimmung aufkommen zu lassen. Zum Glück hatte der Regen aber extra für diesen Tag eine Pause eingelegt und McCartneys oft auf deutsch vorgetragene Songankündigungen hielten das Publikum bei Laune. Er begrüßte das Stadion mit einem „Servus“ und stellte ebenfalls auf deutsch fest „Endlich ist der Sommer da“. Als er sich später nach der Zusammensetzung des Publikums erkundigte, erwiesen sich die Münchner überraschenderweise als Minderheit. Der weitaus größere Teil der Zuschauer kam aus anderen deutschen Städten oder dem Ausland.
Die Setlist war die gleiche wie bei den meisten anderen Konzerten der aktuellen „One On One“-Tour. Für Spontanität war dementsprechend kaum Platz im Ablauf der Show. Das ist bei einer großen Stadionproduktion, bei der alle Abläufe inklusive der auf jedes Lied abgestimmten Videoprojektionen genau geplant sind, zwar verständlich. Trotzdem wäre es schön, wenn McCartney zwei oder drei Plätze in der Setlist bereithalten würde, um sie bei jedem Konzert spontan mit anderen Songs zu befüllen. Freilich war der Ablauf der Show aber auch nur für diejenigen Zuschauer vorhersehbar, die sich vorher im Internet schlau gemacht hatten. Wer vollkommen uninformiert ins Konzert ging, der wurde durchaus des Öfteren überrascht, zum Beispiel mit der Elektro-Nummer „Temporary Secretary“ aus dem 1980er Album „McCartney II“ oder mit „In Spite Of All The Danger“, dem ersten Lied, das die Beatles jemals zusammen aufgenommen haben.
Der wohl lustigste, da ungeplante und vollkommen spontane Moment kam gegen Ende, als ein paar Zuschauer auf die Bühne geholt wurden und von McCartney mit Umarmungen und Autogrammen bedacht wurden. Ein junger Mann aus Russland redete den Ex-Beatle da mit „Paul“ an, nur um sich sogleich zu verbessern und ein „Sir Paul“ hinterherzuschieben. „Paul is fine“, versicherte McCartney dem glückseligen Fan. Musikalische Höhepunkte hatte man zu diesem Zeitpunkt schon viele erleben dürfen, darunter das richtig rockende „Nineteen Hundred and Eighty Five“, das als Akustiknummer vorgetragene „You Won’t See Me“ oder das erst im letzten Jahr veröffentlichte „Four Five Seconds“, das dank des eingeblendeten Texts trotz seiner relativen Unbekanntheit das Stadion zum Mitsingen animierte. Beeindruckend war ebenfalls die Darbietung des „Sgt. Pepper“-Songs „Being For The Benefit of Mr. Kite“. Dank der modernen Technik ist es heute kein Problem mehr, was Ende der Sechziger noch unmöglich war: die komplexen Sound-Tüfteleien aus der Spätphase der Beatles live auf die Bühne zu bringen. Untermalt mit psychedelischen Videoanimationen kam damit die richtige Sixties-Stimmung auf.
Der Höhepunkt des Konzerts war schließlich erreicht, als McCartney am Flügel zuerst den James Bond-Titelsong „Live and Let Die“ zum Besten gab – untermalt von einer scheinbar nicht enden wollenden Abfolge aus bunten Lasern, aus der Bühne schießenden Flammen und den Nachthimmel erleuchtenden Feuerwerksraketen. Anschließend täuschte der 73-jährige mit Gesten vor, das sei ihm jetzt doch alles zu laut und zu viel gewesen, nur um die Zuschauer mit „Hey Jude“ sofort erneut in Euphorie zu versetzen. Vielleicht noch beeindruckender als all die Laser, Videos und bombastischen Rocknummern waren aber die Momente, in denen sich der Ex-Beatle nur mit einer Akustikgitarre ganz allein auf die Bühne stellte, um Klassiker wie „Blackbird“ oder „Yesterday“ zu singen. McCartneys Stimme mag inzwischen etwas brüchig klingen, die Kraft dieser zeitlosen Klassiker aber ist ungebrochen. Meckern kann man an diesem zweieinhalbstündigen Konzertabend, an dem Sir Paul McCartney Jung und Alt mit einem aus fünfeinhalb Jahrzehnten Musikgeschichte zusammengestellten Programm bestens unterhielt, also höchstens auf sehr hohem Niveau. Aber das wollen wir hier mal bleiben lassen, denn wie lautet eine alte Beatles-Weisheit, mit der man ganz zum Schluss belehrt wurde: „And in the end, the love you take is equal to the love you make“.
Während es zum Zeitpunkt von Michael Jacksons Tod 2009 kaum Bücher gab, die sich ernsthaft mit seinem Werk auseinandersetzten, erscheinen in den letzten Jahren regelmäßig Sachbücher, wissenschaftliche Aufsätze und Biografien, die die Karriere Jacksons oder einzelne Teile daraus einer ausführlichen Analyse unterziehen. Zwei davon habe ich bereits hier im Blog besprochen: „Man in the Music“ von Joseph Vogel und Susan Fasts Buch über das „Dangerous“-Album. Mit „Making Michael“ hat der britische Journalist Mike Smallcombe nun eine neue Jackson-Biographie geschrieben, die sich – wie der Titel schon andeutet – ganz dem Werk von Michael Jackson widmet. Es gibt ja bereits eine ganze Reihe von Biografien über Michael Jackson; neben der 1988 erschienenen Autobiographie „Moonwalk“ wäre da vor allem J. Randy Taraborellis „The Magic, The Madness, The Whole Story“ (deutsch als „Die ultimative Biografie“ erschienen) zu erwähnen. Das Buch von Taraborelli ist sicherlich die ausführlichste Jackson-Biografie auf dem Markt, aber wenn man konkrete Informationen zu den Liedern und Alben von Michael Jackson sucht, dann ist man mit anderen Büchern besser beraten. „Man in the Music“ kann dabei bereits als Standardwerk betrachtet werden, aber auch „Making Michael“ erweist sich für alle an Jacksons Musik interessierten Leser als ein Muss.
Mike Smallcombe bezieht in seine chronologische Schilderung der Entstehung von Jacksons Liedern und Alben nämlich nicht nur zahlreiche bereits veröffentlichte Quellen ein, sondern hat auch neue Interviews mit über 60 Personen geführt, die mit Michael Jackson zusammengearbeitet haben. Sein Ziel war es, den Leser in einem „fly on the wall“-Ansatz an den Studiosessions teilhaben lassen, was ihm wirklich hervorragend gelungen ist. Dabei konzentriert sich das Buch ganz auf die Solokarriere von Michael Jackson. Zwar wird in zwei kurzen Kapiteln zu Beginn die Karriere der Jackson 5 bzw. Jacksons nacherzählt, doch diese dienen eher der Einleitung und bieten für Kenner der Materie noch nichts Neues. Mit Beginn der Arbeiten an „Off The Wall“ zeigt das Buch dann seine Stärke. Smallcombe schildert die Zusammenarbeit Jacksons mit seinem Produzenten Quincy Jones und lässt auch die wichtigen Beiträge anderer Personen nicht unter den Tisch fallen. Dabei geht er auf die Entstehung jedes einzelnen Songs ein und erwähnt natürlich auch Lieder, die es letztendlich nicht aufs Album geschafft haben. Immer wieder fördert er dabei interessante Anekdoten zutage, die sich aber nie in Tabloid-Geschwätz erschöpfen, sondern stets Aspekte von Jacksons kreativer Arbeit betreffen. Vieles davon war auch für mich neu, wie zum Beispiel die Entstehung des Fotos für das Albumcover von „Off The Wall“.
Diese chronologische Erzählweise und die Betonung der Zusammenarbeit Jacksons mit Produzenten, Studiotechnikern, Musikern, Songschreibern und Managern behält Smallcombe im ganzen Buch bei. Immer wieder wird nicht nur Michael Jacksons Drang zur Perfektion geschildert (und dessen positive wie negative Folgen), sondern auch wie er seine Mitarbeiter stets zu Höchstleistungen antrieb. So werden beispielsweise mehrere von Jacksons Musikproduzenten zitiert, er habe von ihnen und ihren Teams verlangt, völlig neue Klänge zu entwickeln. Das konnte dann schon mal dazu führen, dass sie im Hinterhof des Studios auf Mülltonnen schlugen oder Autogeräusche aufnahmen, aus denen schließlich der Instrumentaltrack für einen Song wurde („She Drives Me Wild“). Dank der Originalinterviews kann das Buch mit einer Fülle an Informationen auftrumpfen, die selbst mir noch nicht bekannt waren.
Äußerst interessant fand ich beispielsweise auch die Schilderung der genauen Zusammenarbeit mit Produzenten und Songschreibern. Neben den Liedern, die Jackson (fast) alleine schrieb („Heal The World“, „Speechless“) und solchen, die von anderen geschrieben wurden („Rock With You“, „Human Nature“, „Man In The Mirror“) wurden nämlich auch zahlreiche seiner Songs in enger Zusammenarbeit mit Produzententeams komponiert. Diese entwickelten häufig eine Reihe von Instrumental-Demoversionen, aus denen Jackson dann seine Lieblingsstücke auswählte und dazu selbst eine Melodie und einen Text verfasste. Auf diese Weise entstanden zum Beispiel „Blood On The Dance Floor“, „Jam“, „Scream“ oder „You Rock My World“.
„Making Michael“ kann also als ein Making of-Buch zu den Alben von Michael Jackson betrachtet werden. Besonders im Fall der späteren Alben (von „Dangerous“ bis „Invincible“) ist dies von großem Wert, da über diese Alben noch recht wenig geschrieben wurde und sie natürlich auch in „Moonwalk“ noch nicht erwähnt wurden. Das Buch geht jedoch immer wieder über die Arbeit an den Alben hinaus. So schildert Smallcombe zum Beispiel die Pläne, die Jackson jenseits der Musikindustrie verfolgte. Sein Leben lang hegte der Star den Wunsch, ins Filmgeschäft einzusteigen und als Filmproduzent, Regisseur und Schauspieler tätig zu sein. Obwohl er mit seinen teils revolutionären Musikvideos wohl in einem Maße filmisch tätig war wie kaum ein anderer Popstar und Musiker, blieb ihm dieser Traum leider verwehrt. Es ist hochinteressant zu lesen, wie Jackson diesbezüglich mehrmals vor einem großen Durchbruch stand, der aber jedes Mal durch äußere Umstände zunichte gemacht wurde. So hatte er beispielsweise Ende der Neunzigerjahre die Idee, Marvel zu kaufen, weil er überzeugt davon war, dass sich mit Superheldenfilmen eine Menge Geld verdienen ließ – zu Recht, wie wir heute wissen. Daraus wurde schließlich ebenso wenig etwas wie aus Jacksons Plan, selbst die Rolle des SpiderMan zu übernehmen. Sein Interesse am Filmgeschäft war jedenfalls so groß, dass er sich dem Buch zufolge in seiner zweiten Lebenshälfte – nach der Veröffentlichung von „Invincible“ vor allem darauf konzentrieren wollte.
Im Zusammenhang mit Jacksons letztem Studioalbum „Invincible“ fand ich übrigens Smallcombs neutrale Schilderung des Konflikts zwischen Jackson und seiner Plattenfirma Sony sehr interessant. Während Jackson selbst stets die unter Fans beliebte Therie verbreitet hat, Sony habe sein Album absichtlich sabotiert, lässt Smallcombe auch die andere Seite zu Wort kommen. Auf diese Weise erfährt man, dass die Dinge nicht so einfach lagen und auch Jackson damals einige Fehler begangen hat. Dass er sich stur weigerte, Promotion-Auftritte zu absolvieren oder auf Tour zu gehen, weil Sony ihm keine astronomisch hohen Budgets für Musikvideos mehr genehmigen wollte und dergleichen, lässt jedenfalls darauf schließen, dass in diesem Konflikt beide Seiten nicht unschuldig waren.
Die Anschuldigungen wegen Kindesmissbrauchs werden natürlich nicht unter den Tisch fallen gelassen, allerdings sind sie in „Making Michael“ vor allem wegen ihrer Konsequenzen für Jacksons Arbeit relevant. So wird etwa der Gerichtsprozess von 2005 nicht ausführlich thematisiert, wohl aber die Jahre danach, in denen Jackson in verschiedenen Teilen der Welt lebte und mit unterschiedlichen Leuten neue Pläne schmiedete und Songs aufnahm. Auch wie es dazu kam, dass Jackson sich schließlich doch dazu entschloss, wieder Konzerte zu geben, schildert Smallcombe. Natürlich spielten finanzielle Überlegungen dabei eine große Rolle, dem Deal mit dem Konzertveranstalter AEG Live stimmte Jackson aber nur deswegen zu, weil AEG ihm das Geld für einige Filmproduktionen zur Verfügung stellen wollte, denen er sich nach den „This Is It“-Konzerten widmen wollte.
„Making Michael“ konzentriert sich wie gesagt ganz auf die kreative Arbeit an Michael Jacksons Liedern und Alben, mit einer Ausnahme: Die letzten Monate und Wochen in Jacksons Leben werden hier detailliert geschildert, ohne dass dabei viel auf die Arbeit den geplanten Konzerten eingegangen wird. Stattdessen stützt sich Smallcombe hier vor allem auf die in den Prozessen gegen Jacksons Arzt und den Konzertveranstalter ans Licht gekommenen Informationen, um aufzuzeigen, wie es schließlich zu Michael Jacksons Tod kommen konnte. Das unterscheidet dieses letzte Kapitel zwar deutlich vom Rest des Buches, aber weil es natürlich direkt mit dem Scheitern von „This Is It“ zu tun hat und weil diese Informationen bisher noch in keinem Buch zusammengefasst worden sind, ist es es trotzdem lesenswert. Natürlich ist auch einiges Erschreckendes dabei, aber wer sich nur für die Entstehung der Musik interessiert, kann diesen Abschnitt ja überspringen. (In den letzten Wochen seines Lebens könnte Michael Jackson ein weiteres Mal Neuland betreten haben, in diesem Fall aber nicht als Künstler: Einem Schlafexperten zufolge, der in einem der Prozesse ausgesagt hat, könnte Jackson nämlich der bislang einzige Mensch gewesen sein, der dank der nächtlichen Propofol-Inujektionen mehrere Wochen lang ohne REM-Schlaf ausgekommen ist.)
Fazit: „Making Michael“ bietet selbst für langjährige Jackson-Fans viele neue Informationen, gerade was die späteren Alben betrifft. Dabei betreibt Smallcombe keine kritiklose Heldenverehrung, sondern lässt mitunter auch kritische Stimmen zu Wort kommen (wenn sich diese zugegeben auch in starken Grenzen halten). Wer sich für das Werk Michael Jacksons und dessen Entstehung interessiert, der wird hier haufenweise interessante Informationen und Geschichten finden. Allerdings konzentriert sich das Buch dabei auf die Musik und lässt die Musikvideos und Konzerte meist außen vor (mit den Regisseuren der Videos hat Smallcombe auch keine Interviews geführt, wenn ich mich richtig erinnere). Auch die posthum veröffentlichten Alben werden nicht berücksichtigt; allerdings hat Damien Shields ja mit „Xscape Origins“ bereits ein hervorragendes Buch vorgelegt, das sich ganz dem „Xscape“-Album widmet. „Making Michael“ kann ich also jedem Jackson-Fan und allen anderen an Michael Jacksons Musik und seiner Arbeitsweise interessierten Lesern ans Herz legen. Neben Joseph Vogels „Man In The Music“, das sich mehr der kulturellen und zeithistorischen Einordnung der Alben und Songs widmet, kann dieses Buch bereits jetzt als eines der Standardwerke zu Jacksons Werk betrachtet werden, an dem sich zukünftige Bücher messen lassen müssen. Eine deutsche Übersetzung ist bislang nicht angekündigt.
Wer Näheres zur Entstehung des Buches erfahren möchte, sollte sich dieses Interview anhören, das Mike Smallcombe dem MJCast gegeben hat.
Beim letzten Mal gab’s hier eine Aerosmith-Ballade, nun geht’s zu den britischen Kollegen: Auch die Rolling Stones haben im Lauf der Jahrzehnte viele große Balladen veröffentlicht, von „Wild Horses“ und „You Can’t Always Get What You Want“ bis hin zu „Out Of Tears“ und „Streets of Love“. Die finde ich auch alle klasse, weil ich Mick Jaggers Stimme am liebsten mag, wenn er Balladen singt.
Meine Lieblings-Ballade von den Stones ist aber „Already Over Me“ aus dem 1997er Album „Bridges to Babylon“. Das ist einer der Songs, die ich manchmal im Alltag plötzlich vor mich hin zu summen beginne, selbst wenn ich ihn schon wochenlang nicht mehr gehört habe. Es ist eines der vielen Lieder, die mir mein Leben lang nicht mehr aus dem Kopf gehen werden. Worum es in dem Lied geht? Keine Ahnung. Ich singe zwar oft mit, aber ich habe noch nie genau darauf geachtet, was der Text eigentlich bedeuten soll. An einer Stelle singt Mick Jagger „You say poverty is picturesque, as you dragged your nails across my chest“; das sind – warum auch immer – stets die ersten zwei Zeilen, die mir aus dem Lied einfallen.
Hier gibt’s den Song bei YouTube zum Anhören (klanglich nicht so toll, deswegen habe ich direkt darunter auch den Spotify-Link gepostet):
Michael Jacksons Album „Off The Wall“ feiert dieses Jahr zwar kein rundes Jubiläum (es wurde 1979 veröffentlicht), Sony Music und der Michael Jackson Estate bringen die Platte aber trotzdem in einer Neuauflage heraus. Am 26.02. erscheint „Off The Wall“ als CD/DVD- bzw. CD/Blu-ray-Package. Nebem dem Originalalbum ist ein neuer Dokumentarfilm von Spike Lee enthalten, der die Entstehung und den Einfluss des wegweisenden Albums in den Blick nimmt.
„Michael Jackson’s Journey from Motown to Off The Wall“ – so der Titel des Films – folgt demselben Schema wie schon Lees erste Jackson-Dokumentation „Bad 25“. Anhand von Archivmaterial, Ausschnitten aus Musikvideos und Auftritten sowie neuen Interviews zeichnet Lee die Entstehung des Albums nach. Der Film beginnt mit Aufnahmen verschiedener Auftritte der Jackson 5 und schildert die Trennung der Gruppe von Motown Mitte der Siebziger Jahre, nach der die Jacksons (die den Namen Jackson 5 fortan nicht mehr verwenden durften) bei Epic Records unterkamen. Dort sollte Michael Jackson schließlich mit „Off The Wall“ das erste Soloalbum veröffentlichen, auf dessen Entstehung er maßgeblichen Einfluss hatte. Als er für die Dreharbeiten zum Musicalfilm „The Wiz“ für einige Zeit nach New York ging, lernte Jackson den Musiker, Komponisten und Musikproduzenten Quincy Jones kennen, den er schließlich als Produzent für sein Album verpflichtete.
Jackson-Fans und all diejenigen, die schon einmal eine Michael Jackson-Biografie gelesen haben, kennen diese Geschichte natürlich bereits. Der Film liefert keine neuen Einsichten und bringt fast keine bisher unbekannten Fakten zutage; das war aber wohl auch nicht die Absicht von Spike Lee. Stattdessen möchte er einfach einen Meilenstein in Jacksons Karriere feiern und den großen Einfluss des Albums auf die moderne Popmusik würdigen. Leider verheddert sich Lee dabei jedoch in zu vielen Beiträgen zu vieler Interviewpartner. Dass Familienmitglieder und Weggefährten des späteren King of Pop befragt werden, ist ja durchaus nachvollziebbar und sinnvoll. Der Informationsgehalt der Beiträge von Künstlern wie The Weeknd oder ?uestlove (das sind beides keine Schreibfehler!), die nie mit Jackson zusammengearbeitet haben, hält sich jedoch in Grenzen. Sie können halt nicht viel mehr erzählen, als dass sie Michael Jackson super und das Album wahnsinnig toll finden. Das ist zwar schön und freut den Jackson-Fan, der Erkenntnisgewinn hält sich dabei allerdings doch stark in Grenzen.
Erhellender sind natürlich die Beiträge von Quincy Jones, mit dem aber für den Film leider kein neues Interview geführt worden ist. Spike Lee musste also auf Archivmaterial zurückgreifen. Auch die Szene, in der Stevie Wonder davon berichtet, wie es dazu kam, dass der von ihm geschriebene Song „I Can’t Help It“ auf dem Album landete, ist interessant. Leider hat man es offenbar nicht geschafft, für den Film auch Paul McCartney vor die Kamera zu kriegen, der mit „Girlfriend“ ebenfalls einen der zehn Titel auf „Off The Wall“ geschrieben hat. Erfreulich wiederum war es, den Jackson-Experten Joseph Vogel zu sehen und zu hören; der hat zwar Michael Jackson nie persönlich kennen gelernt, sich aber intensiv mit dessen Werk auseinander gesetzt und kann etwa die Bedeutung eines Songs oder Albums für Jacksons Karriere klar auf den Punkt bringen. Ausschnitte aus Interviews mit Michael Jackson selbst dürfen natürlich auch nicht fehlen, allerdings verwendet Lee im Film keinerlei Aufnahmen von ihm, die nach der „Off The Wall“-Äre entstanden sind. Das ist insofern schade, als es durchaus auch spätere interessante Interviews mit Michael Jackson gibt sowie Live-Performances einiger Songs aus dem Album von späteren Konzert-Tourneen.
Gerade die Konzertausschnitte sind es natürlich auch, die im Film am meisten begeirstern können. Wie Michael Jackson da um 1980 herum – damals noch mit seinen Brüdern – auf der Bühne alles gibt, das ist immer wieder sehens- und hörenswert. Mir wäre eine Blu-ray-Veröffentlichung eines kompletten Konzerts der Triumph-Tour viel lieber gewesen als ein Dokumentarfilm, bei dem man immer nur kurze Ausschnitte aus diversen Auftritten zu sehen bekommt.
In der zweiten Hälfte des Films arbeitet Lee das Album Song für Song ab. Leider wird dabei der Eindruck erweckt, als seien ihm manche Lieder wesentlich wichtiger als andere. „Girlfriend“ beispielsweise wird kaum eine Minute gewidmet (wohl auch, weil man Paul McCartney nicht als Interviewpartner gewinnen konnte/wollte – ich hoffe, das wird bei einer möglichen „Thriller“-Doku anders sein). Bei der Besprechung der drei von Rod Temperton geschriebenen Stücke fällt dann negativ auf, dass Temperton im Film leider gar nicht zu Wort kommt. Natürlich gibt es nur zu fünf der zehn Lieder Musikvideos und/oder Konzertauftritte zu zeigen, trotzdem hätte ich mir auch zu den anderen Songs ein wenig mehr Analyse und Hintergrund gewünscht.
Meine Lieblingsstelle im Film ist die, wo es um Jacksons Zeit in New York geht. Als er für die Dreharbeiten zu „The Wiz“ mit seiner Schwester LaToya dort wohnte, war Jackson ein regelmäßiger Besucher des legendären Studio 54. In einer Szene des Films wird der 19-jährige Jackson von einer Reporterin gefragt, ob es dort nicht auch mal ziemlich verrückt und wild zugehe. Er verneint, nur um dann nachzuschieben, dass er gerne die Besucher im Studio 54 beobachte, weil man da alles mögliche zu sehen bekomme: „Neulich war zum Beispiel Darth Vader da.“
Michael Jacksons kurze New York-Phase finde ich überhaupt sehr interessant. Diese Zeit muss ihn sehr geprägt haben. Rückblickend ist es kaum vorstellbar, dass es tatsächlich ein paar wenige Jahre gab, in denen der erwachsene Michael Jackson noch in Diskotheken gehen und dort Spaß haben konnte.
„Michael Jackson’s Journey from Motown to Off The Wall“ ist also genau der Film geworden, den man nach „Bad 25“ von Spike Lee erwarten konnte. Viele Jackson-Fans und all diejenigen, die erst wenig über Michael Jackson wissen, werden daran sicher ihre Freude haben. Wer sich aber für eine detallierte Schilderung der Entstehungsgeschichte des Albums oder für Analysen der Lieder interessiert, der muss auf andere Quellen zurück greifen (wie z.B. Joseph Vogels hervorragendes Buch). Spike Lee hat übrigens sein Interesse daran bekundet, nach „Bad“ und „Off The Wall“ auch noch „Thriller“ einen Film zu widmen und so die Trilogie an Dokumentationen zu den drei Alben, die Michael Jackson mit Quincy Jones aufgenommen hat, zu komplettieren. Das kann ich zwar nur begrüßen, würde mir aber sehr wünschen, wenn man es nicht bei diesen drei Alben beließe. „Dangerous“, „HIStory“ und „Invincible“ haben meiner Meinung nach ebenso sehr Dokumentarfilme verdient wie Jacksons frühere Alben (und zudem wurde zu ihnen noch längst nicht so viel gesagt).
Wie erwähnt gibt es den Film nur zusammen mit dem Album zu kaufen. Das ist zwar für all diejenigen von Vorteil, die das Album noch nicht besitzen; alle anderen werden damit aber leider ein weiteres Mal zum Kauf des Albums gezwungen, auch wenn sie nur den Film haben möchten. Abgesehen von der beigelegten DVD bzw- Blu-ray und einer neuen Verpackung ist an dieser Version von „Off The Wall“ übrigens nichts neu! Es ist wirklich schade, dass man sich nicht die Mühe gemacht hat, eine mit Bonustracks ausgestattete Version herauszubringen, für die man als Fan gerne auch dann Geld ausgegeben hätte, wenn man das Album schon fünfmal im Schrank stehen hat. Bei „Bad 25“ hat das 2012 im Großen und Ganzen doch auch geklappt, warum dann nicht auch bei „Off The Wall“? Als Bonusmaterial hätte man unter anderem die bereits veröffentlichten Demoversionen einiger Songs, ein paar Live-Aufnahmen sowie den einen odere anderen Song aus den „Off The Wall“-Sessions verwenden können, der es nicht aufs Album geschafft hat (wie z.B. „Sunset Driver“, aber vielleicht gibt es auch noch ein paar bisher gänzlich unveröffentlichte Titel).
Eine Bonus-CD gibt es also bei dieser Neuauflage des Albums leider nicht, dafür aber etwas anderes: Kreide. Ja, richtig gelesen. Irgendjemand bei Sony Music muss sich gedacht haben, es sei doch eine ganz tolle Idee, dem Album ein Stück weiße Kreide beizulegen, schließlich scheint der Titelschriftzug auf dem Cover auch wie mit Kreide auf eine Mauer geschrieben. Mit der Kreide kann man die Innenseite des aufklappbaren CD-Pappschubers bemalen, die ebenfalls im Mauer-Design gehalten ist. Verbunden wurde das Ganze mit der Aufforderung an die Fans, die so entstandenen Kreationen zu fotografieren und im Internet zu posten. Das habe ich auch gleich getan und eben meine Forderung nach „Bonustracks statt Kreide“ auf diese Weise festgehalten:
Es gehört ja inzwischen einiges an Mut dazu, sich zu den Power-Balladen von Aerosmith zu bekennen. Schließlich schrammen Schmachtfetzen wie „Crazy“, „Angel“ oder nicht zuletzt der Megahit „I Don’t Want to Miss a Thing“ gefährlich nah an der Grenze zum Kitsch entlang bzw. überschreiten diese sogar – je nach Sichtweise. Ich bin nicht nur ein Fan der Rockband aus Boston, sondern oute mich hier nun auch explizit als Fan ihrer Balladen. Selbst der als Singleauskopplung gefloppte Titel „What Could Have Been Love“ aus dem letzten Album „Music From Another Dimension“ (2012) hat es mir angetan, und „I Don’t Want to Miss a Thing“ zählte ich immerhin als Teenager zu meinen Lieblingssongs. „You See Me Crying“, das letzte Stück aus dem 1975er Album „Toys in the Attic“, besitzt allerdings weit weniger Fremdschämpotential. Während Aerosmith ab den Neunzigerjahren ja fast nur noch mit (Power-)Balladen Charterfolge gelangen, schien das zumindest bei „Toys in the Attic“ umgekehrt gewesen zu sein. Das Album brachte nämlich die großen Hits „Sweet Emotion“ und „Walk This Way“ hervor, während „You See Me Crying“ als Single keinen Erfolg hatte. Und während die anderen beiden Songs bis heute auf keinem Aerosmith-Konzert fehlen dürfen, wurde „You See Me Crying“ nur ein einziges Mal live gespielt (am 26.06.2009 – ob das etwas mit dem Tod von Michael Jackson am Tag zuvor zu tun hatte, weiß ich nicht).
Auch auf den meisten der inzwischen so zahlreichen Compilations der Band fehlt das Lied, was es zum geeigneten Kandidaten für diese Rubrik hier macht. Kein echter Geheimtipp, aber ganz sicher auch kein Song, den man wie etwa „Cryin'“ oder „Jaded“ schon hunderte Male im Radio gehört hat und den es sich zu entdecken lohnt.
Update: Ich habe den Beitrag am 25.12.2015 aktualisiert. Seit der ersten Veröffentlichung des Blogposts haben der „Incomparable“ und „Rebel Force Radio“ weitere Podcast-Folgen zu „The Force Awakens“ veröffentlicht; außerdem habe ich das Video von der Diskussionsrunder der Jedi-Bibliothek neu mit eingebunden.
Wer liebt es nicht, nach einem Kinobesuch ausgiebig über das Gesehene zu diskutieren und Fan-Theorien zu spinnen? Auf der ganzen Welt tun alte wie neue „Star Wars“-Fans derzeit genau das – und weil ich das nicht nur selbst gerne tue, sondern auch gerne anderen dabei zuhöre, habe ich hier mal die Links zu einigen aktuellen Podcast-Folgen zusammen getragen, die sich mit der neuen „Star Wars“-Episode beschäftigen. Ich habe noch nicht alle davon selbst angehört und die Liste ist selbstverständlich auch nur ein kleiner Ausschnitt aus den unzähligen Film-/Star Wars-/Popkultur-Podcasts im Internet, die sich derzeit mit dem Thema beschäftigen (evtl. werde ich den Blogpost aktualisieren, wenn ich auf weitere interessante Podcasts stoße).
Der Incomparable-Podcast hat in vier verschiedenen Episoden über den Film diskutiert (Nr. 277-280 – davor gab es bereits mehrere Folgen, die die Trailer zum Film und die allgemeine Erwartungshaltung thematisierten).
Jedi Journals (weiterer ForceCast-Spin-Off, der sich mit „Star Wars“-Literatur beschäftigt und in der Folge „The Force Awakens Microcast“ die Verbindungen zwischen den neuen Romanen und Jugendbüchern zum Film thematisiert).
Rebel Force Radio – hier gibt es bislang drei „Review Shows“ zum Film.
Empire Podcast (mit einem Interview mit Drehbuchautor Lawrence Kasdan).
Star Wars Underworld Podcast – hier sind bislang zwei Episoden nach dem Filmstart erschienen, ein „Reaction Special“ und ein Crossover mit den Intergalactic Peace Coalition Podcasts, in dem der Film ausführlich besprochen wird.
Star Wars Report – hier beschäftigt sich, wenn ich das richtig überblicke, Folge 200 mit dem Film (und ist sowohl als Audio-Pocast als auch als Video verfügbar).
The Awards Show Show – hier wird ein bisschen über die Oscar-Chancen des Films spekuliert.
Dann habe ich hier noch das Video der Round Table-Discussion der Redaktion von The Verge:
Im deutschen Sprachraum haben unter anderem die Consulting Nerd Girls in einem Google Hangout über den Film diskutiert:
Auch die Jedi-Bibliothek hat auf YouTube eine Diskussion zum Film hochgeladen:
Und als Zuckerl zum Abschluss das Video einer Diskussion mit J.J. Abrams und Lawrence Kasdan, das die Director’s Guild of America veröffentlich hat (das Gespräch wurde glaube ich nach dem Filmstart geführt, ich bin mir aber nicht sicher, da ich das Video noch nicht angeschaut habe):
Zum zweiten Mal ist heute eine Coverversion in dieser Rubrik an der Reihe. Auf den aus Nordirland kommenden Singer-Songwriter Foy Vance wurde ich vor einer paar Jahren aufmerksam, als seine Musik an der Bar des Theater…und so fort in München lief. Seine teils nachdenklichen, teils kraftvollen, aber stets sehr emotionalen Stücke erinnerten mich an die Lieder von Damien Rice, der schon lange zu meinen Lieblingskünstlern gehört.
Auf seinen Konzerten scheint Foy Vance eine Weile Michael Jacksons „Billie Jean“ in der Setlist gehabt zu haben, und zwar bereits vor Jacksons Tod, denn der Song ist auch auf der 2005 veröffentlichten Live-EP „Live Sessions and the Birth of the Toilet Tour“ zu finden (siehe Spotify-Link ganz unten).
Vor zwei Jahren durfte ich Foy Vance bei einem grandiosen Konzert in München live erleben (dabei entstand auch das Foto). Leider hat er „Billie Jean“ damals nicht gesungen, ich finde seine Version von Jacksons Klassiker nämlich einfach großartig – nicht nur deswegen, weil es eben ein Michael Jackson-Song ist, sondern weil Vance das Lied auf die wohl einzig richtige Weise covert: er geht vollkommen anders an das Stück heran und macht eine langsame Akustikversion daraus. Die tragische Geschichte, die der Text beschreibt, wird so auf ganz besondere Weise unterstrichen. Auf YouTube findet man einige weitere Live-Versionen des Songs von Foy Vances Konzerten, wie zum Beispiel diese hier:
Falls Ihr nun auf den Geschmack gekommen seid und mehr von Foy Vance hören wollt, dann kann ich euch sein zweites Album „Joy of Nothing“ sowie das im letzten Jahr erschienene Live-Album „Live at Bangor Abbey“ empfehlen. Beide sind auch auf Spotify verfügbar.
Es ist mal wieder an der Zeit für einen neuen Beitrag zu dieserReihe. Elton John hat sich über die letzten Jahre fast unbemerkt zu einem meiner Lieblingssänger gemausert. Ich habe seine Lieder eigentlich schon immer gemocht, nicht zuletzt dank seiner Mitwirkung am „Lion King“-Soundtrack und der Tatsache, dass einers seiner Lieder („Tiny Dancer“) in einem meiner Lieblingsfilme („Almost Famous“) an einer zentralen Stelle vorkommt. Ich habe auch schon seit mindestens zwölf Jahren ein 3-Disc-Best-of-Album von ihm im Regal stehen, dazu noch einige weitere seiner Alben. Und auf jedem davon fand ich jeweils ein paar Lieder besonders schön. Aber erst Elton Johns letztes Album „The Diving Board“ hat mich vom ersten bis zum letzten Song gefesselt. Kitsch und allzu pathetische Liebeslieder umschifft der Brite darauf gekonnt und trotzdem – oder gerade deswegen – gelingt es ihm, eine emotionale Wucht zu erzeugen, wie man sie von ihm schon gar nicht mehr erwartet hatte. Das liegt wohl vor allem an der sparsamen und zurückgenommenen Instrumentierung. Auf den Einsatz seiner gewohnten Band verzichtete Elton John hier, so dass meistens die Klavierbegleitung im Vordergrund steht. Die Entscheidung zu dieser Reduktion hat dem Album sehr gut getan.
Mein eindeutiger Favorit auf dem Album ist „My Quicksand“, eine melancholische, aber nicht gefühlsduselige Ballade. Auf den Text des Songs habe ich noch nie ganz genau geachtet, aber das muss man auch nicht. Die Stimmung, die das Lied verbreitet, passt perfekt zu einem herbstlichen Nachmittag mit Kerzenlicht und heißem Tee. Finde ich jedenfalls.
Zusammen mit „Tiny Dancer“, „I Want Love“, „The Panic In Me“ und „Believe“ gehört „My Quicksand“ zu meinen Lieblingsliedern von Elton John. Ich freue mich schon auf sein nächstes Album, das im Februar erscheinen soll. Darauf spielt er wieder mit seiner Band, aber genau wie „The Diving Board“ und „The Union“ wurde es von T Bone Burnett produziert, ich hoffe also auf ein weiteres Meisterwerk.
Update:Inzwischen ist auf Seriesly Awesome ein Bericht über den Serienslam online. Auch das komplette Video des Slams steht mittlerweile auf YouTube zum Anschauen bereit (ich habe es ganz am Ende dieses Beitrags gepostet). Ihr könnt euch nun also auch anschauen und -hören, wie ich meine Serie vorstelle.
Von 15.-18. Oktober fand an der Hochschule für Film und Fernsehen in München das erste „Seriencamp“ statt, ein Festival, das sich voll und ganz der TV-Serie in ihren unterschiedlichen Facetten widmet. Neben vielen noch nie in Deutschland gezeigten neuen Folgen vieler aktueller Serien gab es auch eine Reihe interessanter Panels zu sehen, die sich zum Beispiel mit dem Wesen und der Geschichte des Spoilers beschäftigten (und uns Zuschauer dabei auch mit dieser gefährlichen, aber süchtig machenden Website vertraut machten). Veranstaltet wurde das Seriencamp in Kooperation mit Seriesly Awesome und die Jungs und Mädels gaben sich alle Mühe, ein interessantes und unterhaltsames Festival auf die Beine zu stellen – mit Erfolg!
Am Samstagabend fand im Rahmen des Festivals der erste „Serienslam“ statt, bei dem sich jeder der vier teilnehmenden Kandidaten unter Berücksichtigung bestimmter Vorgaben innerhalb von zehn Minuten eine TV-Serie ausdenken und diese dann innerhalb von fünf Minuten „pitchen“ musste. Das Publikum durfte anschließend über die Beiträge abstimmen. Ich war einer der Kandidaten und habe mit meiner Serie „The Turntable of Life“ einen respektablen zweiten Platz errungen.
Folgende Vorgaben musste ich bei der Konzipierung meiner Serie beachten: Die Grundform sollte die der Mockumentary sein, der Hauptort der Handlung ein Schallplattenladen. Außerdem sollte die Serie dem Drama-Genre zugeordnet werden. Der Hauptcharakter sollte eine Inderin sein, die auf den Namen Piki Sheth hört; ihr Persönlichkeitstyp sollte der „Detektiv“ sein, das heißt sie musste introvertiert, nachdenklich und insgesamt ziemlich rational und analytisch sein. Zusätzlich musste sie noch an Depressionen leiden.
Als Nebenfigur sollte in meiner Serie ein zwölfjähriges Mädchen namens Mia-Sophie auftreten, das Kaugummi und Pferde liebt, Jungs blöd findet, einen blonden Pferdeschwanz hat und außerdem YouTube-Star mit 2,5 Millionen Dollar Jahresumsatz werden will bzw. ist (das ist mir im Nachhinein nicht mehr ganz klar). Natürlich braucht eine Serie auch einen ordentlichen Antagonisten, und der sollte in meinem Fall das Leben selbst sowie die verrinnende Zeit sein, die Angst vor dem Erwachsen- und Altwerden, vor der Zukunft und vor dem „nicht alles hinbekommen haben/werden“ – einerseits klang das ziemlich schwierig, andererseits passte es ja zu den Depressionen der Hauptfigur.
Schließlich sollte als Gegenstand von besonderer Bedeutung in meiner Serie eine Urne vorkommen. Abegrundet wurden die Vorgaben durch eine Reihe von Schauspielern, die zur Verkörperung der Serienfiguren zur Wahl standen: Kevin Spacey („House of Cards“), Julia Louis-Dreyfus („Seinfeld“, „Veep“), Peter Dinklage („Game of Thrones“), Til Schweiger, Jonathan Banks („Breaking Bad“, „Better Call Saul“), Christina Hendricks („Mad Men“), Jan Josef Liefers, Christian Ulmen und William H. Macy. Über diese Vorgaben war zum Teil im Vorfeld im Internet abgestimmt worden (Schauspieler), teilweise wurden sie aber auch per Publikumsabstimmung im Saal festgelegt oder per Zufallsgenerator bestimmt (Name und Herkunft der Hauptfigur). Manche der Vorgaben unterschieden sich von Kandidat zu Kandidat (Grundform, Genre), andere galten jedoch für alle vier Kandidaten – so mussten wir alle dieselbe Nebenfigur namens Mia-Sophie in unsere Serien einbauen. Zusätzlich mussten wir in unseren Pitches alle jeweils den Titel unserer Serie, den USP („unique selling point“), einen Twist oder Cliffhanger, die grobe Handlung der Serie sowie einen Vergleich zu realen Serien einbauen, die unserer Serie ähneln.
Die Vorgaben, die ich mit meiner Serie erfüllen musste.
Zehn Minuten hatte ich also Zeit, um aus diesen Vorgaben eine Serie zu basteln und anschließend vorzustellen. Dabei wurde mir – wie jedem der anderen drei Kandidaten auch – ein Teammitglied von Seriesly Aweseome als Mentor zur Seite gestellt. Das war insgesamt allerdings nicht besonders hilfreich, was aber schlicht und einfach nur daran lag, dass zehn Minuten eine viel zu kurze Zeit sind, um sich ausführlich mit jemandem auszutauschen, ganz besonders wenn man ihn gerade erst kennen gelernt hat. Es lag also nicht an dir, Kien!
Vom Persönlichkeitstyp her bin ich meiner Hauptfigur ziemlich ähnlich; auch ich gehe gerne analytisch und vor allem gründlich an die Dinge heran. Sehr schnell wurde mir aber klar, dass dafür in diesem Fall überhaupt keine Zeit war. Zehn Minuten sind definitiv zu kurz, um über jeden Gedankenblitz ausführlich nachzudenken. Es galt also, die zu erfüllenden Punkte im Rekordtempo abzuarbeiten und darauf zu hoffen, dass das erstens alles hinterher Sinn ergeben würde und ich mich zweitens in meinem kurzen Vortrag auch noch an alle meine Ideen erinnern würde. Denn um sie ausführlich aufzuschreiben, war natürlich auch keine Zeit.
Was schließlich bei meinem Brainstorming herauskam, war ungefähr folgendes Konzept (das ich während des Aufschreibens hier noch etwas erweitert habe): Meine Serie sollte „The Turntable of Life“ heißen, also so viel wie „Der Plattenteller des Lebens“. Es handelt sich dabei um eine fiktive Dokumentation über eine Inderin namens Piki Sheth (Julia Louis-Dreyfus), die in der ersten Folge von Indien nach New York kommt, um dort den Plattenladen ihres jüngst verstorbenen Vaters zu übernehmen. Mit Musik hat Piki eigentlich überhaupt nichts am Hut. Sie ist Wissenschaftlerin, geht streng rational an die Dinge heran und erklärt im Pilotfilm mehr als einmal, dass man „Musik nicht messen kann“. Zu ihren Gefühlen hat sie nur schwer Zugang, auch das Verhältnis zu ihrem Vater war (und ist) ein schwieriges. Wäre es nicht sein ausdrücklicher Wunsch gewesen, dass seine einzige Tochter seinen geliebten Schallplattenladen (für den ich noch keinen Namen gefunden habe) fortführt, dann wäre Piki niemals auch nur auf diesen Gedanken gekommen. Natürlich ist sie zu Beginn der Serie fest davon überzeugt, dass sie den Laden nur so lange führen wird, bis ein adäquater Ersatz gefunden ist. Sie hasst New York, findet Pop- und Rockmusik gänzlich uninteressant, aber – und dieser Gedanke kam mir gerade erst, obwohl er nahe liegt – sie liebt die Musik von Johann Sebastian Bach. Denn natürlich will auch ich in meiner Serie das Klischee erfüllen, dass in Filmen und Serien, die von rational und analytisch denkenden Figuren handeln, stets die Musik von Bach vorkommt, die oftmals selbst so mathematisch durchkomponiert wirkt. Bach bildet allerdings die einzige Ausnahme und auch seine Musik hört Piki nicht zum Zeitvertreib oder zur Erholung, sondern nur als Hintergrundberieselung, wenn sie an wissenschaftlichen Aufsätzen feilt oder dergleichen (weil sie davon überzeugt ist, dass Bachs Musik das rational-analytische Denken stimuliert). Vielleicht wird Piki im Lauf der Serie den Plattenladen um eine Klassikabteilung erweitern…
Jedenfalls bezieht Piki in der ersten Episode eine kleine Wohnung in einem noch zu bestimmenden Stadtteil von New York City. Sie hat vor, dort für einige Wochen zu wohnen, um den Nachlass ihres Vaters zu regeln und einen neuen Besitzer für dessen Laden zu finden – oder noch besser: sie will den Laden auflösen und verkaufen. Auf demselben Stockwerk wie Piki wohnt unter anderem ein zwölfjähriges Mädchen namens Mia-Sophie (Christian Ulmen in der Rolle seines Lebens). Piki und Mia-Sophie lernen sich kennen, als Piki zum ersten Mal die Stufen zu ihrer Wohnung erklimmt. Weil Piki stets von den sie filmenden Dokumentarfilmern verfolgt wird (Idee: vielleicht will sie sich den New York-Aufenthalt dadurch finanzieren), erregt sie sofort Mia-Sophies Interesse. Mia-Sophie hat nämlich einen eigenen YouTube-Kanal und ist ständig auf der Suche nach kreativen Möglichkeiten, um die Anzahl ihrer Follower zu erhöhen. Fortan folgt sie also in ihrer Freizeit Piki auf Schritt und Tritt, um Werbung für ihren Kanal zu machen und neue Abonennten zu gewinnnen. (Idee: Zusätzlich zu den Dokumentaraufnahmen, aus denen die Serie besteht, könnte man immer wieder auch von Mia-Sophie gefilmte Aufnahmen verwenden. Man könnte sogar mal eine ganze Folge machen, die wie ein YouTube-Beitrag von Mia-Sophie aufgebaut ist.)
Schon von ihrer Ankunft in New York an ist Piki von allem genervt – von der verhassten Stadt, von dem blöden Plattenladen, den ihr Vater für sie unverständlicherweise so geliebt hat und von dem nervigen, ständig Kaugummi kauenden Kind, das ihr nicht von der Seite weichen will. Das wirkt bislang so, als sei Piki eine ziemlich unsympathische Person, mit der man sich nicht so recht identifizieren will. Doch sie hat auch eine andere, verletztlichere Seite – und in diesem Zusammenhang kommt der Antagonist der Serie ins Spiel: Pikis Angst und ihre Depressionen. Insgeheim spürt Piki nämlich schon lange, dass in ihrem Leben etwas fehlt. Sie ist Dauersingle und hat eine schnelle und äußerst erfolgreiche Karriere in der Wissenschaft gemacht, doch allmählich dämmert ihr, dass es doch noch mehr geben muss. Prioriäten, die ihr früher selbstverständlich schienen, geraten plötzlich ins Wanken. Soll sie sich einfach mal eine Auszeit nehmen? Will sie nicht, obwohl sie die 30 längst überschritten hat, doch noch irgendwann Kinder? Diese und andere Fragen kommen ihr plötzlich in den Sinn, auch wenn sie zu Beginn der Serie noch längst nicht bereit ist, etwas davon laut auszusprechen. Das muss sie aber auch gar nicht, denn der Zuschauer bekommt eine andere Möglichkeit, um in Pikis Kopf zu schauen: Peter Dinklage. Dieser spielt Pikis personifizierte Angst. Er verkörpert ihre Selbstzweifel und ihre Depression. In immer wieder in die Serie hinein geschnittenen Interviewaufnahmen, in denen Dinklage als Angst direkt in die Kamera und zu Piki spricht, bekommen wir Zugang zu Pikis Gedanken und zu den Dingen, die sie niemals einer Crew von Dokumentarfilmern verraten würde. So wird schnell klar, dass die toughe Karrierefrau nur eine Fassade ist, mit der Piki ihren verletzlichen Kern schützt.
Woraus besteht nun aber die eigentliche Handlung der Serie und was spielt sich Folge für Folge ab? Die zentralen Handlungsbögen der ersten Staffel sind folgende: Piki wird sich nach anfänglicher Skepsis dazu entschließen, in New York zu bleiben (auch wenn sie immer noch betont, diese Entscheidung sei erst mal nur „vorläufig“) und den Schallplattenladen selbst zu führen. Das bedeutet unter anderem, dass sie sich mit Musik auseinander setzen muss, schließlich muss sie ja wissen, was sie da verkauft (übrigens verkauft ihr Laden nur Schallplatten, keine CDs). Und das bedeutet wiederum, dass sie sich mit ihren eigenen Emotionen auseinandersetzen muss, denn einen vollen Zugang zu Musik kann man nur finden, wenn sie wirklich an sich heranlässt und versteht, was der Künstler zum Ausdruck bringen will. Es bedeutet außerdem, dass sie sich mit ihrem Vater auseinandersetzen muss, den sie zu seinen Lebzeiten nie richtig kennen gelernt hat. Die meisten Episoden der Serie – zumindest in der ersten Staffel – werden nach einem ähnlichen Schema ablaufen: Ein Kunde kommt in den Laden und verlangt nach einer bestimmten Platte oder fängt mit Piki ein Gespräch über einen bestimmten Künstler an. Piki, die natürlich keine Ahnung hat, wenn sie nach David Bowie, Led Zeppelin oder auch Madonna gefragt wird, tut anschließend das, was eine gute Wissenschaftlerin eben tut: Sie recherchiert und macht sich mit der Materie vertraut. Und jedes Mal, wenn sie im Lauf der Serie eine neue Platte oder einen neuen Song kennen lernt, findet eine kleine Veränderung in ihr statt. Jede Folge könnte zum Beispiel ein konkretes Problem behandeln, das in Zusammenhang mit Pikis Persönlichkeit steht und dann durch das Anhören eines Songs bearbeitet und gelöst wird. Peter Dinklages Angstfigur spielt dabei eine wichtige Rolle. So kann Piki zum Beispiel verstehen lernen, dass Mia-Sophie zwar nervig sein kann, aber auch äußerst hilfsbereit ist und dass es generell nicht von Vorteil ist, sich im Leben stets von anderen Menschen abzuschotten. Pikis Verhältnis zu Mia-Sophie ist also ein weiterer Handlungsfaden, der im Lauf der ersten Staffel gesponnen wird. Ein weiterer ist ihre Beziehung zu ihren Gefühlen und vor allem ihrer Angst. Letztere wird sie im Lauf der Serie in den Griff bekommen und damit quasi Peter Dinklage in die Knie zwingen. 😉
Ich habe noch gar nicht die Urne erwähnt, die in der Serie eine Rolle spielen muss. Diese enthält natürlich die Asche ihres Vaters und wird am Ende der zweiten Folge von Piki auf dem Fensterbrett ihres Küchenfensters platziert. Fortan wird sie in jeder Folge mindestens einen Blick auf diese Urne werfen, die die Beziehung zu ihrem Vater symbolisiert und für so viele der Ängste und Probleme steht, die Piki plagen. Man könnte Peter Dinklages Szenen stets einleiten, indem man von einer Nahaufnahme der Urne zu ihm überblendet. Die Urne steht nicht nur für den Vater, sondern auch für Pikis Angst davor, etwas im Leben verpasst zu haben und zu schnell zu alt geworden zu sein, ohne die Dinge erlebt zu haben, auf die es wirklich ankommt.
Im Lauf der Serie entdeckt Piki also die Musik als Therapieform und beginnt auch, ihre Depression zu überwinden. Natürlich gehört es zum Wesen einer Depression, dass sie nie völlig besiegt ist und immer wieder kommen kann, was sich als äußerst nützlich erweisen könnte, wenn man in Staffel sieben keine Ahnung mehr hat, wovon man in der Serie eigentlich noch erzählen soll… 😉 Abwechslung erhält die Serie durch die Gaststars, die in jeder Folge auftreteten und meist die Kunden in Pikis Plattenladen spielen. Ich stelle mir zum Beispiel Steve Buscemi vor, der auf der Suche nach dem Debütalbum einer völlig unbekannten Grunge-Band ist, das ihm noch in seiner Sammlung fehlt. Da die Rechte an Liedern bekanntlich teuer sind, kann man aus dieser Not übrigens eine Tugend machen und auf bekannte Songs und Interpreten (zumindest anfangs) gänzlich verzichten. So kann man die Serie auch zur Bühne für aufstrebende Bands machen und erhält dadurch nebenbei positive Synergieeffekte (indem die Serie zum Beispiel mit Spotify-Playlists beworben wird).
Mein Serienkonzept auf einer Seite. Für mehr Notizen blieb keine Zeit.
Unter den Vorgaben findet sich auch das Muss für einen Twist oder Cliffhanger. Dazu habe ich mir überlegt, dass man am Ende der ersten Staffel herausfindet, dass Pikis Vater gar nicht tot ist. Weiter habe ich darüber noch nicht nachgedacht, schließlich wird das in vielen anderen Serien bei solchen Twists erst einmal auch nicht gemacht. Allerdings mag ich diesen Twist auch nicht besonders, da er vieles von dem, was sich vorher abgespielt hat, entwertet. Zwar wäre es interessant, Piki ihren Vater schließlich tatsächlich noch kennen lernen zu lassen, aber besser fände ich es, zumindest auf derartige unglaubwürdige Wendungen zu verzichten. Die Handlung soll sich lieber langsam, dafür aber realistisch entwickeln und die Serie soll nicht von Cliffhangern leben, sondern von detailliert gezeichneten Charakteren. (Natürlich brauchen wir neben Piki, Mia-Sophie und der Angst noch mehr regelmäßig auftretende Figuren. Vielleicht den Besitzer einer Eisdiele, der seinen Laden neben dem von Piki hat? Gefallen finde ich auch an der Idee, Pikis Vater in Rückblenden zu zeigen.) Depressionen und New York sind zwar in dieser Kombination spätestens seit Woody Allen nichts Neues mehr, aber die Kombination Depressionen, Musik und New York City hat man zumindest als Fernsehserie so noch nicht gesehen (das ist mein USP!). „The Turntable of Life“ ist eine Mischung aus „Curb Your Enthusiasm“ (wegen des Doku-Stils und der Gaststars) und „Six Feet Under“ (wegen der Beziehung zum Vater, dem Thema Tod und der Depressionen), der noch eine ganze Menge großartiger Songs beigegeben werden. Sollte es sich dabei um bekannte Hits handeln und doch nicht nur um Songs von noch unbekannten Künstlern, dann könnte man der Serie einen zusätzlichen Reiz verleihen, indem man diese Songs in unerwartete Kontexte stellt und ganz neue Bedeutungen in den Hits von David Bowie, Metallica, Michael Jackson usw. entdeckt.
So weit also mein Pitch. Beim Schreiben sind mir eben noch viele weitere Ideen gekommen, falls hier also jemand von Netflix mitliest, kann ich dieses Konzept gerne noch weiter ausformulieren und auch Storylines für die ersten Episoden liefern! Mir hat der Serienslam jedenfalls großen Spaß gemacht und ich hoffe, dass es nun jedes jahr ein Seriencamp in München geben wird. Vielleicht kann ich in Zukunft dort ja mal ein Panel über „Babylon 5“ halten, die Geschichte der TV-Serie kam nämlich zumindest bei dieser ersten Ausgabe, die sich ganz auf neue Serien konzentriert hat, noch zu kurz.