Babylon 5 – Episode 1.18 “A Voice in the Wilderness (Part 1)”

Wie auch schon zu Beginn des letzten Blogposts weise ich hier darauf hin, dass ich mich bei der Besprechung von „Babylon 5“ an die von Serienschöpfer J. Michael Straczynski (JMS) vorgeschlagene Episodenreihenfolge halte. Deshalb ging es letztes Mal um Episode 1.16 und nun um 1.18. Die erwähnte Reihenfolge könnt ihr ganz am Ende dieses Blogposts einsehen.

Episode 1.18 „A Voice in the Wilderness (Part1)“ („Angriff der Aliens (Teil 1)“)

Drehbuch: J. Michael Straczynski, Regie: Janet Greek
Erstausstrahlung: 27.07.1994 (USA), 01.12.1995 (Deutschland)

Der „Babylon 5“-Pilotfilm wurde bereits kurz nach seiner Ausstrahlung im Fernsehen in vielen Regionen auch als Videokassette und/oder auf Laserdisc veröffentlicht. In den USA liefen die Verkäufe eher schleppend, aber in einigen anderen Ländern – darunter Japan, Deutschland und England – entpuppte sich der Pilotfilm als Verkaufs- und Verleihschlager. Deshalb wurde Straczynski von Warner Bros. darum gebeten, für die erste Staffel eine Doppelfolge zu produzieren, die man ebenfalls als Videokassette in den Handel bringen konnte. Das Ergebnis ist also „A Voice in the Wilderness“ (mit dem schrecklichen deutschen Titel „Angriff der Aliens“), eine sehr unterhaltsame Geschichte voller Abenteuergeist, Humor und vielen schönen Charaktermomenten. In diesem Blogpost wird es allerdings nur um Teil 1 dieser Doppelfolge gehen.

Die Episode enthält mehrere Handlungsstränge, die ich nacheinander der Reihe nach durchgehen werde. Der Haupthandlungsstrang um den Planeten Epsilon 3 wird eigentlich erst zum Ende der Episode richitg spannend. Denn zunächst besteht diese Handlung einfach darin, dass ein Team von Geologen unter der Leitung von Dr. Tasaki (Jim Ishida) den Planeten mehrmals anfliegt, ohne dabei aber konkret Neues zutage zu fördern. Nur dass irgendetwas dort unten sein muss, das ist klar und weckt sogleich den Abenteuergeist von Sinclair und Ivanova. Weil auf dem Planeten möglicherweise bisher unentdecktes intelligentes Leben existiert und somit die Möglichkeit des ersten Kontakts zu einer neuen Spezies besteht, fliegen die beiden selbst nach unten. Sie entdecken riesige technische Anlagen, die offenbar von einer unbekannten und sehr fortschrittlichen Spezies gebaut worden sein müssen – und ein Alien (Curt Lowens), das offenbar in einer Art Interface in Verbindung zu dieser riesigen Maschine steht. Das Wesen – das zuvor bereits Sinclair und Londo auf der Station erschienen ist – fleht um Hilfe, sodass Sinclair und Ivanova es befreien und mit dem Shuttle nach Babylon 5 bringen. Als sie auf dem Weg zurück zur Station sind, öffnet sich das Hyperraumsprungtor und ein großes Raumschiff erscheint, das wir jedoch noch nicht sehen. Stattdessen endet die Episode mit einem „What the hell…!?“ von Garibaldi und der Einblendung „to be continued“.

Jetzt wo ich die Quintessenz dieses Handlungsstrangs zusammengefasst habe, fällt mir auf, dass ich die anderen Handlungselemente der Folge eigentlich viel interessanter fand. Zugegeben, wenn man die Episode zum ersten Mal sieht, ist die Erkundungstour von Sinclair und Ivanova auf Epsilon 3 durchaus spannend. Aber bis zum Ende passiert hier genau genommen nicht viel und selbst dann wissen wir noch kaum etwas über den Planeten, seinen mysteriösen Bewohner und die großen Maschinen oder Computeranlagen dort. Besonders viel gibt es hier also noch gar nicht zu besprechen und auch all die momentan noch offenen Fragen werde ich in diesem Blogpost nicht noch einmal auflisten, da viele davon in der zweiten Hälfte der Geschichte beantwortet werden. Diesem Teil der Geschichte werde ich mich also im nächsten Blogpost ausführlicher widmen.

In einer Nebenhandlung wird wieder aufgegriffen, was in der letzten Folge erwähnt worden ist: die Unabhängigkeitsbewegung auf dem Mars ist inzwischen zu einer offenen Revolte ausgewachsen. ISN berichtet von gewalttätigen Aufständen, was nicht nur Sinclair und Ivanova Sorgen macht, sondern ganz besonders Garibaldi. Dieser hat nämlich, wie wir in dieser Folge erfahren, seine Freundin Lise Hampton auf dem Mars zurückgelassen, als er Sinlcairs Angebot angenommen hat, Sicherheitschef auf Babylon 5 zu werden. Weil nun aber sämtliche Kommunikationskanäle zum Mars unterbrochen sind, bittet er Talia Winters (Andrea Thompson) um Hilfe. Die soll über einen (eigentlich geheimen) Posten des PsiCorps auf dem Mars eine Verbindung zu Lise herstellen. Dies gelingt ihr zwar nicht, aber sie erfährt zweierlei: Zum einen, dass die gute Organisation und Bewaffnung der „Free Mars“-Bewegung viele überrascht hat und zum anderen, dass Lise nicht auf der Liste der Überlebenden des Aufstands steht. Das verstärkt Garibaldis Sorge natürlich nur noch, aber auch hier müssen wir die nächste Episode abwarten, um Gewissheit zu erlangen. Dieser Handlungsstrang verbindet jedenfalls geschickt das persönliche Schicksal einer der Hauptfiguren mit dem größeren Universum, in dem „Babylon 5“ spielt.

Zu einem dritten Handlungsstrang fasse ich nun die Geschehnisse um Delenn (Mira Furlan), ihren Besucher Draal (Louis Turenne) und Londo (Peter Jurasik) zusammen. Noch ziemlich zu Beginn der Episode gibt es eine Szene, in der Commander Sinclair als Mediator bei Verhandlungen zwischen Londo und Delenn fungiert. Nachdem man zu einer erfolgreichen Einigung gekommen ist, findet folgender Dialog statt, den ich hier komplett zitieren möchte:

Londo: „What a pleasure it is to deal with someone reasonable. Negotiations are so much more enjoyable when certain individuals are not here to interfere.“
Delenn: „I would suggest that there is a difference between being unreasonable and being angry. Ambassador G’Kar is angry much of the time, but even the greatest anger fades with time.“
Londo: „My dear Ambassador Delenn, I am sure that for you this is true. But for G’Kar and his people, they will do all that they can to destroy us, until the universe itself decays and collapses. If the Narns all stood together in one place and hated, all at the same time, that hatred could fly across dozens of light years and reduce Centauri Prime to a ball of ash. That’s how much they hate us.“
Sinclair: „You don’t have to respond in kind.“
Londo: „Of course we do. It is a natural law. Physics tell us that for every action there mus be an equal and opposite reaction. They hat us, we hate them, they hate us back… And so, here we are, victims of mathematics. (Er steht auf; zu Delenn) Ambassador.“ (Londo verlässt den Raum)
Sinclair (seufzt): „He never listens.“
Delenn: „He will. Sooner or later.“
Sinclair: „How can you be sure?“
Delenn: „Because the alternative is too terrible to consider. Without the hope that things will get better, that our inheritors will kow a world that is fuller and richer than our own, life is pointless and evolution is vastly overrated. Good day, Commander.“

Diese Szene stellt nicht nur eines von mehreren Beispielen für die typischen, bedeutungsschwangeren Mono- und Dialoge von JMS dar, sie erzählt uns auch so einiges über die Figuren – nicht nur über die drei anwesenden. Delenn bezeichnet G’Kar, der in dieser Folge gar nicht vorkommt, als wütend – eine Charakterisierung, der ich zustimmen würde. Der Zorn auf die Centauri wegen der Gräueltaten, die sie seinem Volk angetan haben, macht einen Großteil von G’Kars Charakter aus und bildet die zentrale Motivation für seine Taten in der ersten Staffel. Das wird sich ändern – so viel kann man verraten, ohne zu spoilern -, doch bis jetzt wird G’Kar noch als ziemlich eindimensionaler Bösewicht gezeichnet, der um jeden Preis Rache an den Centauri nehmen will. Erste Ausnahmen waren höchstens „Mind War“ und „By Any Means Necessary“, wo man überraschend eine weise, spirituelle Seite G’Kars zu sehen bekam.

Londo zeigt sich hier einmal mehr von einer äußerst starrköpfigen und uneinsichtigen Weise. Er ist nicht nur davon überzeugt, dass das gesamte Volk der Narn alle Centauri abgrundtief hasst, sondern auch davon, dass die einzige mögliche Reaktion darauf ebenso großer Hass von Seiten der Centauri sein kann. Seine Argumentation, dies sei ein „Naturgesetz“ und sie alle seien ganz einfach „Opfer der Mathematik“, scheint alles andere als einleuchtend zu sein und verstärkt nur noch den Eindruck, der Centauri-Botschafter wolle seine in einfache Gegensätze aufgeteilte Weltsicht gar nicht hinterfragen. Denn natürlich hat Sinclair recht, die Centauri sind keineswegs gezwungen, auf den Hass der Narn ebenso mit Hass zu antworten. Zwar erscheint Londo durch seine Aussage in dieser Szene ganz besonders dämlich, aber man muss bedenken, dass er – genau wie G’Kar – vor dem Hintergrund einer Jahrhunderte alten Geschichte des Hasses zwischen diesen beiden Völkern aufgewachsen ist. So etwas lässt sich nicht von heute auf morgen abschalten.

Delenn wiederum, die als Minbari nicht direkt an diesem Konflikt beteiligt ist, hat ein idealistisches – viele würden auch sagen: naives – Weltbild. Sinclair gegenüber äußert sie ihre Überzeugung, Londo werde früher oder später schon noch ein Einsehen haben und auf die Narn zugehen. Von Sinclair nach dem Grund für ihren Optimismus gefragt, erwidert sie die Alternative sei ganz einfach zu schrecklich. Ohne den Glauben daran, dass sich die Dinge zum Guten wenden und nachfolgende Generationen eine bessere  Welt erleben werden, sei das eigene Leben sinnlos. Damit hat sie meiner Meinung nach recht, allerdings vereinfacht ihre Sicht die Dinge fast ebenso sehr wie Londos. Dass es immer wieder Rückschläge gibt, dass viel zu viele Personen ganz anders denken, das zieht sie hier nicht in Betracht. Während Londo hier mit seinem blanken Hass für das eine und Delenn mit ihrem naiven Idealismus für das andere Extrem steht, scheint Sinclairs Rolle die des zweifelnden (und an der Realität verzweifelnden) Realisten zu sein. Es wird jedenfalls spannend sein, die Figuren und die von ihnen vertretenen Positionen weiter zu verfolgen.

Als Delenn zu ihrem Quartier zurückkehrt, erhält sie Besuch von ihrem alten Freund und Mentor Draal. Die Wiedersehensfreude ist groß, doch später berichtet Draal von Entwicklungen auf Minbar, die ihm große Sorgen bereiten: „There is a sense that we are lost, drifting. In the streets, in the temples, you can hear it in their voices, their manner. An anger just beneath the surface, a growing dissatisfaction, a self-involvement above the needs of others. It is not the same world in which I was born, Delenn. Not the same world at all.“ Zwar erwähnt er noch die zunehmende Entfremdung zwischen der Kriegerkaste und der religiösen Kaste, doch konkreter werden seine Befürchtungen nicht. Man sollte diese Worte aber im Hinterkopf behalten, auch wenn es zugegeben ein ganz schönes Stück dauern wird, bis sie in der Serie wieder aufgegriffen werden.

Als Delenn Draal nach dem Grund seines Besuchs fragt, wird er erneut ernst und kündigt an „I am going to the sea.“ Delenn ist entsetzt, während der Zuschauer hier nicht so recht weiß, was er mit diesen Worten anfagen soll – will Draal nun Seefahrer werden? Doch er fährt fort: „I hear the call of the stars, Delenn. I must answer.“ Er fügt hinzu, dass er und Delenn sich nicht wiedersehen werden. Was also bedeutet seine Aussage? JMS hat für „Babylon 5“ immer wieder Anleihen bei Tolkiens „Der Herr der Ringe“ genommen; in diesem Zusammenhang könnte man Draals Aussage, er wolle zur See fahren und werde Delenn nicht wiedersehen, hier als Ankündigung seines Todes interpretieren, so wie man auch die Reise der Elben mit Frodo am Ende von „Die Rückkehr des Königs“ als Reise ins Jenseits interpretieren kann.

Bevor es so weit ist, statten Draal und Delenn aber noch Londo einen Besuch ab, der inzwischen ganz andere Sorgen hat als den Kreislauf des Hasses zwischen Narn und Centauri. Während es in der letzten Folge Lennier war, der sich von einem bestimmten Aspekt der menschlichen Kultur fasziniert zeigte, erweist sich nun auch Londo als Hobby-Ethnologe. Seine Entrüstung darüber, dass ein altes menschliches Kinderlied keinen Sinn ergibt, ist köstlich und zeigt zweierlei: Zum einen, dass Londo hier die falsche Frage stellt und zwanghaft an der falschen Stelle nach Sinn sucht. Diesen wird er nämlich nicht im Text eines so simplen Liedes finden, sondern in der Funktion die das Lied innerhalb der Kultur erfüllt. Zum anderen wird hier deutlich, dass das Erzählen von Geschichten im Science Fiction-Genre ein hervorragendes Mittel darstellt, um das Eigene, Menschliche aus einer anderen Perspektive zu betrachen, so wie Londo es hier tut, für den menschliche Verhaltensweisen ebenso fremd wie faszinierend sind. Darauf angesprochen, wie er auf die Idee kam, Londo „Hokey Pokey“ analysieren zu lassen, antwortete JMS, er habe sich dazu ganz einfach selbst in die Situation eines Außerirdischen versetzt, der versucht, uns Meschen zu verstehen. Wenn man einen Schritt zurück trete, werde schnell klar, dass wir eine Menge seltsames Zeug tun. Was Londo über das Lied und dessen inhaltliche Bedeutung sage, treffe vollkommen zu.

Überhaupt ist es vielleicht Londo, über den wir in dieser Episode am meisten erfahren. Neben den beiden angesprochenen Szenen, in denen er sich von zwei höchst unterschiedlichen Seiten zeigt, heitert er auch noch den deprimierten Garibaldi an der Bar auf. Einmal mehr wird damit die Freundschaft zwischen den beiden etabliert. Insgesamt hat die Episode sowohl einige sehr ernste als auch sehr lustige Szenen zu bieten – und obendrein noch den spanneden Plot um Epsilon 3. Hier zeigt sich „Babylon 5“ als Space Opera im besten Sinne und JMS‘ Plan, einen unterhaltsamen Zweiteiler zu schreiben, der sowohl die Handlung der Serie voranbringt als auch für sich allein stehend genossen werden kann, scheint aufgegangen zu sein. Ein endgültiges Urteil darüber werde ich mir aber für die Besprechung des zweiten Teils aufheben.

Highlight der Episode: Londos Monolog über das „Hokey Pokey“-Kinderlied, das ihn so sehr beschäftigt:

„6000 years of recorded history. A history that includes remarkable composers, astonishing symphonies, but what is the one song that half of them sing to their children, generation after generation? (er singt) ‚You put your right hand in, you put your right hand out, you put your whole self in, and you turn yourself about. You do the hokey pokey, you give a little shout, that’s what it’s all about.‘ It doesn’t mean anything. I’ve been studying it for seven days. I had the computer analyze it. I swear to you, it does not mean a thing!“

Londo/G’Kar-Moment: Es ist beeindruckend, dass G’Kar in dieser Folge charakterisiert wird, obwohl er gar nicht zu sehen ist. Die oben erwähnte Szene, in der Delenn und Londo über ihn reden, dient dazu, die Beziehung zwischen Londo und G’Kar sowie zwischen ihren beiden Völkern weiter auszubauen.

Folgende (weitere) wichtige Informationen, die für den weiteren Verlauf der Serie wichtig sind, erhalten wir in dieser Episode:

  • Das PsiCorps scheint nicht nur einfach eine Organisation zur Ausbildung und Kontrolle von Telepathen zu sein, sondern so etwas wie ein eigener Geheimdienst. Jedenfalls unterhält es geheime Operationen wie die auf dem Mars, wo Aufklärungsarbeit betrieben wird.

Sonstige Fragen: Die Fragen, die sich nach dieser Episode stellen, werden zu einem großen Teil in der nächsten Folge beantwortet. Ich liste sie deshalb hier nicht alle auf.

Weitere interessante Punkte:

  • Wir erfahren mehr über Garibaldi. Dass er ein alles andere als leichtes Leben hatte, wurde schon mehrmals angedeutet. Hier erzählt er, dass er von vier verschiedenen Jobs gefeuert wurde, bevor er Arbeit auf dem Mars fand.
  • Der Gag, bei dem sich Talia zu Beginn der Episode beschwert, in jeder Transportröhre, in die sie steigen wolle, warte Garibaldi auf sie, wurde über mehrere Folgen hinweg vorbereitet. Unter anderem sieht man Garibaldi und Talia in „Mind War“ gemeinsam in einer Transportröhre fahren, als Talia Garibaldis Gedanken wahrnimmt und ihm vor dem Aussteigen ihren Ellbogen in die Rippen haut.
  • Ein weiteres Mal werden wir darauf hingewiesen, dass Garibaldi als trockener Alkoholiker stets Wasser trinkt, als Londo an der Bar Garibaldis Glas nimmt, an dessen Inhalt riecht und sagt: „Water. Fascinating. I never touch the stuff myself.“
  • Im Gespräch zwischen Delenn und Draal werden erneut die Krieger- und die religiöse Kaste der Minbari erwähnt. Die Arbeiterkaste wird – genau wie in „Grail“ – komplett ignoriert.

Interessante „Hinter den Kulissen“-Fakten:

  • Diese erste Episode sollte ursprünglich übrigens enden, nachdem Sinclair und Ivanova von dem Alien in der Maschine mit den Worten „Help me! Or your people, all your people will die!“ gewarnt worden sind. Weil die Episode aber etwas zu kurz war, fügte man unter anderem noch die Szene am Ende hinzu, sodass wir nun mit Garbiladis „What the….!?“ beim Anblick eines riesigen Raumschiffs entlassen werden.

Zitate:

Ivanova: „This doesn’t worry you in the slightest?“
Dr. Tasaki: „On the contrary. It scares the hell out of me. But what better way to go out than in the cause of advancing scientific knowledge?“
Ivanova: „Is this a multiple choice question? Because I have some ideas.“

„On your trip back, I’d like you to take the time to learn the Babylon 5 mantra: Ivanova is always right. I will listen to Ivanova. I will not ignore Ivanova’s recommendations. Ivanova is God. And if this ever happens again, Ivanova will personally rip your lungs out.“ (Ivanova zu Dr. Takasaki)

„Now I go to spread happiness to the rest of the station. It’s a terrible responsibility, but I have learned to live with it.“ (Londo zu Garibaldi)

„It’s a Russian thing. When we’re about to to something stupid, we like to catalog the full extent of our stupidity for future reference.“ (Ivanova)

 

Die nächste Folge in meinem „Babylon 5“ Rewatch:
1.19 „A Voice in the Wilderness (Part 2)“

Babylon 5 – Episode 1.16 “Eyes”

Bevor ich beginne noch ein kleiner organisatorischer Hinweis: Die nächste Folge, die ich besprechen werde, wird Episode 1.18 „A Voice in the Wilderness – Part 1“ sein, weil ich mich an die von J. Michael Straczynski vorgeschlagene Reihenfolge halte, die ihr ganz am Ende dieses Blogposts einsehen könnt.

Episode 1.16 „Eyes“ („Die Untersuchung“)

Drehbuch: Larry DiTillio, Regie: Jim Johnston
Erstausstrahlung: 13.07.1994 (USA), 19.11.1995 (Deutschland)

Drehbuchautor Larry DiTillio erhielt den Auftrag für diese Episode von „Babylon 5“, nachdem ein weiteres Drehbuch, das von einem Freelancer geschrieben werden sollte, nicht zustande kam. DiTillios Vorgaben waren, nicht nur möglichst schnell ein neues Drehbuch abzuliefern, sondern dabei auch eine Episode zu schreiben, die mit möglichst wenigen visuellen Effekten und Masken auskam (was wohl der Grund sein dürfte, warum unter anderem Delenn, Londo und G’Kar nicht in der Folge vorkommen). Das Ergebnis ist also dieses Kammerspiel, das in wenigen Sets gefilmt wurde und im Grunde auch auf einer Theaterbühne aufgeführt werden könnte. (Quelle für die Information: Jane Killick: Babylon 5 – Signs and Portents, S. 133)

Der Originaltitel der Episode steht für „Internal Investigations“, was sich als II, also als „Eyes“ (englisch ausgesprochen) abkürzen lässt. Dementsprechend haben wir es hier auch mit einer „Untersuchung“ (wie uns der deutsche Titel wissen lässt) des Kommandostabs und insbesondere Sinclairs zu tun. Colonel Ari Ben Zayn (Gregory Martin) kommt zusammen mit dem Telepathen Harriman Gray (Jeffrey Combs) an Bord der Station. Ben Zayn erregt zunächst einfach deshalb Garibaldis Aufmerksamkeit, weil er ungewöhnlich viele Fragen stellt. Rasch stellt sich jedoch heraus, dass er im Angesicht der Unabhängigkeitsbewegungen auf mehreren Erdkolonien (u.a. auf dem Mars) nach Babylon 5 gesandt wurde, um die Loyalität des Kommandostabs zur Erdregierung zu untersuchen. Dazu will er Sinclair, Ivanova und Garibladi unter anderem telepathischen Scans unterziehen lassen – deshalb die Anwesenheit von Gray.

Die Episode mag nur in geschlossenen Räumen spielen und sich auf wenige Figuren konzentrieren, doch ihre Ereignisse weisen weit über ihre Grenzen hinaus. Falls sich jemand im Verlauf der bisherigen Folgen gefragt haben sollte, ob Sinclair nicht irgendwann einen Preis für seine teils umstrittenen Entscheidungen und die wiederholte Auslegung der Gesetze zu seinen Gunsten zahlen muss – Ben Zayn ist dieser Preis. Wie wir später in der Episode herausfinden, will er den Kommandoposten auf der Station an sich reißen und stellt deshalb sämtliche Entscheidungen Sinclairs in Frage. Sinclairs Umgang mit der Ragesh 3-Krise, seine Entscheidung in der Deathwalker-Angelegenheit, seine kreative Beilegung des Streiks der Dockarbeiter, der Sabotageversuch während des Besuchs des Präsidenten und die Ereignisse um Jason Ironheart, die zum Tod der Kollegin von Psi-Cop Alfred Bester geführt haben – all diese Dinge nimmt Ben Zayn nun zum Vorwand, um Sinclair vorwerfen zu können, er sei inkompetent und ungeeignet für seinen Posten. Durch die Erwähnung dieser Ereignisse und der Tatsache, dass Sinclair und seine Leute des öfteren (für die Erdregierung) unliebsame Entscheidungen getroffen haben, wird die Folge ein Stück weit zur Zusammenfassung des bisherigen Teils der Staffel. Auch neuen Zuschauern wird so schnell ein Überblick über die Lage verschafft, zumindest was die Entwicklung Sinclairs betrifft.

Und wo ich gerade von Sinclair spreche: Gerade diese kammerspielartige Folge lebt natürlich in besonderer Weise von den Leistungen der Schauspieler und in diesem Bereich hat mich Michael O’Hare als Sinclair hier am wenigsten überzeugt. Es ist inzwischen bekannt, dass er schwerwiegende psychische Probleme hatte, die ihm die Ausübung seines Berufs zunehmend erschwerten. Vielleicht interpretiere ich da zu viel hinein, aber ich finde, dass man das gerade in dieser Episode merkt. Jedes Mal, wenn O’Hare Wut, Ärger oder starke Betroffenheit zeigen soll, halten sich seine Gefühlsäußerungen stark in Grenzen, so als ob er so sehr damit beschäftigt sei, sich selbst unter Kontrolle zu halten, dass dies ein glaubwürdiges Schauspiel verhindert. Wenn er nachdenklich sein soll, so wie in der letzten Folge, dann überzeugt O’Hare. Über eine große schauspielerische Bandbreite verfügt er jedoch nicht. Sowohl Jerry Doyle (Garibaldi) und Claudia Christian (Ivanova), als auch die Gaststars Gregory Martin und Jeffrey Combs liefern jedenfalls glaubwürdigere, nuanciertere Darstellungen ab (wobei „nuanciert“ im Fall von Martin vielleicht doch eher nicht zutrifft).
Ari Ben Zayn wird an einer Stelle von Garibaldi als „Colonel Ben Hitler“ bezeichnet, in Anspielung auf die gnadenlose Härte, mit der Ben Zayn seine Ziele verfolgt. Sehr nuanciert ist die Figur tatsächlich nicht angelegt; an keiner Stelle der Episode bekommen wir Ben Zayns Sicht der Dinge zu hören (anders als bei Harriman Gray). Insofern macht Martin (der übrigens der Sohn des jüngst verstorbenen Beatles-Produzenten George Martin ist) das beste aus dieser Figur.

Ein zentrales Thema der Episode ist Susan Ivanovas Abneigung gegen Telepathen und das PsiCorps. Die Gründe dafür wurden erstmals in „Midnight on the Firing Line“ erläutert, hier erhalten wir weitere Einblicke. In einem Albtraum Ivanovas äußert sich ihre Furcht, so zu enden wie ihre Mutter, die gezwungen wurde, ihre telepathischen Fähigkeiten mit Injektionen zu unterdrücken, was sie schließlich in den Selbstmord trieb. Als Sinclair Ivanova fragt, warum sie eigentlich so große Angst davor habe, gescannt zu werden, erhalten wir allerdings keine wirklich befriedigende Antwort. Private und intime Erinnerungen, auf die jemand bei einem Scan stoßen könnte, hat schließlich nicht nur Ivanova. Sie ist jedoch fest entschlossen, einen Scan durch Gray unter keinen Umständen zuzulassen und ist sogar bereit, dazu ihren Posten niederzulegen und ihre Karriere aufzugeben. Im Gespräch mit Gray muss sie aber immerhin erkennen, dass nicht alle Mitglieder des PsiCorps gleich sind und sie ihn sogar ganz nett findet. Harriman Gray wird von Jeffrey Combs gespielt, der Science Fiction-Fans vor allem durch seine zahlreichen Rollen aus „Star Trek: Deep Space Nine“, „Star Trek: Voyager“ und „Enterprise“ bekannt sein dürfte (er spielte u.a. Weyoun in „Deep Space Nine“).

Am Ende spitzt sich die Lage zu: Ben Zayn enthebt Sinclair seines Postens und übernimmt selbst das Kommando auf Babylon 5. Wie Garibaldi herausgefunden hat, ist es genau das, was Ben Zayn von Anfang an wollte: er stand auf der Liste möglicher Kandidaten für den Kommandoposten auf der Station in den Top 10, während Sinclairs Name erst viel weiter unten auftauchte. Wie wir inzwischen (aus „Signs and Portents“) wissen, erhielt Sinclair den Posten auf ausdrücklichen Wunsch der Minbari. Ben Zayn bekommt nun endlich, was ihm seiner Meinung nach zusteht; gleichzeitig stellt er die Rache seines Freundes Alfred Besters für die Ereignisse in „Mind War“ dar. Es ist schließlich Grays Eingreifen zu verdanken, dass Sinclair und Garibaldi Ben Zayn überwältigen und so seine Machtübernahme auf der Station verhindern können. Ob das noch ein Nachspiel haben wird?

Definitiv kein Nachspiel haben wird der zweite Handlungsstrang der Episode, in dem Garibaldi von Lennier Unterstützung beim Bau eines „antiken“ Motorrads aus dem Jahr 1992 erhält. Das hat nicht nur mit dem Rest der Episode nichts zu tun, es wird auch nie wieder erwähnt werden. Wie kam Garibaldi eigentlich auf die Idee, ausgerechnet auf einer Raumstation ein Motorrad bauen zu wollen? (Die Antwort darauf findet ihr bei den „Hinter den Kulissen“Fakten.)

Insgesamt ist „Eyes“ eine solide, gut geschriebene und überwiegend gut gespielte Episode. Sie greift zahlreiche Ereignisse aus vergangenen Folgen auf und verstärkt so den (damals keineswegs selbstverständlichen) Eindruck, dass „Babylon 5“ eine Serie ist, die episodenübergreifend erzählt. Die Charaktere von Ivanova und Sinclair werden weiter ausgebaut und es wird eindringlich betont, dass sich Sinclair und sein Kommandostab einige Feinde auf der Erde gemacht haben, was durchaus noch relevant sein wird, um es einmal spoilerfrei auszudrücken.

Highlight der Episode: Wie Ivanova fast alle Casinobesucher verprügelt (leider sieht man davon recht wenig).

Londo/G’Kar-Moment: Leider kommen die beiden hier nicht vor, ebenso wenig wie Delenn, Talia Winters, Dr. Franklin, Vir und Na’Toth.

Folgende (weitere) wichtige Informationen, die für den weiteren Verlauf der Serie wichtig sind, erhalten wir in dieser Episode:

  • Ivanova bemerkt es sofort, als Gray sie scannt.
  • Auf dem Mars und in mehreren anderen Kolonien der Erde kommt es zu teilweise gewaltsamen Unabhängigkeitsbewegungen.

Sonstige Fragen: Wieso war der Gedanke an Talia Winters so laut in Ivanovas Kopf, dass ihn Gray auch ohne sie richtig zu scannen sofort wahrnehmen konnte?

Weitere interessante Punkte:

  • Garibaldis Passwort lautet „Peekaboo“ 😀
  • Das Internet scheint sich in der Zukunft entweder deutlich zurück entwickelt haben oder Babylon 5 hat ganz einfach eine extrem langsame Verbindung. Garibaldi führt jedenfalls eine Recherche im „Interweb“ durch und erhält erst viele Stunden später vom Computer die Ergebnisse.
  • Zwei weitere Beispiele dafür, dass „Babylon 5“ Ereignisse aus vergangenen Episoden nicht vergisst, sondern fortlaufend erzählt: Die Minbari-Dichterin Shaal Mayan („The War Prayer“) stattet der Station erneut einen Besuch ab; man sieht sie zwar nicht, aber sie wird von Lennier zweimal erwähnt. Außerdem wird erneut auf Garibaldis Alkoholproblem angespielt, als er zu Ben Zayn sagt „I don’t drink“. Bisher wurde es vor allem in „Survivors“ thematisiert.

Interessante „Hinter den Kulissen“-Fakten:

  • Das Motorrad taucht nur deswegen auf, weil Kawasaki sich bereit erklärt hatte, die Serie zu sponsorn. Drehbuchautor DiTillio beschloss daraufhin, aus dem Motorrad einen „richtigen“ Handlungsstrang zu machen, statt es nur einfach so auftauchen zu lassen.
  • Regisseur Jim Johnston wollte Jerry Doyle für die abschließende Szene auf dem Motorrad eigentlich ein Marlon Brando-Outfit mit Lederjacke verpassen. Die Einstellung, in der Garibaldi und Sinclair den Hauptkorridor von Babylon 5 entlang rasen, wurde im Computer erzeugt, weil die Versicherung es nicht erlaubte, dass die beiden Schauspieler tatsächlich auf einem Motorrad durch die teuren Sets rasten.
  • In einer Szene, wo Lennier (Bill Mumy) in Garibaldis Quartier am Motorrad bastelt, singt er eine Art Meditationsmantra vor sich hin. Dabei handelt es sich um „Zabagabee“, den Titel eines Albums von Mumys Band Barnes & Barnes.

Zitate:

„Enough people have played with my head already this year!“ (Sinclair – eine Anspielung u.a. auf „And The Sky Full of Stars“)

„I think this is the biggest pile of horse hockey I ever saw. Who the hell is running Earth Force, Abbott and Costello?“ (Garibaldi zu Ben Zayn)

Gray: „Lieutenant Commander, I’m aware of your hostility towards the PsiCorps and the reason for it. And I sympathize.“
Ivanova: „You do? How nice. I should send you a card on your birthday.“

„Mr. Gray, I’m grateful the PsiCorps has given you a purpose in life. But when that purpose includes scanning my mind to prove my loyalty, it’s not only an invasion of my privacy, but my honour. As for fear: If you enter my mind for any reason, I will twist your head off and use it for a chamber pot.“ (Ivanova zu Gray)

„If I kill him, I will start a war…“ (Garibaldi zu sich selbst, als er von Lennier genervt ist.)

Garibaldi: „They’ll charge you with insubordination.“
Ivanova: „And I’ll be replaced and dishonorably discharged. It’s a very Russian ending. I should have expected it.“

Ivanova (nachdem sie einen Großteil der Casinobesucher verprügelt hat): „Are you gonna arrest me, Garibaldi?“
Garibaldi: „No way. I wanna live to see my future.“

 

Die nächste Folge in meinem „Babylon 5“ Rewatch:
1.18 „A Voice in the Wilderness (Part 1)“
(Die Reihenfolge, in der man die Episoden idealerweise anschauen sollte, weicht hier von der Reihenfolge auf den DVDs ab. Ganz am Ende dieses Blogposts könnt ihr die Reihenfolge einsehen, in der ich die erste Staffel bespreche.)

Buffy the Vampire Slayer – Season 5 (& Angel – Season 2)

Dieser Blogpost enthält Spoiler zur 5. Staffel von „Buffy“ und zur 2. Staffel von „Angel“!

Nachdem ich bereits die Staffeln 1, 2, 3 und 4 von „Buffy the Vampire Slayer“ hier im Blog besprochen habe, ist nun die fünfte Staffel an der Reihe. Parallel zu dieser Staffel habe ich die zweite Staffel von „Angel“ angeschaut (dabei habe ich mich an die hier vorgeschlagene Reihenfolge gehalten, damit alle Crossover-Elemente zwischen den beiden Serien Sinn ergeben). Ich muss schon einmal vorwegnehmen, dass mich die fünfte Staffel von „Buffy“ stark enttäuscht hat. Auch bei „Angel“ habe ich mich überwiegend gelangweilt. Statt nun im Folgenden die beiden Serien Episode für Episode durchzugehen, greife ich mir jeweils einige Elemente heraus, die mir erwähnenswert scheinen.

Beginnen wir mal mit Dawn. Buffys kleine Schwester (Michelle Trachtenberg) ist in Staffel fünf der wichtigste Neuzugang im Cast von „Buffy“. Da ich davon bereits wusste, war ich zwar nicht überrascht als Dawn plötzlich auftauchte, allerdings war ich sehr gespannt, wie ihr Erscheinen erklärt werden würde.  Ich hatte erwartet, dass Dawn im typischen Soap-Modus als bislang unbekannte Halbschwester von Buffy oder dergleichen eingeführt wird, dass man sich also irgendeine banale Erklärung aus den Fingern saugt, um Dawns verspätetes Auftauchen in Buffys Leben und der Serie zu erklären. Eine solche Erklärung gibt es schließlich auch und sie ist eigentlich recht kreativ: Dawn ist der „Schlüssel“, den die böse Glory (zu ihr komme ich gleich) braucht, um…naja um ihren bösen Plan umzusetzen. Es wird also auch den Figuren in der Serie erklärt, dass und warum Dawn früher nicht da war. Das ist einerseits recht kreativ, führt aber nicht recht weit, da Glory und die übergreifende Staffelhandlung alles andere als einfallsreich sind. Ich hätte es wirklich gerne gesehen, wenn Dawns Erscheinen in der Serienwelt überhaupt nicht kommentiert oder erklärt worden wäre – das wäre doch mal ein mutiges erzählerisches Statement gewesen! Also Dawn einfach in die Serie hineinschreiben, ohne sich irgendeine Begründung für ihre Einführung abzuringen, ganz einfach weil sich dadurch eben neue Möglichkeiten und Dynamiken ergeben. Aber das hätte wohl zu viele Zuschauer verwirrt.

In den ersten Folgen war ich noch ein großer Fan von Dawn, doch meine Begeisterung hat sich schnell wieder gelegt, als die Staffelhandlung danach einfach nicht in die Gänge kam und weitere interessante Entwicklungen ausblieben. Glory (Clare Kramer), die als „big bad“ der Staffel herhalten muss, ist ein derartiger Griff ins Klo, dass ich den Eindruck habe, Joss Whedon habe keine Zeit gehabt, sich selbst um die Handlung dieser Staffel zu kümmern (abgesehen von den drei Folgen, die er selbst geschrieben und inszeniert hat). Glory ist eine Göttin, also zumindest theoretisch allmächtig, aber weil sie eine Menschengestalt angenommen hat, hat sie auf den Großteil ihrer Allmacht zurzeit sozusagen keinen Zugriff. Sie soll also bedrohlicher sein, als alle Gegner, mit denen Buffy es bisher aufnehmen musste – ist es aber dann doch nicht. Auch was sie mit ihrem großen Plan erreichen will, wird nie so ganz deutlich. Noch viel schlimmer ist, dass die Figur von einer wirklich unsympathischen und unbegabten Schauspielerin gespielt wird. Wäre ich nicht so ein Komplettheitsfanatiker, dann hätte ich die Szenen mit ihr wohl übersprungen.

Bevor ich mich weiter über Glory aufrege, springe ich also lieber gleich zur nächsten Figur: Spike (James Marsters). Besonders kreativ war seine in dieser Staffel aufflammende Obsession für Buffy zwar auch nicht, aber doch besser geschrieben und gespielt. Wie er am Ende der vierten Folge („Out of my Mind“) aus einem Traum hochschreckt, in dem er und Buffy sich leidenschaftlich küssen, das war einfach herrlich. In den kommenden Folgen verhält er sich dann wie ein verliebter Teenager, der seine Gefühle nur durch Beleidigungen ausdrücken kann. Ständig sucht er Buffys Nähe und immer wieder handelt er sich nichts als Ablehnung und Zurückweisung ein. Wenn Buffy ihm Worte wie „You’re beneath me“ (5.07) oder „You disgust me“ (5.12) an den Kopf wirft, kann er einem aber auch wirklich leid tun. Ihren Höhepunkt findet diese Dynamik in Episode 5.14 („Crush“), in der Spike Buffy seine Liebe beweisen will, indem er seine alte Flamme Drusilla tötet. Hier geht es nicht um den dämlichen Glory-Handlungsstrang, sondern um die Beziehungen von Charakteren, die wir nun schon seit mehreren Staffeln kennen und die uns etwas bedeuten. „Crush“ dürfte wohl eine der besten Folgen der ganzen Serie sein und hat unter anderem diesen herrlichen Dialog zu bieten:

Spike: „You can’t deny it. There’s something between us.“
Buffy: „Loathing. Disgust.“
Spike: „Heat. Desire.“

Aber Buffy (Sarah Michelle Gellar) muss sich in dieser Staffel nicht nur mit Spike herumschlagen, sie hat leider auch weit ernstere Probleme. Neben Glory ist da zunächst die Beziehung zu ihrem Mentor Giles (Anthony Stewart Head). Der fühlt sich zu Beginn der Staffel ziemlich überflüssig und will zurück nach England gehen, weil Buffy ihn seiner Meinung nicht mehr braucht. Doch sie schafft es, ihn vom Gegenteil zu überzeugen. Im Lauf der Staffel wird er wieder offiziell als ihr „Watcher“ eingesetzt und eröffnet ein Geschäft für aller magisches Zeug. Er hat also wieder eine Aufgabe und als später in der Staffel Buffys Mutter stirbt, wird er in seiner Rolle als Vaterfigur für Buffy noch wichtiger. Diesbezüglich war ich übrigens bereits gespoilert und nur darüber überrascht, dass sich das Ableben von Joyce so lange hingezogen hat (in der vierten Folge muss sie ins Krankenhaus, dann geht es ihr irgendwann wieder besser und am Ende von Episode 15 stirbt sie). Und so schlecht ich die Staffel insgesamt auch finde, muss ich doch zugeben, dass Episode 5.16 („The Body“, Drehbuch & Regie: Joss Whedon) nicht nur eine der besten Episoden der ganzen Serie ist, sondern eine Sternstunde des Fernsehens und ein absolutes Meisterwerk! Die Episode handelt von den Reaktionen der Hauptfiguren auf Joyces Tod und kommt – einmal mehr – ohne Glory und auch sonst fast ohne Dämonen und Übernatürliches aus. Nicht einmal Musik wird in der Folge verwendet, wenn ich mich richtig erinnere, und teilweise wird sogar ganz auf Ton verzichtet. Damit werden so einige Klischees umschifft und die Trauer der Figuren, die alle auf unterschiedliche Weise mit der schrecklichen Nachricht umgehen, für den Zuschauer noch unmittelbarer erlebbar gemacht.

Leider nimmt die Staffel erst nach Joyces Tod Fahrt auf, was den Kampf gegen Glory (der schließlich noch durch eine Gruppe von Rittern verkompliziert wird) aber auch nicht interessanter macht. Was war sonst noch los? Ach ja, Riley (Marc Blucas) wurde wieder aus der Serie herausgeschrieben, was kein allzu großer Verlust ist. Willow (Alyson Hannigan) übt sich anscheinend weiter fleißig in der Hexerei, bis ihre Freundin Tara (Amber Benson) am Ende der Staffel feststellen muss „It frightens me how powerful you’ve become“. Besonders viel hat man von dieser Veränderung Willows allerdings nicht mitbekommen. Und Xander (Nicholas Brendon)? Der outet sich in Episode 5.03 als „Babylon 5“-Fan, was vollkommen zu ihm passt. Später macht er seiner Freundin Anya (Emma Caulfield) einen Heiratsantrag. Buffy überlebt das Ende der Staffel übrigens nicht, aber da es noch zwei weitere Staffeln gibt, gehe ich mal davon aus, dass sie sehr bald wieder zum Leben erweckt wird.

Da es in der Überschrift steht, muss ich noch ein paar Worte zu „Angel“ verlieren. Das „Buffy“-Spin-off hat mich in seiner ersten Staffel nicht überzeugt und die zweite fand ich für eine ganze Weile sogar noch langweiliger. Der Handlungsstrang um Angels (David Boreanaz) wieder zum Leben erweckte frühere große Liebe Darla (Julie Benz) hat mich einfach gar nicht interessiert. Das ging mir alles viel zu lange hin und her und obendrein hatte es stets mit den schmierigen Anwälten von Wolfram & Hart zu tun, die ich ebenfalls nicht leiden kann (ganz besonders Christian Kane als Lindsey – noch so ein unsympathischer, unbegabter Schauspieler).

Erst als Darla und Lindsey (hoffentlich für immer!) endlich aus der Serie verschwinden, nimmt die Staffel fahrt auf. Zunächst kommt Spikes Ex-Freundin Harmony (Mercedes McNab) nach Los Angeles und wird von Cordelia (Charisma Carpenter) mit offenen Armen empfangen, weil sich nicht bis zu ihr herumgesprochen ist, dass Harmony inzwischen ein Vampir ist. Das führt zu ein paar sehr lustigen Szenen. Zwei Folgen später wird Cordelia in eine Paralleldimension versetzt, aus der sie Angel, Wesley, Gunn und der in dieser Staffel neu dazu gekommene Lorne (Andy Hallet) retten müssen. Auf diese Weise entspinnt sich eine sich über die letzten drei Folgen hinziehende Fantasygeschichte, die endlich einmal frischen Wind in die Serie bringt und richtig Spaß macht. Davon hätte ich in Zukunft gerne mehr und auch Lorne bleibt uns hoffentlich in der nächsten Staffel erhalten. Da ich die zweite Staffel aber abgesehen von diesen wenigen Episoden am Ende überwiegend ziemlich öde fand, bin ich leider noch kein Fan von „Angel“ geworden. Mal sehen, ob sich das mit der dritten Staffel ändern wird.

„Terminator: The Sarah Connor Chronicles“ & „Scream“

Nachdem ich vor kurzem Staffel 5 von „Buffy“ und Staffel 2 von „Angel“ fertig angeschaut hatte (ein Blogpost dazu folgt), brauchte ich neuen Serienstoff. Nach etwas Wühlen in den noch nicht angeschauten DVDs und Blu-rays, die sich im Schrank unter meinem Fernseher stapelten, fand ich die erste Staffel von „Terminator: The Sarah Connor Chronicles“ wieder, die ich vor ein paar Monaten gekauft hatte. Damals hatte ich mehrere „Terminator“-Filme angeschaut und Lust auf die Serie bekommen – die hatte ich inzwischen zwar nicht mehr wirklich, aber nachdem die Blu-rays schon mal da waren, fing ich an, die Staffel anzuschauen.

Terminator: The Sarah Connor Chronicles – Season 1

Die „Terminator“-Serie spielt nach den Ereignissen von „Terminator 2“ und ignoriert die Handlung aller nachfolgenden Filme vollständig. Sie beginnt im Jahr 1999, als John Connor (Thomas Dekker) 15 Jahre alt ist. Die höchste Priorität seiner Mutter Sarah (Lena Headey, bekannt als Cersei Lannister aus „Game of Thrones“) ist es immer noch, das Leben ihres Sohnes zu schützen, der in der Zukunft zum Anführer des menschlichen Widerstands gegen die Herrschaft der Maschinen werden wird. Unterstützung erhält sie dabei von einem umprogrammierten Terminator (Summer Clau), der das Aussehen eines weiblichen Teenagers hat und sich so als Johns Schwester Cameron ausgeben kann. Am Ende der Pilotfolge reisen die drei ins Jahr 2007, also in das Jahr, in dem die Serie produziert wurde. Damit muss schon mal kein Geld mehr dafür ausgegeben werden, die Serie nach 1999 aussehen zu lassen.

Die Serie hat es nur auf zwei Staffeln gebracht und die erste davon hat auch nur neun Folgen. Trotzdem habe ich nach sechs Episoden aufgehört, weil ich so gelangweilt war. Im Grunde ist die „Terminator“-Serie eine Sparversion der Filme. Auch hier versucht man sich immer wieder an der Brachial-Action, die man aus den Filmen kennt, doch aufgrund des TV-Budgets sieht das nie besonders beeindruckend aus. Dieses Manko hättem man wettmachen können, wenn man bei den Drehbüchern etwas kreativer gewesen wäre. Aber leider scheinen die „Sarah Connor Chronicles“ immer nur das aus den Filmen bekannte Handlungsmuster nachzuahmen (mit dem ja auch die neueren Filmen nicht mehr überzeugen konnten): Immer wieder müssen sich Sarah, John und Cameron gegen einen neuen, aus der Zukunft geschickten Terminator zur Wehr setzen – und immer wieder besiegen sie den jeweiligen Terminator irgendwie. Da fragt man sich irgendwann schon, wie die Maschinen eigentlich die Herrschaft über die Menschheit aufrechterhalten können, wenn die Terminator-Modelle alle so ineffektiv sind.

Mit diesem sich wiederholenden Muster führt einem die Serie auf primitive Weise die Grundstruktur einer jeden TV-Serie vor Augen: Es muss immer weiter gehen, also müssen die Figuren auf immer neue Probleme treffen. Aber doch nicht immer auf die gleichen! Sarah fasst das Prinzip der Serie jedenfalls schon in der ersten Folge treffend mit „No one is ever safe“ zusammen. Auch die Tatsache, dass nach den Ereignissen der beiden Filme der Judgement Day und die Herrschaft der Maschinen doch hätte verhindert sein müssen, wird angesprochen. „You changed the future, you just didn’t change it enough“, belehrt John nämlich seine Mutter. Da kommt man sich als Zuschauer schon etwas für dumm verkauft vor. Gleichzeitig ist das „Terminator“-Universum damit ein äußerst pessimistisches; denn wenn der Judgement Day auf jeden Fall früher oder später eintritt, ganz egal was Sarah und John unternehmen, lohnt es sich dann überhaupt noch, gegen die Maschinen zu kämpfen? Oder dürfen John und Sarah gerade deswegen nicht aufgeben?

Wie auch immer, „Terminator: The Sarah Connor Chronicles“ macht nicht nur nichts anders oder gar besser als die letzten „Terminator“-Filme, sondern auch noch den Fehler, die sich längst totgelaufene immer gleiche Grundhandlung der Filme auch hier immer wieder gleich zu erzählen. Der größte Lichtblick der Serie ist dabei noch Lena Headey, die eine wesentlich überzeugendere Sarah Connor abgibt als ihre „Game of Thrones“-Kollegin Emilia Clarke in „Terminator: Genisys“. Mag sein, dass die Serie in der zweiten Staffel besser wird, mich hatte sie nach sechs Episoden allerdings immer noch nicht richtig gepackt. Erneut auf der Suche nach gutem Serienstoff, habe ich mich auf Netflix nach einer nicht allzu anspruchsvollen Serie für zwischendurch umgeschaut und bin mit „Scream“ fündig geworden.

Scream – Season 1

„Scream“ ist eine MTV-Produktion, die man in Deutschland bei Netflix gucken kann. Die Serie basiert auf dem gleichnamigen Film-Franchise von Regisseur Wes Craven und Autor Kevin Williamson, das vier Filme (1996-2011) hervorgebracht hat. (Craven und Willamson sind an der Serie nicht beteiligt und Wes Craven ist leider 2015 verstorben.) Genau wie „The Sarah Connor Chronicles“ erzählt die „Scream“-Serie im Großen und Ganzen dasselbe wie die als Vorbild dienenden Filme. In Fall von „Scream“ ist das allerdings weniger schlimm und auch deutlich unterhaltsamer.

Ich spare mir mal eine genaue Zusammenfassung der Handlung. Natürlich spielt „Scream“ in einer amerikanischen Kleinstadt, natürlich steht im Mittelpunkt der Handlung eine Gruppe von Teenagern und natürlich wird die Stadt von einem Serienmörder heimgesucht. Dessen Morde stehen in Verbindung zu einer weiteren, bereits über 20 Jahre alten Mordserie. Leider sind damit aber nicht die Morde aus den ersten „Scream“-Filmen gemeint, denn die Serie baut nicht auf ihnen auf und führt völlig neue Figuren ein. Vor allem zu Beginn der zehn Folgen umfassenden Staffel erinnert die Serie immer wieder an aktuelle Teenie-Schocker wie „Unknown User“, die moderne Kommunikationsmedien und Mordserien verbinden. YouTube, Smartphones und Social Networks spielen dementsprechend eine große Rolle und statt einer Fernsehreporterin – wie in den Filmen – ist eine der Figuren nun eine Crime-Podcasterin. (Ganz ähnlich hat man in „Hannibal“ ja aus dem Zeitungsreporter des Romans für die Serie eine Bloggerin gemacht.)

Einige der Figuren mochte ich, andere wiederum waren mir unsympathisch und die eine oder andere weibliche Figure mochte ich nur deswegen, weil sie – wie fast alle Charaktere – wahnsinnig jung und gutaussehend ist. Letzteres ist bei einer Serie, die mit den Regeln des Slasher-Films spielen will, ja erlaubt. Eine moderne, feministische Serie ist „Scream“ allerdings noch lange nicht; auch wenn sei genau wie die Filme versucht, mit den Regeln des Genres zu spielen und immer wieder ganz schön meta sein will, ist „Scream“ im Grunde doch nur ein auf etwa 420 Minuten ausgedehnter Slasher-Film, bei dem sich hübsche, junge Menschen manchmal wahnsinnig dumm verhalten und so dem Mörder in die Falle gehen – allerdings nicht nur die weiblichen Figuren.

Das mit der Meta-Ebene, durch die sich die Filme auszeichneten, klappt in der Serie also nicht immer. In der ersten Folge unterhalten sich die Teenager mit ihrem Lehrer zwar noch darüber, ob ein Slasher-Film überhaupt als Serie funktionieren kann. Die späteren Episoden verlieren derartige Fragen jedoch etwas aus dem Blick, auch wenn immer noch eine Menge popkultureller Anspielungen vorkommen. Kann also ein Film wie „Scream“ auch als Serie funktionieren? Die Antwort lautet: ja, aber die Serie bleibt dabei doch eher in den Regeln des Genres gefangen. Es gelingt ihr kaum, sie zu unterlaufen wie das noch vor allem die ersten beiden Filme mehrmals taten.

Weil hier wie gesagt die Hauptfiguren im Teenager-Alter sind und Twitter, WhatsApp und dergleichen für sie so selbstverständlich ist wie Atmen, kam ich mir beim Anschauen der Serie schnell ganz schön alt vor. Dass selbst der Lehrer gerade mal fünf Minuten älter aussieht als seine Schüler, machte es nicht besser. Die einzige Möglichlichkeit, um sich wieder jung, relevant und auf der Höhe der Zeit zu fühlen, scheint der Serie zufolge im Konsum zu liegen. Denn dazu habe ich mich beim Anschauen immer wieder aufgefordert gefühlt, wenn die Figuren Bemerkungen darüber fallen lassen, dass iPods doch schon längst überholt sind und Facebook nur noch etwas für Leute von gestern ist. Wie hat es Alan Grant in „Jurassic Park“ – einem uralten Film von 1993 – doch formuliert: „Die Welt ändert sich so schnell, dass wir laufen müssen, um nicht zurück zu bleiben.“ „Scream“ hat mir die Wahrheit, die in diesem Satz steckt, wieder einmal vor Augen geführt.

Für Schauspieler stelle ich mir die Arbeit an einer solchen Serie als nicht besonders herausfordernd dar. Weil die Handlung nach jedem neuen Schrecken und jedem neuen Mord stets schnell weitergehen muss, dürfen die Figuren gar nicht realistisch trauern. Da erfährt zum Beispiel eine Person vom Tod eines Familienmitglieds, hält daraufhin aber nur kurz inne, um dann ganz normal weiterzumachen. Die Handlung muss schließlich weitergehen und schielt immer schon auf den nächsten Mord, statt sich ernsthaft mit den Konsequenzen der vergangenen Morde für die Überlebenden zu beschäftigen. Aber das habe ich natürlich von einer Teenie-Slasher-Serie auch nicht wirklich erwartet.

Die Geschichte verläuft also in etwa so, wie man das erwartet. Ich hatte zwar bis zum Schluss keine Ahnung, welche der Figuren der Mörder ist (das Rätselraten darum gehörte ja schon immer zur „Scream“-Reihe), aber ich bin bei solchen Vorhersagen generell wahnsinnig schlecht. Die letzten Folgen haben mich erfolgreich auf mehrere falsche Fährten geführt, wodurch es auch zum Schluss noch spannend blieb. Bahnbrechende Unterhaltung ist „Scream“ also sicher nicht, aber doch gut gemacht und mit kaum Längen. In die zweite Staffel werde ich sicher auch mal reinschauen.

Hannibal – Die dritte Staffel

Achtung! Dieser Text enthält Spoiler zur dritten Staffel von „Hannibal“!

„Hannibal“ ist eine Serie voller Gegensätze. Jede Episode ist voller grausamer Bilder, die aber doch so kunstvoll und ästhetisch in Szene gesetzt sind, dass man nicht wegschauen kann. Die Serie hat zahlreiche Fans auf der ganzen Welt („Fannibals“), wurde aber nach der dritten Staffel wegen schlechter Quoten abgesetzt. In den Haupt- und Nebenrollen sind namhafte Stars aus Film und Fernsehen zu sehen, deren Schauspiel hier aber oft so entrückt und fremdartig wirkt, dass es mit ihren anderen Arbeiten kaum zu vergleichen ist.

Hannibal - Blu-raySchon von den ersten Episoden an war ich ein Fan von „Hannibal“. (Die erste Staffel habe ich im Blog besprochen, bei der zweiten habe ich es leider versäumt.) Ich habe die Romane von Thomas Harris gelesen und alle früheren Verfilmungen des Stoffes gesehen. Ridley Scotts „Hannibal“ hatte es mir für eine Weile besonders angetan. Als ich von Bryan Fullers Plan erfuhr, in der Serie nacheinander die drei Romane „Roter Drache“, „Das Schweigen der Lämmer“ und „Hannibal“ fürs Fernsehen zu adaptieren, war ich begeistert. Und wer hätte sich vor ein paar Jahren vorstellen können, dass Mads Mikkelsen sich die Rolle des Hannibal Lecter so sehr zu eigen machen würde – eine Rolle, die zuvor untrennbar mit der Darstellung durch Sir Anthony Hopkins verbunden schien.

Dr Hannibal LecterBasierend auf Figuren aus „Roter Drache“ – allen voran Will Graham (Hugh Dancy), Dr. Hannibal Lecter (Mads Mikkelsen) und Jack Crawford (Laurence Fishburne) – erzählten die ersten beiden Staffeln der Serie weitgehend neue Geschichten. Erst in der dritten Staffel beginnen Fuller und die anderen Drehbuchautoren nun konkret damit, Handlungsstränge aus den Romanen zu adaptieren. In der ersten Hälfte der Staffel hält man sich dabei an den Roman „Hannibal“, während die zweite Hälfte sich an „Roter Drache“ orientiert. Dass die beiden Bücher eigentlich in umgekehrter Reihenfolge spielen (und mit einem Abstand von mehreren Jahrzehnten) spielt dabei keine Rolle. Denn die Serie war von Beginn an keine strenge Adaption der Romane – was sowieso langweilig gewesen wäre – sondern eher so eine Art Remix der aus den Büchern und bisherigen Verfilmungen bekannten Figuren und Handlungselemente. (Übrigens haben die Serienmacher sich zwar die Rechte an den Romanen „Roter Drache“, „Hannibal“ und der Lecter-Vorgeschichte „Hannibal Rising“ sichern können, jedoch noch nicht an „Das Schweigen der Lämmer“. Dies ist der Grund dafür, warum in der Serie bisher keine Figuren und Elemente aus diesem Buch aufgetaucht sind, u.a. natürlich auch nicht Clarice Starling.)

Jack CrawfordFans des Hannibal Lecter-Universums bekommen mit „Hannibal“ sowohl viele altbekannte Elemente vorgesetzt, die man bei einer Adaption des Stoffes erwartet, als auch Neues und Überraschendes. Ein Beispiel ist die Balkon-Szene in Florenz, die man aus dem Roman „Hannibal“ und dessen Verfilmung kennt und die eine meiner Lieblingsszenen des Films ist. Sie läuft in der Serie zunächst genau so ab, wie man es voller Spannung und Vorfreude erwartet: Hannibal Lector karrt den gefesselten Inspektor Pazzi (Fortunato Cerlino) auf einen Balkon des Palazzo Vecchio, um ihm dort den Bauch aufzuschlitzen. Genau wie im Roman erhält Pazzi einen Anruf und genau wie man es erwartet, geht Lecter ans Telefon. Hier ist es aber (aus den erwähnten Gründen) nicht Clarice Starling, die anruft um Pazzi vor Lecter zu warnen, sondern die FBI-Psychologin und ehemalige Lecter-Geliebte Alana Bloom (Caroline Dhavernas). Und als Lecter Pazzi schließlich vom Balkon stürzt und dort baumeln lässt, wird die Szene durch die Ankunft von Jack Crawford erweitert, der Lecter sodann in einem Kampf auf Leben und Tod verwundet. Aber Lecter entkommt.

Als Lecter in der nächsten Folge Will Graham und Crawford in seine Gewalt bringen kann, bringt uns das zu einer Abwandlung der berühmten „Gehirnszene“ aus „Hannibal“. Hier ist es nun Will, dessen Schädel Lecter aufschneiden will. Leider kommt es nicht dazu – dafür habe ich mich hier aber bei meinem eigenen Voyeurismus ertappt, weil ich richtig enttäuscht war, dass nun doch kein Schädel aufgeschnitten und kein Gehirn verfüttert wurde. Immerhin waren die Blutspritzer, als Lecter seine Säge an Wills Kopf ansetzte, sehr schön – selten zuvor sahen Gewalt und Tod so kunstvoll und ästhetisch aus wie in „Hannibal“.

Hannibal Lecter & Bedelia Du MaurierLeichte Unterhaltung ist „Hannibal“ sicher nicht, und das nicht nur wegen des hohen Gewaltanteils. Die Serie macht es ihren Zuschauern auch nicht leicht. Die Handlung wird zu einem großen Teil über Bilder vermittelt und nicht immer chronologisch erzählt. Zeitsprünge sind ebenso an der Tagesordnung wie minutenlange Szenen gänzlich ohne Dialoge, untermalt nur von der eigenwilligen, aber äußerst passenden und effektiven Musik von Brian Reitzell. Es ist schon eine Weile her, dass ich die zweite Staffel angeschaut habe, aber ich hatte nun bei der dritten Staffel den Eindruck, als sei die Serie noch einmal ein ganzes Stück sonderbarer geworden. Die teils surrealen Bilder und die nicht traditionelle Erzählweise gehörten ja schon immer zum Stil der Serie, aber in der dritten Staffel wird die Schraube diesbezüglich noch einmal ein ganzes Stück angezogen. Wer schon die ersten beiden Staffeln geliebt hat, wird das mögen. Aber neue Zuschauer kann man so sicher keine gewinnen und auch diejenigen, die „Hannibal“ bisher als crime drama zu schätzen wussten, werden zumindest in der ersten Hälfte der Staffel enttäuscht. Das aus den ersten zwei Staffeln bekannte Schema, wo Will und Hannibal stets mit vereinten Kräften einem Mörder auf die Spur kommen mussten, wird hier fallen gelassen. Einfach mal eben eine Folge anschauen und sich davon gut unterhalten lassen, ist sowieso nicht möglich. Man muss schon ganz genau bescheid wissen und kann nicht einfach mittendrin einsteigen. Dafür wird hier viel zu episodenübergreifend erzählt; die Handlung bricht meist am Episodenenede einfach ab und wird in der nächsten Folge wieder aufgenommen. Zudem geht die Handlung manchmal ziemlich langsam voran. Oder wirkt das nur aufgrund des Stils und des Schauspiels so? Ich habe jedenfalls den Eindruck, dass die von den Regisseuren am meisten gegebene Regieanweisung „Noch langsamer!“ gewesen sein muss. Das soll kein Kritikpunkt sein, das Langsame, Traumartige ist ganz einfach Teil des „Hannibal“-Stils. Es schlägt sich auch im Schauspiel nieder. Ganz besonders Gillian Anderson spricht ihre Dialoge so, als sei sie die ganze Zeit auf Drogen (zugegeben: das ist ihre Figur vielleicht wirklich). Noch besser fand ich in dieser Staffel nur Richard „Thorin“ Armitage als von Zweifeln und Selbsthass geplagten Serienmörder Francis Dolarhyde. In seiner ersten Folge hatte er glaube ich keine einzige Dialogzeile! Teilweise wirkt das, als würde man ihm bei einer Schauspielübung zusehen, weil man derartige Darstellungen aus Film und Fernsehen einfach kaum gewohnt ist. In welcher anderen Serie bekommen Schauspieler schon die Gelegenheit, so körperbetont und fast wie in einem Stummfilm zu spielen?

Will GrahamDas Ergebnis dieser eigenwilligen Mixtur hat leider wohl viele Zuschauer befremdet. Die zweite Hälfte der Staffel ist zwar weniger experimentell als die erste, doch zu diesem Zeitpunkt dürfte schon ein Teil des Publikums verloren gewesen sein, was ich sehr, sehr schade finde. Ich hätte so gerne noch gesehen, wie Bryan Fuller „Das Schweigen der Lämmer“ (sofern er die Rechte bekommen hätte) und weitere Elemente der anderen Romane adaptiert. Das Ende der Staffel fand ich jedenfalls sehr gekonnt geschrieben und inszeniert. Ich hatte mich schon gefragt, ob Hannibal Lecter für den Rest der Serie in Gefangenschaft bleiben soll. Doch seine Flucht, bei der Dolarhyde nachgeholfen hat, war tatsächlich glaubwürdig, der anschließende Kampf Wills und Hannibals gegen Dolarhye nerven- und das Ende herzzerreißend. Hannibal Lecter stürzt sich mit Will Graham von der Klippe – Dr Lecter liebt eben nicht nur Menschenleber und guten Wein, sondern auch das große Drama.

Falls das also wirklich das Ende sein sollte und „Hannibal“ keine Fortsetzung bei einem Streamingdienst oder in Form eines Kinofilms vergönnt ist, dann bleibt neben einer großartig inszenierten Serie mit grandiosen Schauspielleistungen auf jeden Fall eines der tragischsten Liebespaare der Fernsehgeschichte: Will Graham und Dr Hannibal Lecter. Zur Verdeutlichung hier ein paar Zitate: „I’ve never known myself as well as I know myself when I’m with him“, sagt Will über Hannibal. Und als sie sich ein paar Folgen später gegenüber stehen: „You and I have begun to blur. (…) We’re conjoined. I’m curious whether either of us can survive separation.“ Die vorletzte Episode enthält dann schließlich die Abwandlung eines meiner Lieblingszitate aus „Hannibal“ (dem Buch und Film). Will fragt Bedelia Du Maurier (Gillian Anderson): „Is Hannibal in love with me?“, und sie antwortet: „Could he daily feel a stab of hunger for you and find nourishment at the very sight of you? Yes. But do you ache for him?“

Mit „Hannibal“ ist es den Autoren und Schauspielern gelungen, dem Mythos um Hannibal Lecter eine weitere Facette hinzu zu fügen. Fanden wir den intelektuellen Kannibalen auch bisher aufgrund seiner Widersprüche schon faszinierend, so haben wir hier auch seine menschliche, weiche und emotionale Seite kennen gelernt. Noch mehr als früher wünschen wir Hannibal, dass er ungeschoren davon kommt, nicht geschnappt wird und in Freiheit leben und speisen darf bis an sein Lebensende – nur eben nun zusammen mit seiner großen Liebe Will Graham.

Die dritte Staffel von „Hannibal“ ist auf DVD und Blu-ray erhältilch. Als Bonusmaterial sind nicht nur zahlreiche interessante Audiokommentare enhalten, sondern auch eine zweistündige und damit sehr umfangreiche Making of-Dokumentation.

Copyright Bilder: Studiocanal

Babylon 5 – Episode 1.15 “Grail”

Langsam aber sicher schaue und schreibe ich mich durch die erste Staffel von „Babylon 5“ und bin nun bei der 14. Folge angekommen. Ja, richtig gelesen: Obwohl es sich bei „Grail“ auf den DVDs (und bei der TV-Ausstrahlung) um Episode 1.15 handelt, schaue ich die Serie wie beim letzten Mal erwähnt in der von Serienschöpfer J. Michael Straczynski (JMS) empfohlenen Reihenfolge an, die vor allem in der ersten Staffel eine deutlich andere ist. Die genaue Reihenfolge könnt ihr ganz am Ende meines letzten Blogposts nachlesen. Die nächste Folge, die ich im Blog besprechen werde, wird dann Episode 1.16 sein.

Bevor ich nun zur aktuellen Episode komme, habe ich aber noch einen äußerst erfreulichen Hinweis: Es gibt ihn endlich, den ersten deutschsprachigen „Babylon 5“-Podcast. Er heißt „Der graue Rat“ und wurde von den langjährigen B5-Fans Raphael und Sascha ins Leben gerufen. Eine Einführungsepisode ist bereits online und demnächst gibt’s die Besprechung des Pilotfilms. Es kann gut sein, dass ich auch mal als Gast im Podcast zu hören sein werde. (Eine Übersicht über englischsprachige Podcasts zur Serie findet ihr übrigens hier.) Und nun ab durchs Hyperraumsprungtor zur Besprechung der Episode…

Episode 1.15 „Grail“ („Der Gral“)

Drehbuch: Christy Marx, Regie: Richard Compton
Erstausstrahlung: 06.07.1994 (USA), 12.11.1995 (Deutschland)

Die Ausgangssituation dieser Episode ist im Grunde dieselbe wie bei der letzten Folge – ein Besucher kommt an Bord der Station, um die Botschafter der außerirdischen Regierungen zu befragen. Im Gegensatz zu „Signs and Portents“ ist „Grail“ aber in erster Linie eine in sich abgeschlossene Geschichte, die nur wenig Relevanz für den großen story arc aufweist, auch wenn sich natürlich ein paar Verweise und Anspielungen auf Vergangenes (und Zukünftiges) finden lassen.
Mit Aldous Gajic (David Warner) kommt ein „wahrer Suchender“ an Bord der Station, so drückt es jedenfalls Delenn aus. Garibaldi dagegen rollt mit den Augen, als Aldous unmittelbar nach seiner Ankunft mitteilt, er sei auf der Suche nach dem heiligen Gral. Gajic ist der letzte Anghörige eines Ordens, dessen Mitglieder seit tausenden von Jahren nach dem Gral suchen. Da dieser auf der Erde bislang nicht gefunden wurde, ist die Suche inzwischen auf andere Planeten ausgeweitet worden. Auch Sinclair ist zunächst skeptisch, sehr zur Überraschung von Delenn. Es spiele keine Rolle, ob der heilige Gral tatsächlich existiere, erklärt sie Sinclair. Allein die Tatsache, dass Aldous Gajic sein ganzes Leben der Suche nach dem Gral verschrieben habe, mache ihn zu einer Person, der man hohen Respekt erweisen müsse. Sein unerschütterlicher Glaube und seine fortwährende Suche seien äußerst bewundernswert (siehe Zitate). Sinclair erwidert, er wünsche Gajic Glück bei seiner Suche, schließlich sei er wahrscheinlich der einzige „wahre Suchende“ unter den Menschen. Delenn antwortet darauf kryptisch: „Then perhaps you do not know yourself as well as you think.“ Das sollte man im Hinterkopf behalten…
Aldous Gajic wird von dem britischen Charakterdarsteller David Warner gespielt, der vor allem für seine Darstellung von Bösewichten bekannt ist und in zahlreichen Filmen, Serien, Videospielen und Theaterstücken zu sehen und/oder hören war. Hier darf er als sanfter und in sich ruhender Suchender so etwas wie würdevolle Autorität ausstrahlen, aber besonders viel kommt davon bei mir nicht an. Der Rest der Episode macht das nicht besser: Die banale Handlung um Thomas „Jinxo“ Jordan (Tom Booker), der dem fiesen Deuce (William Sanderson) Geld schuldet, ist ziemlich uninteressant. Zum Zeitpunkt der Erstausstrahlung mag das von Deuce eingesetzte Monster in seiner ganzen CGI-Pracht noch beeindruckt haben (siehe „Hinter den Kulissen“), heute sieht es einfach nur lächerlich aus.

Ihr merkt schon, ich habe keine Lust mehr, die Episode hier weiter nach zu erzählen (das würde sich wahrscheinlich sowieso nicht besonders spannend lesen). Ich konzentriere mich also auf ein paar Punkte, die mir erwähnenswert scheinen: Tom Booker leistet als Jinxo meiner Meinung nach schauspielerisch keine besonders gute Arbeit, dafür habe ich mich aber gefreut, William Sanderson hier zu sehen. Der Mann hatte schon damals eine lange Karriere in Film und Fernsehen; ich kenne ihn unter anderem aus „Blade Runner“ und „True Blood“.
Für alle, die den Pilotfilm verpasst haben, wiederholt Jinxo in dieser Folge noch einmal, was mit den ersten vier Babylon-Stationen passiert ist. Die ersten drei wurden durch Sabotageakte noch vor der Fertigstellung zersört, während Station Nummer vier kurz nach ihrer Inbetriebnahme einfach verschwand und seitdem nie wieder gesehen wurde. Auch das sollte man im Hinterkopf behalten…
Delenn versichert Aldous, sie werde Informationen über den Gral sofort an ihn weiterleiten. Auch Londo stattet der Suchende einen Besuch ab, doch der Centauri-Botschafter erweist sich als weniger entgegenkommend und sieht in Adlous‘ Gesuch vor allem eine Möglichkeit, Profit zu schlagen. Doch seinem Assistenten Vir ist Profitsucht fast vollkommen fremd; naiv und „effizient“, wie er es bezeichnet, händigt er Aldous alle Informationen aus, die er in den Datenbanken der Centauri zum Gral finden konnte. Die Darstller von Londo und Vir – Peter Jurasik und Stephen Furst – sind im Zusammenspiel wunderbar und zusammen mit der passenden Musik ergibt sich hier eine herrliche Comedy-Szene (allerdings sehen Virs Haare in dieser Episode schrecklich aus).
Auch wenn wie gesagt von der Würde und Autorität von Aldous Gajic bei mir nicht besonders viel ankommt, so ist diese Figur doch typisch für „Babylon 5“. Aldous ist nicht nur ein Suchender, sondern auch ein Idealist, der nicht aufgibt. Seine Suche nach dem Gral steht für die Suche nach dem Sinn im Leben auf der wir alle sind. Auch fast alle Charaktere in „Babylon 5“ sind auf dieser Suche. Londo beispielsweise glaubt, Erfüllung nur darin finden zu können, seiner Heimatwelt ihre alte Bedeutung wiederzugeben oder es zumindest zu versuchen. Sinclair dagegen scheint sich noch gar nicht bewusst zu sein, was seine Bestimmung ist und auf welchen Weg er sich begeben soll. Doch wie oben schon erwähnt hält Delenn auch ihn für einen wahren Suchenden, der nur noch nicht weiß, auf welcher Reise er sich befindet. In der Szene mit Delenn-Darstellerin Mira Furlan am Ende der Episode kann Michael O’Hare als nachdenklicher, zweifelnder und Hilfe suchender Sinclair jedenfalls voll und ganz überzeugen und es wird nachvollziehbar, warum gerade er als Sinclair gecastet wurde.

Highlight der Episode: Die Gerichtsverhandlung am Anfang, bei der ein Mensch ein Alien verklagt, weil dessen Großvater einst seinen Großvater entführt haben soll. Diese Szene wurde von JMS in die Folge eingefügt, da das Drehbuch von Christy Marx etwas zu kurz geraten war. JMS zufolge gewann übrigens der Mensch den Fall, aber die Entschädigung, die ihm zugesprochen wurde, war nur minimal.

Londo/G’Kar-Moment: G’Kar kommt in der Episode leider nicht vor, dafür spielt Garibaldi Londo aber einen bösen Streich und macht ihm Angst vor dem Na’ka’leen Feeder.

Folgende (weitere) wichtige Informationen, die für den weiteren Verlauf der Serie wichtig sind, erhalten wir in dieser Episode:

  • Aldous fragt Delenn, ob die zwei Seiten ihrer Kultur (gemeint sind die zwei Kasten, siehe „weitere interessante Punkte“) sich jemals auf eine Sache einigen können. „Yes“, antwortet Delenn. „And when they do, it is a terrible thing. A terrible power, as recent events have shown us.“ Damit spielt sie auf den Krieg zwischen den Minbari und den Menschen an, in dem die Minbari die Menschheit fast vernichtet hätten.
  • Sinclair informiert Kosh darüber über die Täuschung von Deuce. Als er Kosh sagt, einige Leute seien nervös, weil niemand genau wisse, wie Kosh aussehe, antwortet dieser einfach: „Gut.“

Sonstige Fragen:

  • Wir erleben die Reaktionen von Londo, Delenn und Sinclair auf Aldous Gajic und seine Mission, aber wie hätte G’Kar darauf reagiert? Hätte er in der Suche nach dem Gral einen noblen Akt oder lächerliche Zeitverschwendung gesehen?
  • Woher hatte Deuce eigentlich den täuschend echten Nachbau von Koshs Anzug? Kosh wird dafür ja wohl kaum Modell gestanden haben…

Weitere interessante Punkte:

  • Lennier erklärt Thomas und Aldous, dass es zwei Minbari-Kasten gibt. Tatsächlich erfahren wir später in der Serie, dass es drei Kasten gibt (religiöse, Krieger- und Arbeiterkaste). Warum spricht Lennier hier also nur von der religiösen und der Kriegerkaste? JMS hat sich wohl erst im Verlauf der Serie dazu entschlossen, die Kultur und Weltanschauung der Minbari um die Zahl Drei herum aufzubauen. Wir werden in den späteren Staffeln jedenfalls Angehörige aller drei Kasten zu sehen bekommen.
  • Als Thomas am Ende der Episode Aldous‘ Nachfolge als Suchender antritt, verlässt er die Station auf einem Raumschiff namens Mary Celeste. JMS bezeichnet diese Tatsache als ein Beispiel „wirklich perversen Humors“, denn bei der Mary Celeste handelt es sich um ein berühmtes Geisterschiff. Es wurde 1872 im Atlantik treibend aufgefunden, ohne Hinweise auf den Verbleib der Crew. Da kann man nur hoffen, dass die Mary Celeste mit „Jinxo“ an Bord heil an ihr Ziel kommen wird…
  • Zum ersten Mal haben wir hier einen Fall von „mind wiping“, also kompletter Gedächtnislöschung. Dr. Franklin berichtet, man werde der Frau, die Opfer des Feeders geworden ist, all ihre Fähigkeiten neu beibringen müssen wie einem kleinen Kind.

Interessante „Hinter den Kulissen“-Fakten:

  • Aldous Gajic trägt denselben Nachnamen wie der Ehemann von Delenn-Darstellerin Mira Furlan, Goran Gajić.
  • Mr. Flinn, der in der Gerichtsszene das Alien verklagt (siehe „Highlight der Episode“), wird vom Kameramann der Serie gespielt, John C. Flinn III. Dieser war bereits früher immer wieder als Schauspieler tätig gewesen, war zu diesem Zeitpunkt jedoch lange nicht mehr vor der Kamera gestanden. Da JMS die Figur im Drehbuch jedoch Flinn genannt und bereits allen Crewmitgliedern mitgeteilt hatte, dass John Flinn die Rolle übernehemen werde, konnte er sich nicht mehr aus der Affäre ziehen und musste die kleine Rolle übernehmen.
  • „Grail“ ist die letzte Episode, bei der Richard Compton Regie geführt hat. Compton war als Regisseur für den Pilotfilm und insgesamt fünf Folgen der ersten Staffel verantwortlich.
  • Wenn auch der „Na’ka’leen Feeder“ wie gesagt heute einfach nur noch billig aussieht, so war eine solche computergenerierte Figur damals fürs Fernsehen geradezu revolutionär. Je nachdem, welcher Quelle man glaubt, brauchten die Computer von Foundation Imaging damals ein bis zwei Wochen, um die Kreatur zu rendern.
  • Am Anfang der Episode setzt Deuce Thomas ein Zeitlimit von „300 cycles“. Diese „Umdrehungen“ sollten anfangs als Zeiteinheit auf Babylon 5 verwendet werden, doch JMS entschied sich schnell wieder um, da die Zuschauer mit dieser Zeitangabe nicht viel anfangen können. In zukünftigen Episoden werden Umdrehungen der Station nicht mehr als Zeiteinheit verwendet.

Zitate:

Delenn: „Among my people, a true seeker is treated with the utmost reverence and respect. It doesn’t matter that this Grail may or may not exist. What matters is that he strives for the perfection of his soul and the salvation of his race. That he has never wavered or lost faith.“

Sinclair: „One person’s lunatic is another person’s true seeker.“
Garibaldi: „You’ve been hanging around with Delenn too much.“

Londo: „Fools to the left of me, feeders to the right. I need to find a real job!“

Ivanova: „No boom today. Boom tomorrow. There’s always a boom tomorrow.“

 

Die nächste Folge in meinem „Babylon 5“ Rewatch:
1.16 „Eyes“

Babylon 5 – Episode 1.13 „Signs and Portents“

Nach einigen Monaten Pause geht mein Rewatch von „Babylon 5“ nun endlich weiter. Ich hatte die lange Pause nicht geplant, sie hat sich einfach so ergeben. Aber es eilt ja nicht.
Einen organisatorischen Hinweis habe ich an dieser Stelle noch: Ich werde die Serie im Verlauf des Rewatch nicht in der auf den DVDs vorgegebenen Reihenfolge anschauen, sondern in der von J. Michael Straczynski (JMS) empfohlenen Reihenfolge. Diese entspricht im Großen und Ganzen der hier aufgelisteten Episodenabfolge, allerdings mit dem Unterschied, dass ich einige der „Babylon 5“-Fernsehfilme erst nach dem Ende der Serie anschauen und besprechen werde, auch wenn sie chronologisch zum Teil während der Serienhandlung einzuordnen sind. So macht des dramaturgisch und spannungstechnisch mehr Sinn – zumindest wenn man die Serie zum ersten Mal anschaut (und ich werde mich bemühen, die Blogposts weiterhin frei von größeren Spoilern zu halten). Ganz besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass ich natürlich nicht mit dem Film „In The Beginning“ begonnen habe, wie es die Liste vorschlägt. Zwar ist der Film ein Prequel, spielt also vor der Serienhandlung, doch spoilert er entscheidende Elemente der Serie und sollte frühestens in der Mitte der vierten Staffel angeschaut werden.

Die Reihenfolge der Serienepisoden auf den DVDs (und bei der Fernsehausstrahlung) entspricht in einigen Fällen nicht der von den Serienmachern beabsichtigten Reihenfolge. Die meisten Veränderungen in der Reihenfolge finden sich in der zweiten Hälfte der ersten Staffel. Im nächsten Blogpost werde ich deshalb nicht Episode 1.14 beprechen, sondern 1.15 („Grail“ / „Der Gral“). Ganz am Ende dieses Blogposts findet ihr die Reihenfolge, in der ich die erste Staffel anschauen werde. Alle Änderungen gegenüber den DVDs sind dort hervorgehoben.
Jetzt aber genug der langen Vorrede und weiter mit der aktuellen Episode:

Episode 1.13 „Signs and Portents“ („Visionen des Schreckens“)

Drehbuch: J. Michael Straczynski, Regie: Janet Greek
Erstausstrahlung: 18.05.1994 (USA), 29.10.1995 (Deutschland)

„Signs and Portents“ ist eine der wichtigsten Episoden und eine meiner Lieblingsfolgen aus der ersten Staffel. Die zentrale Bedeutung der Episode für die Serienhandlung lässt sich schon daran ablesen, dass ihr Titel zugleich auch der Titel der gesamten ersten Staffel ist. (Im Deutschen hat man der Staffel den Titel „Zeichen und Wunder“ gegeben, was näher am Original und auch auf jeden Fall passender ist als „Visionen des Schreckens“. Bei den kommenden Staffeln hat man da leider nicht mehr mitgedacht, so dass die Staffeln 3 und (ganz besonders) 4 leider Titel tragen, die nicht zu den episodenübergreifenden Inhalten und Themen der Staffeln passen.)
Mit dem charismatischen, aber unheimlichen Mr. Morden (Ed Wasser) betritt in dieser Folge erstmals eine wichtige Figur die Station, die wir im Verlauf der Serie noch öfter sehen werden. Von Anfang an umgibt ihn eine Aura des Mysteriösen und Bedrohlichen. Als er bei der Passkontrolle gefragt wird, ob er bei seiner mehrere Jahre dauernden Forschungsreise am äußeren Rand der Galaxis etwas Interessantes gefunden habe, antwortet er schlicht mit „Ja“. Nicht nur Mordens Hintergrund, sondern auch der Zweck seines Aufenthaltes auf Babylon 5 sind dem Zuschauer auch nach dem Ende der Episode noch ein Rätsel: Nacheinander sucht er die Botschafter der außerirdischen Regierungen auf, um ihnen eine einfache, aber absurd wirkende Frage zu stellen: „What do you want?“
Narn-Botschafter G’Kar (Andreas Katsulas) ist der Erste, den Morden aufsucht. Nachdem er von Mordens sinnlos wirkender Frage zunächst genervt ist und antwortet, er wolle ganz einfach von ihm in Ruhe gelassen werden, öffnet er ihm sich schließlich doch und gibt eine ausführlichere und ehrliche Antwort: Er will Rache an den Centauri für die Verwüstung seiner Heimatwelt, er will es ihnen gleichtun und auch ihren Planeten verwüsten und sie komplett auslöschen. „And then what?“, fragt Morden. „I don’t know“, antwortet G’Kar. „As long as my homeworld’s safety is guaranteed, I don’t know that it matters.“ Damit hat Morden genug gehört und lässt G’Kar wieder allein. Dessen Antwort sagt eine Menge über ihn aus: G’Kar ist getrieben vom Gedanken der Rache an den Centauri. Zwar bekleidet er eine diplomatische Position auf Babylon 5, doch sein Handeln wird vor allem von Hass getrieben – dem Hass auf die Centauri. Um sich an ihnen zu rächen, ist ihm jedes Mittel recht. Darüber hinaus scheint er aber zu diesem Zeitpunkt keine weiteren Ambitionen zu haben – und ohne zu viel zu verraten: genau das ist es wohl, was ihn für Morden letztlich nicht interessant macht.
Weitaus mysteriöser und rätselhafter für den Zuschauer gestaltet sich Mordens Termin bei der Minbari-Botschafterin Delenn (Mira Furlan). Während sie mit ihm spricht, arbeitet sie an einem seltsamen Gebilde, das aussieht, als sei es aus bunten Glasscheiben zusammengesteckt. Von Anfang an wirkt sie Morden gegenüber misstrauisch, wird dann plötzlich offen feindselig und wirft ihn energisch aus ihrem Quartier. Während auf einmal ein dunkler Schatten über Morden fällt, leuchtet auf Delenns Stirn ein dreieckiges Symbol auf, welches sie rasch mit ihrer Hand verdeckt. Nachdem Morden gegangen ist, murmelt sie entsetzt „They’re here.“ Doch wen meint sie damit und was bedeutet das alles?

Die Hauptperson der Episode ist zweifellos Londo Mollari (Peter Jurasik). Schon im Pilotfilm wurde etabliert, wie sehr der Centauri-Botschafter den glorreichen alten Zeiten der Republik nachtrauert. Nun ist es ihm gelungen, das „Auge“ in seinen Besitz zu bringen, einen lange verschollenen Kunstgegenstand, der sich bereits im Besitz des ersten Imperators befand. Das Auge soll dabei helfen, die Autorität des politisch geschwächten Imperators zu stärken und so der Centauri-Republik etwas von ihrer alten Stärke zurückzugeben.
Londo empfängt Lord Kiro (Gerrit Graham) und dessen Tante Lady Ladira (Fredi Olster) auf Babylon 5. Kiro soll das Auge zurück nach Centauri Prime bringen und dem Imperator übergeben. Gleich nach ihrer Ankunft auf der Station hat Lady Ladira, die über hellseherische Fähigkeiten verfügt, eine Vision von „Tod, Zerstörung und Feuer“. „Babylon will fall, this place will be destroyed“, teilt sie Londo und Kiro mit. Damit bezieht sie sich allerdings nicht auf den Angriff der Raiders auf die Station, der in dieser Folge stattfindet. Am Ende der Episode lässt sie Sinclair (Michael O’Hare) – und mit ihm den Zuschauer – durch eine telepathische Verbindung an ihrer Vision teilhaben: Wir sehen, wie Babylon 5 explodiert, während ein einzelnes Raumschiff die Station noch rechtzeitig verlässt. JMS wurde nach der Ausstrahlung der Episode gefragt, ob das hier gezeigte Ende der Raumstation nicht viel zu viel verrate. Doch JMS war der Ansicht, dass es eines der Hauptelemente jedes Dramas sei, dem Zuschauer (bzw. Leser) Informationen zu geben, über die die Figuren in der Geschichte noch nicht verfügen. Die Spannung ergebe sich dann daraus, dass man zwar wisse, was passieren wird, jedoch noch unklar sei, auf welche Weise dies geschehen würde (vgl. Asked & Answered Part 4, S. 1559). Ohne an dieser Stelle zu viel zu verraten (ich will ja nicht spoilern): Lady Ladiras Vision enthält tatsächlich viel Wahres. Gleichzeitig sollte man aber auch ihre Bemerkung, die Zunkunft verändere sich ständig, im Hinterkopf behalten. Denn dies lässt sich auch auf die Produktionsgeschichte von „Babylon 5“ beziehen. Verschiedene äußere Umstände zwangen JMS im Verlauf der Produktion nämlich dazu, die Handlung der Serie und damit auch ihr Ende mehrmals umzuschreiben und an die äußeren Umstände (z.B. den Ausstieg von Darstellern) anzupassen. Lady Ladiras Vision entsprach tatsächlich dem von JMS damals geplantem Ende für die Serie – ein einzelnes Shuttle, das die exlodierende Station verlässt. Die Spannung ergab sich daraus, dass man als Zuschauer natürlich nicht wusste, wodurch Babylon 5 zerstört wird und wer sich an Bord des Shuttles befindet. Das tatsächliche Ende der Serie entsprach 1998 dann nicht mehr ganz Lady Ladiras Vision… Aber mehr will ich hier nicht verraten.
Lord Kiro nimmt die Visionen seiner Tante jedenfalls nicht ernst, schließlich habe sie an seinem ersten Geburtstag vorhergesagt, er würde eines Tages von Schatten getötet werden. Genau wie Londo will er die Republik zu ihrer alten Größe zurückführen. Er verspricht Londo, das Auge sicher nach Centauri Prime zu bringen und der Versuchung zu widerstehen, es bloß zum eigenen Vorteil einzusetzen. Wie wir am Ende der Episode herausfinden, war das gelogen.
Als Londo sich auf den Weg macht, Lord Kiro das Auge zu übergeben und ihn zu verabschieden, wird er von Mr. Morden abgefangen. Dieser stellt ihm die gleiche Frage, die er auch schon G’Kar und Delenn gestellt hat: „What do you want?“ Zunächst ist auch Londo genervt von Mordens Fragerei, doch als dieser nicht locker lässt, gibt auch Londo ihm eine ehrliche und ziemlich ausführliche Antwort. Wie sich am Ende der Episode herausstellt, scheint es genau die Antowrt gewesen zu sein, nach der Morden gesucht hat, anders als die Reaktionen von G’Kar und Delenn. Der Grund dafür, liegt – ohne zuviel zu verraten – darin, dass Londos Antwort genau die richtige Mischung an „resentment, nostalgia, ambition, frustration and a sense of displaced destiny“ zum Ausdruck kommen lässt, wie JMS angemerkt hat (vgl. Asked & Answered Part 4, S. 1560).

Die B-Story der Episode dreht sich mal wieder um Angriffe der schon aus „Believers“ oder „Midnight on the Firing Line“ bekannten Raiders. Sinclair, Garibaldi und Ivanova sind ratlos, wie die Raiders immer wieder so schnell zuschlagen und sofort wieder verschwinden können, schließlich können ihre kleinen Schiffe keine eigenen Hyperraumsprungtore öffnen. Als erneut ein Transportschiff von den Raiders angegriffen wird und um Hilfe ruft, schickt Sinclair das Delta-Geschwader unter dem Kommando von Ivanova los. Er kommt jedoch darauf, dass dieser Angriff nur ein Ablenkungsmanöver ist und beordert Ivanova zurück zur Station. Auf Babylon 5 fängt Sinclair Londo, Lord Kira und Lady Ladira ab, die sich in der Gewalt der Raiders befinden. Lord Kiro wird jedoch als Geisel genommen und die Raiders können mit ihm – und dem Auge – an Bord von Kiros Schiffes von der Station fliehen.
Kurz darauf wird das Rätsel um die Raiders gelöst: Ein großes „Mutterschiff“ taucht vor der Station auf, das all die kleineren Jäger in sich aufnehmen und ein eigenes Sprungtor schaffen kann. Es kommt zum Feuergefecht zwischen Babylon 5 und den Raiders. Zwar werden die meisten Jäger der Raiders vernichtet, doch das Mutterschiff nimmt das gekaperte Centauri-Schiff auf und springt in den Hyperraum. Lord Kiro und das Auge befinden sich nun endgültig in den Händen der Raiders, so scheint es jedenfalls.
Wir erfahren in einer der nächsten Szenen jedoch, dass Lord Kiro von Anfang an mit den Raiders zusammen gearbeitet hat. Diese halten sich nun aber nicht mehr an die zuvor getroffene Abmachung und wollen von der Centauri-Regierung Lösegeld für Lord Kiro und das Auge erpressen. Plötzlich taucht neben dem Raiders-Mutterschiff ein großes, schwarzes Schiff (wenn es denn ein Schiff ist!) auf. Es zerschneidet das Raiders-Schiff geradezu mit einem hellen Strahl. Die Raiders, Lord Kiro und das Auge scheinen nun Geschichte zu sein.

Doch in einer weiteren Wendung der Geschichte taucht Mr. Morden plötzlich wieder bei Londo auf. Offenbar hat er sich zu einer „Zusammenarbeit“ mit Londo entschlossen, der sein Glück gar nicht fassen kann, als Morden ihm das verloren geglaubte Auge zurück bringt. Warum Morden ihm überhaupt diesen Gefallen tut und wie er das Auge in seinen Besitz bringen konnte, fragt sich Londo in seiner Euphorie erst einmal nicht. Beim Zuschauer bleibt allerdings der dringende Verdacht, dass Morden früher oder später eine Gegenleistung von Londo einfordern wird. Dementsprechend bedrohlich klingt auch das körperlose „We will find you, ambassador“, mit dem er sich von Londo verabschiedet.

In einem dritten Handlungsstrang wird Garibaldi von Sinclair beauftragt, mehr über die Lücke in Sinclairs Gedächtnis heraus zu finden. Diese 24 Stunden während der letzten Schlacht der Menschen im Krieg gegen die Minbari war zuletzt in „And the Sky Full of Stars“ ein wichtiges Thema. Sinclair ist sich zwar sicher, damals Delenns Gesicht vor sich gesehen zu haben, doch darüber hinaus kann er sich an nichts erinnern und vermutet, dass die Minbari die Erinnerung aus seinem Gedächtnis gelöscht haben. Aber die Erinnerung an was genau? Das erfahren wir hier auch nicht. Garibaldi findet immerhin heraus, dass Sinclair auf der Wunschliste der Kandidaten für den Kommandoposten von Babylon 5 ziemlich weit unten stand, den Posten bekanntlich aber trotzdem bekommen hat. Der Grund dafür: Die Minbari hatten alle anderen Kandidaten abgelehnt. Aber warum? Was haben sie mit Sinclair angestellt (oder über ihn herausgefunden), das der Grund dafür sein könnte?

„Signs and Portents“ ist eine Episode, die das „Babylon 5“-Universum ein ganzes Stück weit öffnet. Hier werden entscheidende Weichen für künftige Entwicklungen gestellt. Es liegt in der Natur einer solchen Folge, dass dabei mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet werden. Aber wir befinden uns ja auch erst in der Mitte der ersten Staffel. Schaut man die Episode zum ersten Mal an, bleiben ein paar große Fragen zurück (siehe unten) und man realisiert das Ausmaß der Entwicklungen, die hier ihren Anfang nehmen, noch gar nicht. Hat man jedoch bereits die ganze Serie gesehen, dann wird die Bedeutung dieser Episode sofort klar. Mr. Morden etwa wird noch eine wichtige Rolle spielen, um nur ein Beispiel zu nennen und nicht zuviel zu verraten. Seine Herkunft wird im weiteren Verlauf der Serie ebenso geklärt werden wie die des seltsamen, schwarzen Schiffs. Nach den meistens in sich abgeschlossenen Episoden, die die erste Staffel bisher zu bieten hatte, ist „Signs and Portents“ ein erstes Anzeichen des großen Handlungsbogens, der im Lauf der Serie immer deutlicher zutage tritt. Das Abenteuer hat gerade erst begonnen.

Highlight der Episode: Das Auftauchen des völlig unbekannten, spinnartigen, schwarzen Raumschiffs und all die Fragen, die dadurch aufgeworfen werden: Zu wem gehört dieses Schiff? Handelt es sich hier um eine noch nicht bekannte Spezies? Warum zerstören sie das Raiders-Schiff? Und in welcher Beziehung steht dieses schwarze Schiff zu Mr. Morden?

Londo/G’Kar-Moment: Die herrliche Szene, in der sich die beiden streiten, während sie auf den Lift warten. Die Spielfreuede der beiden Darsteller ist hier deutlich spürbar und die Szene stellt ein frühes Beispiel für die vielen großartigen Momente zwischen den beiden Figuren dar. Es hat übrigens symbolhaften Charakter, dass hier ein Mensch gewissermaßen zwischen dem Narn und dem Centauri eingekeilt ist. Genau wie bei dem Bild der explodierenden Raumstation haben wir es auch hier mit „Foreshadowing“ zu tun, wenn auch auf etwas subtilerem Weg.

Folgende (weitere) wichtige Informationen, die für den weiteren Verlauf der Serie wichtig sind, erhalten wir in dieser Episode:

  • Mr. Morden und seine Frage „What do you want?“ werden eingeführt. Lady Ladira erwähnt mehrmals, die „Schatten“ seien gekommen, um Lord Kiro zu holen („The shadows have come for Lord Kiro“). Bei seinem Treffen mit Delenn fällt plötzlich ein Schatten über Mr. Morden. Was das alles genau bedeutet und wie es zusammenhängt, darf ich freilich noch nicht verraten.

Sonstige Fragen:

  • Warum hat Morden keinem Vertreter der Menschen seine Frage gestellt? Wen repräsentiert er überhaupt?
  • Warum stellt er Kosh seine Frage nicht? Zunächst scheint er Kosh bewusst aus dem Weg zu gehen. Als er später doch auf ihn trifft, warnt Kosh ihn: „Leave this place. They are not for you. Go. Leave! Now.“ Was meint Kosh damit?
  • Wodurch wurde Koshs Schutzanzug beschädigt? (Garibaldi erwähnt das am Ende der Folge im Gespräch mit Sinclair.) Hat das etwas mit seiner Begegnung mit Mr. Morden zu tun?
  • Was baut Delenn da in ihrem Quartier zusammen? Handelt es sich dabei um ein Geschicklichkeitsspiel, eine Meditationstechnik oder etwas völlig anderes?
  • Was bedeutet das Symbol auf Delenns Stirn und warum erscheint es, als ihr Morden gegenübertritt?

Weitere interessante Punkte: 

  • „What do you want?“ ist eine der zwei zentralen Fragen, um die die Serie aufgebaut ist. Die zweite Frage – und das an sich ist kein großer Spoiler – lautet „Who are you?“. JMS zufolge können die Antworten auf diese Fragen einen positiven oder zerstörerischen Einfluss auf einen haben, je nachdem in welcher Reihenfolge man die Fragen für sich beantwortet. Weiß man, wer man ist, bevor man gefragt wird, was man will, wird die Antwort wahrscheinlich eine konstruktive sein. Wenn man sich aber noch nicht so weit mit sich selbst auseinander gesetzt hat, dass man die „Who are you?“-Frage für sich beantwortet hat und dann aber gefragt wird „What do you want?“, kann einen die Antwort auf einen zerstörerischen Pfad führen. (Nach Jane Killick: Babylon 5 – Season by Season. Signs and Portents. S. 115.)
  • Am Ende der Episode sehen wir Sinclair und Garibaldi tatsächlich auf der Toilette. Ein nettes Detail, das dazu beiträgt, Babylon 5 zu einer glaubhaften Umgebung zu machen.
  • Das „Babylon 5“-Thema während des Abspanns wird hier erstmals in einer Moll-Tonart gespielt.
  • In der Szene mit Morden und Kosh erlischt plötzlich eine der Lampen. Mir ist das ehrlich gesagt gar nicht selbst aufgefallen, aber ist schon beabsichtigt und führt natürlich zu der Frage, wer oder was dafür verantwortlich ist…
  • G’Kar beleidigt Londo mit dem Ausdruck „And you can kiss my pouch“. Ich weiß nicht, ob ich das im Blog schon einmal erwähnt habe, aber diese Redewendung kommt natürlich daher, dass Narn ihren Nachwuchs wie Kängurus in Beuteln austragen.

Interessante „Hinter den Kulissen“-Fakten:

  • Mordens Technik, einfach immer wieder so lange die gleiche Frage zu stellen, bis sein Gegenüber sich ihm öffnet und er eine befriedigende Antwort erhält, hat JMS sich von einer Praktik der Syanon-Selbsthilfeorganisation abgeschaut.
  • Folgende von JMS überlieferte Geschichte ist zu gut, um sie nicht auch hier wiederzugeben:
    Morden-Darsteller Ed Wasser wollte nach der ersten Ausstrahlung der Episode für einen kranken Freund Blumen kaufen. Im Geschäft fragte ihn der Florist „What do you want?“ und Wasser murmelte etwas von Blumen. Der Florist fragte erneut „What do you want?“ und Wasser, der die Anspielung immer noch nicht kapierte, antwortete er wolle einem kranken Freund ein nettes Geschenk machen. „Yes, but what do you want?“, fragte der Florist nochmals und Wasser verstand endlich, was vor sich ging. Er fühlte sich durch die Vorgehensweise des Floristen in die Enge getrieben – und genau das wollte JMS in „Babylon 5“ mit dieser Fragetechnik auch erreichen. (Der Florist fügte übrigens noch hinzu, dass er glaubte, die Szene in einer Folge von „Deep Space Nine“ gesehen zu haben…)

Zitate:

Ivaova (direkt nach dem Aufwachen zu sich selbst): „Why does my mouth always taste like old carpet in the morning?“
Computer: „Unknown. Checking medical logs.“

Londos Antwort auf Mordens Frage: „I want my people to reclaim their rightful place in the galaxy. I want to see the Centauri stretch forth their hand again and command the stars. I want a rebirth of glory, a renessaince of power. I want to stop running through my life like a man late for an appointment, afraid to look back or to look forward. I want us to be what we used to be. I want… I want it all back the way that it was.“

Lady Ladira: „The future is always changing. We create the future, with our words, our deeds, and with our beliefs. This is a possible future, Commander. And it is my hope that you may yet avoid it.“

 

Die nächste Folge in meinem „Babylon 5“ Rewatch:
1.15 „Grail“

 


Die Reihenfolge, in der ich die Episoden der ersten Staffel hier im Blog besprechen werde, entspricht wie oben erwähnt der von JMS empfohlenen Reihenfolge (Änderungen gegenüber der Reihenfolge auf den DVDs sind markiert; klickt die Titel an, um zum entsprechenden Blogpost zu gelangen):

1.01    Midnight on the Firing Line                                           
1.02    Soul Hunter
1.03    Born to the Purple
1.04    Infection
1.05    The Parliament of Dreams                                                 
1.06    Mind War
1.07    The War Prayer
1.08    And The Sky Full Of Stars
1.09    Deathwalker                                                                         
1.10    Believers
1.11    Survivors
1.12    By Any Means Necessary
1.13    Signs and Portents     
1.15    Grail
1.16    Eyes
1.18    A Voice in the Wilderness – Part 1
1.19    A Voice in the Wilderness – Part 2

1.20    Babylon Squared
1.21    The Quality of Mercy
1.14    TKO
1.17     Legacies                                                                              

1.22    Chrysalis                 

„The Turntable of Life“ – Meine Teilnahme am 1. Serienslam

Update: Inzwischen ist auf Seriesly Awesome ein Bericht über den Serienslam online. Auch das komplette Video des Slams steht mittlerweile auf YouTube zum Anschauen bereit (ich habe es ganz am Ende dieses Beitrags gepostet). Ihr könnt euch nun also auch anschauen und -hören, wie ich meine Serie vorstelle.

Von 15.-18. Oktober fand an der Hochschule für Film und Fernsehen in München das erste „Seriencamp“ statt, ein Festival, das sich voll und ganz der TV-Serie in ihren unterschiedlichen Facetten widmet. Neben vielen noch nie in Deutschland gezeigten neuen Folgen vieler aktueller Serien gab es auch eine Reihe interessanter Panels zu sehen, die sich zum Beispiel mit dem Wesen und der Geschichte des Spoilers beschäftigten (und uns Zuschauer dabei auch mit dieser gefährlichen, aber süchtig machenden Website vertraut machten). Veranstaltet wurde das Seriencamp in Kooperation mit Seriesly Awesome und die Jungs und Mädels gaben sich alle Mühe, ein interessantes und unterhaltsames Festival auf die Beine zu stellen – mit Erfolg!

Am Samstagabend fand im Rahmen des Festivals der erste „Serienslam“ statt, bei dem sich jeder der vier teilnehmenden Kandidaten unter Berücksichtigung bestimmter Vorgaben innerhalb von zehn Minuten eine TV-Serie ausdenken und diese dann innerhalb von fünf Minuten „pitchen“ musste. Das Publikum durfte anschließend über die Beiträge abstimmen. Ich war einer der Kandidaten und habe mit meiner Serie „The Turntable of Life“ einen respektablen zweiten Platz errungen.

Folgende Vorgaben musste ich bei der Konzipierung meiner Serie beachten:
Die Grundform sollte die der Mockumentary sein, der Hauptort der Handlung ein Schallplattenladen. Außerdem sollte die Serie dem Drama-Genre zugeordnet werden. Der Hauptcharakter sollte eine Inderin sein, die auf den Namen Piki Sheth hört; ihr Persönlichkeitstyp sollte der „Detektiv“ sein, das heißt sie musste introvertiert, nachdenklich und insgesamt ziemlich rational und analytisch sein. Zusätzlich musste sie noch an Depressionen leiden.
Als Nebenfigur sollte in meiner Serie ein zwölfjähriges Mädchen namens Mia-Sophie auftreten, das Kaugummi und Pferde liebt, Jungs blöd findet, einen blonden Pferdeschwanz hat und außerdem YouTube-Star mit 2,5 Millionen Dollar Jahresumsatz werden will bzw. ist (das ist mir im Nachhinein nicht mehr ganz klar). Natürlich braucht eine Serie auch einen ordentlichen Antagonisten, und der sollte in meinem Fall das Leben selbst sowie die verrinnende Zeit sein, die Angst vor dem Erwachsen- und Altwerden, vor der Zukunft und vor dem „nicht alles hinbekommen haben/werden“ – einerseits klang das ziemlich schwierig, andererseits passte es ja zu den Depressionen der Hauptfigur.
Schließlich sollte als Gegenstand von besonderer Bedeutung in meiner Serie eine Urne vorkommen. Abegrundet wurden die Vorgaben durch eine Reihe von Schauspielern, die zur Verkörperung der Serienfiguren zur Wahl standen: Kevin Spacey („House of Cards“), Julia Louis-Dreyfus („Seinfeld“, „Veep“), Peter Dinklage („Game of Thrones“), Til Schweiger, Jonathan Banks („Breaking Bad“, „Better Call Saul“), Christina Hendricks („Mad Men“), Jan Josef Liefers, Christian Ulmen und William H. Macy.

Über diese Vorgaben war zum Teil im Vorfeld im Internet abgestimmt worden (Schauspieler), teilweise wurden sie aber auch per Publikumsabstimmung im Saal festgelegt oder per Zufallsgenerator bestimmt (Name und Herkunft der Hauptfigur). Manche der Vorgaben unterschieden sich von Kandidat zu Kandidat (Grundform, Genre), andere galten jedoch für alle vier Kandidaten – so mussten wir alle dieselbe Nebenfigur namens Mia-Sophie in unsere Serien einbauen. Zusätzlich mussten wir in unseren Pitches alle jeweils den Titel unserer Serie, den USP („unique selling point“), einen Twist oder Cliffhanger, die grobe Handlung der Serie sowie einen Vergleich zu realen Serien einbauen, die unserer Serie ähneln.

Die Vorgaben, die ich mit meiner Serie erfüllen musste.

Die Vorgaben, die ich mit meiner Serie erfüllen musste.

Zehn Minuten hatte ich also Zeit, um aus diesen Vorgaben eine Serie zu basteln und anschließend vorzustellen. Dabei wurde mir – wie jedem der anderen drei Kandidaten auch – ein Teammitglied von Seriesly Aweseome als Mentor zur Seite gestellt. Das war insgesamt allerdings nicht besonders hilfreich, was aber schlicht und einfach nur daran lag, dass zehn Minuten eine viel zu kurze Zeit sind, um sich ausführlich mit jemandem auszutauschen, ganz besonders wenn man ihn gerade erst kennen gelernt hat. Es lag also nicht an dir, Kien!
Vom Persönlichkeitstyp her bin ich meiner Hauptfigur ziemlich ähnlich; auch ich gehe gerne analytisch und vor allem gründlich an die Dinge heran. Sehr schnell wurde mir aber klar, dass dafür in diesem Fall überhaupt keine Zeit war. Zehn Minuten sind definitiv zu kurz, um über jeden Gedankenblitz ausführlich nachzudenken. Es galt also, die zu erfüllenden Punkte im Rekordtempo abzuarbeiten und darauf zu hoffen, dass das erstens alles hinterher Sinn ergeben würde und ich mich zweitens in meinem kurzen Vortrag auch noch an alle meine Ideen erinnern würde. Denn um sie ausführlich aufzuschreiben, war natürlich auch keine Zeit.

Was schließlich bei meinem Brainstorming herauskam, war ungefähr folgendes Konzept (das ich während des Aufschreibens hier noch etwas erweitert habe):
Meine Serie sollte „The Turntable of Life“ heißen, also so viel wie „Der Plattenteller des Lebens“. Es handelt sich dabei um eine fiktive Dokumentation über eine Inderin namens Piki Sheth (Julia Louis-Dreyfus), die in der ersten Folge von Indien nach New York kommt, um dort den Plattenladen ihres jüngst verstorbenen Vaters zu übernehmen. Mit Musik hat Piki eigentlich überhaupt nichts am Hut. Sie ist Wissenschaftlerin, geht streng rational an die Dinge heran und erklärt im Pilotfilm mehr als einmal, dass man „Musik nicht messen kann“. Zu ihren Gefühlen hat sie nur schwer Zugang, auch das Verhältnis zu ihrem Vater war (und ist) ein schwieriges. Wäre es nicht sein ausdrücklicher Wunsch gewesen, dass seine einzige Tochter seinen geliebten Schallplattenladen (für den ich noch keinen Namen gefunden habe) fortführt, dann wäre Piki niemals auch nur auf diesen Gedanken gekommen. Natürlich ist sie zu Beginn der Serie fest davon überzeugt, dass sie den Laden nur so lange führen wird, bis ein adäquater Ersatz gefunden ist. Sie hasst New York, findet Pop- und Rockmusik gänzlich uninteressant, aber – und dieser Gedanke kam mir gerade erst, obwohl er nahe liegt – sie liebt die Musik von Johann Sebastian Bach. Denn natürlich will auch ich in meiner Serie das Klischee erfüllen, dass in Filmen und Serien, die von rational und analytisch denkenden Figuren handeln, stets die Musik von Bach vorkommt, die oftmals selbst so mathematisch durchkomponiert wirkt. Bach bildet allerdings die einzige Ausnahme und auch seine Musik hört Piki nicht zum Zeitvertreib oder zur Erholung, sondern nur als Hintergrundberieselung, wenn sie an wissenschaftlichen Aufsätzen feilt oder dergleichen (weil sie davon überzeugt ist, dass Bachs Musik das rational-analytische Denken stimuliert). Vielleicht wird Piki im Lauf der Serie den Plattenladen um eine Klassikabteilung erweitern…
Jedenfalls bezieht Piki in der ersten Episode eine kleine Wohnung in einem noch zu bestimmenden Stadtteil von New York City. Sie hat vor, dort für einige Wochen zu wohnen, um den Nachlass ihres Vaters zu regeln und einen neuen Besitzer für dessen Laden zu finden – oder noch besser: sie will den Laden auflösen und verkaufen. Auf demselben Stockwerk wie Piki wohnt unter anderem ein zwölfjähriges Mädchen namens Mia-Sophie (Christian Ulmen in der Rolle seines Lebens). Piki und Mia-Sophie lernen sich kennen, als Piki zum ersten Mal die Stufen zu ihrer Wohnung erklimmt. Weil Piki stets von den sie filmenden Dokumentarfilmern verfolgt wird (Idee: vielleicht will sie sich den New York-Aufenthalt dadurch finanzieren), erregt sie sofort Mia-Sophies Interesse. Mia-Sophie hat nämlich einen eigenen YouTube-Kanal und ist ständig auf der Suche nach kreativen Möglichkeiten, um die Anzahl ihrer Follower zu erhöhen. Fortan folgt sie
also in ihrer Freizeit Piki auf Schritt und Tritt, um Werbung für ihren Kanal zu machen und neue Abonennten zu gewinnnen. (Idee: Zusätzlich zu den Dokumentaraufnahmen, aus denen die Serie besteht, könnte man immer wieder auch von Mia-Sophie gefilmte Aufnahmen verwenden. Man könnte sogar mal eine ganze Folge machen, die wie ein YouTube-Beitrag von Mia-Sophie aufgebaut ist.)
Schon von ihrer Ankunft in New York an ist Piki von allem genervt – von der verhassten Stadt, von dem blöden Plattenladen, den ihr Vater für sie unverständlicherweise so geliebt hat und von dem nervigen, ständig Kaugummi kauenden Kind, das ihr nicht von der Seite weichen will. Das wirkt bislang so, als sei Piki eine ziemlich unsympathische Person, mit der man sich nicht so recht identifizieren will. Doch sie hat auch eine andere, verletztlichere Seite – und in diesem Zusammenhang kommt der Antagonist der Serie ins Spiel: Pikis Angst und ihre Depressionen. Insgeheim spürt Piki nämlich schon lange, dass in ihrem Leben etwas fehlt. Sie ist Dauersingle und hat eine schnelle und äußerst erfolgreiche Karriere in der Wissenschaft gemacht, doch allmählich dämmert ihr, dass es doch noch mehr geben muss. Prioriäten, die ihr früher selbstverständlich schienen, geraten plötzlich ins Wanken. Soll sie sich einfach mal eine Auszeit nehmen? Will sie nicht, obwohl sie die 30 längst überschritten hat, doch noch irgendwann Kinder? Diese und andere Fragen kommen ihr plötzlich in den Sinn, auch wenn sie zu Beginn der Serie noch längst nicht bereit ist, etwas davon laut auszusprechen. Das muss sie aber auch gar nicht, denn der Zuschauer bekommt eine andere Möglichkeit, um in Pikis Kopf zu schauen: Peter Dinklage. Dieser spielt Pikis personifizierte Angst. Er verkörpert ihre Selbstzweifel und ihre Depression. In immer wieder in die Serie hinein geschnittenen Interviewaufnahmen, in denen Dinklage als Angst direkt in die Kamera und zu Piki spricht, bekommen wir Zugang zu Pikis Gedanken und zu den Dingen, die sie niemals einer Crew von Dokumentarfilmern verraten würde. So wird schnell klar, dass die toughe Karrierefrau nur eine Fassade ist, mit der Piki ihren verletzlichen Kern schützt.
Woraus besteht nun aber die eigentliche Handlung der Serie und was spielt sich Folge für Folge ab? Die zentralen Handlungsbögen der ersten Staffel sind folgende: Piki wird sich nach anfänglicher Skepsis dazu entschließen, in New York zu bleiben (auch wenn sie immer noch betont, diese Entscheidung sei erst mal nur „vorläufig“) und den Schallplattenladen selbst zu führen. Das bedeutet unter anderem, dass sie sich mit Musik auseinander setzen muss, schließlich muss sie ja wissen, was sie da verkauft (übrigens verkauft ihr Laden nur Schallplatten, keine CDs). Und das bedeutet wiederum, dass sie sich mit ihren eigenen Emotionen auseinandersetzen muss, denn einen vollen Zugang zu Musik kann man nur finden, wenn sie wirklich an sich heranlässt und versteht, was der Künstler zum Ausdruck bringen will. Es bedeutet außerdem, dass sie sich mit ihrem Vater auseinandersetzen muss, den sie zu seinen Lebzeiten nie richtig kennen gelernt hat. Die meisten Episoden der Serie – zumindest in der ersten Staffel – werden nach einem ähnlichen Schema ablaufen: Ein Kunde kommt in den Laden und verlangt nach einer bestimmten Platte oder fängt mit Piki ein Gespräch über einen bestimmten Künstler an. Piki, die natürlich keine Ahnung hat, wenn sie nach David Bowie, Led Zeppelin oder auch Madonna gefragt wird, tut anschließend das, was eine gute Wissenschaftlerin eben tut: Sie recherchiert und macht sich mit der Materie vertraut. Und jedes Mal, wenn sie im Lauf der Serie eine neue Platte oder einen neuen Song kennen lernt, findet eine kleine Veränderung in ihr statt. Jede Folge könnte zum Beispiel ein konkretes Problem behandeln, das in Zusammenhang mit Pikis Persönlichkeit steht und dann durch das Anhören eines Songs bearbeitet und gelöst wird. Peter Dinklages Angstfigur spielt dabei eine wichtige Rolle. So kann Piki zum Beispiel verstehen lernen, dass Mia-Sophie zwar nervig sein kann, aber auch äußerst hilfsbereit ist und dass es generell nicht von Vorteil ist, sich im Leben stets von anderen Menschen abzuschotten. Pikis Verhältnis zu Mia-Sophie ist also ein weiterer Handlungsfaden, der im Lauf der ersten Staffel gesponnen wird. Ein weiterer ist ihre Beziehung zu ihren Gefühlen und vor allem ihrer Angst. Letztere wird sie im Lauf der Serie in den Griff bekommen und damit quasi Peter Dinklage in die Knie zwingen. 😉
Ich habe noch gar nicht die Urne erwähnt, die in der Serie eine Rolle spielen muss. Diese enthält natürlich die Asche ihres Vaters und wird am Ende der zweiten Folge von Piki auf dem Fensterbrett ihres Küchenfensters platziert. Fortan wird sie in jeder Folge mindestens einen Blick auf diese Urne werfen, die die Beziehung zu ihrem Vater symbolisiert und für so viele der Ängste und Probleme steht, die Piki plagen. Man könnte Peter Dinklages Szenen stets einleiten, indem man von einer Nahaufnahme der Urne zu ihm überblendet. Die Urne steht nicht nur für den Vater, sondern auch für Pikis Angst davor, etwas im Leben verpasst zu haben und zu schnell zu alt geworden zu sein, ohne die Dinge erlebt zu haben, auf die es wirklich ankommt.
Im Lauf der Serie entdeckt Piki also die Musik als Therapieform und beginnt auch, ihre Depression zu überwinden. Natürlich gehört es zum Wesen einer Depression, dass sie nie völlig besiegt ist und immer wieder kommen kann, was sich als äußerst nützlich erweisen könnte, wenn man in Staffel sieben keine Ahnung mehr hat, wovon man in der Serie eigentlich noch erzählen soll… 😉 Abwechslung erhält die Serie durch die Gaststars, die in jeder Folge auftreteten und meist die Kunden in Pikis Plattenladen spielen. Ich stelle mir zum Beispiel Steve Buscemi vor, der auf der Suche nach dem Debütalbum einer völlig unbekannten Grunge-Band ist, das ihm noch in seiner Sammlung fehlt. Da die Rechte an Liedern bekanntlich teuer sind, kann man aus dieser Not übrigens eine Tugend machen und auf bekannte Songs und Interpreten (zumindest anfangs) gänzlich verzichten. So kann man die Serie auch zur Bühne für aufstrebende Bands machen und erhält dadurch nebenbei positive Synergieeffekte (indem die Serie zum Beispiel mit Spotify-Playlists beworben wird).

Mein Serienkonzept auf einer Seite. Für mehr Notizen blieb keine Zeit.

Mein Serienkonzept auf einer Seite. Für mehr Notizen blieb keine Zeit.

Unter den Vorgaben findet sich auch das Muss für einen Twist oder Cliffhanger. Dazu habe ich mir überlegt, dass man am Ende der ersten Staffel herausfindet, dass Pikis Vater gar nicht tot ist. Weiter habe ich darüber noch nicht nachgedacht, schließlich wird das in vielen anderen Serien bei solchen Twists erst einmal auch nicht gemacht. Allerdings mag ich diesen Twist auch nicht besonders, da er vieles von dem, was sich vorher abgespielt hat, entwertet. Zwar wäre es interessant, Piki ihren Vater schließlich tatsächlich noch kennen lernen zu lassen, aber besser fände ich es, zumindest auf derartige unglaubwürdige Wendungen zu verzichten. Die Handlung soll sich lieber langsam, dafür aber realistisch entwickeln und die Serie soll nicht von Cliffhangern leben, sondern von detailliert gezeichneten Charakteren. (Natürlich brauchen wir neben Piki, Mia-Sophie und der Angst noch mehr regelmäßig auftretende Figuren. Vielleicht den Besitzer einer Eisdiele, der seinen Laden neben dem von Piki hat? Gefallen finde ich auch an der Idee, Pikis Vater in Rückblenden zu zeigen.)
Depressionen und New York sind zwar in dieser Kombination spätestens seit Woody Allen nichts Neues mehr, aber die Kombination Depressionen, Musik und New York City hat man zumindest als Fernsehserie so noch nicht gesehen (das ist mein USP!). „The Turntable of Life“ ist eine Mischung aus „Curb Your Enthusiasm“ (wegen des Doku-Stils und der Gaststars) und „Six Feet Under“ (wegen der Beziehung zum Vater, dem Thema Tod und der Depressionen), der noch eine ganze Menge großartiger Songs beigegeben werden. Sollte es sich dabei um bekannte Hits handeln und doch nicht nur um Songs von noch unbekannten Künstlern, dann könnte man der Serie einen zusätzlichen Reiz verleihen, indem man diese Songs in unerwartete Kontexte stellt und ganz neue Bedeutungen in den Hits von David Bowie, Metallica, Michael Jackson usw. entdeckt.

So weit also mein Pitch. Beim Schreiben sind mir eben noch viele weitere Ideen gekommen, falls hier also jemand von Netflix mitliest, kann ich dieses Konzept gerne noch weiter ausformulieren und auch Storylines für die ersten Episoden liefern!
Mir hat der Serienslam jedenfalls großen Spaß gemacht und ich hoffe, dass es nun jedes jahr ein Seriencamp in München geben wird. Vielleicht kann ich in Zukunft dort ja mal ein Panel über „Babylon 5“ halten, die Geschichte der TV-Serie kam nämlich zumindest bei dieser ersten Ausgabe, die sich ganz auf neue Serien konzentriert hat, noch zu kurz.

Star Wars: Rebels – Season 1

Dieser Text enthält Spoiler zur gesamten 1. Staffel der Serie!

Der „Force Friday“ liegt hinter uns und wir können uns nun in eine Reihe neu erschienener „Star Wars“-Romane vertiefen („Aftermath“ habe ich etwa bis zur Hälfte geschafft) oder es uns 170 Euro kosten lassen, den neuen Fan-Liebling BB-8 vom eigenen Smartphone aus zu steuern. Oder wir können unsere „Journey to The Force Awakens“ fortsetzen, indem wir die erste Staffel von „Star Wars: Rebels“ anschauen, die seit Donnerstag (10.09.) auf DVD und Bluray im Handel erhältlich ist.

Das Bluray-Set der ersten Staffel von "Rebels"

Wir schreiben das Jahr 5 v.S.Y. (vor der Schlacht von Yavin in Episode IV) und die ganze Galaxis ist vom Imperium besetzt. Die ganze Galaxis? Nein! Denn eine kleine, unbeugsame Gruppe von Rebellen auf dem abgelegenen Planeten Lothal hört nicht auf, dem Imperium Widerstand zu leisten. Diese Gruppe ist sogar Darth Vader (James Earl Jones) höchstpersönlich ein Dorn im Auge, denn wie sich herausstellt besteht sie unter anderem aus dem Jedi Kanan Jarrus (Freddie Prinze Jr.) und dem machtsensitiven, 15-jährigen Straßenjungen Ezra Bridger (Taylor Gray). Die Serie beginnt mit einer Szene, in der Vader einem Inquisitor (Jason Isaacs) – einem dunklen Jedi im Dienst des Imperiums – einschärft, keines der „Kinder der Macht“ dürfe am Leben gelassen werden. (Seit dem ersten „Star Wars“-Film wissen wir von Obi-Wan Kenobi, dass Darth Vader dem Imperium dabei half, die Jedi-Ritter zu jagen und zu vernichten. Nun wissen wir, dass die Inquisitoren wiederum Vader dabei halfen.)

Ezra BridgerZu Beginn der Serie ahnt die bunte Rebellengruppe auf Lothal noch nichts davon, dass es ein Inquisitor auf sie abgesehen hat. In vier dreiminütigen Kurzepisoden, die zeitlich vor der ersten Staffel spielen, werden uns die Rebellen vorgestellt: Neben Kanan sind das Hera (Vanessa Marshall), die grünhäutige Twi’lek-Anführerin der Gruppe, Zeb (Steven Blum), der der Spezies der vom Imperium fast ausgerotteten Lasats angehört und Sabine (Tiya Sircar), die eine mandalorianische Rüstung trägt und nicht nur Graffitikünstlerin ist, sondern auch Expertin für ebenso effiziente wie kunstvolle Explosionen. Nicht vergessen sollte man den Droiden Chopper – schon allein deswegen weil er höchst eigenwillig und schnell beleidigt ist. Dann ist da noch der schon erwähnte Straßenjunge Ezra, der nicht nur durch sein Aussehen ein wenig an den Disney-Aladdin erinnert. Er stößt im Laufe des Pilotfilms zur Rebellencrew, deren mobiles Hauptquartier die „Ghost“ ist, ein kleiner, von Hera kommandierter Frachter. (Leider befinden sich die vier Kurzepisoden im Bluray-Set auf der zweiten Disc, obwohl sie zum Einstieg in die Serie gedacht sind.)

Die vier Kurzepisoden machen einen allerdings nicht nur mit den Hauptfiguren vertraut, sondern auch mit einer der größten Schwächen der Serie: Den imperialen Sturmtruppen bzw. der Weise, wie diese in der Serie eingesetzt werden. Man ist es ja bereits aus dem allerersten Film gewohnt, dass die Sturmtruppler bei der Verfolgung der Helden immer wieder daneben schießen, aber verglichen mit den Sturmtrupplern aus „Rebels“ waren selbst deren Kollegen auf dem Todesstern Eliteeinheiten. Denn wie hier Sabine, Zeb und die anderen ein ums andere Mal vor den Sturmtruppen nicht vor vollkommen unbeschadet davon rennen, sondern sie regelrecht zum Narren halten und wie die Sturmtruppen dabei regelmäßig aus nächster Nähe an ihren Zielen vorbei schießen – das ist die ersten ein oder zwei Male noch lustig, danach aber einfach nur noch lächerlich. Nicht nur ist es extrem unglaubwürdig, es läuft auch den Bemühungen der Serienmacher zuwider, das Imperium in „Rebels“ als große Bedrohung zu zeichnen. Dies gelingt einzig in der vierten Episode, in der eine Gruppe von Bauern von imperialen Truppen deportiert wird. Davon abgesehen wird das Imperium immer wieder zur Lachnummer degradiert. Selbst der Inquisitor bleibt davon nicht vollkommen verschont, hält sich sein Erfolg doch sehr in Grenzen. Mehrmals treffen er und Kanan bzw. Ezra im Lauf der Staffel aufeinander und immer wieder gelingt den Rebellen die Flucht.

DiKanonenfuttere Sturmtruppler sind also hier nur Witzfiguren, aber zum Glück gibt es auch Positives über die Serie zu berichten. Dazu zählen vor allem die Hauptfiguren, deren Charakterisierung und Zusammenspiel überzeugen können. Im Grunde haben Regisseur Dave Filoni und seine Autoren (darunter Simon Kinberg, Drehbuchautor der letzten beiden „X-Men“-Filme) sich für „Rebels“ zwar einfach eine bunt zusammen gewürfelte Familie ausgedacht, aber es hat funktioniert. Kanan und Hera in der Rolle der (meistens) verantwortungsvollen Eltern, Zeb als schnell genervter, aber doch gutherziger großer Bruder, Sabine als Schwester und Ezra als jüngstes der drei „Kinder“ und  Identifikationsfigur fürs junge Publikum. Die Dynamik zwischen den Charakteren stimmt und vor allem die Beziehung zwischen Kanan und Ezra wird in der ersten Staffel schön herausgearbeitet. Kanan erkennt das Potential, das in Ezra steckt, zögert aber zunächs, ihn selbst zu unterrichten. Zu groß ist dabei seine eigene Unsicherheit: Er, der selbst kaum ein fertig ausgebildeter Jedi war, als der Orden vernichtet wurde, soll nun auf einmal – ganz auf sich allein gestellt – einen Schüler unterweisen? Als Ezra im Lauf der Staffel aber immer stärker in der Macht wird und erste Erfahrungen mit der dunklen Seite macht und sich außerdem Kanans Hoffnungen auf einen anderen, besseren Lehrer für Ezra nicht erfüllen, beschließt Kanan endgültig, Ezras Ausbildung selbst in die Hand zu nehmen. (Kanans Vorgeschichte wird im Roman „A New Dawn“ und in der Comicreihe „Kanan: The Last Padawan“ erzählt, die ich beide noch nicht gelesen habe.)

Nicht alle der 15 Folgen können überzeugen. Ein paar Episoden wirken wie Lückenfüller, in denen recht wenig passiert („Breaking Ranks“, „Out of Darkness“); sie dienen rückblickend betrachtet jedoch zur Ausarbeitung der Charaktere. Im Vergleich zu „The Clone Wars“ hat Rebels dabei den Vorteil, eine sich durch alle Folgen ziehende Geschichte zu erzählen und dabei stets die gleiche Gruppe von Figuren im Mittelpunkt zu haben. Allerdings ist die Serie – zumindest in dieser ersten Staffel – dadurch auch weniger abwechslungsreich in ihren Schauplätzen (das dürfte sich in der zweiten Staffel ändern). Anders als bei „The Clone Wars“ befinden sich unter den Hauptfiguren dieses Mal auch keine aus den Filmen bekannten Charaktere. Was zunächst als Nachteil erscheint, erweist sich allerdings als Vorteil, weil die Autoren damit ganz einfach nicht darauf angewiesen sind, auf bereits bestehende Figuren aufbauen oder auf einen bestimmten Punkt hin zu erzählen müssen. Auch in „The Clone Wars“ war die interessanteste Hauptfigur – Anakins Padawan Ahsoka – schließlich eine, die nicht in den Filmen auftauchte. In Nebenrollen tauchen allerdings auch in Rebels immer wieder bekannte Figuren auf, darunter bislang Darth Vader, Lando Calrissian, die Droiden C-3PO und R2-D2 sowie sogar Yoda (der aber nur als körperlose Stimme vorkommt). In der Originalfassung werden all diese Figuren übrigens von den aus den Filmen bekannten Schauspielern gesprochen.

SabineGanz besonders in den letzten drei Folgen verschwimmen schließlich die Grenzen zwischen den einzelnen Episoden. Dort kommt Gouvernneur / Grand Moff Tarkin nach Lothal, um im Kampf gegen die kleine Rebellentruppe endlich imperiale Erfolge zu erzielen. Das erinnert dann einmal mehr an Asterix, schließlich erhielten die römischen Besatzungslager um das kleine gallische Dorf auch immer wieder neue Befehlshaber, die sich noch voller Enthusiasmus in den Kampf gegen die Gallier stürzten, nur um dann recht schnell und schmerzhaft zu erfahren, dass sich die Aufständischen nicht so einfach unterkriegen lassen. So ähnlich ergeht er hier auch Tarkin. Zwar gelingt es ihm und dem Inquisitor vorrübergehend, Kanan gefangen zu nehmen. Doch dessen Freunde können ihn wieder befreien und erhalten schließlich sogar Zuwachs, denn Ahsoka Tano (Ashley Eckstein) gibt sich als der mysteriöse Rebellen-Informant Fulcrum zu erkennen und stößt (vorrübergehend?) zur Crew der Ghost. Dass das Wiedersehen mit Ahsoka für so viel Wirbel gesorgt hat, zeigt wie sehr die Figur vielen Fans ans Herz gewachsen ist, von denen sie beim Start von „The Clone Wars“ noch teilwiese misstrauisch beäugt wurde. Der mit viel Tamtam eingeführte Inquisitor muss allerdings dran glauben und stürzt sich lieber in den Tod, als sich dem Zorn Darth Vaders angesichts seines Versagens zu stellen. Allerdings ist für die zweite Staffel schon das Auftreten mehrerer weiterer Inquisitoren angekündigt, Kanan und seine Freunde werden also auch in Zukunft keine Ruhe haben.

Bevor ich zu einem abschließenden Fazit komme, muss ich noch meinen – neben den inkompetenten Sturmtruppen – größten Kritikpunkt an der Serie ansprechen: das unschöne Figurendesign, um es mal höflich zu formulieren. Soweit ich weiß wird „Rebels“ mit einem kleineren Team und mit geringerem Budget produziert als „The Clone Wars“, und das merkt man. Auch nach 15 Folgen habe ich mich an die Gestaltung der Charaktere nicht gewöhnt. Die Gesichter wirken sehr simpel und ausdrucksarm, der Rumpf vieler Charaktere (z.B. Kanan) scheint einfach bloß aus einer Röhre zu bestehen und die Animationen sind oft alles andere als liebevoll. Dazu kommen noch die vielen Imperialen mit sehr tief ins Gesicht gezogenen Mützen (wohl um Zeit bei der Gestaltung und Animation unterschiedlicher Gesichter zu sparen). An den Stil von „The Clone Wars“ hatte ich mich nach wenigen Folgen gewöhnt, die Figuren aus Rebels haben für mich aber auch nach 15 Episoden noch etwas Unechtes, Gummihaftes an sich. Das trifft wohlgemerkt nur auf die Figuren zu. An den Hintergründen merkt man immer wieder, dass sich die Macher die Konzeptzeichnungen von Ralph McQuarrie zum Vorbild genommen haben und tatsächlich gibt es gelegentlich einzelne Einstellungen von atemberaubender Schönheit. Doch schöne Hintergründe genügen leider nicht.

Kanan und der InquisitorEine andere Designentscheidung gefällt mir dagegen sehr gut: Die Lichtschwerter! Damit meine ich nicht (nur) die sich nach oben hin verjüngenden Lichtschwertklingen (auch das ein Rückgriff auf alte McQuarrie-Zeichnungen), sondern vor allem das coole Lichtschwert des Inquisitors mit seinem ringförmigen, ausklappbaren Griff und auch Ezras Lichtschwert, dessen Griff zwar wie eine Tackerpistole aussieht, aber auch eine Blasterfunktion eingebaut hat, welche im Kampf völlig neue Möglichkeiten eröffnet. Nimmt man noch das tolle Dreiklingenschwert aus „The Force Awakens“ hinzu (ist mir egal, ob die Parierstange sinnvoll ist – ich finde das Design super!), dann muss ich sagen, dass das „Star Wars“-Universum noch nie so coole Lichtschwerter hervorgebracht hat wie seit der Übernahme durch Disney!

Das Figurendesign mag unterdurchschnittlich und die Entscheidung, die Sturmtruppen zu Witzfiguren zu machen, fragwürdig sein. Doch inhaltlich ist diese erste Staffel insgesamt überzeugend. Nicht jede Folge ist der Renner, aber in den 15 Folgen lernen wir die Charaktere kennen und es wird ein Grundstein für zukünftige Entwicklungen gelegt. Wem die Konzentration auf meistens nur einen Planeten noch zu langweilig war, der kann sich darauf freuen, dass die Welt von „Rebels“ in der zweiten Staffel ein ganzes Stück größer wird. Wie wir wissen, handelt es sich bei der Gruppe um Hera und Kanan nur um eine von vielen über die Galaxis verstreuten Rebellenzellen. Durch das Hinzustoßen Ahsokas und den Kontakt zu Senator Bail Organa dürften unsere „Rebels“ bald einige Mitglieder weiterer Zellen kennen lernen. Ich selbst bin allerdings vor allem auf die neuen Inquisitoren gespannt und hoffe, dass die bereits als Sprecherin angekündigte Sarah Michelle Gellar (Buffy!) eine dieser Rollen übernehmen wird. (Vielleicht hat man sich dafür ja Mara Jade zum Vorbild genommen?)

Das Bluray-Set der ersten Staffel enthält neben den 15 Episoden (darunter der hier auf zwei Folgen aufgeteilte Pilotfilm) auch die vier erwähnten Kurzepisoden sowie die bereits im Internet veröffentlichten „Rebels Recon“-Folgen, in denen die Macher der Serie zu Wort kommen. Zusätzlich gibt es noch den zweiten Teaser zu „The Force Awakens“ und eine 22-minütige Zusammenfassung der Staffel, erzählt aus der Sicht von Kanan. Die kann man sich ja dann als Einstieg in die zweite Staffel anschauen, um die Ereignisse aus Staffel eins noch einmal zu rekapitulieren.

Bilder: Copyright ©2015 & TM Lucasfilm Ltd.

Star Wars: The Clone Wars – Season 6 („The Lost Missions“)

Dieser Blogpost enthält Spoiler zur 6. Staffel!

So langsam wird es ernst: „Star Wars: The Force Awakens“ ist nur noch 102 Tage entfernt. Am von Disney in „Force Friday“ umgetauftem letzten Freitag wurden die Spielzeugläden auf der ganzen Welt von einer riesigen Merchandise-Wellte zum Film überschwemmt und auch mehrere große Entertainment-Zeitschriften haben dem Film inzwischen Titelgeschichten gewidmet. Neben Actionfiguren und Raumschiffmodellen kamen am „Force Friday“ eine Reihe von Büchern in den Handel, die unter dem Motto „Journey to The Force Awakens“ erste Hinweise auf die Handlung des Films geben und vor allem (noch mehr) Lust auf ihn machen sollen. Da dachte ich mir, ich begebe mich auch hier im Blog auf eine solche Reise und bespreche in den gut drei Monaten bis zum großen Kinostart eine Reihe von „Star Wars“-Produkten. Den Anfang mache ich mit der sechsten (und leider letzten) Staffel von „The Clone Wars“. Demnächst wird es auch eine Rezension der ersten Staffel von „Rebels“ geben und vielleicht werde ich auch etwas zu einigen der neuen Bücher schreiben.

Direkt bevor ich mir Staffel sechs von „The Clone Wars“ vor kurzem angeschaut habe, habe ich mir noch einmal die ursprüngliche, leider etwas in Vergessenheit geratene „Clone Wars“-Miniserie (2003-2005) von Genndy Tartakovsky angesehen. Sie hat bis heute nichts von ihrem Charme verloren und sogar ein paar meiner liebsten „Star Wars“-Szenen zu bieten, z.B. wie Mace Windu im Alleingang eine ganze Droidenarmee vermöbelt oder wie General Grievous zu seinem aus „Die Rache der Sith“ bekannten Keuchen kommt. Im Vergleich zu den zweidimensionalen (aber wunderschönen!) Zeichnungen der alten Serie kamen mir der Look der neuen Klonkriegsabenteuer auf einmal so anders und richtig plastisch und real vor. Da die Produktion von „The Clone Wars“ nach der Übernahme Lucasfilms durch Disney leider eingestellt wurde, besteht die sechste und damit letzte Staffel aus nur 13 Folgen. Weitere, jedoch nicht fertig gestellte Episoden wurden als Bonusmaterial der DVDs/Blurays und auf starwars.com veröffentlicht.

„Have you seen this clone?“

Die ersten vier Episoden der Staffel bilden den „Order 66“-Handlungsbogen. Darin kommen die Jedi beinahe hinter das große Geheimnis der Klonarmee, nämlich den ihr einprogrammierten Verrat an den Jedi. Aber eben nur fast, denn man weiß natürlich von Anfang an, wie das Ganze ausgehen muss. Trotzdem ist die Geschichte spannend erzählt und mit temporeicher Action und einigen witzigen Figuren gewürzt. Die erste Folge beginnt mit einer eindrucksvollen Schlacht, die in jeder Hinsicht zeigt, was die Serie in ihrem sechsten Jahr so alles kann. Visuell ist das ganze äußerst beeindruckend und auch der Soundtrack mit seinen rockigen Anleihen kann hier überzeugen.
Während der Schlacht schießt ein Klonsoldat namens Tup eine Jedi nieder, zeigt danach aber Zeichen starker Verwirrung und kann sich an seine Tat nicht erinnern. Die Jedi wollen der Sache natürlich auf den Grund gehen und schicken Tup zur Untersuchung nach Kamino, wo die Klonsoldaten „hergestellt“ werden. Aber auch Kanzler Palpatine / Darth Sidious leitet Nachforschungen in die Wege, schließlich könnte ein zu frühes Ausführen seiner „Order 66“ seinen großen Plan gefährden, die Macht in der Galaxis an sich zu reißen.

Auf Kamino gelingt es Fives mit Hilfe eines etwas eigenwilligen Droiden, seinen Freund Tup zu retten, bevor die Kaminoaner dessen Hirn zur Untersuchung in Scheiben schneiden. Yoda beschließt unterdessen, Tup nach Coruscant bringen zu lassen, wo die Jedi ihn „mit der Macht“ untersuchen wollen. Wieder einmal wird dabei deutlich, wie sehr die Jedi in ihren Jahrtausende alten Traditionen und Denkweisen gefangen sind. Sie können sich anscheinend gar nicht vorstellen, dass die Bedrohung, der sie ausgesetzt sind, von innen kommt. Die Herkunft der Klonarmee haben sie von Anfang an kaum hinterfragt, sind aber nun mal auf sie angewiesen.
Fives und der Droide entdecken bei einer eigenen Untersuchung einen organischen Chip in Tups Gehirn. Wie die Kaminoaner später versichern, handelt es sich dabei um einen „structural inhibtor chip“, der in allen Klonen vorhanden ist und starke Aggressionen verhindern soll. Natürlich wissen sie als Schöpfer der Klone die Wahrheit, müssen diese aber vor den Jedi und der Republik verschleiern. (Kümmern sich die Kamionaner denn überhaupt nicht um die moralischen Konsequenzen ihrer Arbeit? Ist es ihnen vollkommen egal, dass sie lebende Wesen heranzüchten, die allein als Kriegsmaschinen dienen sollen und dann auch noch den Verrat an ihren Vorgesetzten mit eingebaut haben? Ich muss echt mal nachschauen, ob das schon in einem der „Star Wars and Philosophy“-Bücher behandelt wurde…)

In der letzten der vier Folgen gelingt Tup die Rückkehr nach Coruscant, wo er hofft, Palpatine und die Jedi die schreckliche Wahrheit über die Klonarmee klar machen zu können. Er kennt zwar längst nicht die ganze Wahrheit, stellt aber für Palpatines Pläne dennoch eine Gefahr dar. Schließlich muss er wieder flüchten und wird von den anderen Klonen gesucht (herrlich: Sie laufen mit einem Bild von Tup herum – der natürlich aussieht wie all die Millionen anderer Klonsoldaten auch – und fragen „Have you seen this clone?“)
Letztendlich behält erwartungsgemäß Palpatine die Oberhand und die Jedi können weiterhin nur Vermutungen darüber anstellen, wer denn überhaupt der Feind ist, den sie in diesem Krieg bekämpfen und was genau es mit den Klonen auf sich hat. Von dieser Vorhersehbarkeit der Geschichte einmal abgesehen ist der „Order 66“-Handlungsbogen aber sehr gut gelungen.

Galaktische Bankenrettung

Die nächsten drei Episoden spielen auf dem Planeten Scipio, wo der mächtige Bankenclan riesige Summen verwaltet. Senator Rush Clovis, ein alter Bekannter von Amidala, gibt an, über wichtige Informationen zu verfügen und die Korruption innerhalb des Bankenclans aufdecken zu können. Ich muss zugeben, dass ich selbst bei einfachsten wirtschaftlichen Zusammenhängen meistens geistig abschalte, deshalb hat mich dieser Teil der Handlung nicht besonders interessiert. Aber da die Serie ja auch 10-jährigen Fans gefallen soll, die diese Aspekte wohl ebenfalls nicht verstehen, macht das bestimmt nichts. Jedenfalls hatte die erste der drei Folgen eine kreative und temporeiche Actionsequenz in Form einer Verfolgungsjagd in einer Art Bobbahn zu bieten.
In der zweiten Folge wird es schließlich interessant, als Obi-Wan Anakin auf seine Gefühle für Padmé und seine Eifersucht auf Clovis anspricht. Obi-Wan gibt offen zu, dass natürlich auch die Jedi nicht frei von Emotionen sind und er Gefühle für Satine hatte. Allerdings macht er Anakin auch klar, man dürfe als Jedi diesen Gefühlen nicht nachkommen und Anakin und Padmé dürften zwar Freunde sein, aber eben nicht mehr. Der arme Obi-Wan hat ja keine Ahnung, dass die beiden längst verheiratet sind… Höhepunkt der Episode ist die anschließende Prügelei zwischen Clovis und Anakin, die sich hier um Padmés Gunst streiten. Die wiederum stellt im Gespräch mit ihrem Mann schließlich fest, ihre Ehe sei zum Scheitern verurteilt, da sie auf Lügen und Geheimnissen aufbaue und auf diese Weise kein Vertrauen möglich sei. (Noch eine Anmerkung zu Clovis: Ich habe eben erst herausgefunden, dass Clovis – und einige andere Figuren aus „The Clone Wars“ – von Robin Atkin Downes gesprochen werden. Den kannte ich vorher aus Babylon 5; auch dort spielt er zwei verschiedene Rollen, unter anderem Byron, die wohl umstrittenste Figur der Serie.)
Bezüglich der ganzen Bankengeschichte stellt sich schließlich (für den Zuschauer) heraus, dass Clovis nur eine weitere Marionette im großen Plan von Palpatine / Darth Sidious ist. Dem obersten Kanzler der Republik gelingt es zum Schluss nämlich, die Banken unter seine persönliche Kontrolle zu bringen. „Long live the banks!“, ruft er dem jubelnden Senat zu. Trotz einiger schöner Actionszenen war dieser Handlungsbogen für mich der langweiligste der Staffel. Das liegt sicher auch daran, dass ich Clovis als Figur noch nie besonders interessant fand.

Jar Jar Binks und der Tempel des Todes

Dafür wird es in den nächsten zwei Folgen aber deutlich temporeicher und lustiger (allerdings auch alberner): Hier müssen nämlich Mace Windu und Jar Jar Binks auf eine gemeinsame Mission gehen. Die Königin des Planeten Bardotta, eine alte Freundin von Jar Jar, hat um Hilfe gerufen. Mehrere geistliche Anführer ihres Volkes sind spurlos verschwunden. Also macht sich das ungleiche Paar aus Jar Jar und Windu auf den Weg. Auf Bardotta angekommen, lernen wir, dass Jar Jar und die Königin mehr als nur Freunde waren; Jar Jar bekommt sogar eine Kussszene!
Mit der Wiedersehensfreude ist es aber bald vorbei, denn auch die Königin verschwindet plötzlich. Jar Jar und Windu stellen Nachforschungen an und stoßen auf einen geheimen Kult, dessen Mitglieder in einer riesigen Kammer unter dem Palast grausame Rituale durchführen. Die Szene beinhaltet außerdem eine Lavagrube, in darüber hängenden Käfigen gefangene Personen und einen Männerchor im Soundtrack – na, sind die Ähnlichkeiten zu Indiana Jones irgendjemandem noch nicht aufgefallen? Nachdem in „The Clone Wars“ ja schon zahlreichen anderen Filmklassikern Tribut gezollt wurde, gibt es nun also eine Hommage an „Temple of Doom“. Und die macht richtig Laune. Die lange Actionsequenz in besagter Lavakammer gegen Ende der Folge ist voller witziger Einfälle. In der zweiten Folge geht es dann munter weiter: Jar Jar und Windu verfolgen die Übeltäter auf einen anderen Planeten und kommen dahinter, dass diese in ihren Ritualen ihre Opfer der ihnen inne wohnenden Machtenergie berauben. Es gibt einen Kampf gegen große Steingiganten, weitere Verfolgungsjagden und schließlich weitere Indy-Anleihen, diesmal bei Teil 1. Zuletzt stellt sich heraus, dass eine alte Bekannte hinter all dem die Fäden zieht. Dieser Zweiteiler gehört vielleicht nicht zu den besten „Clone Wars“-Handlungbögen, wie etwa die Mortis-Trilogie aus Staffel 3 oder der nun folgende Yoda-Handlungsbogen, aber „Star Wars“ muss ja nicht immer große Mythen erzählen, sondern darf manchmal auch einfach nur Spaß machen, was hier definitiv der Fall ist.

Yoda und die ewige Ungewissheit

Nach diesen zwei spaßigen und abenteuerlichen Folgen wird es im letzten, vier Episoden umfassenden Handlungsbogen wieder deutlich ernster. Er beginnt mit einer Folge, in der das lange verschollene Raumschiff des verstorbenen Jedi-Meisters Sifo-Dyas gefunden wird. Wir erinnern uns: Sifo-Dyas war derjenige, der – ohne das Wissen des Jedi-Rats – auf Kamino die Klonarmee in Auftrag gegeben hat. (Wie er dafür bezahlen konnte, wird leider nicht geklärt.) Obi-Wan und Anakin erledigen ein wenig Detektivarbeit und kommen dabei endlich dahinter, dass Count Dooku der „Mann namens Tyranus“ ist und auch, dass Sifo-Dyas in dessen Auftrag gehandelt hat.
Spätestens hier müssten bei den Jedi eigentlich sämtliche Alarmglocken schrillen; schließlich sollte es einem zu denken geben, wenn man während eines Krieges feststellt, dass der Anführer der Gegenseite einem eine Armee geschenkt hat. Yoda und die übrigen Mitglieder des Rats sind deswegen auch durchaus besorgt, doch einmal mehr beschließen sie, diese Entdeckung geheim zu halten und abzuwarten, statt etwas zu unternehmen:

Yoda: „Our enemy created an army for us.“
Mace Windu: „If this was known, public confidence in the war effort, the Jedi and the Republic would vanish. There would be mass chaos.“
Yoda: „Cover up this discovery, we must. No one, not even the chancellor, may know.“

Die Sorge, es würde ein Massenchaos ausbrechen, wirkt ein wenig zu allgemein und unbegründet. Natürlich dürfen die Jedi genau auch hier keine wirklich große Entdeckung machen, um den kommenden Ereignissen in Episode III nicht zu widersprechen. Insofern leidet auch diese Folge unter der Vorhersehbarkeit, die nun einmal gegeben ist, wenn man die Vorgeschichte zu einer bereits bekannten Geschichte erzählt. Immerhin wird aber deutlich, in welcher Zwickmühle sich die Republik und die Jedi befinden: Einmal in den Krieg hineingezogen, müssen sie nun auch kämpfen. Die Hintergründe der Klonarmee mögen teilweise im Dunkeln liegen, doch wie Yoda feststellt, sind sie auf sie angewiesen. Die einzige Möglichkeit, die der Republik noch bleibt, um sich einen Vorteil zu verschaffen, ist die, den Krieg möglichst schnell zu gewinnen, bevor die Pläne ihres Feindes Früchte tragen. Wie sehr die Jedi aber längst zu Marionetten ihres Feindes geworden sind, ahnt Yoda nicht. Er und die Jedi wissen ja noch nicht einmal, wer eigentlich dieser große Feind ist, der den Krieg angezettelt hat und den sie nun bekämpfen.

In den nun folgenden drei Episoden beschließt Yoda, all diesen unklaren Fragen weiter nachzugehen – durch Meditation. Und als man gerade die Hände über dem Kopf zusammen schlagen will, weil sich der weise Jedi-Meister hier einmal mehr in die nebulösen Weiten der Macht zurückzieht, statt aktiv zu werden, macht er eine auch für ihn höchst unerwartete Entdeckung: Der von Darth Maul getötet Qui-Gon Jinn spricht zu ihm. Yoda ist zunächst misstrauisch – jegliches Leben nach dem Tod ist den Jedi bislang unbekannt. Deshalb kann er nicht glauben, dass es Qui-Gon gelungen ist, sein Bewusstsein über den eigenen Tod hinaus zu erhalten, schließlich werden Jedi nach dem Tod zwar ein Teil der „kosmischen Macht“, doch gehen sie in dieser auf, ohne als individuelles Bewusstsein erhalten zu bleiben. Doch Qui-Gon ist dies nicht nur gelungen, er will auch Yoda in dieser Technik unterweisen. Doch Yoda ist zunächst einmal sehr aufgewühlt durch seine Entdeckung. Er und die übrigen Ratsmitglieder befürchten eine Täuschung durch die Sith. Yoda wird in eine tiefen Trancezustand versetzt und Qui-Gon nimmt erneut Kontakt zu ihm auf: „Come to Dagobah“, fordert er ihn auf (Qui-Gon wird übrigens tatsächlich von Liam Neeson gesprochen, was hier auch fast unabdingbar ist, schließlich ist er die meiste Zeit über nur als körperlose Stimme zu hören).
Kann man Dagobah eigentlich nur finden, wenn man von toten Jedi-Meistern dazu aufgefordert wird, den Planeten aufzusuchen? Ein faszinierender Gedanke… Jedenfalls betritt Yoda dort jene Höhle, in der einst auch Luke Skywalker eine finstere Vision haben wird. Er erblickt eine düstere Zukunft und sieht unter anderem den Kampf der Jedi gegen die Klonsoldaten voraus.
In der nächsten Folge schickt Qui-Gon ihn auf einen weiteren Planeten, auf dem es von Leben nur so wimmelt. Dort trifft er auf Wesen, die es geschafft haben, ihr Bewusstsein über den Tod hinaus zu erhalten. Sie erklären Yoda, man müsse sich selbst gut kennen und sich seinen Ängsten stellen, um beim Tod loslassen und ihn so überdauern zu können. Yoda, der diese Hürden schon gemeistert zu haben glaubt, antwortet etwas arrogant: „A Jedi Master I am. Know all that dwells within me, I do. Mastered my weaknesses and conquered my fears, I have.“ Diesen Worten muss er anschließend Taten folgen lassen, als er gezwungen wird, gegen eine dunkle Version seiner selbst zu kämpfen. Erst als ihm dabei klar wird, dass dieses andere Ich gar nicht bekämpfen, sondern es akzeptieren muss, gelingt ihm der Sieg. Wie zur Belohnung hat er eine weitere Zukunftsvision, in der er den Angriff auf den Jedi-Tempel vorhersieht (musikalisch unterlegt mit dem aus Episode III bekannten „Battle of the Heroes“-Thema). Es folgt eine weitere Vision, in der die Klonkriege nie stattgefunden haben, Qui-Gon noch am Leben und Count Dooku noch ein Mitglied des Jedi-Ordens ist. Doch Yoda erkennt die Täuschung dieser Bilder und widersetzt sich ihnen. Ein letztes Mal wird er auf einen neuen Planeten weiter geschickt. Nun führt ihn seine Reise nach Moraband, die Heimatwelt der Sith. (Die „Clone Wars“-Macher wollten sich hier anscheinend vom alten Expanded Universe abgrenzen, wo diese Welt noch als Korriban bekannt war.)
Als Yoda auf Moraband ankommt, hat man schließlich den Eindruck, er sei in Moria gelandet. Denn er trifft auf ein Grab, dass starke Ähnlichkeiten zu Balins Grab im ersten „Herr der Ringe“-Film aufweist. Noch dazu erscheint kurz danach eine flammendurchzogene, leicht an den Balrog erinnernde Gestalt. Doch bei dieser handelt es sich um den Geist von Darth Bane, jenem Sith-Lord, der einst die Regel der Zwei eingeführt hat (und hier von keinem geringeren als „Luke Skywalker“ Mark Hamill gesprochen wird). Im Gespräch zwischen Yoda und Bane wird klar, dass die Sith die Möglichkeit eines Lebens nach dem Tod kategorisch ausschließen und für lächerlich erachten. (Warum dann aber anscheinend der schon lange tote Darth Bane hier mit Yoda reden kann, wird nicht erklärt…)
Was dann folgt, ist ein atemberaubender Shodown. Darth Sidious und Darth Tyranus spüren auf Coruscant Yodas Anwesenheit auf Moraband und wollen ihn durch ein Ritual „brechen“. Im Zuge dieses Rituals wird Yoda einmal mehr von Visionen ereilt, in denen er gegen Sidious persönlich kämpft, ohne jedoch einen Blick auf dessen wahres Gesicht erhaschen zu können. Erwartungsgemäß endet jedoch auch diese Konfrontation mit einem Unentschieden und bringt für Yoda keine neuen Erkenntnisse.

Nach all diesen Strapazen wird Yoda mit der Ankündigung belohnt, nun endlich die angekündigte Unterweisung durch Qui-Gon zu erhalten. Damit wäre nun auch geklärt, wie Yoda in Episode III überraschend von seinem Kontakt mit Qui-Gon berichten konnte und sich seinerseits bereit erklärte, sein Wissen an Obi-Wan weiter zu geben. (Es stellt sich allerdings die Frage, warum er nicht schon früher ein paar Jedi in der doch recht praktischen Technik des Lebens nach dem Tod unterwiesen hat. Vielleicht war in der Hektik des Kriegs einfach keine Zeit dafür.)
Der Yoda-Handlungsbogen ist der mit Abstand beste dieser kurzen letzten Staffel. Zwar leidet auch er – genau wie die „Order 66“-Handlung – unter einer gewissen Vorhersehbarkeit. Dafür werden hier aber die Philosophie der Jedi und die Mystik um die Macht überzeugend ausgebaut und es gelingt, eine durchgehend spannende und düstere Atomosphäre aufrecht zu erhalten.

Das Ende von „The Clone Wars“

Am Ende wird Yoda gefragt, ob er von seiner Reise irgendwelche Erkenntnisse darüber mitgebracht habe, wie der Krieg zu gewinnen sein. Er antwortet:

„No longer certain that one ever does win a war, I am. For in fighting the battles, the bloodshed, already lost we have. Yet open to us, a path remains that unknown to the Sith is. Through this path, vicory we might yet find. Not victory in the Clone Wars, but victory for all time.“

Das sind passende Schlussworte für die Serie, die damit leider ihr zu frühes Ende findet. „The Clone Wars“ wurde von Staffel zu Staffel immer besser. In ihrer Thematik und Atmosphäre wiesen die Episoden zunehmend eine immer größere Bandbreite auf. Die Hauptcharaktere wurden überzeugend ausgebaut und gerade die anfangs von den Fans misstrauisch beäugte Ahsoka entwickelte sich nicht nur zu einer der beliebtesten Serienfiguren, sondern sogar zu einer der beliebtesten „Star Wars“-Figuren überhaupt. Immerhin wurde durch das Ende der fünften Staffel noch geklärt, warum sie in „Die Rache der Sith“ nicht mehr an Anakins Seite ist (und ganz aus dem „Star Wars“-Universum verschwunden ist sie ja auch nicht…).
Die Blurays der sechsten Staffel enthalten als Bonus noch die „Story Reels“ vier weiterer Episoden. Dabei handelt es sich quasi um Animatics, also bewegte Storyboards. Da diese Story Reels aber bereits fertig vertont sind (Dialoge, Musik und Soundeffekte sind komplett), wirken sie – von der unfertigen Optik abgesehen – fast wie fertige Episoden. Bei diesen vier Folgen handelt es sich um den „Utapau“-Handlungsbogen, in dem Anakin und Obi-Wan dahinter kommen, dass General Grievous einen riesigen Kyber-Kristall kaufen möchte. Es wird nie explizit erwähnt, doch der belesene „Star Wars“-Fan kann sich schnell zusammen reimen, dass dieser Kristall im Superlaser des Todessterns eingesetzt werden soll. Interessant ist zudem, dass hier erstmals seit Ahsokas Ausscheiden aus dem Jedi-Orden über Anakins Gefühle diesbezüglich gesprochen wird.
Auf starwars.com sind Story Reesls eines weiteren Handlungsbogens veröffentlicht worden, die ich mir aber noch nicht angeschaut habe. Wer sich dafür interessiert, welche Geschichten für die sechste, siebte und achte Staffel der Serie außerdem noch in Planung waren, dem empfehle ich diesen ausführlichen Blogpost. Immerhin sind ein paar dieser Geschichten nun in anderen Medien erzählt worden. „The Clone Wars“ ist also leider zu früh zu Ende gegangen, doch mit „Star Wars: Rebels“ haben wir inzwischen eine neue, aufregende Serie, über deren erste Staffel ich demnächst einen Blogpost schreiben werde.