Babylon 5: Episode 1.22 – Chrysalis

— Ganz am Ende dieses Blogposts findet Ihr eine Übersicht aller bisherigen „Babylon 5“-Blogposts! —

Neuigkeiten von B5-Schöpfer J. Michael Straczynski und aus dem „Babylon 5“-Universum

Seit meinem letzten „Babylon 5“-Blogpost ist natürlich so einiges passiert. Wie ihr wahrscheinlich wisst, ist seitdem die komplette zweite Staffel von „Sense8“ bei Netflix erschienen – und die Serie kurz danach abgesetzt worden. 😦 Die Fans haben nicht locker gelassen und Netflix lautstark dazu aufgefordert, die von JMS und den Wachowskis ursprünglich auf fünf Staffeln angelegte Serie doch noch weiterzuführen. Einen kleinen, aber beachtenswerten Erfolg konnte die #RenewSense8-Kampagne immerhin verbuchen: Irgendwann im nächsten Jahr wird es ein zweistündiges Special geben, welches die noch offenen Handlungsfäden der Serie abschließt.
Auf der San Diego Comic Con hat JMS auch dieses Jahr wieder ein eigenes Panel gehabt, in dem er die Fans über den aktuellen Stand seiner Projekte informiert hat. Unter anderem arbeitet er gerade an einem Roman, die Vorproduktion zur Verfilmung seiner Comicserie „Rising Stars“ ist angelaufen und er will immer noch einen „Babylon 5“-Kinofilm drehen, hat aber Angst, dass die Marke umso uninteressanter wird, je mehr Zeit verstreicht. Eine kurze Zusammenfassung seiner wichtigsten Aussagen könnt ihr euch hier durchlesen. Es ist zudem in den letzten Jahren fast schon zur Tradition geworden, dass JMS auf diesen Panels auch äußerst Persönliches aus seinem Leben erzählt. Auch diesbezüglich hat er dieses Mal nicht enttäuscht. Er hatte einige sehr bewegende Dinge aus seiner Kindheit und Jugend zu berichten, die mich zu einem noch größeren Fan und Bewunderer von ihm gemacht haben. Gleichzeitig erklären sie ein bisschen, warum JMS in der Branche bisweilen einen Ruf als Sturkopf hat und man manchmal hört, mit ihm arbeite es sich nicht leicht zusammen. In einem weiteren Panel gab JMS allen Nachwuchsautoren hilfreiche Tipps fürs Schreiben von Drehbüchern, Romanen und Comics und berichtete von seinen eigenen Erfahrungen aus der Branche. Eine Zusammenfassung könnt ihr euch hier durchlesen.
Am 16. Juni verstarb leider erneut ein Darsteller aus „Babylon 5“: Stephen Furst, den wir alle als Vir Cotto kennen, erlag den Komplikationen, die im Zusammenhang mit seiner langjährigen Diabetes-Erkrankung entstanden. Er wurde nur 63 Jahre alt. Neben seiner Rolle in „Babylon 5“ war er vor allem als Flounder in „National Lampoon’s Animal House“ bekannt. Außerdem führte er bei drei Folgen von „Babylon 5“ Regie.
Auch der langjährige ausführende Produzent von „Babylon 5“, Douglas Netter, verstarb am 8. Mai im stolzen Alter von 95 Jahren. In der Episode, die ich unten bespreche, bekommt man ihn kurz zu sehen (siehe „Hinter den Kulissen-Fakten“).

Und nun zur Episode, um die es in diesem Blogpost geht – dem Finale der ersten Staffel. 🙂


Episode 1.22 „Chrysalis“ („Chrysalis“)

Drehbuch: J. Michael Straczynski, Regie: Janet Greek
Erstausstrahlung: 26.10.1994 (USA), 17.12.1995 (Deutschland)

„Chrysalis“ bildet den Abschluss der ersten Staffel von „Babylon 5“. Die Folge stellt eine der wichtigsten und sicherlich auch besten Episoden der Staffel dar, wartet mit mehreren Cliffhangern auf und lässt den Zuschauer mit zahlreichen offenen Fragen zurück.

„Alles wie gehabt“, denkt man sich in den ersten Minuten der Episode noch. Diese beginnt nämlich mit einem Streit zwischen Londo und G’Kar vor den versammelten Ratsmitgliedern. Genau wie in der ersten Folge geht es dabei um ein Stück Weltraum – genauer gesagt Quadrant 37 – das beide Völker für sich beanspruchen, das aber momentan einen Außenposten der Narn beherbergt.
Auch als Garibaldi in der daran anschließenden Szene einem sterbenden Informanten gerade noch die Worte „They’re gonna kill him…“ entlocken kann, reißt einen das noch nicht unbedingt vom Hocker. Wahrscheinlich werden es wieder ein paar Kleinkriminelle auf den Commander oder einen anderen Stationsbewohner abgesehen haben, denkt man sich zu diesem Zeitpunkt. Auch so etwas haben wir ja bereits mehrmals erlebt.

Doch nach der Titelsequenz werden im weiteren Verlauf der Folge viele der Erwartungen des Zuschauers über den Haufen geworfen – und ebenso zahlreiche Entwicklungen und Gegebenheiten, die im Verlauf der Staffel etabliert worden waren. Der Präsident ist tot, Botschafterin Delenn steckt in einem Kokon, Londo Mollari hat sich endgültig auf einen Pakt mit dem Teufel eingelassen und Sicherheitschef Garibaldi liegt im Koma. Dass Commander Sinclair seiner Freundin Catherine Sakai einen Heiratsantrag gemacht hat, wird angesichts dieser Ereignisse zur Nebensache.

Beginnen wir mal mit der Handlung um den Tod des Präsidenten.  Michael Garibaldi hat zunächst keine Ahnung, in was für eine große Sache er seine Nase dieses Mal hineinsteckt. Am Anfang ist es schön zu sehen, dass er sich um seinen Informanten, Petrov, sorgt. Mit diesem kann er sich offenbar identifizieren, da auch Garibaldis eigene Vergangenheit alles andere als blitzsauber ist. Deshalb versucht er Leuten eine Chance zu geben, die seiner Meinung nach eine zweite (oder dritte, vierte,…) Chance verdient haben, genau so wie Sinclair ihm mit dem Posten auf Babylon 5 noch einmal eine Chance gegeben hat. Doch Petrov stirbt und Garibaldi hat von ihm nur erfahren, dass irgendjemand umgebracht werden soll.
Dass es sich dabei um den Erdpräsidenten handeln könnte, deutet die Serie an, indem sie gleich danach zum ISN-Bericht über die „goodwill tour“ von Präsident Santiago schneidet (wir erinnern uns: dieser war in der allerersten Folge ins Amt gewählt worden). Beginnend beim Mars will Santiago mit der EarthForce One mehrere Kolonien besuchen und soll schließlich am Neujahrstag, dem 1.1.2259, auf Io eine Rede über die Beziehung der Menschen zu fremden Völkern halten. (Das Schiff des Präsidenten haben wir bereits in „Survivors“ zu sehen bekommen.) Später in der Episode erfahren wir zudem, dass Vizepräsident Morgan Clark (Gary McGurk) dieser Reise aufgrund einer angeblichen Vireninfektion für eine Weile fernbleibt.
Bei seinen Nachforschungen stößt Garibaldi auf einen Mann namens Devereaux (Edward Conery), der sich aber nicht von ihm nicht einschüchtern lässt. Devereaux wird in Gewahrsahm genommen, entkommt aber aus seiner Gefngniszelle, was ein deutlicher Hinweis darauf ist, dass es sich hier nicht nur um eine Angelegenheit unter Kleinkriminellen handelt und Deveraux Unterstützer unter den Sicherheitskräften der Station hat.
Als Garibalid schließlich einige Frachtcontainer ausfindig macht, in denen Störsender an Bord Bord der Station geschmuggelt worden sind, zieht er aus der dort eingestellten Frequenz die richtige Schlussfolgerung: jemand will den Präsidenten umbringen! Doch kurz darauf stellt sich ihm Deveraux in den Weg – und noch viel wichtiger: hinterrücks wird Garibaldi von einem seiner eigenen Leute erschossen, der für die Verschwörer arbeitet. Dabei handelt es sich glaube ich um Garibaldis Stellvertreter, den wir schon in einigen anderen Folgen gesehen haben. Gespielt wird er von Macauly Bruton, dessen Name ja schon ein wenig nach „Brutus“ klingt. 😉
Garibaldi kann sich anschließend schwerverletzt in einen Aufzug schleppen, wird auf einer Silvesterfeier entdeckt und ins Medlab gebracht. Dort kann er Sinclair zwar noch mitteilen, dass es jemand auf den Präsidenten abgesehen hat, doch es ist zu spät: Sinclair und alle anderen ISN-Zuschauer müssen mitansehen, wie die EarthForce One mit Präsident Luis Santiago an Bord explodiert. Aufgrund der gestörten Kommunikationskanäle gelingt es Sinclair nicht, vorher noch eine Warnung zu senden. Mit der Bewachung des im Koma liegenden Garibaldi beauftragt er ausgerechnet dessen Stellvertreter…
Dieser wiederum beseitigt später ein paar lose Enden und bringt Deveraux um. Im Gespräch mit einer Senatorin von der Erde versucht Sinclair die Regierung vergeblich davon zu überzeugen, dass die Explosion des Raumschiffs des Präsidenten kein Unfall war. Doch er hat keinerlei Beweise für seine Anschuldigungen. Schließlich wird Vizepräsident Clark zum Nachfolger von Santiago ernannt und legt an Bord der EarthForce Two den Amtseid ab.
Genau wie die anderen Handlungsstränge der Episode ist die Ermordung von Santiago und der Amtsantritt von Clark wegweisend für die Zukunft der Serie: Nicht nur ist Clark ein korrupter Politiker, der auch vor Mord nicht zurückschreckt. Seine Politik ist auch eine völlig andere als die seines Vorgängers. In seiner ersten Rede teilt er der Erdbevölkerung mit, die Erde werde sich von nun an wieder mehr um ihre eigenen Probleme kümmern. Das hat mich beim Anschauen diese Mal stark an die Antrittsrede von Donald Trump erinnert, in der dieser die Botschaft „America First“ kundtat. (Überhaupt wird im weiteren Verlauf der Serie noch einiges an aktuelle politische Entwicklungen erinnern.)
Von dieser Entwicklung gibt es jedenfalls kein Zurück; Clark ist nun Präsident, der politsche Kurs der Erdregierung ändert sicht damit stark und auch Babylon 5 und seine Bewohner werden davon betroffen sein.

Auch Londo Mollari trifft in dieser Episode eine folgenschwere Entscheidung, die seine weitere Laufbahn entscheidend beeinflussen wird: Im oben schon erwähnten Streit mit den Narn um den Außenposten in Quadrant 37 kommt ihm unerwartet der zwielichtige Mr. Morden (Ed Wasser) zu Hilfe. Dieser hatte ihm bereits in „Signs and Portents“ einen großen Gefallen getan, scheinbar ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Mordens Hilfsbereitschaft macht Mollari misstrauisch, doch die Antwort, die Morden gibt, als er ihn darauf anspricht, sollte ihn eigentlich noch misstrauischer machen: Mollari müsse erst einmal gar keinen Preis für die Gefallen zahlen, sagt Morden. Irgendwann in der Zukunft aber würden er und seine Verbündeten auf Mollari zukommen und von ihm eine Gegenleistung erwarten. Das klingt zunächst vielleicht zu schön um wahr zu sein, bei näherer Betrachtung ähnelt es aber den Strukturen in der Mafia. (In einem der „Babylon 5“-Podcasts, die ich regelmäßig höre, wird Mr. Morden dementsprechend auch als „space mob“ bezeichnet.)
Londo nimmt Mordens Angebot jedenfalls an, ohne genau zu wissen, wie ihm dieser eigentlich helfen will und wer seine mysteriösen Verbündeten sind. Nachdem der Narn-Außenposten in Quadrant 37 schließlich restlos zerstört worden ist, steigt Londos Ansehen bei seiner eigenen Regierung natürlich enorm. Londo selbst aber ist entgeistert darüber, dass Morden zehntausend Narn hat ermorden lassen. Allerspätestens an diesem Punkt müsste er einsehen, dass er sich auf einen Pakt mit dem Teufel eingelassen hat. Ob es davon noch ein Zurück gibt, werden die kommenden Staffeln zeigen.
Dass Mr. Morden absolut nichts Gutes im Schilde führt, unterstreicht jedenfalls seine letzte Szene in dieser Episode. Darin sieht man ihn in einem Quartier mit zwei unbekannten Wesen sprechen. Es wird klar, dass Morden mit einer fremden Macht zusammenarbeitet und dass er Londo Mollari für deren Zwecke manipuliert.

Commander Sinclair versucht unterdessen im Streit zwischen Londo und G’Kar zu vermitteln. Keiner der beiden will nachgeben und G’Kar ist immer noch von tiefem Hass auf die Centauri erfüllt, die seinen Planeten verwüstet und sein Volk versklavt haben. Nach der Zerstörung des Außenpostens ist G’Kar verständlicherweise am Boden zerstört, zieht aber eine richtige Schlussfolgerung: Keines der bekannten Völker kann dafür verantwortlich sein. Die Centauri mögen zwar die größten Feinde der Narn sein, doch auch sie haben nicht die militärische Stärke, um so einen Schlag durchzuführen. Es muss also noch eine unbekannte und äußerst mächtige Partei existieren.
Am Ende der Episode hat G’Kar die Station verlassen, um diesbezüglich weitere Nachforschungen anzustellen. Er stimmt Sinclair in seiner Einschätzung zu, dass sie alle an einer Weggabelung stünden und große Veränderungen auf sie zukommen.

Auch für Minbari-Botschafterin Delenn ist diese Episode der Beginn großer Veränderungen. Wohl nirgends ist dies so offensichtlich wie in ihrem Fall, denn sie befindet sich am Ende der Folge tatsächlich in einem Kokon, einer Chrysalis. Als wer oder was sie diese wieder verlassen wird, wissen wird noch nicht. Ich weiß noch, wie ich mir nach der deutschen Erstausstrahlung der Folge darüber den Kopf zerbrochen habe. 😉
Die ganze Staffel über haben wir Delenn immer wieder ein seltsames Gebilde zusammensetzen sehen (z.B. in „Signs and Portents“), bei dem nicht klar war, ob es sich um ein Geschicklichkeitsspiel, ein Kunstobjekt oder etwas ganz anderes handelt. Nun ist klar: Es handelt sich um die Vorrichtung, welche die Chrysalis erzeugt. Die Gründe für Delenns Handeln liegen allerdings noch vollkommen im Dunkeln. Lennier stellt in ihrem Auftrag Botschafter Kosh eine (uns unbekannte) Frage, die dieser mit „ja“ beantwortet. Daraufhin sucht Delenn Kosh selbst auf, der für sie seinen Schutzanzug öffnet und ihr seine wahre Gestalt zeigt (auch das bekommen wir nicht zu sehen). Dies scheint eine Vermutung Delenns zu bestätigen, was sie wiederum in ihrem Vorhaben bestärkt, sich in einen Kokon zu begeben und einer Transformation zu unterziehen. (Dass sie schon länger über diesen Schritt nachdenkt, zeigt die Tatsache, dass in der letzten Folge die junge Thelepatin Alisa in Delenns Gedanken zufällig auf das Wort „Chrysalis“ gestolpert war.)
Bevor sie das tut, besucht sie noch Sinclair, der aber gerade keine Zeit für sie hat. Sie zeigt ihm das dreieckige Triluminarium, welches bei der Befragung Sinclairs durch die Minbari während der Schlacht um die Erde zum Einsatz kam (davon haben wir bereits in „And the Sky Full of Stars“ erfahren). Mit dem Versprechen, ihm die ganze Wahrheit zu erzählen, bittet sie ihn, sie später in ihrem Quartier zu besuchen. Sinclair hat also endlich die Chance, zu erfahren was es mit der „Lücke in seinem Gedächtnis“ auf sich hat. Doch weil er in dieser Folge genug andere Dinge um die Ohren hat, vergisst er Delenn aufzusuchen. Als Kosh ihn schließlich daran erinnert, ist es zu spät: Delenn steckt bereits im Kokon. Das Triluminarium dient Delenn schließlich auch als letztes Bauteil ihrer Maschine, mit deren Hilfe sie sich verpuppt.
Delenns Geschichte enthält hier so viele Unbekannte, dass man als Zuschauer nur abwarten kann. Die kommenden Episoden werden zeigen, was aus ihr wird und was ihr Handeln zu bedeuten hat.

Commander Sinclair hat also im Verlauf dieser Episode alle Hände voll zu tun; an eine Silvesterfeier kann er nicht einmal einen Gedanken verschwenden. Delenn verspricht ihm verblüffende Enthüllungen, sein Sicherheitschef wird schwer verletzt, der Präsident getötet und Londo und G’Kar liegen wie gewohnt miteinander im Clinch. Doch immerhin eines verspricht Sinclairs Leben Stabilität zu verleihen: seine Beziehung zu Catherine Sakai (Julia Nickson). Die beiden kennen sich seit etwa 15 Jahren und haben es nun trotz ihrer zeitraubenden Jobs geschafft, so etwas wie eine funktionierende Beziehung aufzubauen. Also macht Sinclair seiner Catherine einen Heiratsantrag – dumm nur, dass die Chemie zwischen den Schauspielern so gar nicht stimmt. (Im Audiokommentar spricht JMS von der „feurigen“ Catherine Sakai, was ich beim besten Willen nicht erkennen kann.)
Garibaldi und Ivanova werden als Trauzeugen rekrutiert (Ivanova bekommt leider die ganze Folge über kaum mehr zu tun), ansonsten dürfte Sinclair aber in dieser Episode über ziemlich wenig Gedanken an seine Verlobung verschwenden. Am Ende liegt er erschöpft in Catherines Armen und stellt fest: „Nothing is the same anymore.“ Er hat ja keine Ahnung, wie recht er hat…

JMS hat „Chrysalis“ als eine Folge bezeichnet, die weniger ein Finale darstellt als vielmehr eben nur den Abschluss des ersten Kapitels der „Babylon 5“-Geschichte. Dementsprechend erhalten wir hier auch kaum Antworten und es wird nichts zum Abschluss gebracht. Stattdessen gibt es Andeutungen, Cliffhanger und viele offene Fragen. Die erste Staffel besteht zum Großteil aus in sich abgeschlossenen Episoden, aber das Finale weist wie wohl keine andere Episode der Staffel schon darauf hin, dass JMS in größeren Handlungsbogen denkt.
Dass die Folge um die Silvesternacht herum aufgebaut ist, ist übrigens kein Zufall: Jede der fünf Staffeln von „Babylon 5“ erzählt ein Jahr der Serienhandlung. Mit „Chrysalis“ ist das Jahr 2258 abgeschlossen, die Geschichte allerdings hat gerade erst so richtig begonnen. Wie formuliert es Kosh doch am Ende treffend: „And so it begins…“

 

Highlight der Episode: „Chrysalis“ ist nicht arm an Höhepunkten, aber beim ersten Anschauen war der größte WTF-Moment für mich Delenn in ihrem Kokon. Ich konnte mir damals beim besten Willen nicht vorstellen, wo das hinführen sollte…

Folgende (weitere) wichtige Informationen, die für den weiteren Verlauf der Serie wichtig sind, erhalten wir in dieser Episode:

Ich habe eigentlich alles Wichtige oben im Text schon erwähnt, aber ich fasse noch einmal zusammen:

  • Präsident Santiago ist tot, sein Vize Morgan Clark wurde zum Nachfolger ernannt und verfolgt eine gänzlich andere Politik als sein Vorgänger.
  • Michael Garibaldi liegt im Koma.
  • Delenn steckt in einem Kokon. Wir wissen nicht warum oder was aus ihr werden wird.
  • Commander Sinclair und Catherine Sakai haben sich verlobt.
  • Londo Mollari ist einen Pakt mit dem Teufel eingegangen: Ohne die wahren Motive (oder die Verbündeten) von Mr. Morden zu kennen, hat er diesen das Problem um Quadrant 37 „lösen“ lassen.
  • G’Kar hat erkannt, dass es in der Galaxis eine ungeheuer mächtige, unbekannte Macht geben muss und hat die Station verlassen, um Nachforschungen anzustellen.

(Weitere) Fragen:

  • Wer bzw. welche Gruppierung steckt hinter dem Anschlag auf die Earth Force One? War Vizepräsident Clark tatsächlich krank – oder hatte er etwas mit der Explosion der EarthForce One zu tun und hat das Schiff deshalb verlassen?
  • Welche Frage hat Lennier in Delenns Auftrag an Botschafter Kosh gestellt?Was sieht Delenn, als Kosh sich ihr zeigt? Warum fühlt sie sich dadurch in ihrer Entscheidung bestätigt, sich in den Kokon zu begeben? Warum konnte sie nicht noch ein wenig mit dem Beginn ihrer Transformation warten? Sie hätte mit Sinclair sprechen können, nachdem sich die Lage auf der Station beruhigt hat und sich dann erst in den Kokon begeben können.
  • Warum lässt die Frau, die Garibaldi im Lift liegen sieht, eigentlich sofort einen Schrei los? Während einer rauschenden Silvesterparty jemanden am Boden liegen zu sehen, sollte doch gar nicht so ungewöhnlich sein.
  • Wer oder was sind die Wesen, mit denen sich Morden in seinem Quartier unterhält? Arbeitet er für sie oder sie für ihn? Welche Ziele verfolgen sie und welche Rolle soll Londo Mollari dabei spielen?

Weitere interessante Punkte:

  • Dank der mehrmaligen Datumseinblendungen und der in der Episode gezeigten Silvesterfeier wissen wir, dass die gezeigten Ereignisse im Zeitraum vom 30.12.2258 bis zum 1.1.2259 spielen.
  • Einmal mehr werden wir in dieser Folge Zeuge von G’Kars Vorliebe für menschliche Frauen. Die Szene, in der drei Frauen sein Schlafzimmer verlassen, nachdem Na’Toth zuvor noch Sinclair mitgeteilt hatte, der Botschafter sei äußerst beschäftigt, ist herrlich.
  • Die Imperatoren der Centauri können nach ihrem Tod zu Göttern erhoben werden. Aktuell befinden sich um die 50 Götter im Centauri-Pantheon.

Interessante „Hinter den Kulissen“-Fakten:

  • Die Episode wurde bei ihrer Erstausstrahlung in den USA über zwei Monate nach der vorhergehenden Episode gesendet. Bereits eine Woche später ging es mit der zweiten Staffel weiter.
  • Auf dem Foto, welches Präsident Santiago zeigt, ist tatsächlich Douglas Netter zu sehen, einer der Produzenten der Serie.
  • Für Ed Wasser war diese Folge der erste Auftritt in seiner Rolle als Mr. Morden. Obwohl dieser zum ersten Mal in „Signs and Portents“ zu sehen ist, wurde das Staffelfinale vorher gefilmt (als zwölfte der 22 Episoden), damit man genug Zeit hatte, die aufwändigen Effekte fertig zu stellen.
  • Für die Szene, in der Präsident Clark an Bord der EarthForce Two eingeschworen wird, orientierte man sich an Fotos, auf denen zu sehen ist, wie Lyndon B. Johnson nach der Ermordung von John F. Kennedy an Bord der Air Force One seinen Amtseid ablegt. Zufälligerweise wurde die Szene sogar am Jahrestag dieses Ereignisses gefilmt.
  • Eigentlich hätte Laurel Takashima (Ivanovas Vorgängerin im Pilotfilm) diejenige Person sein sollen, die Garibaldi in den Rücken schießt. Doch nachdem die Schauspielerin Tamlyn Tomita für die Serie nicht zurückkehrte, teilte JMS die eigentlich für ihre Figur gedachte Verräter-Handlung auf mehrere andere Charaktere auf.
  • Für die Szene, in der G’Kar im Morgenmantel zu sehen ist, musste das Makeup von Schauspieler Andreas Katsulas auf dessen Brust und Unterarme ausgedehnt werden. Das war nicht nur äußerst zeitraubend, sondern die anschließende Entfernung auch besonders schmerzhaft.
  • Die Szene, in der Londo den Garten betritt, um dort Mr. Morden zu treffen, enthielt bei der Erstaustrahlung der Episode einen Fehler. Man hatte aus Versehen eine unfertige Version an den Fernsehsender geschickt, so dass statt des CGI-Hintergrundes ein Teil der Studiokulissen zu sehen war, inklusive eines „Exit“-Zeichens, an dem Londo vorbeigeht. Bei allen nachfolgenden Ausstrahlungen und auf den DVDs wurde der Fehler korrigiert. Mit der CGI-Ansicht des Gartens waren die Macher der Serie dennoch nicht zufrieden und er taucht in dieser Form in der Serie nie wieder auf.
  • Gleiches gilt für das Set des „Dark Star“-Nachtclubs. Der Platz wurde ab der zweiten Staffel für andere Kulissen verwendet.

Zitate:

Londo: „I think I’ll stick my head in the station’s fusion reactor. It would be quicker, and I suspect after a while I might even come to enjoy it.“
Vir: „Ambassador, why don’t you-“
Londo: „But this, this is like being nibbled to death by… What are those Earth creatures called? Feathers, long bill, webbed feet, go ‚quack‘?“
Vir:
„Cats.“
Londo:
„Cats. Like being nibbled to death by cats.“

Morden: „My associates believe that you’re a person of great potential, trapped in a position where your skills are unseen and unappreciated. They’d like to change that.“
Londo: „Yes, I’ve heard this before. And I have stopped listening. There comes a time when you look into the mirror and you realise that what you see is all that you will ever be. Then you accept it, or you kill yourself… or you stop looking into mirrors. No, nothing can be changed.“
Morden: „Then nothing’s lost by trying.“

Londo: „Is something wrong with your hearing?“
Vir: „No. Just for a moment I thought I’d entered an alternate universe.“

„If you let your anger cloud your judgment, it’ll destroy you.“ (Sinclair zu G’Kar)

„It is important that we move on to create the world that Luis Santiago would have wanted for his children, my children, and for posterity yet to come. We will begin by focusing more on the needs of our own people to sustain them through this difficult time and prepare them for the tasks ahead.“ (aus der Antrittsrede des soeben eingeschworenen Präsidenten Morgan Clark)

„And so it begins.“ (Kosh zu Sinclair)

„Nothing is the same anymore.“ (Sinclair zu Catherine Sakai)

 

Die nächste Folge in meinem „Babylon 5“ Rewatch wird der Auftakt zur zweiten Staffel sein, „Points of Departure“. Ich verspreche euch, dass ich mir nicht wieder elf Monate Zeit dafür lassen werde…


Übersicht über die Blogposts zu den Episoden der ersten Staffel

Nachdem ich meine Besprechungen der ersten Staffel nun endlich beendet habe, poste ich hier noch eine Übersicht all meiner bisherigen „Babylon 5“-Blogposts. Einfach auf die entsprechende Episode klicken und ihr kommt zum Blogpost. 🙂 Die Reihenfolge entspricht der von JMS empfohlenen Episodenreihenfolge und weicht gerade in der ersten Staffel deutlich von der Reihenfolge auf den DVDs ab. (Dort wo die Reihenfolge abweicht, habe ich die Episodentitel fett markiert.)

„Babylon 5“ – Die Science-Fiction-Kultserie (Einführung)
„Babylon 5“-Podcasts
(noch nicht erwähnt habe ich den einzigen deutschsprachigen B5-Podcast, „Der graue Rat“!)
The Gathering (Die Zusammenkunft – Pilotfilm)

1.01    Midnight on the Firing Line (Ragesh 3)                                

1.02    Soul Hunter (Der Seelenjäger)
1.03    Born to the Purple (Die Purpurdaten)
1.04    Infection (Ein unheimlicher Fund)
1.05    The Parliament of Dreams (Angriff auf G’Kar)                               
1.06    Mind War (Die Macht des Geistes)
1.07    The War Prayer (Angriff auf die Außerirdischen)
1.08    And The Sky Full Of Stars (Gefangen im Cybernetz)
1.09    Deathwalker (Die Todesbringerin)                                                    
1.10    Believers (Die Gläubigen)
1.11    Survivors (Ein Wiedersehen mit Folgen)
1.12    By Any Means Necessary (Mit allen Mitteln…)
1.13    Signs and Portents (Visionen des Schreckens)
1.15    Grail (Der Gral)
1.16    Eyes (Die Untersuchung)
1.18    A Voice in the Wilderness – Part 1 (Angriff der Aliens – Teil 1)
1.19    A Voice in the Wilderness – Part 2 (Angriff der Aliens – Teil 2)
1.20    Babylon Squared (Verloren in der Zeit)
1.21    The Quality of Mercy (Die Heilerin)
1.14    TKO (Im Ring des Blutes)
1.17     Legacies (Krieger wider Willen)  
                                                                    
1.22    Chrysalis (Chrysalis)

Babylon 5 – Episode 1.19 “A Voice in the Wilderness (Part 2)”

Bevor ich zur Episodenbesprechung komme, will ich noch kurz das neueste Produkt aus dem Shop von „Babylon 5 Books“ besprechen. Dabei handelt es sich dieses Mal nicht um ein Buch, sondern um ein DVD-Set: „CNN Documents Babylon 5“. Auf drei DVDs findet sich Material, das CNN während der Produktion der Serie hinter den Kulissen gefilmt hat. Die erste Disc enthält sieben relativ kurze Interviews mit Darstellern. Auf Disc 2 sind Hinter-den-Kulissen-Aufnahmen zu sehen, die bei den Dreharbeiten zu vier verschiedenen Episoden angefertigt worden sind. Sie werden im Shop als „unzensiert“ beschrieben, man könnte aber auch sagen: ziemlich langweilig. Etwas interessanter wird es immerhin, wenn man den Audiokommentar zuschaltet, bei dem jemand aus dem B5 Books-Team erklärt, was man gerade sieht. Auf Disc 3 kann man schließlich den Darstellern Claudia Christian (Ivanova) und Jerry Doyle (Garibaldi) dabei zuschauen, wie sie sich das Material von Disc 2 anschauen und ihre Kommentare dazu abgeben – wer’s braucht… Eine eigene DVD ist das Material auf Disc 3 eigentlich nicht wert, denn es hätte auch gereicht, die Kommentare von Christian und Doyle als Audiokommentare auf Disc 2 zu packen.
Insgesamt ist das DVD-Set wirklich nur für solche Fans interessant, die wirklich jeden Interview-Schnipsel und jede Hinter-den-Kulissen-Aufnahme haben müssen. Das Material würde sich wunderbar als Bonusmaterial für eine zukünftige Neuveröffentlichung der Serie auf DVD eignen. 79 (!) Dollar plus Versandkosten ist es aber auf keinen Fall wert (ich habe früh genug bestellt und das Set noch zu einem günstigeren Preis bekommen).
Nun aber weiter zur aktuellen Episode, dem Abschluss des Zweiteilers „A Voice in the Wilderness“:

Episode 1.19 „A Voice in the Wilderness (Part2)“ („Angriff der Aliens (Teil 2)“)

Drehbuch: J. Michael Straczynski, Regie: Janet Greek
Erstausstrahlung: 03.08.1994 (USA), 01.12.1995 (Deutschland)

Die meisten Folgen der ersten Staffel von „Babylon 5“ bieten eine in sich abgeschlossene Handlung. Zwar bilden die Episoden inhaltlich den Grundstein für die folgenden Staffeln, doch so richtig episodenübergreifend erzählt wird hier noch nicht. Insofern ist der Zweiteiler „A Voice in the Wilderness“ eine Ausnahme – und eine sehr gelungene noch dazu. Im letzten Blogpost habe ich mich dem ersten Teil gewidmet, nun folgt Teil zwei.

Bereits in den ersten Minuten der Episode ist positiv zu erkennen, dass es sich hier um die Fortsetzung einer bereits begonnenen Geschichte handelt. Die Folge steigt direkt dort ein, wo in der Vorwoche aufgehört wurde (in Deutschland wurden die beiden Folgen an einem Abend ausgestrahlt) und legt von Anfang an ein hohes Tempo vor. Lange Erklärungen der Lage und Einführungen neuer Charaktere bleiben dem Zuschauer größtenteils erspart und weil diese Doppelfolge als spannender, abendfüllender Film konzipiert wurde, kommt man in dieser zweiten Hälfte voll auf seine Kosten und wird bestens unterhalten.
Mit der Ankunft der Hyperion unter dem Kommando von Captain Pierce (Ron Canada) und später dem Raumschiff der unbekannten Aliens melden plötzlich zwei weitere Parteien Ansprüche auf die Technologie an, die sich auf Epsilon 3 verbirgt. Sinclair ist alles andere als begeistert, dass die Erde (genauer: das Office of Planetary Security) ihm dazwischenfunkt, schließlich hatte ihm Präsident Santiago persönlich versichert, er habe als Kommandant von Babylon 5 die oberste Autorität über diesen Weltraumsektor. Sinclairs Wutausbruch gegenüber Pierce ist ein erster Höhepunkt der Folge und auch eine für den von Problemen geplagten Michael O’Hare ungewöhnlich gute schauspielerische Leistung. Als Senator Hidoshi später Sinclair erklärt, dass das Kommando der Erdstreitkräfte seit dem Krieg gegen die Minbari davon besessen ist, neue Technologien in seine Hände zu bekommen, musste ich an die „Alien“-Filme denken. Auch dort ist es ja die ständige Gier des Weyland/Yutani-Konzerns nach neuen Technologien, die sich militärisch einsetzen lassen, die die Helden der Filme in Bedrängnis bringt. (Im „Babylon 5“-Universum ist die Suche der Erde nach außerirdischen Waffentechnologien ebenfalls nicht neu; sie wurde bereits am Ende von „Infection“ angedeutet.) Dass die Erdregierung sofort ein Schiff vorbeischickt, sobald sie von dem Fund auf Epsilon 3 erfährt, widerspricht zudem völlig den Zielen und Prinzipien des Babylon-Projekts. Von friedlichem Miteinander und diplomatischen Lösungen ist auf einmal keine Rede mehr, sobald die Aussicht darauf besteht, sich einen eigenen Vorteil zu verschaffen. Schade.

Sinclair gelingt es mit einem Bluff, Pierce zunächst davon abzuhalten, ein Shuttle nach Epsilon 3 zu schicken. Allerdings hat die Ankunft des Erdkreuzers zusätzliche Aufmerksamkeit auf die Situation gelenkt und so will nun auch Londo Mollari wissen, was genau vor sich geht und erhebt im Namen seiner Regierung schon mal Anspruch auf was immer auf dem Planeten gefunden werden wird. Dass der Planet unterdessen bald zu explodieren droht, verleiht dem zweiten Teil der Episode zusätzlich Spannung, ebenso wie die schon erwähnte Ankunft der Aliens.
Der aufmerksame Zuschauer kann sich allerdings recht schnell zusammenreimen, dass die Maschine auf Epsilon 3 eine neue Person benötigt, um sie zu steuern und kontrollieren. Ebenso wird relativ schnell klar, dass es sich dabei natürlich nicht um eine der Hauptfiguren der Serie handelt, sondern um eine in dieser Doppelfolge eingeführte Nebenfigur: Draal. Abgesehen davon, dass er am Ende in die Maschine steigen darf, bekommt Draal in dieser Folge allerdings nicht mehr besonders viel zu tun; das ist aber nicht so schlimm, schließlich ist hier einfach eine ganze Menge los. „A Voice in the Wilderness“ steigert sich in dieser zweiten Hälfte zu einem spaßigen Abenteuer, wie man es in „Babylon 5“ bis dahin noch gar nicht gesehen hatte. Die Doppelfolge gehört zwar nicht zu den besten Episoden  der Serie, aber gerade diese zweite Folge stellt ein erstes Beispiel für das dar, was in den kommenden Staffeln folgen wird: Episoden, die direkt dort weitermachen, wo die letzte Folge aufgehört hat und die große, dramatische Weltraum-Action bieten, in denen aber auch die Charaktere nicht zu kurz kommen.

Zu ein paar Charakteren möchte ich dementsprechend auch noch ein paar Wörter verlieren: Sinclair erweist sich hier als kompetente Führungspersönlichkeit und wird seiner Verantwortung als Stationskommandant gerecht. Das demonstriert er zunächst im bereits erwähnten Gespräch mit Captain Pierce und später, als er Garibaldi aufsucht. Als Freund wie als Vorgesetzter sorgt er sich um seinen Sicherheitschef und möchte sicherstellen, dass er sich in dieser Krisensituation auf Garibaldi verlassen kann. Sinclair behält also die Lage im Blick, verteidigt seinen Führungsanspruch und sorgt sich um sein Personal. Garibaldi wiederum sorgt sich aufgrund der angespannten Lage auf dem Mars um seine frührere Freundin Lise (Denise Gentile). Ich schreibe bewusst nicht „Ex-Freundin“, denn obwohl er mit Lise nicht mehr zusammen ist, haben sie die Beziehung nie offiziell beendet. Wie wir hier erfahren, ist Garibaldi einfach nach Babylon 5 abgehauen, als er von Sinclair den Posten als Sicherheitschef angeboten bekommen hat. Lise wollte ihm nicht folgen, aber geklärt hat Garibaldi die Dinge mit ihr auch nie. Obwohl er nun schon schon über zwei Jahre auf der Raumstation ist, hat er in dieser Zeit nie mehr mit Lise gesprochen – aus Angst davor, das zu hören, was er eigentlich schon weiß: dass es aus ist zwischen ihnen beiden. Insofern ist sein Gespräch mit Lise am Ende der Folge ein wichtiger Schritt für Garibaldi, weil er diese bittere Wahrheit nun endlich einsehen und verarbeiten muss. Lise ist nun endgültig zur Ex-Freundin geworden.
Wesentlich heiterer präsentiert sich in dieser Folge Londo: Er fühlt sich bei den waghalsigen Manövern, mit denen er das Shuttle zum Planeten steuert, an seine Jugend erinnert. Damals kämpfte er als junger Centauri für seine geliebte Republik, heute sieht er sich zum Auslaufmodell degradiert und auf eine unbedeutende Raumstation abgeschoben. In dieser Episode bekommt er endlich einmal wieder die Chance, einen sinnvollen Beitrag zu leisten und etwas zu tun, ihn mit Bedeutung erfüllt. Delenn formuliert es so: „I think he enjoyed it. He discovered something inside him that he thought was buried long ago.“

Besonders wenn man beide Folgen am Stück anschaut, macht „A Voice in the Wilderness“ also richtig viel Spaß. Die Doppelfolge kann als in sich abgeschlossene Geschichte bestens unterhalten, etabliert jedoch Elemente, die für in Zukunft von großer Bedeutung sind – so viel kann ich hier schon verraten.

Highlight der Episode: Ivanovas Antowort auf Londos hartnäckiges Nachfragen, was auf Epsilon 3 vor sich geht: „Boom. Boom, boom, boom…..“ (vgl. ihre ähnliche Aussage in „Grail“)

Londo/G’Kar-Moment: Londos Spaß beim Fliegen des Shuttles zum Planeten. Es ist kein allzu großer Spoiler, wenn ich verrate, dass wir einen solchen gelösten Londo in Zukunft kaum noch sehen werden.

Folgende (weitere) wichtige Informationen, die für den weiteren Verlauf der Serie wichtig sind, erhalten wir in dieser Episode:

  • Die „große Maschine“ auf Epsilon 3 wird eingeführt und Draal als ihr neuer Wächter etabliert. Davon abgesehen sorgt die Maschine aber erst einmal vor allem für große Fragen (s. unten).

Sonstige Fragen:

  • Was meint Delenn, als sie sagt, Sinclairs Schicksal sei ein anderes (als als Wächter der großen Maschine zu dienen)?
  • Die wohl größte offene Frage lautet: Was ist der Zweck der großen Maschine auf dem Planeten? Draal macht am Ende der Episode unmissverständlich klar, dass der Planet und seine Geheimnisse vorerst gewahrt bleiben müssen und niemandem in die Hände fallen dürfen (genau wie für die Unsterblichkeit scheinen die meisten Spezies der Galaxis noch nicht reif dafür zu sein). Aber was genau meint er mit „…until the time is right“? (siehe auch „Hinter den Kulissen“)
  • Am Ende der Folge schuldet Delenn Londo einen Gefallen. Wann und warum wird Londo deshalb auf sie zukommen, um diesen Gefallen einzulösen?

Weitere interessante Punkte:

  • Von Londo erfahren wir, dass die Centauri eine beträchtliche Geldsumme zum Bau von Babylon 5 beigetragen haben.
  • Aus dem kurz zu sehenden Nachrichtenbeitrag auf ISN erfahren wir, dass Präsident Santiago sich dem Druck des Senats gebeugt hat, dem Mars-Aufstand mit stärkerer Gewalt zu begegnen.
  • Garibaldi isst in seinem Quartier eine Pizza, als Sinclair ihn besucht. Auf der Pizzaschachtel steht „Three Z Pizzza“ (ja, mit drei Z – darunter steht noch mehr, das ich aber nicht erkennen konnte). Lustigerweise bietet er Sinclair die gekaufte, fast aufgegessene Pizza mit den Worten „I made some dinner“ an.
  • Beim Abtippen des Zitats von Londo (s. ganz unten) bin ich gerade ins Grübeln gekommen. Londo spricht davon, dass er sich als junger Mann geschworen hat, einst zu sterben, indem er etwas edles, mutiges und sinnloses tut. Wie wir aber nun aus „Midnight on the Firing Line“ wissen, weiß Londo inzwischen aus einem prophetischen Traum, wie er sterben wird. Obwohl er die genauen Umstände nicht kennt, sieht es nicht danach aus, als ob sein Tod durch G’Kars Hand besonders edel oder mutig sein wird. Trotzdem kann man davon ausgehen, dass dieses Wissen einen erheblichen Einfluss auf Londo hat. Wenn man weiß, wie das eigene Leben enden wird, führt das dann dazu, dass man das Gefühl bekommt, dem Schicksal hilflos ausgeliefert zu sein? Daraus lassen sich hochinteressante philosophische Fragen spinnen. Londo sagt in „Midnight…“, dass solche Träume unter den Centauri weit verbreitet sind, es müsste also vielen von ihnen so gehen. Vielleicht ist Londos draufgängerisches Verhalten hier tatsächlich der Versuch, seinem Schicksal zu entkommen – vielleicht legt er es darauf an, zu sterben und damit zwar wesentlich früher abzutreten, aber immerhin selbstbestimmt und auf seine Weise. Das sind zwar nur Spekulationen, aber sehr interessante, wie ich finde.

Interessante „Hinter den Kulissen“-Fakten:

  • Dass die große Maschine auf Epsilon 3 später in der Serie noch eine wichtige Rolle spielen wird, ist kein Geheimnis. Zu diesem Zweck ist sie schließlich hier eingeführt worden. Allerdings ist sie auch wirklich nur zu einem konkreten Zweck eingeführt worden, der eben klar wird, wenn die Zeit gekommen ist (um mal die kryptischen Worte Draals zu verwenden). Davon abgesehen spielt sie nur selten eine Rolle. Der Grund dafür, dass die mächtige Maschine hier mit viel Trara eingeführt wird, nur um am Ende der Episode dann von Draal zur verbotenen Zone erklärt zu werden, ist ein ganz einfacher: Straczynski war sich bewusst, dass eine quasi allmächtige Maschine für die Helden der Serie ein Ausweg aus vielen Problemsituationen gewesen wäre. Die Maschine wäre buchstäblich zum „deus ex machina“ geworden, mit dem Sinclair jeden Feind hätte besiegen können. Das wäre dramaturgisch auf Dauer äußerst langweilig, was der Grund dafür ist, dass die Maschine in Zukunft nur äußerst sparsam eingesetzt wird.

Zitate:

„So if we go down there, it blows. If we don’t, it blows anyway, just a little later. It’s a good thing I’m Russian. We’re used to hopeless situations.“ (Ivanova)

„As a young and foolish Centauri, I swore that I would die on my feet, doing something noble and brave and futile. Perhaps it was not so wild a dream as I thought. Or as foolish. It is better than waiting for the inevitable.“ (Londo)

„He’s looking for a purpose. But his destiny lies elsewhere“ (Delenn über Sinclair)

 

Die nächste Folge in meinem „Babylon 5“ Rewatch:
1.20 „Babylon Squared“

Babylon 5 – Episode 1.13 „Signs and Portents“

Nach einigen Monaten Pause geht mein Rewatch von „Babylon 5“ nun endlich weiter. Ich hatte die lange Pause nicht geplant, sie hat sich einfach so ergeben. Aber es eilt ja nicht.
Einen organisatorischen Hinweis habe ich an dieser Stelle noch: Ich werde die Serie im Verlauf des Rewatch nicht in der auf den DVDs vorgegebenen Reihenfolge anschauen, sondern in der von J. Michael Straczynski (JMS) empfohlenen Reihenfolge. Diese entspricht im Großen und Ganzen der hier aufgelisteten Episodenabfolge, allerdings mit dem Unterschied, dass ich einige der „Babylon 5“-Fernsehfilme erst nach dem Ende der Serie anschauen und besprechen werde, auch wenn sie chronologisch zum Teil während der Serienhandlung einzuordnen sind. So macht des dramaturgisch und spannungstechnisch mehr Sinn – zumindest wenn man die Serie zum ersten Mal anschaut (und ich werde mich bemühen, die Blogposts weiterhin frei von größeren Spoilern zu halten). Ganz besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass ich natürlich nicht mit dem Film „In The Beginning“ begonnen habe, wie es die Liste vorschlägt. Zwar ist der Film ein Prequel, spielt also vor der Serienhandlung, doch spoilert er entscheidende Elemente der Serie und sollte frühestens in der Mitte der vierten Staffel angeschaut werden.

Die Reihenfolge der Serienepisoden auf den DVDs (und bei der Fernsehausstrahlung) entspricht in einigen Fällen nicht der von den Serienmachern beabsichtigten Reihenfolge. Die meisten Veränderungen in der Reihenfolge finden sich in der zweiten Hälfte der ersten Staffel. Im nächsten Blogpost werde ich deshalb nicht Episode 1.14 beprechen, sondern 1.15 („Grail“ / „Der Gral“). Ganz am Ende dieses Blogposts findet ihr die Reihenfolge, in der ich die erste Staffel anschauen werde. Alle Änderungen gegenüber den DVDs sind dort hervorgehoben.
Jetzt aber genug der langen Vorrede und weiter mit der aktuellen Episode:

Episode 1.13 „Signs and Portents“ („Visionen des Schreckens“)

Drehbuch: J. Michael Straczynski, Regie: Janet Greek
Erstausstrahlung: 18.05.1994 (USA), 29.10.1995 (Deutschland)

„Signs and Portents“ ist eine der wichtigsten Episoden und eine meiner Lieblingsfolgen aus der ersten Staffel. Die zentrale Bedeutung der Episode für die Serienhandlung lässt sich schon daran ablesen, dass ihr Titel zugleich auch der Titel der gesamten ersten Staffel ist. (Im Deutschen hat man der Staffel den Titel „Zeichen und Wunder“ gegeben, was näher am Original und auch auf jeden Fall passender ist als „Visionen des Schreckens“. Bei den kommenden Staffeln hat man da leider nicht mehr mitgedacht, so dass die Staffeln 3 und (ganz besonders) 4 leider Titel tragen, die nicht zu den episodenübergreifenden Inhalten und Themen der Staffeln passen.)
Mit dem charismatischen, aber unheimlichen Mr. Morden (Ed Wasser) betritt in dieser Folge erstmals eine wichtige Figur die Station, die wir im Verlauf der Serie noch öfter sehen werden. Von Anfang an umgibt ihn eine Aura des Mysteriösen und Bedrohlichen. Als er bei der Passkontrolle gefragt wird, ob er bei seiner mehrere Jahre dauernden Forschungsreise am äußeren Rand der Galaxis etwas Interessantes gefunden habe, antwortet er schlicht mit „Ja“. Nicht nur Mordens Hintergrund, sondern auch der Zweck seines Aufenthaltes auf Babylon 5 sind dem Zuschauer auch nach dem Ende der Episode noch ein Rätsel: Nacheinander sucht er die Botschafter der außerirdischen Regierungen auf, um ihnen eine einfache, aber absurd wirkende Frage zu stellen: „What do you want?“
Narn-Botschafter G’Kar (Andreas Katsulas) ist der Erste, den Morden aufsucht. Nachdem er von Mordens sinnlos wirkender Frage zunächst genervt ist und antwortet, er wolle ganz einfach von ihm in Ruhe gelassen werden, öffnet er ihm sich schließlich doch und gibt eine ausführlichere und ehrliche Antwort: Er will Rache an den Centauri für die Verwüstung seiner Heimatwelt, er will es ihnen gleichtun und auch ihren Planeten verwüsten und sie komplett auslöschen. „And then what?“, fragt Morden. „I don’t know“, antwortet G’Kar. „As long as my homeworld’s safety is guaranteed, I don’t know that it matters.“ Damit hat Morden genug gehört und lässt G’Kar wieder allein. Dessen Antwort sagt eine Menge über ihn aus: G’Kar ist getrieben vom Gedanken der Rache an den Centauri. Zwar bekleidet er eine diplomatische Position auf Babylon 5, doch sein Handeln wird vor allem von Hass getrieben – dem Hass auf die Centauri. Um sich an ihnen zu rächen, ist ihm jedes Mittel recht. Darüber hinaus scheint er aber zu diesem Zeitpunkt keine weiteren Ambitionen zu haben – und ohne zu viel zu verraten: genau das ist es wohl, was ihn für Morden letztlich nicht interessant macht.
Weitaus mysteriöser und rätselhafter für den Zuschauer gestaltet sich Mordens Termin bei der Minbari-Botschafterin Delenn (Mira Furlan). Während sie mit ihm spricht, arbeitet sie an einem seltsamen Gebilde, das aussieht, als sei es aus bunten Glasscheiben zusammengesteckt. Von Anfang an wirkt sie Morden gegenüber misstrauisch, wird dann plötzlich offen feindselig und wirft ihn energisch aus ihrem Quartier. Während auf einmal ein dunkler Schatten über Morden fällt, leuchtet auf Delenns Stirn ein dreieckiges Symbol auf, welches sie rasch mit ihrer Hand verdeckt. Nachdem Morden gegangen ist, murmelt sie entsetzt „They’re here.“ Doch wen meint sie damit und was bedeutet das alles?

Die Hauptperson der Episode ist zweifellos Londo Mollari (Peter Jurasik). Schon im Pilotfilm wurde etabliert, wie sehr der Centauri-Botschafter den glorreichen alten Zeiten der Republik nachtrauert. Nun ist es ihm gelungen, das „Auge“ in seinen Besitz zu bringen, einen lange verschollenen Kunstgegenstand, der sich bereits im Besitz des ersten Imperators befand. Das Auge soll dabei helfen, die Autorität des politisch geschwächten Imperators zu stärken und so der Centauri-Republik etwas von ihrer alten Stärke zurückzugeben.
Londo empfängt Lord Kiro (Gerrit Graham) und dessen Tante Lady Ladira (Fredi Olster) auf Babylon 5. Kiro soll das Auge zurück nach Centauri Prime bringen und dem Imperator übergeben. Gleich nach ihrer Ankunft auf der Station hat Lady Ladira, die über hellseherische Fähigkeiten verfügt, eine Vision von „Tod, Zerstörung und Feuer“. „Babylon will fall, this place will be destroyed“, teilt sie Londo und Kiro mit. Damit bezieht sie sich allerdings nicht auf den Angriff der Raiders auf die Station, der in dieser Folge stattfindet. Am Ende der Episode lässt sie Sinclair (Michael O’Hare) – und mit ihm den Zuschauer – durch eine telepathische Verbindung an ihrer Vision teilhaben: Wir sehen, wie Babylon 5 explodiert, während ein einzelnes Raumschiff die Station noch rechtzeitig verlässt. JMS wurde nach der Ausstrahlung der Episode gefragt, ob das hier gezeigte Ende der Raumstation nicht viel zu viel verrate. Doch JMS war der Ansicht, dass es eines der Hauptelemente jedes Dramas sei, dem Zuschauer (bzw. Leser) Informationen zu geben, über die die Figuren in der Geschichte noch nicht verfügen. Die Spannung ergebe sich dann daraus, dass man zwar wisse, was passieren wird, jedoch noch unklar sei, auf welche Weise dies geschehen würde (vgl. Asked & Answered Part 4, S. 1559). Ohne an dieser Stelle zu viel zu verraten (ich will ja nicht spoilern): Lady Ladiras Vision enthält tatsächlich viel Wahres. Gleichzeitig sollte man aber auch ihre Bemerkung, die Zunkunft verändere sich ständig, im Hinterkopf behalten. Denn dies lässt sich auch auf die Produktionsgeschichte von „Babylon 5“ beziehen. Verschiedene äußere Umstände zwangen JMS im Verlauf der Produktion nämlich dazu, die Handlung der Serie und damit auch ihr Ende mehrmals umzuschreiben und an die äußeren Umstände (z.B. den Ausstieg von Darstellern) anzupassen. Lady Ladiras Vision entsprach tatsächlich dem von JMS damals geplantem Ende für die Serie – ein einzelnes Shuttle, das die exlodierende Station verlässt. Die Spannung ergab sich daraus, dass man als Zuschauer natürlich nicht wusste, wodurch Babylon 5 zerstört wird und wer sich an Bord des Shuttles befindet. Das tatsächliche Ende der Serie entsprach 1998 dann nicht mehr ganz Lady Ladiras Vision… Aber mehr will ich hier nicht verraten.
Lord Kiro nimmt die Visionen seiner Tante jedenfalls nicht ernst, schließlich habe sie an seinem ersten Geburtstag vorhergesagt, er würde eines Tages von Schatten getötet werden. Genau wie Londo will er die Republik zu ihrer alten Größe zurückführen. Er verspricht Londo, das Auge sicher nach Centauri Prime zu bringen und der Versuchung zu widerstehen, es bloß zum eigenen Vorteil einzusetzen. Wie wir am Ende der Episode herausfinden, war das gelogen.
Als Londo sich auf den Weg macht, Lord Kiro das Auge zu übergeben und ihn zu verabschieden, wird er von Mr. Morden abgefangen. Dieser stellt ihm die gleiche Frage, die er auch schon G’Kar und Delenn gestellt hat: „What do you want?“ Zunächst ist auch Londo genervt von Mordens Fragerei, doch als dieser nicht locker lässt, gibt auch Londo ihm eine ehrliche und ziemlich ausführliche Antwort. Wie sich am Ende der Episode herausstellt, scheint es genau die Antowrt gewesen zu sein, nach der Morden gesucht hat, anders als die Reaktionen von G’Kar und Delenn. Der Grund dafür, liegt – ohne zuviel zu verraten – darin, dass Londos Antwort genau die richtige Mischung an „resentment, nostalgia, ambition, frustration and a sense of displaced destiny“ zum Ausdruck kommen lässt, wie JMS angemerkt hat (vgl. Asked & Answered Part 4, S. 1560).

Die B-Story der Episode dreht sich mal wieder um Angriffe der schon aus „Believers“ oder „Midnight on the Firing Line“ bekannten Raiders. Sinclair, Garibaldi und Ivanova sind ratlos, wie die Raiders immer wieder so schnell zuschlagen und sofort wieder verschwinden können, schließlich können ihre kleinen Schiffe keine eigenen Hyperraumsprungtore öffnen. Als erneut ein Transportschiff von den Raiders angegriffen wird und um Hilfe ruft, schickt Sinclair das Delta-Geschwader unter dem Kommando von Ivanova los. Er kommt jedoch darauf, dass dieser Angriff nur ein Ablenkungsmanöver ist und beordert Ivanova zurück zur Station. Auf Babylon 5 fängt Sinclair Londo, Lord Kira und Lady Ladira ab, die sich in der Gewalt der Raiders befinden. Lord Kiro wird jedoch als Geisel genommen und die Raiders können mit ihm – und dem Auge – an Bord von Kiros Schiffes von der Station fliehen.
Kurz darauf wird das Rätsel um die Raiders gelöst: Ein großes „Mutterschiff“ taucht vor der Station auf, das all die kleineren Jäger in sich aufnehmen und ein eigenes Sprungtor schaffen kann. Es kommt zum Feuergefecht zwischen Babylon 5 und den Raiders. Zwar werden die meisten Jäger der Raiders vernichtet, doch das Mutterschiff nimmt das gekaperte Centauri-Schiff auf und springt in den Hyperraum. Lord Kiro und das Auge befinden sich nun endgültig in den Händen der Raiders, so scheint es jedenfalls.
Wir erfahren in einer der nächsten Szenen jedoch, dass Lord Kiro von Anfang an mit den Raiders zusammen gearbeitet hat. Diese halten sich nun aber nicht mehr an die zuvor getroffene Abmachung und wollen von der Centauri-Regierung Lösegeld für Lord Kiro und das Auge erpressen. Plötzlich taucht neben dem Raiders-Mutterschiff ein großes, schwarzes Schiff (wenn es denn ein Schiff ist!) auf. Es zerschneidet das Raiders-Schiff geradezu mit einem hellen Strahl. Die Raiders, Lord Kiro und das Auge scheinen nun Geschichte zu sein.

Doch in einer weiteren Wendung der Geschichte taucht Mr. Morden plötzlich wieder bei Londo auf. Offenbar hat er sich zu einer „Zusammenarbeit“ mit Londo entschlossen, der sein Glück gar nicht fassen kann, als Morden ihm das verloren geglaubte Auge zurück bringt. Warum Morden ihm überhaupt diesen Gefallen tut und wie er das Auge in seinen Besitz bringen konnte, fragt sich Londo in seiner Euphorie erst einmal nicht. Beim Zuschauer bleibt allerdings der dringende Verdacht, dass Morden früher oder später eine Gegenleistung von Londo einfordern wird. Dementsprechend bedrohlich klingt auch das körperlose „We will find you, ambassador“, mit dem er sich von Londo verabschiedet.

In einem dritten Handlungsstrang wird Garibaldi von Sinclair beauftragt, mehr über die Lücke in Sinclairs Gedächtnis heraus zu finden. Diese 24 Stunden während der letzten Schlacht der Menschen im Krieg gegen die Minbari war zuletzt in „And the Sky Full of Stars“ ein wichtiges Thema. Sinclair ist sich zwar sicher, damals Delenns Gesicht vor sich gesehen zu haben, doch darüber hinaus kann er sich an nichts erinnern und vermutet, dass die Minbari die Erinnerung aus seinem Gedächtnis gelöscht haben. Aber die Erinnerung an was genau? Das erfahren wir hier auch nicht. Garibaldi findet immerhin heraus, dass Sinclair auf der Wunschliste der Kandidaten für den Kommandoposten von Babylon 5 ziemlich weit unten stand, den Posten bekanntlich aber trotzdem bekommen hat. Der Grund dafür: Die Minbari hatten alle anderen Kandidaten abgelehnt. Aber warum? Was haben sie mit Sinclair angestellt (oder über ihn herausgefunden), das der Grund dafür sein könnte?

„Signs and Portents“ ist eine Episode, die das „Babylon 5“-Universum ein ganzes Stück weit öffnet. Hier werden entscheidende Weichen für künftige Entwicklungen gestellt. Es liegt in der Natur einer solchen Folge, dass dabei mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet werden. Aber wir befinden uns ja auch erst in der Mitte der ersten Staffel. Schaut man die Episode zum ersten Mal an, bleiben ein paar große Fragen zurück (siehe unten) und man realisiert das Ausmaß der Entwicklungen, die hier ihren Anfang nehmen, noch gar nicht. Hat man jedoch bereits die ganze Serie gesehen, dann wird die Bedeutung dieser Episode sofort klar. Mr. Morden etwa wird noch eine wichtige Rolle spielen, um nur ein Beispiel zu nennen und nicht zuviel zu verraten. Seine Herkunft wird im weiteren Verlauf der Serie ebenso geklärt werden wie die des seltsamen, schwarzen Schiffs. Nach den meistens in sich abgeschlossenen Episoden, die die erste Staffel bisher zu bieten hatte, ist „Signs and Portents“ ein erstes Anzeichen des großen Handlungsbogens, der im Lauf der Serie immer deutlicher zutage tritt. Das Abenteuer hat gerade erst begonnen.

Highlight der Episode: Das Auftauchen des völlig unbekannten, spinnartigen, schwarzen Raumschiffs und all die Fragen, die dadurch aufgeworfen werden: Zu wem gehört dieses Schiff? Handelt es sich hier um eine noch nicht bekannte Spezies? Warum zerstören sie das Raiders-Schiff? Und in welcher Beziehung steht dieses schwarze Schiff zu Mr. Morden?

Londo/G’Kar-Moment: Die herrliche Szene, in der sich die beiden streiten, während sie auf den Lift warten. Die Spielfreuede der beiden Darsteller ist hier deutlich spürbar und die Szene stellt ein frühes Beispiel für die vielen großartigen Momente zwischen den beiden Figuren dar. Es hat übrigens symbolhaften Charakter, dass hier ein Mensch gewissermaßen zwischen dem Narn und dem Centauri eingekeilt ist. Genau wie bei dem Bild der explodierenden Raumstation haben wir es auch hier mit „Foreshadowing“ zu tun, wenn auch auf etwas subtilerem Weg.

Folgende (weitere) wichtige Informationen, die für den weiteren Verlauf der Serie wichtig sind, erhalten wir in dieser Episode:

  • Mr. Morden und seine Frage „What do you want?“ werden eingeführt. Lady Ladira erwähnt mehrmals, die „Schatten“ seien gekommen, um Lord Kiro zu holen („The shadows have come for Lord Kiro“). Bei seinem Treffen mit Delenn fällt plötzlich ein Schatten über Mr. Morden. Was das alles genau bedeutet und wie es zusammenhängt, darf ich freilich noch nicht verraten.

Sonstige Fragen:

  • Warum hat Morden keinem Vertreter der Menschen seine Frage gestellt? Wen repräsentiert er überhaupt?
  • Warum stellt er Kosh seine Frage nicht? Zunächst scheint er Kosh bewusst aus dem Weg zu gehen. Als er später doch auf ihn trifft, warnt Kosh ihn: „Leave this place. They are not for you. Go. Leave! Now.“ Was meint Kosh damit?
  • Wodurch wurde Koshs Schutzanzug beschädigt? (Garibaldi erwähnt das am Ende der Folge im Gespräch mit Sinclair.) Hat das etwas mit seiner Begegnung mit Mr. Morden zu tun?
  • Was baut Delenn da in ihrem Quartier zusammen? Handelt es sich dabei um ein Geschicklichkeitsspiel, eine Meditationstechnik oder etwas völlig anderes?
  • Was bedeutet das Symbol auf Delenns Stirn und warum erscheint es, als ihr Morden gegenübertritt?

Weitere interessante Punkte: 

  • „What do you want?“ ist eine der zwei zentralen Fragen, um die die Serie aufgebaut ist. Die zweite Frage – und das an sich ist kein großer Spoiler – lautet „Who are you?“. JMS zufolge können die Antworten auf diese Fragen einen positiven oder zerstörerischen Einfluss auf einen haben, je nachdem in welcher Reihenfolge man die Fragen für sich beantwortet. Weiß man, wer man ist, bevor man gefragt wird, was man will, wird die Antwort wahrscheinlich eine konstruktive sein. Wenn man sich aber noch nicht so weit mit sich selbst auseinander gesetzt hat, dass man die „Who are you?“-Frage für sich beantwortet hat und dann aber gefragt wird „What do you want?“, kann einen die Antwort auf einen zerstörerischen Pfad führen. (Nach Jane Killick: Babylon 5 – Season by Season. Signs and Portents. S. 115.)
  • Am Ende der Episode sehen wir Sinclair und Garibaldi tatsächlich auf der Toilette. Ein nettes Detail, das dazu beiträgt, Babylon 5 zu einer glaubhaften Umgebung zu machen.
  • Das „Babylon 5“-Thema während des Abspanns wird hier erstmals in einer Moll-Tonart gespielt.
  • In der Szene mit Morden und Kosh erlischt plötzlich eine der Lampen. Mir ist das ehrlich gesagt gar nicht selbst aufgefallen, aber ist schon beabsichtigt und führt natürlich zu der Frage, wer oder was dafür verantwortlich ist…
  • G’Kar beleidigt Londo mit dem Ausdruck „And you can kiss my pouch“. Ich weiß nicht, ob ich das im Blog schon einmal erwähnt habe, aber diese Redewendung kommt natürlich daher, dass Narn ihren Nachwuchs wie Kängurus in Beuteln austragen.

Interessante „Hinter den Kulissen“-Fakten:

  • Mordens Technik, einfach immer wieder so lange die gleiche Frage zu stellen, bis sein Gegenüber sich ihm öffnet und er eine befriedigende Antwort erhält, hat JMS sich von einer Praktik der Syanon-Selbsthilfeorganisation abgeschaut.
  • Folgende von JMS überlieferte Geschichte ist zu gut, um sie nicht auch hier wiederzugeben:
    Morden-Darsteller Ed Wasser wollte nach der ersten Ausstrahlung der Episode für einen kranken Freund Blumen kaufen. Im Geschäft fragte ihn der Florist „What do you want?“ und Wasser murmelte etwas von Blumen. Der Florist fragte erneut „What do you want?“ und Wasser, der die Anspielung immer noch nicht kapierte, antwortete er wolle einem kranken Freund ein nettes Geschenk machen. „Yes, but what do you want?“, fragte der Florist nochmals und Wasser verstand endlich, was vor sich ging. Er fühlte sich durch die Vorgehensweise des Floristen in die Enge getrieben – und genau das wollte JMS in „Babylon 5“ mit dieser Fragetechnik auch erreichen. (Der Florist fügte übrigens noch hinzu, dass er glaubte, die Szene in einer Folge von „Deep Space Nine“ gesehen zu haben…)

Zitate:

Ivaova (direkt nach dem Aufwachen zu sich selbst): „Why does my mouth always taste like old carpet in the morning?“
Computer: „Unknown. Checking medical logs.“

Londos Antwort auf Mordens Frage: „I want my people to reclaim their rightful place in the galaxy. I want to see the Centauri stretch forth their hand again and command the stars. I want a rebirth of glory, a renessaince of power. I want to stop running through my life like a man late for an appointment, afraid to look back or to look forward. I want us to be what we used to be. I want… I want it all back the way that it was.“

Lady Ladira: „The future is always changing. We create the future, with our words, our deeds, and with our beliefs. This is a possible future, Commander. And it is my hope that you may yet avoid it.“

 

Die nächste Folge in meinem „Babylon 5“ Rewatch:
1.15 „Grail“

 


Die Reihenfolge, in der ich die Episoden der ersten Staffel hier im Blog besprechen werde, entspricht wie oben erwähnt der von JMS empfohlenen Reihenfolge (Änderungen gegenüber der Reihenfolge auf den DVDs sind markiert; klickt die Titel an, um zum entsprechenden Blogpost zu gelangen):

1.01    Midnight on the Firing Line                                           
1.02    Soul Hunter
1.03    Born to the Purple
1.04    Infection
1.05    The Parliament of Dreams                                                 
1.06    Mind War
1.07    The War Prayer
1.08    And The Sky Full Of Stars
1.09    Deathwalker                                                                         
1.10    Believers
1.11    Survivors
1.12    By Any Means Necessary
1.13    Signs and Portents     
1.15    Grail
1.16    Eyes
1.18    A Voice in the Wilderness – Part 1
1.19    A Voice in the Wilderness – Part 2

1.20    Babylon Squared
1.21    The Quality of Mercy
1.14    TKO
1.17     Legacies                                                                              

1.22    Chrysalis                 

Babylon 5 – Episode 1.08 „And The Sky Full of Stars“

Mein „Babylon 5“-Rewatch ist bei der achten Folge der ersten Staffel angekommen. Übrigens habe ich vor ein paar Tagen mal wieder einen interessanten Artikel über „Babylon 5“-Schöpfer J. Michael Straczynski (JMS) entdeckt.

Episode 1.08 “And the Sky Full of Stars” (“Gefangen im Cybernetz”)

Drehbuch: J. Michael Straczynski, Regie: Janet Greek
Erstausstrahlung: 16.03.1994 (USA), 24.09.1995 (Deutschland)

Früh in der Episode erfahren wir einiges Neues über Stephen Franklin (siehe „Folgende weitere wichtige Informationen…“), der Großteil der Folge konzentriert sich jedoch ganz auf Commander Sinclair. Zwei Männer, deren Namen wir nie erfahren und die in den Credits nur als „Knight One“ und „Knight Two“ aufgeführt werden, sind fest entschlossen, hinter ein Geheimnis Sinclairs zu kommen, das dieser selbst gerne kennen würde: Was geschah wirklich in den 24 Stunden, in denen sein Kampfjäger während der letzten Schlacht des Erd-Minbari-Krieges von allen Radarschirmen verschwand und an die Sinclair so gut wie keine Erinnerung hat. (So gut wie keine Erinnerung hatte auch an diese Episode. Ich wusste zwar noch grob, wovon sie handelt, doch die Details und Charaktere hatte ich wohl verdrängt.)

„You didn’t just black out. Your ship disappeared.”, stellt Knight Two (Christopher Neame) fest. Wie sich herausstellt, sind er und sein Mitstreiter davon überzeugt, dass die Minbari sich nur deshalb kurz vor ihrem Sieg über die Menschen ergaben, weil sie den Plan gefasst hatten, die Menschheit lieber im Geheimen von innen heraus zu unterwandern. Deshalb halten Knight One und Knight Two Sinclair für einen Spion der Minbari, auch wenn er selbst sich dieser Tatsache möglicherweise gar nicht bewusst ist, weil er einer Gehirnwäsche unterzogen wurde – so jedenfalls die Theorie. „Why risk their life in a frontal attack when they could attack us from within?“, legt Knight Two Sinclair seine Gedanken dar. “But they needed a fifth column. People like you. Look at Earth, commander. Alien civilization. Alien migration. Aliens buying up real estate by the square mile. Alien funding of Babylon 5. What they couldn’t take by force, they’re corrupting, inch by inch.“ In diesen Worten wird wieder der schon in der letzten Episode thematisierte Fremdenhass und die Furcht vor zu großem außerirdischen Einfluss deutlich, die sich auf der Erde immer mehr ausbreiten.
Sinclair soll nicht nur ein Geständnis abgerungen werden, mit Hilfe des „Cybernetzes“ dringen sowohl er als auch Knight Two in sein Unterbewusstsein vor und fördern Erinnerungen zutage, die zuvor im Verborgenen lagen. Dabei spielt auch die Schuld eine Rolle, die Sinclair als Überlebender der Schlacht um die Erde empfindet. Der Beginn seines Aufenthalt im „Cybernetz“, als der Commander mit wachsender Verwirrung durch die vollkommen verlassene Station läuft, erinnert zumindest mich an die Ausgangssituation einiger „Star Trek“-Folgen. Doch anders als in den frühen „Star Trek“-Serien entspinnt sich aus dieser Situation keine Geschichte, die am Ende der Episode völlig abgeschlossen wird, sondern die Mission von Knight One und Knight Two nimmt auf sich durch die ganze Staffel ziehende Fragen und Handlungselemente Bezug, die zum Teil bereits im Pilotfilm eingeführt worden sind (der kurze Flashback zu dem Minbari, der zu Sinclair sagt „There is a hole in your mind.“, stammt daher).
Im Lauf der Befragung Sinclairs und der Untersuchung seiner Erinnerungen erfahren wir – und Sinclair selbst – ein paar Dinge, die wir bis dahin nicht wussten: So wurde Sinclair in dem Zeitabschnitt, an dem ihm die Erinnerung fehlt, anscheinend von den Minbari gefangen genommen und befragt. Insgesamt liefert die Episode aber mehr neue Fragen als Antworten (siehe unten).

Wie bereits erwähnt hatte ich vor dem erneuten Anschauen so gut wie keine Erinnerung an diese Folge, was wohl damit zu tun hat, dass ich sie nicht besonders gelungen finde. Das beginnt schon bei der Idee des „virtual reality cybernet“, an der mich zugegeben vielleicht einfach nur die Bezeichnung stört, die geradezu „Neunziger Jahre“ schreit. Abgesehen von Sinclair, Delenn und Franklin bleiben alle anderen Hauptfiguren in dieser Folge entweder bloße Stichwortgeber oder kommen gar nicht vor. Das ist an sich nicht weiter schlimm, da bei einem so großen Figurenensemble wie in „Babylon 5“ nicht in jeder Episode Platz für alle Charaktere sein kann, schon gar nicht in der ersten Staffel, die uns die Hauptfiguren erst einmal nacheinander näher vorstellen muss. An sich finde ich die Idee, sich einmal ganz auf Sinclair und die Lücke in seinem Gedächtnis zu konzentrieren auch gut. Nur in der Ausführung finde ich sie nicht besonders gelungen.
Daran sind unter anderem die Schauspieler schuld. Christopher Neame als Knight Two betreibt stellenweise ein wahnsinnig nerviges, theatralisches Overacting wie es in einer Fernsehserie einfach fehl am Platz ist. JMS hat seine Darstellung zwar in den höchsten Tönen gelobt, mich hat sie aber an einigen Stellen aus der Geschichte heraus gerissen, statt mich weiter hinein zu ziehen. Auch Michael O’Hares Schauspiel als Sinclair hat mich nicht überzeugt. Es ist inzwischen bekannt, dass er während seiner Zeit bei „Babylon 5“ ernsthafte psychische Probleme hatte und die Dreharbeiten für ihn sicher nicht einfach waren (mehr bei den „Hinter den Kulissen“-Fakten). Das mag einer der Gründe dafür gewesen sein, warum seine Darstellung hier stets sehr angestrengt und wenig nuanciert wirkt.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Figur des Mitchell. Plötzlich sollen wir uns für einen Charakter interessieren, der angeblich eine wichtige Rolle in Sinclairs Vergangenheit gespielt hat, von dem wir aber nie zuvor gehört haben. Das funktioniert leider nicht. Zuletzt sind noch die Effekte zu nennen. Zwar stören mich die heute häufig veraltet wirkenden CGI-Effekte in „Babylon 5“ sehr selten und man muss immer wieder betonen, dass gerade diese Effekte Mitte der Neunziger Jahre im Fernsehen revolutionär waren. Doch in dieser Episode wirken die Szenen aus der Schlacht um die Erde heute äußerst statisch und lassen das Tempo der CGI-Kampfszenen aus späteren Staffeln vermissen. Für damalige Verhältnisse muss „And the Sky Full of Stars“ allerdings durchaus beeindruckend gewesen sein, wie JMS in mehreren seiner Forumposts hervorhub. So erwähnte er beispielsweise, die Episode hätte mehr CGI-Effekte als der gesamte 90-minütige Pilotfilm und wurde auch sonst nicht müde zu betonen, dass er diese Folge für die beste bis dahin produzierte hielt – nicht nur der CGI-Effekte wegen, sondern auch aufgrund des Schauspiels und der für eine TV-Serie ungewöhnlichen Inszenierung durch Regisseurin Janet Greek, die hier erstmals für „Babylon 5“ arbeitete und später bei einigen wirklich hervorragenden Episoden Regie führen sollte.

Insgesamt handelt es sich bei „And the Sky Full of Stars“ also um eine ambitionierte Episode, die ihren hohen Anforderungen aber längst nicht in jeder Hinsicht gerecht wird (wobei angemerkt werden muss, dass diese Kritik zum Teil darauf beruht, dass die Folge ganz einfach schlecht gealtert ist). Sie vermittelt wichtige und interessante Informationen über die Hauptfigur der Serie, beantwortet dabei einige teils bereits im Pilotfilm gestellte Fragen und wirft zahlreiche neue auf. Was mir missfällt, ist vor allem wie die Episode dies tut; ich hätte mir eine andere Rahmenhandlung als die Befragung mithilfe einer virtuellen Realität gewünscht. So bleibt es leider bei einer unterdurchschnittlichen Episode, die mich zwiegespalten zurücklässt: einerseits ist der hier vermittelte Inhalt für den weiteren Verlauf der Serie sehr wichtig, andererseits kann ich mit der Art und Weise, in der dieser Inhalt vermittelt wird, wenig anfangen.

Highlight der Episode: Ich habe die Episode für diesen Blogpost einmal angeschaut, aber dabei war keine Szene und kein Aspekt der Folge ein eindeutiger positiver Höhepunkt für mich. Ich möchte die Folge nicht extra noch einmal anschauen, dehalb lasse ich diese Rubrik dieses Mal leer.

Londo/G’Kar-Moment: Leider kommen die beiden in dieser Episode nicht vor. 😦

Folgende (weitere) wichtige Informationen, die für den weiteren Verlauf der Serie wichtig sind, erhalten wir in dieser Episode: Wie bereits erwähnt erhalten wir einiges an Hintergrundinformationen über Franklin (auch über Delenn erfahren wir Neues, doch das führt nur zu neuen Fragen – siehe unten): In seiner Jugend ist er quasi als Anhalter durch die Galaxis gereist, um möglichst viele verschiedene Orte kennen zu lernen. Er interessiert sich sehr für die Physiologie von nichtmenschlichen Rassen. Gleichzeitig nimmt er den Eid, den er als Arzt geschworen hat, sehr ernst – alles Leben ist ihm heilig, ganz gleich ob menschliches oder außerirdisches. Als man ihn während des Krieges gegen die Minbari aufgefordert hat, seine Forschungen über die Minbari auszuhändigen, hat er die Aufzeichungen lieber vernichtet als zuzulassen, dass sie zur Entwicklung biologischer Waffen verwendet werden.
Neben den neuen Erkenntnissen über Sinclair, die alle zu weiteren Fragen führen, erfahren wir auch ein paar handfeste Fakten über ihn: Er wurde am 3. Mai 2218 auf dem Mars geboren und ist 39 Jahre alt. 2237 ist er den Erdstreitkräften beigetreten, 2240 wurde er zum Kampfpiloten befördert und weniger als ein Jahr später zum Geschwaderführer. Genau wie sein Vater, Großvater und Urgroßvater ist Sinclair ein Karriereoffizier, wie es Knight Two ausdrückt.

Sonstige Fragen:

  • Was war Delenns Rolle im Erd-Minbari-Krieg? Warum möchte sie dazu (noch) keine Auskunft geben? („A topic for another time.“, erwidert sie auf Franklins Frage danach.)
  • Sind Knight One und Knight Two Telepathen? Diese Frage hat JMS selbst mit nein beantwortet.
  • Worum handelt es sich bei dem „auflechtenden Dreieck“, das einer der Minbari vor Sinclair hält? Was bedeutet es?
  • Warum war Delenn bei Sinclairs Befragung/Untersuchung durch die Minbari anwesend? (Sofern seine Erinnerung daran korrekt ist.) Handelte es sich bei der Gruppe von Minbari, die Sinclair befragten, um den die Minbari anführenden Grauen Rat, wie Sinclair vermutet? Falls ja, ist bzw. war Delenn dann dort Mitglied? Und warum hält sie dies geheim?
  • Laut Garibaldi sind Knight One und Knight Two Teil einer Organisation, die eine Kollaboration zwischen bestimmten Fraktionen auf der Erde und den Minbari beweisen will. Gerüchten zufolge handelt es sich dabei um eine regierungsinterne Organisation, doch wer genau steckt dahinter? „If I fail, more will come after me until this job is finished.“, sagt Knight Two zu Sinclair. Das deutet ja an, dass sie keine Einzeltäter, sondern Mitglieder einer Organisation sind.
  • Wer hat Bensons Leiche nach draußen befördert? (Diese Frage wird nie explizit beantwortet werden, doch nach dem Ende der Staffel wird man sich die Antwort zusammenreimen können.)
  • Was meint Knight Two, als er in seiner letzten Szene sagt „Maybe we’re both still inside“? Wahrscheinlich ist diese Aussage nur auf seine Verwirrung zurück zu führen, denn ich glaube nicht, dass damit angedeutet werden soll, dass sich die Geschehnisse immer noch im Cybernetz abspielen.
  • Wer ist der Minbari, den wir am Ende der Episode bei Delenn sehen? Warum sagt er, Sinclair müsse getötet werden, wenn er jemals die Wahrheit erfahren sollte?
  • Ist an den Anschuldigungen, Sinclair sei ein Spion der Minbari, vielleicht doch etwas dran? Da Sinclair immer noch nicht genau weiß, was in den fraglichen 24 Stunden mit ihm geschehen ist, kann er sich auch nicht sicher sein, dass die Minbari ihm nicht z.B. einer Gehirnwäsche unterzogen haben und er seitdem unbewusst als Spion für sie arbeitet.
  • Sinclair fasst die wichtigsten Fragen der Episode am Schluss selbst zusammen: „What is it they don’t want me to remember?“

Weitere interessante Punkte: 

  • Der Titel der Episode spielt auf eine Dialogzeile Sinclairs im Pilotfilm aus einer Szene an, in der er von der letzten Schlacht im Erd-Minbari-Krieg erzählt: „We never had a chance. The sky was full of stars, and every star an exploding ship. One of ours.“
  • Zu Beginn der Episode sehen wir eines der wenigen Beispiele für Holo-Technologie in „Babylon 5“, als Knight Ond und Knight Two sich ein holografisches Abbild Sinclairs ansehen.
  • Ivanva erwähnt, dass es eine Erd-Basis im Tigris-Sektor gibt.
  • Interessant fand ich Sinclairs Aussage, dass es zu dem Vorfall (dem Verschwinden seines Schiffes) damals eine Anhörung gegeben hat, in der die Angelegenheit geklärt wurde. Das scheinbare Verschwinden seines Schiffes war dabei auf einen technischen Defekt zurückgeführt worden.
  • In einer Szene sehen wir Garibaldi beim Zeitunglesen über die Schulter. Zwar sind die einzelnen Artikel der Ausgabe von „Universe Today“ nicht lesbar (wie schön wäre B5 auf Blu-ray!), die Überschriften aber durchaus. Einige von ihnen nehmen auf Ereignisse bezug, die in den bisherigen Folgen angesprochen worden sind, andere bieten vage Hinweise auf zukünftige Handlungselemente der Serie (und mit der einen oder anderen Schlagzeile hat sich JMS auch nur einen Witz erlaubt):
    • Psi-Corps in Election Tangle – Did Psi-Corps Violate Its Charter by Endorsing Vice President?
    • Homeguard Leader Convicted. Jacob Lester Found Guilty In Attack On Minbari Embassy
    • Narns Settle Ragesh 3 Controversy
    • Special Section: Pros & Cons of Inter-Species Mating
    • San Diego Still Considered Too Radioactive For Occupancy
    • Copyright Trial Continues In Bookzap Flap
    • EA President Promises Balanced Budget by 2260

Interessante “Hinter den Kulissen”-Fakten: 

  • Die Rolle von Knight Two sollte ursprünglich von Walter Koenig gespielt werden. Dieser musste jedoch aus gesundheitlichen Gründen absagen. Danach wollte man Patrick McGoohan („The Prisoner“) für die Rolle verpflichten, doch ihn hinderten andere schauspielerische Verpflichtungen an der Zusage. So bekam Christopher Neame die Rolle. Walter Koenig spielte schließlich den Psi-Cop Alfred Bester in der Episode „Mind War“ (die zwar vor „And the Sky Full of Stars“ ausgestrahlt, aber später gedreht wurde). JMS fand Neames Darstellung von Knight Two so beeindruckend, dass er mit dem Gedanken spielte, die Figur irgendwann zurück zu bringen.
  • Für Michael O’Hare müssen die Dreharbeiten zu dieser Folge in ganz besonderer Weise belastend gewesen sein. Wie JMS nach O’Hares Tod bekannt gab, litt dieser während der Dreharbeiten zur ersten Staffel an ernsthaften psychischen Problemen (krankhafte Paranoia verbunden mit Wahnvorstellungen). O’Hares Krankheit war zu seinen Lebzeiten nicht öffentlich bekannt, doch folgendes Zitat von ihm, in dem er über die Dreharbeiten zu dieser Episode spricht, macht deutlich, dass ihm das Spielen einer Figur, deren Realitätswahrnehmung gestört ist, durchaus nahe gegangen sein muss: „As far as the underpinning of the scenes was concerned, I understood them very well from things in my private life. I understodd what the experience was of losing everything, having everything taken away from me.“ (Zitiert nach: Jane Killick: Babylon 5. Season by Season – Signs and Portents. S. 83)

Zitate:

„Everyone lies, Michael. The innocent lie because they don’t want to be blamed for something they didn’t do. The guilty lie because they don’t have any other choice.“ (Sinclair)

 

Die nächste Folge in meinem „Babylon 5“ Rewatch:
1.09 „Deathwalker“